Die Anwälte des Ministeriums – man kann ja froh sein, dass es die Anwälte des Ministeriums sind und nicht die Rechtsabteilung – sehen gute Chancen dafür, dass Toll Collect für den verspäteten Start nicht nur eine Vertragsstrafe bekommt, sondern letztendlich auch die 156 Millionen Euro im Monat, die dem Staat entgehen, zahlen wird.
Wie ist die Situation zurzeit? Wenn man den Äußerungen der Betroffenen nach all dem glauben mag, ist es so: Toll Collect wartet auf eine Genehmigung des Bundesamtes für den Güterverkehr. Das Bundesamt für Güterverkehr wartet auf das Bundesministerium. Das Bundesministerium wartet auf eine Mitteilung von Toll Collect über die Installierung der Software. Aber, Sie wissen, Toll Collect wartet in Wahrheit auf das Bundesamt für Güterverkehr, und das könnte ich jetzt bis zum Ende meiner fünf Minuten Redezeit so weitermachen. Das ist in Wirklichkeit eine Realsatire, bei der aber die deutsche Industrie ihren gewaltigen Teil dazu beiträgt. Da mag es natürlich nur sehr am Rande trösten, dass aus dem Ministerium verlautet, dass die Investitionsmaßnahmen in Hamburg davon nicht betroffen sind. – Danke.
des Bundesverkehrsministeriums in allen Ehren, aber es führt letzten Endes kein Weg daran vorbei, dass die Bundesregierung hier unter dem Titel "Maut" eine absurde und traurige Posse uraufführt. Oder sollte man von einem Drama mit wechselnder Rollenbesetzung sprechen? Immerhin hat die Maut schon vier sozialdemokratische Verkehrsminister verschlissen. Wie viele werden es noch werden?
Mit Hinblick auf das Vergabeverfahren scheint auch noch ein bisschen Erpressung dabei, was die Großen der Branche natürlich nicht zugeben. Doch das alles macht die jetzt anstehenden Vertragsnachbesserungen mit dem so namhaften Konsortium auch nicht einfacher. Es geht schließlich um 156 Millionen Euro monatlich. So sind die negativen Auswirkungen der finanziellen Verluste für den Bundesverkehrshaushalt noch gar nicht abzuschätzen.
Vielleicht bringt nun der treue, nichts ahnende Osterhase im Jahre 2004 noch alles auf den Weg, denn Ostern wenigstens wird es nach Expertenmeinung werden, bis die Maut überhaupt nach dem ganzen Hickhack und dem katastrophalen Missmanagement an den Start gehen kann.
Meine Damen und Herren! Es sollte ein Exportschlager deutschen Technik-Know-hows werden. Stattdessen ist es die größte Pleite von Public-private-partnership, ein Scheitern an den Tücken der Technik und an ministerieller Inkompetenz.
Nicht nur 30 000 fehlende On-Board-Units mussten zurückgerufen werden, sondern auch die manuelle, differenzierte Einbuchung für Wenigfahrer an den Automaten an Tankstellen und Raststätten war ein reines Chaos. Fachleute sind davon überzeugt, dass es schließlich nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auf den osteuropäischen Schwarzmärkten manipulierte On-Board-Units auftauchen, die dann das System endgültig lahm legen.
Auch für Hamburg hat das Maut-Chaos nachteilige Folgen. Insbesondere die kleineren Betriebe der Transport- und Verladebranche sind wegen einer geringeren Finanzkraft davon stärker betroffen als größere Unternehmen. Gerade die Schaffung von klaren Rahmenbedingungen wäre zwingend notwendig gewesen, denn schließlich muss der Preis...
Herr Abgeordneter, darf ich Sie nach Ablauf der Hälfte Ihrer Redezeit einmal darauf hinweisen, dass das Thema auch lautet "und die Folgen für Hamburg"?
Ja, darüber habe ich gerade gesprochen, Herr Präsident, und ich bin immer noch dabei, denn schließlich muss der Preis – und ich spreche hier über die Hamburger Verladebranche und die Speditionsbranche –, der die Maut beinhaltet, stimmen, damit entsprechend vorfinanziert werden kann; vom Gerangel bei der mautreduzierten Routenplanung und der Frage der Leerkilometer einmal abgesehen.
Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt teilt die Maut das politische Pleiten-Pech-und-Pannen-Schicksal des Transrapids. Der Ruf als internationales Vorzeigeprojekt ist ein für allemal dahin und das Ganze läuft nur noch mit hohen Subventionen und Vorleistungen. So warten eben beide auf bessere Zeiten. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet. Der Abgeordnete Lühmann hatte sich noch gemeldet? Es ist schon wichtig, dass man dies erkennen kann. Geheime Wortmeldungen kann ich nicht berücksichtigen. Der Abgeordnete Lühmann, bitte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Winkler, es war hochinteressant, wie Sie Ihre Rede beendet haben. Es ist viel Wahres an dem dran, was Sie gesagt haben.
Die Einführung der Lkw-Maut hätte für das Betreiberkonsortium eigentlich ein Riesengeschäft werden sollen. Dass sich eine Bundesregierung – wie ich zugeben muss – in einem Vertrag, der offensichtlich Schärfe vermissen lässt, darauf verlassen hat, dass die deutsche Großindustrie in der Lage ist, ein solches System tatsächlich in der zugesagten Zeit marktreif einzuführen, war ein Fehler des Ministeriums. Das sehe ich auch so. Aber es wirft auch ein bezeichnendes Licht auf den momentanen Zustand der deutschen Industrie. Hier liegt das große Problem, dass wir uns weder beim Transrapid noch bei
(Beifall bei der GAL – Dr. Willfried Maier GAL: Da- für steigen die Managergehälter! – Bernd Reinert CDU: Der Transrapid funktioniert, den wollen Sie nur nicht bauen!)
Das Zweite ist: Ich stelle fest, dass die CDU zu Anfang immer gesagt hat, dass eine Lkw-Maut im Prinzip abzulehnen sei, weil sie das Speditionsgewerbe beeinträchtigen würde. Tatsächlich wird das Gewerbe im Moment von der Straßenbenutzungsgebühr komplett befreit. Ich stelle weiterhin fest, dass hier alle Redner gemeinsam der Meinung sind, dass die Einführung der Lkw-Maut für den Bund und für Hamburg notwendig ist und ein echter Erfolg wäre.
Das bedeutet, dass Sie – in die Rolle der Bundesopposition schlüpfend – der Regierung vorwerfen, dass sie ihre eigenen Vorgaben nicht schnell genug erreicht. Darüber kann sich eine Regierung tatsächlich nur freuen, wenn das die inhaltliche Kritik der Opposition ist.
Tatsächlich ist es so, dass die Lkw-Maut sicherlich kommt, aber sie wird weit verspätet kommen. Die Regierung ist gut beraten, genau nachzusehen, was die Entlassung des Toll Collect-Geschäftsführers Michael Rummel genau bedeutet. Dieser ist entlassen worden, weil er wissentlich die Auslieferung fehlerhafter On-Board-Units veranlasst hat. Ich glaube, dass dies genau der Schlüssel ist, mit dem die Bundesregierung – beziehungsweise das Bundesministerium – Schadensersatzansprüche geltend machen kann, weil hier wissentlich gegen den Vertrag verstoßen wurde, sodass das Konsortium nicht mehr behaupten kann, es seien Fehler gemacht worden, die von der Schadensersatzregelung ausgenommen waren. Deswegen wird die Lkw-Maut kommen, sie wird aber später kommen, als wir es uns alle wünschen. Wenn nicht mit diesem, dann mit einem anderen Betreiber.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat hat die Lkw-Maut etwas geschafft, was meines Wissens vorher noch keiner geschafft hat: Sie wurde als unpersönlicher Gegenstand Liebling des Monats bei Harald Schmidt.
Ich darf doch einmal an die Realitäten erinnern: Sie und Ihr Kanzler haben den Transrapid beerdigt, und nicht wir.
Er ist danach grinsend nach China gefahren, um ihn dort zu verhökern. Sie sollten also ein bisschen vorsichtig sein.
Bevor ich auf das Chaos, die eigentliche politische Verantwortlichkeit und auf den Hamburg-Bezug eingehe,
möchte ich eine grundsätzliche Bemerkung zu Herrn Lühmann machen. Er hat von einer Tendenz gesprochen, die Regierung aufzufordern, die von ihr gewollten Sachen schneller zu machen.
Die grundsätzliche Tendenz der Lkw-Maut, nämlich zu einer durch die Nutzer finanzierten Infrastruktur zu kommen, sehen wir positiv. Aber nach der Maut-Einführung wird es, weil die Mineralölsteuer unverändert hoch bleibt, eine höhere Abgabenbelastung auf Deutschlands Straßen geben. Die Mittel für Investitionen in den Infrastrukturausbau sollen nach dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung gegenüber 2003 – das hat Herr Senator Mettbach schon gesagt – im Jahre 2004 sogar gekürzt werden. Genau das Gegenteil, nämlich die Verwendung der Maut-Einnahmen für eine Aufstockung der Investitionsmittel, war aber Grundbedingung für eine Abgabenerhebung durch die Maut.
Stattdessen wird die Bundesregierung lediglich bisher steuerfinanzierte durch mautfinanzierte Investitionen ersetzen. Insofern ist die Lkw-Maut von Rotgrün nur eine Art Steuer und eine zusätzliche Einnahmequelle für Finanzminister Eichel. Das ist Pfusch!