Protokoll der Sitzung vom 05.03.2003

Die Kulturschaffenden können nicht einfach die Bedürfnisse der Menschen ignorieren, die sie finanzieren. Denn in einer Demokratie gilt: Gemeinnutz vor Eigennutz. Nun zu den Zielen unserer Kulturpolitik.

(Christian Maaß GAL: Werden Sie mal konkret!)

Wir möchten das kulturelle Kapital dieser Stadt sichern, um zu verhindern, dass im kulturellen Gedächtnis solche schockierenden Lücken entstehen wie in der Bildung. Also werden wir nicht das Mittelmaß finanzieren, sondern die Avantgarde, die junge, unbequeme und schräge Kunst fördern, die uns hilft, die Augen offen zu halten, indem sie irritiert. Wir werden auch die Topqualität unterstützen, die Hamburg auch überregional strahlen lässt. Wie sieht dies konkret aus? Dazu bedarf es vier Schritte.

Erstens: Wir bemühen uns, die kulturelle Grundversorgung durch finanzielle Stabilisierung der Einrichtung zu sichern. Das ist angesichts der Altlasten nicht leicht.

Zweitens: Wir möchten das vorhandene Kulturangebot durch Marketing und Werbemaßnahmen effektiver vermitteln.

Drittens: Wir arbeiten an einer Vernetzung zwischen den Institutionen und den Kulturschaffenden, um Synergieeffekte zu erreichen, aber um auch neue Perspektiven auf alte Probleme zu generieren.

Viertens: Wir arbeiten intensiv daran, die Strahlkraft zu aktivieren und das Vorhandene auf Hochglanz zu polieren. Hamburg will mit den Städten wie Berlin, Wien, London und Paris konkurrieren. Das kann nur dann gut gehen, wenn wir diesen Wettkampf gemeinsam gestalten. Wir brauchen ein Bündnis für Kultur zwischen den Kulturschaffenden, den Medien, der Wirtschaft und der Politik.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich bitte Sie, hören Sie endlich auf mit Ihren Grabenkämpfen, denn damit schaden Sie nicht mir, sondern Hamburg.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der heutige Aschermittwoch ist wie geschaffen für eine geistige Wende:

(Lachen bei der SPD und der GAL)

Weg von einer unsäglichen Polemik hin zu konstruktiven Programmen. In Situationen wie diesen, in denen die Wohlstandsgesellschaft ihre finanziellen Grenzen erreicht hat, ist Solidarität angesagt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich möchte noch eines sagen: Sie müssen wissen, dass mich weder unqualifizierte Häme noch Gerüchte-Maschinerien davon abhalten werden, mich auch weiterhin mit aller Kraft für Hamburgs Kultur einzusetzen, und das mit aller Kraft.

(Michael Neumann SPD: Sie wirken ganz anders!)

Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Dr. Maier.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Frau Senatorin, es ist so schwer, mit Ihnen zu diskutieren, weil Sie zum Beispiel gerade hier am Pult wieder bewusst eine Unwahrheit in die Welt gesetzt haben.

(Zurufe von der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Erstens: Sie haben gesagt – entweder lügt Herr Peiner oder Sie lügen –,

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Oder Sie vielleicht?)

Ich rufe Sie zur Ordnung.

Verzeihung. Entweder sagt Herr Peiner oder Sie sagen die Unwahrheit. Sie behaupten, dass der Etat der Kulturbehörde um 3,6 Prozent erhöht wurde. Herr Peiner schreibt jedoch in seinem Finanzbericht, die Erhöhung resultiere daraus, dass von der Wirtschaftsbehörde der Anteil der Filmförderung zur Kulturbehörde übertragen wurde und die Museen im Moment eine fiktive Miete zahlen würden, ansonsten würde es sich um eine Senkung des Etats um 0,9 Prozent handeln. Das ist bei vielen Gelegenheiten schon gesagt worden, aber Sie wiederholen Ihre 3,6 Prozent Unwahrheit ständig. Mit einer solchen Kommunikationsstrategie fordern Sie dann zum offenen Reden auf. Das geht nicht.

(Senatorin Dr. Dana Horáková)

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zweitens: Sie, Herr Ehlers, kommen mit Neuengamme, wohin Sie sozusagen von der gesamten Bürgerschaft getragen werden mussten, und stellen es als ein Verdienst der Kultursenatorin dar, dass sie nach einem halben Jahr daran gedacht hat, dafür die Unterhaltskosten einzustellen. Von der vorherigen rotgrünen Regierung war die Fertigstellung ein Jahr später geplant und konnte deshalb nicht im Etat vorhanden sein. Der Senatorin ist diese Etateinstellung viel zu spät eingefallen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Kultursenatorin ruft zu einem Bündnis für Kultur auf. Zuerst nimmt sie aber einen Hammer und haut allen auf den Kopf, die bisher in Hamburg Kultur gemacht haben. Das ist eine richtige Bündniseröffnung!

(Martin Woestmeyer FDP: Sie waren auch schon intelligenter!)

Wir haben hier doch CDU-Kulturpolitiker wie Herrn Lattmann gesehen, ihn in seinen Reden bewundert und die breite Anerkennung von Herrn Mares erlebt. Rena Vahlefeld, deren Namen Sie nicht mehr gerne hören, war und ist in der Kulturszene akzeptiert. Warum hat diese Kultursenatorin plötzlich diese Schwierigkeiten? Das kann nicht an der Parteipolitik liegen, sondern es muss damit zusammenhängen, wie sie dieser Szene gegenüber auftritt. Das ist das Problem.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe nichts von Rücktritt oder Ähnliches gesagt, aber zum Bürgermeister sagen wollen – dazu bin ich nicht mehr gekommen –, dass er etwas tun müsse, denn so kann es nicht weitergehen. Es muss klargestellt werden, womit die Kulturproduzierenden in dieser Stadt zu rechnen haben, welche Unterstützung sie bekommen und was eigentlich geschehen soll. Dazu müssen Sie der Kultursenatorin zunächst ein Diätprogramm verordnen, dass sie nicht jeden Tag neue Einfälle hat wie zum Beispiel ein Terrormuseum, eine Leichenausstellung in Kriegszeiten oder einen Aqua-Dome, sondern erst einmal ein Jahr lang das Alltagsgeschäft ordentlich macht

(Beifall bei der GAL und der SPD)

und nicht alle Menschen in Verwirrung bringt. Das würde viel besser sein. Wir haben schwerwiegende Personalprobleme in den Einrichtungen, die sie in aller Ruhe lösen sollte. Hier sollte ihr auch möglichst niemand öffentlich hineinreden,

(Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der FDP und Zurufe)

Das tue ich nicht. Ich habe keine Vorschläge in die Welt gesetzt, wer was als Intendant leiten soll. Sie muss die Vorschläge machen, sie aber nicht gleich in die Welt setzen – auch nicht per Namedropping –, sondern Lösungen für die Stadt präsentieren.

Sie muss die Finanzierung der großen Einrichtungen hinkriegen, und zwar so, dass sie sich auch entfalten und Neues produzieren können und nicht immer wieder Gewesenes spielen müssen. Ich weiß, dass das schwere Aufgaben sind. Sie macht immer den Eindruck, keine Kulturinstitutionen zu vertreten, sondern eine Zeitung zu führen, die ständig neue Sensationen produzieren muss. Das muss sie gar nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Mit einem sollte sie aufhören: Von Kulturpolitik zu sprechen, aber die Finanzierung für eine Beilage des „Hamburger Abendblatts“ zu machen. Das ist ein unglaublicher Vorgang. Ich habe nichts gegen eine Kinder-Zeitung, aber Sie können nicht hingehen und einem Medium einen Zuschuss geben, damit die eine frühe Leserbindung mit öffentlichen Mitteln produzieren können. Zudem handelte es sich hierbei auch noch um den früheren Arbeitgeber der Kultursenatorin. Wenn so etwas den Hamburger Sozialdemokraten mit den Gewerkschaften passiert wäre, dann wäre schon längst von Filz die Rede gewesen. Heute nennt man so etwas Public-private-partnership.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Als letzte Wortmeldung habe ich die von Herrn Barth-Völkel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Maier, ich weiß nicht, warum Sie in aller Öffentlichkeit das Amt unserer Kultursenatorin beschmutzen wollen. Ist Ihnen entgangen, dass wir im Kultursektor einen Scherbenhaufen und Altlasten von Ihnen übernommen haben? Ihre ehemalige Kultursenatorin war auch keine Heilige. Aber vielleicht muss man bei Ihnen mit den Wölfen heulen.

Hier wird ein Kulturkrieg auf dem Rücken einer Unschuldigen ausgetragen, gemeint ist aber die Antipathie gegen den Mitte-Rechts-Senat. Unsere Kultursenatorin soll dies jetzt ausbaden.

Der Senat hat doch aufgrund eines total blödsinnigen Vertrages mit den Kammerspielen die Karten aus der Hand gegeben.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das war die STATT-Partei! Herr Bauer hat das mit organisiert!)

Wir müssen jetzt zusehen, was man uns vorsetzt. Wenn ein Intendant seine Forderung für die Zukunft zu hoch schraubt, kann man angesichts leerer Kassen irgendwann nicht mehr mithalten. Die Besetzung des Intendanten des Schauspielhauses geht ebenfalls zu Ihren Lasten. Dass in der laufenden Spielzeit nichts Umwerfendes rübergekommen ist, können Sie unserer Senatorin nicht anlasten. Es ist schade, dass Herr Metzmacher geht. Aber eine Forderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro in den Raum zu stellen, obwohl die Kassen leer sind, ist doch paradox. Die Senatorin – auch Karl-Heinz Ehlers – hat angesprochen, dass wir über 2005 nichts versprechen können.

Meine Damen und Herren von Rotgrün! Dieses Fiasko haben Sie uns hinterlassen. Wo bleibt Ihre sachliche Kritik? Ihre Äußerungen sind doch unqualifiziert.

Frau Senatorin Horáková ist offen für innovative Ideen. Aber wenn sie zum Beispiel bei meiner Idee von einer Ausstellung über die Terrakotta-Armee auf der Moorweide gebremst wird, indem die rotgrün regierten Bezirke einfach sagen, dass aufgrund einer Verordnung aus dem Jahre 1972 diese Fläche von 10 000 Quadratmetern für Demonstrationen freigehalten werden müsse, dann kann ich darüber nur lachen. Wenn man in rotgrün regierten Bezirken einfach sagt, für diese Terrakotta-Armee gebe es keinen Standort und die Kulturbehörde müsse einen anderen suchen, dann muss man evozieren und die Verhinderungspolitik unterbinden. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

(Dr. Willfried Maier GAL)