Protokoll der Sitzung vom 20.02.2002

(Beifall bei der SPD)

Zweite Bemerkung: Herr Senator, ich hatte gehofft, dass Sie ein klein wenig mehr auf die Beteiligung des Parlaments eingehen, denn Sie haben bei Ihrer Darstellung möglicherweise einen Punkt nicht deutlich genug hervorgehoben. Wenn der Senat sich am 7. Mai damit befasst hat, dann wird diese Bewerbung an das NOK herangetragen, und was sollen wir als Parlament dann noch großartig an weiteren Veränderungen vornehmen? Wir können gar keine anderen Überlegungen mehr anstellen. Deswegen auch die herzliche Bitte meiner Fraktion, einen Weg zu finden, die Informationen gegenüber diesem Hause ein klein wenig deutlicher und intensiver vorzunehmen, als dies bisher der Fall war, damit wir gemeinsam das Ziel erreichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem ersten Thema der Aktuellen Stunde? – Die sehe ich nicht.

Dann rufe ich die nächsten beiden Themen auf: Von der SPD-Fraktion

Politik ohne Frauen und gegen Frauen – Mit dem Senat zurück in die fünfziger Jahre

zusammen mit dem von der GAL angemeldeten Thema

Finanzieller Kahlschlag: Senat beendet aktive Politik für Frauen und Mädchen

Wer wünscht das Wort? – Frau Mandel hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Senat hat ein Problem mit Frauen.

(Lachen bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Dies wird nicht nur dadurch deutlich, dass Herr von Beust es nur überaus mühsam geschafft hat, Frau Schnieber-Jastram eine zweite Senatorin an die Seite zu stellen, damit sie sich nicht so einsam in der Herrenriege fühlt. Schließlich kann sich unser Bürgermeister keine Frauen schnitzen, wie er in einem Interview bedauernd zugeben musste. Das Frauenquorum der Bundes-CDU von 30 Prozent wollen wir hier gar nicht erwähnen. Da es die Hamburger CDU leider nicht zugelassen hat, dass ihre kompetenten Frauen ihrem Anteil entsprechend in der Bürgerschaft vertreten sind, ist dieser Mangel kein Zufall.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Hamburger CDU pflegt ein völlig antiquiertes Frauenbild. Herr Fischer hatte neulich eine interessante Erklärung dafür, weshalb so wenig Frauen in der Zeit von 17 bis 22 Uhr Politik machen können. In dieser Zeit müssten sie sich schließlich um die Kinder kümmern und den Haushalt erledigen. Und in traditioneller Weise haben selbstverständlich auch Frauen ein schlechtes Gewissen, wenn sie abends nicht zu Hause sind, meint Herr Fischer. Diese Probleme haben offensichtlich die männlichen CDU-Kollegen nicht; das passt auch ins Bild.

In dieses altbackene Frauenbild dieses Senats – das gilt übrigens auch für die FDP und die PRO – passen die Hamburger Frauenberatungsstellen und -projekte nun wirklich nicht hinein. Feministische Mädchen- und Frauenarbeit wird wohl erst recht als Teufelswerk angesehen. Also werden die Projekte so zusammengestrichen, dass einige in ihrer Existenz bedroht sind. Es ist ungeheuer passend, dass die Kürzungen auch noch von einer Frau exekutiert werden. Eine Frau Schnieber-Jastram beweist mit ihren Kürzungen, dass sie genauso rabiat zusammenstreichen kann, wie es nur irgendein männlicher anderer CDU-Senator auch tun könnte.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Kürzungen ist ein klarer Trend zu beobachten. Es trifft vor allem Beratungsstellen, die sexuell missbrauchte Kinder und in der Kindheit missbrauchte Erwachsene beraten und betreuen. Es trifft die Frauenhäuser, in denen Frauen zum größten Teil mit ihren Kindern Zuflucht suchen, es trifft – fast schon logisch – das Kinderschutzzentrum in der Emilienstraße, es trifft die Beratungsstellen, die zum Beispiel Trennungsberatung machen, und es trifft Einrichtungen, die berufliche Qualifizierungsmaßnahmen für Berufsrückkehrerinnen und Maßnahmen zur politischen Bildung durchführen, es trifft die Opferhilfe und es trifft Amnesty for Women.

Sie kürzen in Bereichen, die besonders sensibel sind, und legen die Axt mit Folgen an, die zurzeit überhaupt noch nicht zu übersehen sind. Es geht Ihnen auch offensichtlich nicht darum, Stellen einzusparen, um die Sparquote einzuhalten, wie Frau Schnieber-Jastram bestimmt gleich sagen wird. Es geht Ihnen vielmehr darum, auf längere Sicht die kleinen genannten Einrichtungen zu schließen, denn diese kleinen Träger sind diejenigen, die für Frauen da sind, die aus den verschiedensten Gründen Hilfe brauchen, weil sie in dieses traditionelle Frauenbild der CDU nun mal nicht passen, weil sie vielleicht alleinerziehend sind und deswegen Hilfe brauchen oder weil sie arbeitslos sind oder in den Beruf zurückwollen.

Eine Frau, die sich politisch weiterbildet oder gar in den Beruf zurückwill, hat nach dem Weltbild der CDU offenbar

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP)

vor, ihre Familie vernachlässigen zu wollen. Warum soll man für solche Rabenmütter auch noch Beratungsstellen finanzieren,

(Beifall bei der SPD)

die diese Frauen in diesem frevelhaften Tun auch noch unterstützen? Dieser Senat vollführt die Rolle rückwärts in die muffigen Fünfzigerjahre.

Selbst die Bundes-CDU ist weiter als der Hamburger Senat und hat das Leitbild der Frauen und Familienmutter fast vollständig aufgegeben. Die meisten jungen Leute wollen nicht vor die Alternative Erwerbstätigkeit oder Familie gestellt werden. Kinder und Karriere dürfen kein Widerspruch sein, heißt es in dem letzten Grundsatzpapier der CDU zur Familienpolitik. Vielleicht können Sie sich das Papier einmal besorgen und Ihre Erkenntnisse etwas modernisieren.

Frau Schnieber-Jastram hat angekündigt, schwerpunktmäßig nur Projekte für Mütter fördern zu wollen. Die Ironie bei allen Kürzungen liegt darin, dass der überwiegende Teil der Frauen, der diese Beratungsstellen aufsucht, Mütter sind. Nichtsdestotrotz ist es zu kurz gegriffen, wenn man versucht, Frauen auf den Aspekt von Muttersein zu reduzieren; das funktioniert doch schon lange nicht mehr.

Die Hamburgerinnen stehen auf gegen Ihre Streichorgie und lassen sich nicht auseinanderdividieren in Mütter auf der einen Seite und Nichtmütter auf der anderen Seite.

Die Hamburger Frauenprojekte haben heute eine Pressekonferenz abgehalten und namhafte Frauen haben in einem Protestbrief an den Bürgermeister ihren Unmut – übrigens auch Heidi Kabel – zum Ausdruck gebracht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Frau Koop.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Jetzt bitte Heidi Kabel zitieren!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Mandel, dadurch, dass man immer wieder das angebliche Frauenbild der CDU wiederholt, wird es nicht wahrer.

Natürlich ist der Aufschrei groß und die Empörung...

(Barbara Duden SPD:... berechtigt! – Beifall bei der SPD und der GAL)

Auf meinem Schreibtisch häufen sich Briefe, die mir schwer fallen, sie zu beantworten; das ist richtig. Ich versuche, mich in die Lage zu versetzen, wie es wäre, wenn mir ein großer Teil meines Einkommens verloren ginge, wie das für meine Pläne in der Zukunft und für meine laufenden Kosten aussähe. Still hinnehmen würde ich das auch nicht. Mir würden sicherlich hundertein Gründe einfallen, warum ausgerechnet mein kleiner pädagogischer Beitrag vor Ort so unendlich wichtig ist, dass er erhalten werden muss.

Aber all das erspart mir nicht die pragmatische Erkenntnis, dass ich aus einem halbvollen Topf nicht das volle Pfund schöpfen kann. Und in dem Haushaltstopf, den Sie uns hinterlassen haben, ist eklatant weniger drin, als wir angenommen haben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Unmutsäußerungen bei der SPD und der GAL)

Es wird auch in der nächsten Zeit nicht mehr hineinkommen, wenn wir uns die Steuerschätzung ansehen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Aber den Polizeitourismus fördern!)

Für uns ist nun einmal eine Binsenweisheit, dass ich Geld, das ich nicht habe, auch nicht ausgeben kann.

(Petra Brinkmann SPD: Das war schon letztes Jahr so!)

Wenn wir die Standards erhalten wollen, dann können wir es so machen wie Sie, nämlich mehr Schulden machen, aber das wollen wir nicht.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das machen Sie doch!)

Sie mögen es für unsozial halten, wenn erwartete Leistungen nicht ausgezahlt werden können. Wir halten es für wesentlich unsozialer und verantwortungsloser, Gelder aufzunehmen und damit die nächsten Generationen noch weiter zu belasten.

Es muss in allen Bereichen gespart werden, das wissen Sie, und der Bürgersenat hat andere Prioritäten in der Sozialpolitik gesetzt.

(Petra Brinkmann SPD: Das ist so!)

Das ist unser Recht und wir legen auch Wert darauf, dass das akzeptiert wird.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Familien- und Jugendarbeit soll in Zukunft verstärkt werden. Die Frauenpolitik soll zurückgefahren werden, das kann man bedauern.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Muss man!)

Lassen Sie mich doch einmal ausreden.

(Anja Hajduk GAL: Das muss man aber nicht machen, Frau Koop!)