Protokoll der Sitzung vom 24.09.2003

Ich werde es trotzdem etwas länger machen. Ich hätte mir auch mehr Differenzierung bei der SPD gewünscht. Das wäre spannend gewesen.

Die DNA-Analyse ist ein effektives, verlässliches und mittlerweile unverzichtbares Mittel in der Verbrechensaufklärung und Verhinderung von Straftaten geworden,

(Uwe Grund SPD: Erklären Sie uns das mal ge- nau!)

insbesondere auch als Beweis zur Entlastung zu Unrecht Beschuldigter.

Nach einhelliger Meinung von Experten ist dieses System unerlässlich. Ihre Anwendung müsste daher ausgeweitet werden. Ich befürworte die Ermittlung und Speicherung des so genannten DNA-Identifizierungsmusters, denn hier muss man auch anfangen zu differenzieren. Das ist genauso wie der Fingerabdruck als ganz normaler Bestandteil der erkennungsdienstlichen Behandlung eines mutmaßlichen Täters zu machen. Es besteht in diesem Zusammenhang eine unbegründete Angst vor dem Missbrauch dieser Untersuchungsmethode, deren Technik sich dem Nichtfachmann nicht ohne weiteres erschließt.

Dieses DNA-Identifizierungsmuster lässt nach Auskunft von Sachverständigen ausschließlich nur den Rückschluss zu, ob das aufgefundene Spurenmaterial vom Täter stammt oder nicht. Mehr nicht. Es dient also, wie der konventionelle Fingerabdruck, allein und nur der Identifizierung. Es entsteht nicht der gläserne Mensch.

Damit ist auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes von Betroffenen nicht gegeben.

Wir setzen uns als Union ferner dafür ein zu prüfen, ob auf den Richtervorbehalt bei der Untersuchung von anonymem Spurenmaterial verzichtet werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Herr Bauer hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die im April 1998 eingerichtete DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes umfasst derzeit mehr als 250 000 Datensätze. Mit Hilfe dieser Datei gelang bis Ende 2002 die Aufklärung von fast 10 000 Straftaten. Aufgeklärt wurden zumeist Einbruchsdiebstähle. Aber auch weit zurückliegende Morde und Vergewaltigungen konnten mit Hilfe dieser Datei aufgeklärt werden. Folglich würden ohne DNAAnalyse heute noch viele Mörder frei rumlaufen.

Die DNA-Identitätsfeststellung, der sogenannte genetische Fingerabdruck, muss selbstverständlicher Bestandteil als Standardmaßnahme jeder erkennungsdienstlichen Behandlung nach Paragraph 81 b der Strafprozessordnung werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei der CDU)

Von jedem Straftäter, von dem bisher ein Fingerabdruck genommen und ein Fahndungsfoto angefertigt werden darf, muss künftig auch eine Speichelprobe zur Erstellung des genetischen Fingerabdrucks genommen werden. Dass dies aufgrund der restriktiven Rechtslage zurzeit noch nicht möglich ist, ist sowohl unverständlich als auch auf Dauer mit Blick auf die Opfer nicht zu verantworten.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sagt die FDP!)

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird auch gewahrt, denn bei Tätern von Bagatelldelikten, wie zum Beispiel Schwarzfahren, wird keine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt.

Nochmals, meine Damen und Herren, hier geht es nicht um Schwarzfahrer, sondern um Täter, die erkennungsdienstlich behandelt werden und das sind nun einmal andere Kaliber. Das geltende Recht berücksichtigt auch nicht, dass kriminelle Karrieren häufiger mit weniger gewichtigen Straftaten beginnen. Derzeit darf eine DNAProbe für Zwecke künftiger Strafverfahren nur genommen werden, wenn der Betroffene eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat und künftig weitere Verfahren wegen erheblicher Straftaten zu erwarten sind. Im Klartext: Zurzeit darf von keinem Exhibitionisten, so genannten Busengrabschern oder sexuell motivierten Drohanrufern, eine DNA-Probe genommen werden, auch wenn schon jetzt Anhaltspunkte bestehen, dass sie künftig schwere Sexualdelikte begehen.

Dasselbe gilt für Drogendealer, denen man nur den Besitz kleiner Drogenmengen nachweisen kann, aber klar vorhersehbar ist, dass sie künftig im großen Stil mit Drogen handeln werden.

Meine Damen und Herren! Bei der Verbrechensbekämpfung wird sich die DNA zur Krone der Beweisführung

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entwickeln und den Tätern in vielen Bereichen überhaupt keine Chance mehr geben, nicht enttarnt und ermittelt zu werden. Unter diesem Gesichtspunkt kann der genetische Fingerabdruck äußerst präventiv wirken und die Kriminalpolizei hat die Chance, erfolgreicher bei der Aufklärung von Straftaten zu werden, denn, meine Damen und Herren, es gibt kein Grundrecht auf unentdeckte Begehung von Straftaten.

Die öffentliche, zum Teil auch verquerte Diskussion um die DNA-Identitätsfeststellung ist ein deutsches Musterbeispiel für das Problem, dass falsch verstandener Datenschutz zum Täterschutz wird und damit zum Nachteil des Opfers des Verbrechens gerät.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die liberalen Niederländer – ich betone, die liberalen Niederländer – haben dieses Problem nicht. Sie entscheiden pragmatisch. Ein Gesetzentwurf sieht vor, das DNA-Muster eines unbekannten Täters, den man am Tatort sicherte, auf Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit zu analysieren. Weiterhin sieht das Gesetz vor, die DNA-Analyse auf weitere Möglichkeiten auszudehnen, sobald dazu in Zukunft die technische Möglichkeit besteht und diese Merkmale für die Strafverfolgung nützlich sind. Damit könnte die DNA auch dahingehend untersucht werden, welche Augen- oder Haarfarbe diese Person hat. Einzige Einschränkung – und das ist wichtig –: Die Analyse soll jedoch auf alle Merkmale beschränkt werden, die äußerlich sichtbar und von Geburt an gegeben sind. Erbkrankheiten – das ist wieder wichtig – oder erblich bedingte Charaktereigenschaften sind von einer Analyse ausgeschlossen und das ist auch gut so.

Nach einer Umfrage akzeptieren rund 80 Prozent der Niederländer die DNA-Analyse ohne Einschränkung, denn es besteht großes Interesse, dass mehr Straftaten aufgeklärt und alle Möglichkeiten der DNA-Analyse dazu genutzt werden können.

Meine Damen und Herren! Ich bin ganz sicher, dass die Bundesbürger das mehrheitlich auch so sehen. Ob alle hier anwesenden Parteien das auch so sehen, darüber bin ich mir nicht so sicher. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der CDU)

Jetzt hat Herr Maaß das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin noch etwas verwundert darüber, dass uns als Opposition hier auf dem Präsentierteller ein koalitionsinterner Konflikt vorgesetzt wird.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Da bin ich jetzt aber gespannt!)

Eigentlich erfreut mich das. Hier wird versucht, uns eine entschlossene Enthaltung des Senates am kommenden Freitag im Bundesrat als Erfolg darzustellen. Dazu kann ich nur sagen, wenn man sonst keine Erfolge hat, dann muss eben auch mal eine Enthaltung als Erfolg herhalten, liebe FDP.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die FDP behauptet, dass die DNA-Analyse in Hamburg lediglich ein erfolgreiches, rechtsstaatliches Sonderinstrument und kein polizeiliches Routinewerkzeug sei. Da

muss man feststellen, dass sich die Forderungen aus der Schill-Partei – und Herr Bauer hat das eben auch noch einmal wiederholt – vollkommen entgegengesetzt anhören.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Was wollen Sie denn nun? Was will denn die GAL?)

Ich zitiere die "Frankfurter Rundschau" vom 12. September:

"Nockemann will DNA-Test für jugendliche Straftäter. Hamburgs neuer Innensenator fordert genetischen Fingerabdruck als gängiges Mittel der Polizeiarbeit."

Ich komme gleich dazu, Herr Müller-Sönksen. Herr Bauer fordert die DNA-Analyse auch als Standardinstrument. Ebenso die Forderung des Polizeipräsidenten Nagel und Ronald Schill, den DNA-Test als Standardmaßnahme auch bei Ladendieben und Schwarzfahrern anzuwenden.

"Das Ziel sei,"

ich zitiere –

"möglichst viele Menschen in die DNA-Datei zu bekommen."

So Herr Schill im "Hamburger Abendblatt" nach dem bekannten Motto: Viel hilft viel. Soweit also die Meinung der Schill-Partei. Aber das haben offenbar viele Abgeordnete noch nicht begriffen, denn Sie haben der FDP Beifall geklatscht. Soviel zum Niveau dieser Debatte.

Um es deutlich zu sagen: Wer Gentests für Gelegenheitskiffer und Schwarzfahrer einfordert, der bewegt sich außerhalb der Verfassung und außerhalb der derzeitigen Rechtsprechung zum Rechtsstaat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)