Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/308 an den Wirtschaftsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen.
Wer möchte die Drucksache zusätzlich mitberatend an den Rechtsausschuss und den Umweltausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf, Drucksache 17/313, Antrag der SPD-Fraktion, Flächen für die „wachsende Stadt“.
Die GAL-Fraktion beantragt eine Überweisung dieser Drucksache federführend an den Bau- und Verkehrsausschuss sowie mitberatend an den Wirtschaftsausschuss. Wer wünscht das Wort? – Herr Quast, Sie haben es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die sozialdemokratisch geführten Senate haben in den Neunzigerjahren die besondere Herausforderung einer wachsenden Stadt gemeistert. 130000 Menschen haben nach Öffnung der Grenzen und nach dem Fall der Mauer in Hamburg ein neues Zuhause gefunden. Über 75 000 neue Wohnungen wurden in Hamburg seit 1990 in einem gewaltigen Kraftakt genehmigt und fertig gestellt, über 60 Prozent davon öffentlich gefördert.
Im letzten Sommer hat die CDU das Thema „Wachsende Stadt“ entdeckt, nur rund zehn Jahre nachdem die großen Einwohnerzuwächse begonnen haben und gut vier Jahre nachdem die CDU hier im Hause den Flächennutzungsplan abgelehnt hat, der Flächen für 40000 neue Wohnungen und rund 700 Hektar Gewerbeflächen ausweist. Aber spät ist besser als nie.
Dabei gehe ich allerdings davon aus, dass die CDU das Ziel ernst meint und damit nicht nur zum Studium ihres Wahlprogramms anregen wollte.
Die CDU hat nun also auch ihre Vision. Damit aus ihrer Vision Konzepte für unsere Stadt werden, wollen wir gerne helfen. Sozialdemokraten haben in der Vergangenheit gezeigt, wie aus Ideen Konzepte und Bauvorhaben werden, zum Beispiel in Neu Allermöhe, wo Wohnungen für Tausende von Menschen entstanden sind, oder wie die HafenCity, in der Arbeitsplätze für 20000 Menschen und Wohnungen für 12000 Menschen entstehen werden.
Die Koalition hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Um 300 000 Einwohner will sie die Bevölkerungszahl Hamburgs steigern. Wer sich die Wachstumszahlen der Neunzigerjahre vor Augen führt, wer sich der Anstrengung bewusst ist, den die Bewältigung dieses Zustroms von nur 130 000 Menschen bedurfte, der kann erahnen, welche Herausforderung dies für Hamburg bedeutet und dass dies nur bei einem breiten Konsens möglich sein wird.
Insofern ist es verständlich, dass sich die Koalition kein zeitliches Ziel gesteckt hat. Unverständlich ist allerdings, warum die Mittel für Stadtplanung und Bürgerbeteiligung zusammengestrichen werden sollen. Sie wollen die Einwohnerzahl um 300000 Menschen steigern und kürzen die nötigen Planungsmittel um 300000 DM. Das passt nicht zusammen.
Unabhängig davon, ob Hamburgs Einwohnerzahl um 300000, 200000 oder 100000 Bürger steigen soll, ergibt sich eine Reihe von Fragen, zum Beispiel die nach Ihrem Konzept für eine wachsende Stadt. Dafür sei es zu früh, legte der Bausenator im Bauausschuss dar. Wenn es denn aber so weit ist mit Ihrem Konzept, Herr Senator Mettbach, werden Sie uns sicherlich auch erklären, wie es zu den Wachstumszielen passt, wenn Sie in Neugraben-Fischbek nur 1250 Wohneinheiten anstatt der ursprünglich geplanten 3500 bauen wollen.
(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das wollen Sie doch sel- ber nicht mehr! Das ist doch Unsinn, völliger Quatsch!)
Zunächst zwei andere Fragen. Was soll die Menschen veranlassen, nach Hamburg zu kommen, und woher sollen die Menschen kommen? Nach Hamburg zieht es neue Einwohner, wenn es genügend Arbeitsplätze gibt, wenn bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist und wenn ein attrakti
ves Angebot an Grün- und Freizeitflächen, an Kinderbetreuungseinrichtungen und kulturellen Angeboten bereitsteht.
Aber statt von neuen Arbeitsplätzen hören wir – zum Beispiel heute – nur, wo Sie Stellen streichen wollen, gerade auch bei sozialen Einrichtungen. Sie schaffen keinen bezahlbaren Wohnraum, sondern Sie wollen die städtischen Wohnungen von GWG und SAGA verkaufen und Sie erhalten die soziale Infrastruktur der Stadt nicht, sondern dampfen sie nach und nach ein.
Die andere Frage ist, woher die 300000 Menschen kommen sollen, wenn doch tatsächlich ein Bevölkerungsrückgang prognostiziert wird. Ein begrüßenswerter Stopp oder eine Umkehr der Abwanderung ins Umland reichen nicht aus, um das ehrgeizige Ziel der Zweimillionenmetropole zu erreichen. Auch der Import von einigen Staatsräten nach Hamburg ist sicherlich kein echter Beitrag. Ein Beitrag wäre sicherlich aber, meine Damen und Herren von der CDU, wenn die CDU ihre Blockadehaltung zum Zuwanderungsgesetz aufgeben würde, auch im Sinne des Wirtschaftsstandorts Hamburg.
Die SPD will die wachsende Stadt. Das Ziel ist richtig und für Hamburgs Wirtschafts- und Finanzkraft wichtig. Wir haben dazu in den letzten Jahren eine Reihe von Bebauungsplänen auf den Weg gebracht.
An vielen Orten dieser Stadt kann man sehen, wo neue Wohnquartiere für junge Familien entstanden sind und noch entstehen. Wir wollen, dass Familien mit Kindern in Hamburg bleiben, und haben dafür Programme entwickelt, um der Abwanderung ins Umland entgegenzuwirken. Wir wollen aber auch Hamburgs besonderen Charakter erhalten als attraktive grüne Stadt am Wasser. Wachstum darf nicht zu Lasten der Lebensqualität in dieser Stadt gehen. Deshalb müssen wir mit den Ressourcen vernünftig umgehen.
Bei Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau und Gewerbe ist dem Rechnung zu tragen. Es ist besonders auf Konversionsflächen zurückzugreifen und auf Nachverdichtung zu setzen. Wichtig ist, die verschiedenen Interessen wie auch Umwelt- und Naturschutz zu berücksichtigen, sodass sich hier die Hamburgerinnen und Hamburger weiter wohl fühlen, und das Ganze ist sozialverträglich zu gestalten.
Lassen Sie uns gemeinsam in die Diskussion zur wachsenden Stadt einsteigen. Wir sind schon gespannt auf die Wachstumsstrategie der Koalition. Legen Sie uns die nötigen Informationen vor über die bereits baurechtlich zur Verfügung stehenden Flächen und folgen Sie unserem Antrag.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bei einer Analyse der Einwohnerzahlen besteht tatsächlich kein Zweifel: Hamburg war im Hinblick auf seine Bevölkerung in den Neunzigerjahren eine wachsende Stadt. Der Hauptgrund hierfür war die Wiedervereinigung und die Erweiterung um die fünf neuen Bundesländer. Wir sind uns alle darin einig, dass Hamburg auch ohne diese Sonderkonjunktur auf Wachstumskurs bleiben soll, denn in den letzten Jahren stagnierte nicht nur der Bevölkerungsstand, sondern wir haben sogar eine Abwanderung von circa 9000 Menschen pro Jahr. Darum brauchen wir ganz neue Konzepte und Impulse.
Über die große Linie besteht im Grunde ein breiter Konsens. Wir alle – oder fast alle – möchten für die alten und neuen Hamburger Bürgerinnen und Bürger ausreichend schönen Wohnraum zu akzeptablen Preisen zur Verfügung stellen und für unsere Wirtschaft die benötigten Flächen anbieten.
Vergessen dürfen wir in diesem Zusammenhang auch nicht den Bedarf an Verkehrsflächen in einer Metropole, welche auch Platz in Anspruch nehmen.
Wir alle wollen unser schönes Hamburg als eine Stadt mit vielen Grün- und Wasserflächen erhalten und weiterentwickelt wissen. Ich sehe auch einen direkten Zusammenhang zwischen dem Bevölkerungswachstum und dem sehr hohen Erholungs- und Freizeitwert, den unsere Stadt den Menschen bietet.
Ein sehr wichtiger Punkt, welcher die Schönheit unserer Stadt ausmacht, ist die geschlossene Struktur der Innenstadt. Die Skyline der Hamburger City ist in erster Linie durch die Hauptkirchen und durch unser Rathaus und nicht durch eine gigantische Ansammlung von Hochhäusern geprägt. Dies soll und muss auch in Zukunft so bleiben, meine Damen und Herren.
Dieses sind verschiedene Ziele, denen man leicht zustimmen kann. Doch hier beginnt das große Problem der Stadtentwicklungspolitik. Wir brauchen Flächen. Hier kommt es in der Regel zu Zielkonflikten zwischen den zuwiderlaufenden Interessen. Entscheidungen sind dann mitunter schmerzhaft, auch für die, die sie treffen müssen.
Ich bin aber sicher, mit Kreativität und Phantasie und Handlungsbereitschaft werden wir diese benötigten Flächen finden.
Ohne Zweifel ist die HafenCity eines der wichtigen Zukunftsprojekte unserer Stadt und im Zusammenhang mit der aktuellen Bewerbung für die Olympischen Spiele sind in diesem Bereich viele Wachstumspotenziale, die modernen Ansprüchen gerecht werden.
Sehr gut finde ich, dass beim Projekt HafenCity nach meiner Einschätzung über die Parteigrenzen hinweg eine sehr sachorientierte und konstruktive Zusammenarbeit besteht. Ich bin mir sicher, dass dies auch in Zukunft mit zusätzlichen Ideen des neuen Senats so bleiben wird.
Eine Stadt, die auf immer neuen Flächen in das Umland wächst und im Inneren von verödeten Flächen gekennzeichnet ist, wäre wie ein hohler Baum.
Darum wird sich vieles sinnvoll durch innere Verdichtung und weitere Ergänzung im Bestand umsetzen lassen. Auch die Möglichkeiten in der rückwärtigen Bebauung oder der Grundstücksteilungen sind noch längst nicht ausgeschöpft. Aber manches wird nur durch großflächige Maßnahmen möglich sein. Zu berücksichtigen ist aber, dass für Baumaßnahmen auch ein Naturausgleich erforderlich ist und dass dieser auch in Hamburg stattzufinden hat und stattfinden wird.
Die Bereitstellung der erforderlichen Gewerbeflächen ist mir ein besonders wichtiges Anliegen, denn die zukünftige Bevölkerung braucht Arbeitsplätze. In diesem Zusammenhang erscheint es mir aus aktuellem Anlass auch erforderlich, dass eine wesentlich restriktivere Politik hinsichtlich der Zweckentfremdung von Gewerbeflächen durchgeführt wird.