Protokoll der Sitzung vom 04.06.2003

Zusammenfassend wiederhole ich: Der Senat hat Glück gehabt, dass die Opposition aufgepasst

(Lachen bei der CDU)

und die Koalitionsabgeordneten zur Besinnung gebracht hat. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Müller-Sönksen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich sagen, dass wir vielleicht die Geschäftsordnung dahin gehend ändern sollten, dass man persönliche Erklärungen auch zu Protokoll geben kann.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich möchte mich auf zwei Sätze beschränken und nur kurz auf Herrn Klooß eingehen.

Wir haben ein phantastisches Gesetz vorgelegt, das wir selbstverständlich mit Hilfe des Justizsenators erstellt haben. Im Gegensatz zu der von Ihnen unterstellten Ohrfeige – so ähnlich haben Sie sich ausgedrückt – trägt dieser Justizsenator die von der Koalition beschlossenen Änderungen vollends mit. Insofern läuft das, was Sie gesagt haben, ins Leere.

Wir haben im Rahmen der bundesgesetzlichen Regelungen ein tolles, phantastisches Gesetz für die Hamburger Juristenausbildung geschaffen. Der Grund meiner persönlichen Erklärung betrifft diese Rahmengesetzgebungen. Lassen Sie uns in Hamburg vielleicht einmal darüber nachdenken, dass die bundesdeutsche Juristenausbildung in Europa und in der Welt ein wenig aus dem Käseglöckchen herauskommt und eventuell zu einer europäischen Juristenausbildung wird. Das ist genau der Grund meiner persönlichen Erklärung.

Vielleicht hören Sie kurz zu, denn es ist die erste persönliche Erklärung, die ich abgebe.

Ich selbst bin ein Student der einstufigen Juristenausbildung in Hamburg gewesen. Das bedeutet, dass man tatsächlich Bereiche der Theorie- und Praxisverschränkung, die in den bundesgesetzlichen Regelungen nicht mehr vorgesehen ist, ändern kann.

Lassen Sie uns daran gemeinsam im Rechtsausschuss eine Initiative an den Deutschen Bundestag starten, dass diese Rahmengesetzgebung geändert wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer möchte die in den Ziffern 1, 3, 6 und 8 der Ausschussempfehlung vorgeschlagenen Änderungen beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so geschehen.

Wer stimmt den in den Ziffern 2 und 4 vorgeschlagenen Änderungen zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Letztere gab es nicht. Das ist mehrheitlich beschlossen.

Wer schließt sich den in den Ziffern 5 und 7 vorgeschlagenen Änderungen an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einigen Enthaltungen hat die Bürgerschaft dies einstimmig so beschlossen.

Wer stimmt den in den Ziffern 9 und 10 vorgeschlagenen Änderungen zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei zahlreichen Enthaltungen hat die Bürgerschaft dies einstimmig so beschlossen.

Wer möchte nun das Hamburgische Juristenausbildungsgesetz mit den soeben beschlossenen Änderungen beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist dies mit Mehrheit so beschlossen worden.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Das ist nicht der Fall. Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einer großen Anzahl von Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist das Gesetz damit auch in zweiter Lesung mit Mehrheit und damit endgültig beschlossen worden.

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 25, Drs. 17/2686, Antrag der Koalitionsfraktionen: Plätze zur Vermeidung von Untersuchungshaft nach den Paragraphen 71, 72 JGG.

[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Plätze zur Vermeidung von Untersuchungshaft nach den Paragraphen 71, 72 JGG – Drs. 17/2686 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Rechtsausschuss und mitberatend an den Jugend- und Sportausschuss überweisen. Wer schließt sich dieser Überweisung an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Letztere gab es nicht. Das Überweisungsbegehren ist mit Mehrheit abgelehnt.

Mir ist mitgeteilt worden, dass aus den Reihen der SPDFraktion gemäß Paragraph 26 Absatz 6 …

(Zurufe von der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Geschäftsordnung gilt.

… das Wort begehrt wird. Das Wort hat Herr Klooß für maximal fünf Minuten.

Meine Damen und Herren, Sie können den Saal ja verlassen,

(Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Das machen nur Sie!)

wenn Sie noch etwas anderes vorhaben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen fordern den Senat auf, besonders fluchtgefährdete oder gewalttätige jugendliche Täter sowie Dealer von einer Unterbringung in einer Einrichtung zur Vermeidung von Untersuchungshaft auszuschließen. Das hört sich für den Otto-Normalverbraucher zunächst einmal sinnvoll und gut an. Da denkt man, da wird hart durchgegriffen, da wird Strenge gezeigt. Das schafft mehr Sicherheit in Hamburg, das muss richtig sein.

(Beifall bei Ekkehard Rumpf FDP)

Leider ist die Sache nicht ganz so einfach, wenn man sie sich genauer ansieht.

Was bedeutet denn die Vermeidung von Untersuchungshaft? Das ist ein Grundgedanke des Jugendstrafrechts, welcher im Kern besagt, dass gegen jugendliche Täter die Untersuchungshaft nur dann verhängt werden darf, wenn der Zweck der Haft nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Die Anordnung von Untersuchungshaft soll die Ausnahme sein. Andere Maßnahmen, wie zum Beispiel die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe, sollen bevorzugt werden. Das mag Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, schmecken oder nicht, das ist die Richtung, die der Bundesgesetzgeber vorgegeben hat. Im Übrigen zu einer Zeit, als der Kanzler noch Kohl und nicht Schröder hieß.

Mit Ihrer Aufforderung an den Senat wollen Sie diese sinnvolle Regelung in das Gegenteil verkehren. Sie suggerieren ein Mehr an Sicherheit, indem Sie glauben machen, wenn diese besonders fluchtgefährdeten oder gewalttätigen Täter nicht mehr in den so genannten intensiv betreuten Wohngruppen untergebracht würden, würden diese allesamt hinter Schloss und Riegel kommen und die Gesellschaft würde dadurch sicherer.

Ich werde Ihnen das Gegenteil beweisen.

(Oh-Rufe bei der CDU, der Partei Rechtsstaatli- cher Offensive und der FDP)

Exemplarisch sei hier der Fall des als "Scream-Räuber" bekannt gewordenen Jugendlichen genannt, der im November letzten Jahres auf freien Fuß gesetzt wurde, weil dem zuständigen Jugendrichter nicht ermöglicht wurde, diesen in eine Einrichtung zur Vermeidung von Untersuchungshaft zu überweisen. Der Grund hierfür lag eindeutig in den Kosten. Es war kein Geld da und es ist kein Geld da.

Sie müssen einsehen, dass die Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes nicht durch derartige Anordnungen umgangen werden können. Die Jugendrichter in Hamburg sind an Recht und Gesetz gebunden, sie können und werden Untersuchungshaft nicht anordnen, nur weil Sie es sich so vorstellen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Stattdessen wird es – notgedrungen, wohlgemerkt – zu weiteren Freilassungen kommen. Was dies mit mehr

Sicherheit zu tun hat, können Sie dann denjenigen Opfern erklären, die von einem solchen freigelassenen Straftäter beraubt oder verprügelt werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Je mehr Sie sich in die Rechtsprechung der Hamburger Jugendrichter und Jugendrichterinnen einmischen, desto weniger werden Sie erreichen. Zu Recht steht den Jugendgerichten ein breites Spektrum an Maßnahmen und Maßregeln zur Verfügung.

(Dr. Michael Freytag CDU: Fünf Minuten können quälend sein! – Gegenruf von Walter Zuckerer SPD: Wir haben noch 15 Minuten!)