Protokoll der Sitzung vom 06.02.2002

(Krista Sager GAL: Das kommt nicht rüber!)

Wir vom Bürgerblock machen unsere Arbeit. Ich hoffe, dass Sie beginnen, Ihre Aufgaben als Opposition wahrzunehmen, und nicht nur Effekthascherei betreiben. Vielleicht schaffen Sie es ja in den nächsten 100 Tagen; falls nicht, fragen Sie die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, die Ihnen erklären können, dass man auch Oppositionspolitik betreiben kann, ohne Schmutzkübel über den politischen Gegner auszukippen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Oh-Rufe bei der GAL – Uwe Grund SPD: Manfred, das war ’ne Lachnum- mer!)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Silberbach, erstens war Ihr Abgang eingedenk der Rede von Herrn Zuckerer nicht angemessen. Zweitens möchte ich sagen, dass es schon ein starkes Stück ist – ich nehme an, dass Sie die Politik in den letzten Jahren verfolgt haben, auch wenn Sie nicht Mitglied dieses Hauses waren –, wenn Sie das 50-Millionen-EuroProgramm als den großen Schritt bezeichnen und dabei nicht in Betracht ziehen, dass wir in den letzten Jahren jedes Jahr 1,9 Milliarden DM investiert haben.

(Zuruf von Manfred Silberbach Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Dabei rechne ich noch nicht die Investitionen hinzu, die die öffentlichen Unternehmen tätigen; und ich gebe Ihnen insgesamt zu, dass Investitionen einen wichtigen Beitrag leisten. Aber dass Sie hier sagen „nach Jahren des Stillstands“, wo gerade der Mittelstand Ihnen erklären kann, wie er von den sonstigen Investitionen Hamburgs profitiert, ist schlicht und ergreifend ein bisschen lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte Ihnen auch den Hinweis nicht ersparen, dass der Staatsrat Schön bei der Berichterstattung über dieses Sonderinvestitionsprogramm vorab im Haushaltsausschuss deutlich darauf verzichtet hat, die konjunkturelle Belebung und fördernde Wirkung dieses Programms in den Mittelpunkt zu stellen, sondern auf Nachfrage immer deutlicher gemacht hat, dass es ihm schon um die investiven Maßnahmen an sich geht und dass das die Begründung für dieses Programm war.

(Walter Zuckerer SPD)

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

Das war so, Frau Ahrons, Sie waren auch dabei; wir hatten es nur nachgefragt.

Deswegen möchte ich nicht ausschließen, dass es auch diese Wirkung gibt. Ich glaube aber, dass Sie sich damit ein bisschen zu stark schmücken und es bestätigt ebenfalls ein wenig den symbolischen Wert, den dieses Programm haben soll, um die nicht so glücklichen 100 Tage mit einer Maßnahme, die nach vorne gerichtet ist, abzuschließen. Und das ist auch nicht falsch.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Die unglücklich sind, seid ihr doch!)

Sehen Sie das doch nicht so verbissen.

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der von Ihnen immer als so leicht hingestellt wird und die Sorgen, die wir eigentlich haben sollten, nicht genug berücksichtigt. Ich möchte von dem finanzpolitischen Hintergrund sprechen, vor dem wir dieses Sonderinvestitionsprogramm diskutieren müssen.

Ziel der neuen Regierung war es, die Schuldenspirale durch Abbau oder durch Vermeidung der Nettokreditaufnahme zu stoppen. Das Gegenteil soll nun geschehen. Sie legen einen Haushaltsplan-Entwurf vor, der im Jahr 2002 die Kreditaufnahmeermächtigung um 200 Millionen Euro erhöht. Die Konsolidierung des Haushalts rückt in die Ferne und wir werden – das ist vorhin bereits angemerkt worden – weitere Steuermindereinnahmen für den Haushaltsabschluss 2001 noch verkraften müssen.

Wir wissen noch gar nicht genau, wie das passieren soll. Spätestens mit der Mai-Steuerschätzung werden wir sehen, ob der Haushaltsplan-Entwurf 2002 – dazu gehört dieses Sonderinvestitionsprogramm – nicht zu viel verspricht, ob da nicht noch im Jahr zurückgerudert werden muss. Das ist erstens der Hintergrund.

Zweitens muss man sich dann die Frage stellen, Herr Mattner – und da haben Sie sich das zu leicht gemacht –, ob und auf welche Art und Weise wir uns dieses Programm leisten können. Betrachten wir uns einmal die Finanzierung. Die 50 Millionen Euro für das Sonderinvestitionsprogramm sollen aus dem Grundstock für Grunderwerb entnommen werden. Wir wissen – das ist auch im Finanzbericht dargelegt –, dieser Grundstock von 450 Millionen Euro ist im letzten Herbst von Rotgrün an Sie übergeben worden. Dann kam die November-Steuerschätzung. Im Dezember hat Finanzsenator Peiner gesagt, wir müssen in 2001 die Neuverschuldung um über 170 Millionen Euro hochfahren, mehr als diese 50 Millionen Euro, die Sie sich jetzt für 2002 zurückgelegt haben. Das heißt, Sie haben die vorhandenen Rücklagen nicht in 2001 genutzt, Sie haben die Neuverschuldung bis an die Grenze des rechtlich Zulässigen hochgeschrieben. Das ist eine künstlich schlecht gerechnete Schlussbilanz für Rotgrün. Wozu taugt das Ganze? Das taugt dazu, dass Sie das Sonderinvestitionsprogramm in 2002 unter der neuen Regierung als nicht kreditfinanziert hinrechnen. Ich habe das schon in der letzten Debatte kritisiert, das ist keine Finanzpolitik der Transparenz, die Sie sich eigentlich auf die Fahnen geschrieben haben, das ist eine Schönrechnerei.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es bleibt dabei, dass dieses im Einzelnen mit guten Anteilen, mit, wie schon gesagt wurde, wünschbaren Maßnahmen versehene Sonderinvestitionsprogramm auf Kosten der Neuverschuldung geht. Die Neuverschuldung macht

keinen Halt, ob es eine Bilanz für 2001 oder für 2002 ist, die ist schlicht anwachsend.

Ich gebe Ihnen Recht, dass wir eine schwierige Lage haben, aber die soll man nicht auf diese Weise verschleiern. Sie müssen bei der Begründung für dieses Sonderinvestitionsprogramm mit wünschbaren Dingen einkalkulieren, dass Sie es letztlich auf Kosten der Neuverschuldung betreiben.

Insofern ist die Frage, ob wir es uns eigentlich leisten können, nicht uneingeschränkt mit Ja zu beantworten, gerade vor dem Hintergrund, dass wir im Haushalt und im öffentlichen Unternehmensbereich ein ziemlich großes Investitionsvolumen haben.

Zum Dritten möchte ich kurz auf das Programm eingehen. Für die Bereiche Schule, Hochschule und Kultur sind hier im Einzelnen die Maßnahmen nicht schlecht und auch nicht schlecht begründet. Ich komme aber um den Eindruck nicht herum, dass Sie hiermit anderweitige Enttäuschungen gegenfinanziert haben. Ich nenne ausdrücklich die Privattheater und die Privatschulen. Da haben Sie vor der Wahl ganz große, andersartige Versprechungen gemacht. Diese haben Sie jetzt gebrochen und jetzt helfen Sie mit dem Sonderinvestitionsprogramm im Bereich Privattheater und Privatschulen einfach ein bisschen nach.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wir fangen doch erst an!)

Im größten Bereich des Sonderinvestitionsprogramms, bei Bau und Verkehr, legen Sie im Haushalt insgesamt keinen politisch korrekten Entwurf vor. Vorausschicken möchte ich noch, dass auch wir Sonderprogramme für Verkehrsmaßnahmen, für Straßenbau gefahren haben. Wir haben Wert darauf gelegt, dabei alle Verkehrsteilnehmer anteilig zu berücksichtigen. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sich bei dem Radverkehr noch nicht entschieden haben.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Der Bürgermeister und auch der Staatsrat haben gesagt, ohne Radfahrer. Herr Mettbach hat im Haushaltsausschuss gesagt, dass er sie doch berücksichtigen will. Das werden wir natürlich im Interesse der Radfahrer weiterbetreiben.

Aber ich möchte zur aktuellen Planung in der Baubehörde noch etwas anderes sagen: Sie setzen die Instandsetzungsmaßnahmen im Betriebshaushalt der Bezirke zurück mit der Auflage, dies sei eine Einsparung, ihre politischen Prioritäten ausdrücklich durch Umschichtung zu finanzieren. Dann legen Sie in diesem Sonderinvestitionsprogramm aber wieder im selben Bereich Gelder obendrauf. Auch dies ist im Rahmen der haushaltspolitischen Lage nicht geboten. Im Übrigen ist es zu kritisieren, bei Instandsetzungen zu sparen und nachher bei den Investitionen draufzulegen. Das würde Ihnen auch der Rechnungshof in jedem einzelnen Einzelplan anmerken und das wird er auch noch tun.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Als Fazit kann ich Folgendes sagen: Das Sonderinvestitionsprogramm ist nicht schlecht gemeint, es ist wünschbar. Mein Eindruck ist, Sie wollen sich schmücken. Es ist ein bisschen als Mogelpackung finanziert. Was den Verkehrsbereich angeht, ist es mit den Bezirken und auch bezüglich der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer nicht abgewogen. So ist es für uns leider insgesamt nicht zustimmungsfähig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

(Anja Hajduk GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Pauly.

(Uwe Grund SPD: Jetzt erfahren wir: Schulden- machen ist gut!)

Meine Damen, meine Herren! Frau Hajduk, Sie haben bei den Investitionen unterschieden zwischen denen, die Sie gemacht haben oder die Ihr Programm sind, die bereits alle im Haushaltsplan 2002 stehen, und denen, die wir machen und die sich mit diesem Sonderprogramm auf 50 Millionen Euro beschränken. Die Investitionen, die Sie in den Haushalt eingestellt haben, werden wir auch durchführen. Die Argumentation, die Sie hier eben abgeliefert haben, ist Ihrer nicht würdig, weil mir das ein bisschen zu billig gewesen ist. Das passt nicht zu Ihnen, so zu argumentieren.

(Anja Hajduk GAL: Das müssen Sie jetzt aber be- gründen, Frau Pauly!)

Das können wir noch einmal vertiefen.

Den Haushalt 2002 konnten wir nicht mehr grundsätzlich ändern, sondern wir konnten nur marginale Änderungen anbringen. Mit diesen marginalen Änderungen wollen wir natürlich Signale setzen, dass es einen Kurswechsel gibt. Wir wollen auch die Signale so setzen, dass wir Entscheidungen möglichst schnell wirksam auf den Weg bringen können. Deshalb wollen wir dieses Sonderinvestitionsprogramm, weil es sich um Maßnahmen handelt, die bereits in diesem Jahr umgesetzt

(Ingrid Cords SPD: Nein, das stimmt nicht!)

oder zumindest schon begonnen, teilweise bereits bis zum April auf den Weg gebracht werden können. Insofern hat es eine Signalwirkung. Die sind alle in den Schwerpunktbereichen unserer Politik und sie erfordern keinen Vorlauf.

Rotgrün hat uns nicht nur diesen Riesenschuldenberg hinterlassen, weshalb wir dazu gezwungen sind,

(Uwe Grund SPD:... noch mehr Schulden zu machen!)

alle Investitionen kreditär zu finanzieren, insbesondere vor der Tatsache der drastischen Steuermindereinnahmen. Rotgrün hat uns in den öffentlichen Einrichtungen einen Mega-Investitionsstau hinterlassen.

(Alexander Porschke GAL: So hätten wir damals mal argumentieren sollen!)

Instandhaltung ist eine Daueraufgabe. Wenn man sich der ständig und stetig widmet, wird man auch nicht über Gebühr belastet. Aber bei Vernachlässigung kommt irgendwann mit unabweisbaren hohen Kosten die Strafe für die Schlamperei der Vorjahre und man muss mit Grundinstandsetzung, die dann wieder in den investiven Bereich geht, versuchen, das wieder auszubügeln.

Wir wollen mit diesem Programm mehrere Ziele erreichen. Wir wollen ausdrücklich die hier ansässigen mittelständischen Betriebe unterstützen und damit ein bisschen dazu beitragen, die regionale Wirtschaftsentwicklung zu stützen und vielleicht auch ein wenig zu beleben.

Wir werden diesen Instandsetzungsstau, den wir vorgefunden haben, mit dem 50-Millionen-Programm selbstverständlich nicht beseitigen, aber wir wollen uns dieser Aufgabe widmen und wir wollen sie in Angriff nehmen.