Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Steffen, die Jugendkriminalität steigt. Das ist eine Tatsache. Sie steigt, das ist gesamtgesellschaftlich feststellbar und auch kein Phänomen, das wir in Hamburg haben. Wir müssen uns als gesetzgebendes Organ Gedanken machen, ob die Gesetze, die wir haben, um Jugendkriminalität zu bekämpfen, noch zeitgemäß sind.
Deswegen haben wir heute mit unserem Antrag eine Klarstellung eines Gesetzes beantragt, eine Bundesratsinitiative, die deutlich machen soll, dass das Gesetz, das den Familienrichtern zurzeit vorliegt, für eine Einweisung in eine geschlossene Unterbringung nicht ausreichend ist
und die Familiengerichte eher ermuntert, auch einmal zu sagen, nein, hier sind noch nicht genügend Jugendhilfemaßnahmen ausgeschöpft und deswegen gibt es keine Einweisung in die geschlossene Unterbringung.
Liebe Frau Steffen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich wäre froh, wenn ich hier jetzt nicht stehen und diesen Antrag einbringen müsste.
Dieser Antrag ist aber eine Folge Ihrer Politik. Warum haben die Familiengerichte das Problem, bei einigen Kindern und Jugendlichen feststellen zu müssen, dass mehrere Jahre nichts passiert ist und sich keiner um sie gekümmert und keine staatliche Stelle in irgendeiner Form Hilfe angeboten hat? Das liegt daran, dass Sie untätig waren, sich in den letzten Jahren dem Problem verschlossen und es nicht gesichtet haben.
Dieser Senat hat sehr, sehr schnell und konsequent agiert, nicht nur mit einer geschlossenen Unterbringung, sondern auch mit einem Familieninterventionsteam. Mittlerweile wird jedes Kind, das eine Straftat begeht, konsequent erfasst und es wird mit geeigneten Maßnahmen reagiert.
Die Gesetzesänderung, die wir hier auf Initiative von Frau Senatorin Schnieber-Jastram fordern, ist nichts anderes als ein Antrag, den wir hier vor wenigen Monaten auch schon einmal debattiert und abgestimmt haben. Das war damals die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes Paragraphen 71/72 bei der Anwendung des Jugendstrafstrafrechts auf Erwachsene. Auch da gab es eine Bundesratsinitiative und auch da handelte es sich lediglich um eine Klarstellung, um eine Anpassung des Gesetzes an die Realität, an das, was wir tagtäglich auf der Straße erleben. Insofern, Frau Steffen, verstehe ich Ihre Kritik und Ihre Frage nicht. Mit diesem Gesetzesentwurf reagieren wir auf bestehende Defizite, die Sie uns hinterlassen haben, und wir reagieren angemessen.
(Beifall bei der CDU und bei Ekkehard Rumpf FDP sowie vereinzelter Beifall bei der Partei Rechts- staatlicher Offensive)
Herr Böwer, Sie hatten noch die Frage gestellt, wie es jetzt mit der Sicherheit aussieht. Die Behörde für Soziales und Familie hat in der Feuerbergstraße stets schnell und konsequent reagiert. Dass man innerhalb weniger Wochen keine neue geschlossene Einrichtung schaffen kann, die 1 a funktioniert, ist einfach so. Es sind Fehler gemacht worden, es hat Probleme gegeben, aber man konnte sich bei der Behörde für Soziales und Familie darauf verlassen, dass diese Fehler stets schnell korrigiert wurden und dass angemessen reagiert wurde. Dass im letzten halben Jahr keiner mehr diese Einrichtung verlassen hat, ist ein Zeichen dafür, dass die Probleme und die Lücken gefunden wurden, dass die Einrichtung sicher ist und sie jetzt eine moderne, pädagogischtherapeutische Einrichtung der Jugendhilfe darstellt.
Dann habe ich noch Herrn Schill auf dem Zettel stehen, aber den möchte ich mir eigentlich sparen. Die Politik von Herrn Schill ist nichts anderes als das, was er vor zwei Jahren gesagt hat:
Wir wollen Kinder und Jugendliche, die kriminell sind, in dieser Stadt wegsperren. Wir sind der Auffassung, wir brauchen einen kleinen Kinderknast, wir wollen eine geschlossene Unterbringung möglichst für 200 Leute.
Ich sage Ihnen, das war nicht die Politik der CDU, das ist nicht die Politik der CDU, das wird nicht die Politik der CDU sein.
Die CDU steht für eine Jugendpolitik, in der wir stets genau gucken, welche Einrichtung zu welchem Zeitpunkt, für den Problemkreis, über den wir uns unterhalten, angemessen ist. Die Feuerbergstraße war zum richtigen Zeitpunkt die richtige Einrichtung mit genügend Plätzen für Kinder und Jugendliche, die durch Familiengerichte eingewiesen wurden. Die CDU und die von der Senatorin Schnieber-Jastram geführte Behörde sind verantwortlich mit Steuergeldern umgegangen und haben mit der Feuerbergstraße eine gute Einrichtung geschaffen, die auch weiterhin gute Dienste leisten wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind entsetzt über diesen Antrag und dass Sie so fahrlässig mit dem Begriff des Kindeswohls umgehen und hier einen Antrag für eine Verschärfung eines Gesetzes einbringen, die völlig überflüssig ist. Frau Steffen hat es schon gesagt, ich möchte es noch einmal bestätigen.
Es ist doch bisher gar nicht so, dass die Familienrichter gezwungen sind, alle Möglichkeiten der Jugendhilfe vorher ausgeschöpft zu haben oder zu wissen, dass sie ausgeschöpft sind, bevor sie eine geschlossene Unterbringung anordnen. Es ist aber richtig, dass die Familienrichter dieses entscheiden, und das Kindeswohl muss nach wie vor im Vordergrund stehen. Herr Hesse, Sie sagen, es geht darum, dass sehr vernachlässigte Jugendliche von Familienrichtern dann nicht geschlossen untergebracht werden. Das kann im Einzelfall geschehen, weil Familienrichter, nachdem sie sich den Fall gründlich angeschaut haben, zu der Entscheidung kommen können, dass andere Möglichkeiten der Jugendhilfe erst einmal genutzt werden müssen.
Es kommt darauf an, dass Jugendliche nur in allerletzten Fällen, und zwar so kurz wie möglich, in eine geschlossene Unterbringung kommen, wenn alle anderen Maßnahmen der Jugendhilfe nicht möglich sind. Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie in einem so sensiblen Bereich im Schweinsgalopp eine Gesetzesverschärfung durchbringen wollen, die völlig überflüssig ist. Lassen Sie das doch bitte.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will doch noch einige Dinge sagen. Das Erste ist eine Petitesse.
Wenn dieser Antrag in Wirklichkeit eine Initiative von Frau Senatorin Schnieber-Jastram sein soll, wieso ersuchen Sie dann den Senat noch, in dieser Frage aktiv zu werden? Das ist ein Widerspruch in sich.
Der zweite Punkt. Mich wundert schon, deswegen auch meine Zwischenfrage, wieso Abgeordnete – ich würde gern von einem Senatsvertreter hören, auf welcher Rechtsgrundlage – beim Besuch einer derart sensiblen Einrichtung in den direkten Kontakt mit jugendlichen Insassen kommen. Mich würde schon interessieren, wer einen derartigen Kontakt und ein derartiges Gespräch erlaubt hat: der Vormund, die Erziehungsberechtigten oder wer?
Herr Hesse, Sie haben sich jetzt das zweite Mal zu Wort gemeldet. Ich würde gern eine Auskunft darüber erhalten, was eigentlich mit den Jugendlichen nach der so genannten dritten Phase passiert. Trifft es zu, dass Jugendliche aus der Feuerbergstraße ohne Begleitung in Hotels untergebracht werden? Diese Frage ist unbeantwortet geblieben.
Herr Hesse, dann gehen Sie hin und prügeln auf den armen Kollegen Schill ein und sagen, er sei der Böse.
Wir wollen uns in der Historie richtig erinnern, wie das mit den 200 Plätzen in der Feuerbergstraße war. Es war mitnichten Schill alleine, es war auch sein ehemaliger Koalitionspartner Justizsenator Dr. Kusch, und gemeinsam haben sie die Sozialsenatorin getrieben, endlich eine Senatsdrucksache auf den Weg zu bringen, weil sie sonst selber aktiv geworden wären. So haben es die Spatzen von den Dächern gepfiffen. Sie haben gemeinsam darauf hingewiesen, dass es an dieser Stelle ein Umsetzungsproblem gegeben hat.
Der letzte Punkt betrifft die Entweichquoten. Das ist etwas für Feinschmecker. Richtig ist, dass aus der ersten Phase niemand mehr herauskommt. Aber im Herbst letzten Jahres sind die Leute in der zweiten Phase weggelaufen. Diese Tatsache unterschlagen Sie der Öffentlichkeit. In der Tat, sie laufen da nicht weg, sie gehen ihres Weges. Da muss ich ausnahmsweise dem Kollegen Schill zustimmen. – Danke.