die man als solche dann auch beschreiben kann. In Hamburg werden seit 1994 Sparprogramme gefahren und diese Sparprogramme sind inzwischen auf eine Größenordnung von 1,8 Milliarden Euro gestiegen – jedes Jahr neu. Noch schneller sind aber regelmäßig die Steuereinbrüche gewachsen, ausgenommen die Jahre 1999 und 2000. Das heißt, wir haben seit etwa elf Jahren ein durchgängiges Problem, das Sie auch noch nicht gelöst haben, sondern wovon Sie uns nur versprechen, dass Sie es lösen wollen. Sie hatten uns schon einmal versprochen, dies 2004 zu lösen, jetzt versprechen Sie es für 2006, aber die Mittel liegen sehr in den Sternen.
Inzwischen liegt nach meiner Wahrnehmung das Problem nicht mehr bei den zu hohen Ausgaben; das sagen Sie
indirekt sogar selbst. Seit 1994 sind die Ausgaben, bezogen auf die Plandaten von 2006, um knapp 20 Prozent gesenkt worden. Noch schneller sind allerdings die Steuereinnahmen weggebrochen, allein von 1999 bis 2004, so sagt es Ihr Finanzbericht, um 1,6 Milliarden Mark. Wenn das der Fall ist, dann haben wir doch offenkundig vor allem ein Einnahmenproblem und nicht in erster Linie ein Ausgabenproblem. Das sehen Sie sogar selbst, wenn Sie in Ihrem Finanzbericht seit Jahren mit der zu niedrigen Steuerquote argumentieren. Das ist doch offenkundig ein Einnahmenproblem. Sie schreiben dann, dass das niedrige Niveau von 20,3 für eine angemessene Finanzierung der öffentlichen Aufgaben ohne Belastung der zukünftigen Generation nicht ausreiche; so ist es. Was soll dann Ihre verrückte Polemik, wenn das der Fall ist?
Es wäre übrigens ganz gut, wenn Sie Ihrer Parteivorsitzenden und Herrn Merz einmal klar machen könnten, dass in Deutschland ein wirkliches Problem bei der Einnahmesituation besteht. Das Land leidet eher darunter, dass immer neue Steuersenkungsdebatten durchs Dorf getrieben werden. Sie schreiben – das ist ein hübsches Argument –, gesamtstaatlich werde für 2005 mit Steuereinnahmen in Höhe des Jahres 1999 gerechnet. Das Bruttoinlandsprodukt wird jedoch 2005 um rund 200 Milliarden Euro höher liegen als 1999. Dieser Wachstumsbetrag – also unser wirtschaftliches Wachstum seit 1999 –, der dem Gesamtumfang der volkswirtschaftlichen Leistung Polens entspricht, ist in Deutschland rechnerisch steuerfrei geblieben; das ist unsere Vorbereitung auf die Globalisierung. Das heißt, wir haben das polnische Sozialprodukt faktisch durch ständige Steuersenkungen unbesteuert gelassen und beklagen uns jetzt, dass wir die öffentlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen können.
Für eine wirkliche Lösung muss deshalb eine grundsätzliche Lösung von der Einnahmeseite kommen. Ich stimme Ihnen völlig zu, ich bin auch ein entschiedener Anhänger von Steuervereinfachungen. Ich glaube nur nicht, dass wir dazu im Moment eine Diskussion über die Höhe der Steuersätze führen müssen, sondern über die Beseitigung von Subventionstatsachen im Steuerrecht.
Das betrifft insbesondere die Eigenheimzulage und die Kilometerpauschale, beides städtefeindliche Maßnahmen. Sie haben sich in der CDU da ein Stück bewegt, aber nicht genug. Noch wird die Abschaffung blockiert, obwohl es steuerlich zu einer günstigen Wirkung führen würde.
Das Windradargument will ich gerne aufnehmen. Es hat bei technologischen Wandlungen noch ganz selten eine Situation gegeben, wo eine neue Technologie ohne staatliche Stützung auf den Markt gebracht werden konnte. Das haben Sie uns in Sachen Atomenergie 20 Jahre lang erzählt, als Sie das Programm finanziert haben.
Im Übrigen setzt der Senator in Wirklichkeit auch auf Einnahmesteigerungen, nur nach dem Prinzip Hoffnung. Im Haushalt sieht es so aus, dass nach Einnahmerückgängen in 2004 gegenüber 2003 um 8,5 Prozent, nach Einnahmesteigerungen im kommenden Jahr, die bei
1,7 Prozent liegen, für das Jahr 2006 plötzlich die Einnahmen um 7 Prozent steigen werden. Warum? Weil 2006 der Betriebshaushalt ausgeglichen werden soll! Ich gebe gerne zu, dass er diese überraschende Annahme aus der Steuerschätzung der Bundesregierung übernommen hat, das ist keine willkürliche Annahme. Aber trotzdem ist es grotesk zu argumentieren, hier würde solide gearbeitet und in der Bundesregierung würde mit dem Prinzip Hoffnung ein Haushalt aufgestellt. Die gleiche Kritik, die Herr Austermann gestern gegenüber Herrn Eichel geäußert hat, könnte man heute gegenüber Senator Peiner vorbringen, der just dieselben Zahlen in Anschlag bringt.
Das Konzept, durch eine wachsende Stadt, durch mehr Einwohner mehr Geld in der Stadt zu halten, mag vielleicht in the long run aufgehen, aber es ist kein Konzept, um bis zum Jahr 2006 zum Haushaltsausgleich zu kommen. Das ist eher eine strukturell angesetzte Maßnahme, die ihren Erfolg haben mag.
Nun gebe ich gerne zu, dass auf Landesebene Maßnahmen des Steuerrechts nicht zu machen sind. Hamburg hat im Bundesrat drei von 69 Stimmen – das ist nicht die Welt – und muss sich eine Mehrheit für Steuerrechtsveränderungen innerhalb des Bundesrates suchen. Die Frage ist nur, ob man nicht die Haltung Hamburgs, auch die Rolle der hamburgischen CDU, dazu verwenden kann, die Blockadepolitik, die im Bund gegen den Subventionsabbau betrieben wird, zu durchbrechen, meinetwegen auch, indem Gegengeschäfte zum Kohlesubventionsabbau gemacht werden; ich bin gerne bereit, das mitzutragen. Aber sich hier hinzustellen und ständig nur die einbrechenden Einnahmen zu beklagen, ohne etwas dagegen zu tun, scheint mir nicht plausibel.
Der Senator sagt, die Erhöhung der Einnahmen durch zusätzliche Kredite sei keine Lösung für Hamburg. Das sehe ich in der gegebenen Situation auch so. Zunächst einmal gibt es die Verfassungsgrenze. In Hamburg ist sie allerdings weicher, es ist keine Verfassungsgrenze, sondern eine Grenze, die die Landeshaushaltsordnung setzt – also einfaches Gesetz –, keine Kredite über den Rahmen der Investitionen hinaus. Es gibt auch das plausible Argument, dass die deutsche Volkswirtschaft vor allem an einer Schwäche der Binnennachfrage leide, aber wir haben inzwischen gelernt, dass es keinen Keynesianismus innerhalb des Nationalstaates und erst recht nicht auf der Ebene des Stadtstaates gibt; das wäre absurd und lächerlich. Insofern bleibt diese Möglichkeit nicht offen, städtische expansive Wirtschaftspolitik separat in einer zusätzlichen Verschuldung zu betreiben. Vernünftig wäre aber auch hier, darauf hinzuwirken, dass sich in der Zinspolitik bei der unabhängigen Europäischen Notenbank ein bisschen ändert und die Flexibilisierung des Maastricht-Kriteriums nicht vollständig als eine Teufelei dargestellt wird, was in den öffentlichen Äußerungen manchmal passiert.
Nun muss man dem Senat zugute halten: Er hat eine Politik kreditgeschöpfter Ausgabenerweiterung betrieben. Die Schulden sind nämlich von 1998 bis 2001 jährlich um 809 Millionen Euro gesteigert worden. In den Jahren von 2002 bis 2006 werden die Schulden um 851 Millionen
Es ist also durchaus nicht so, als ob die jährliche Verschuldung einschließlich der Schulden der Wohnungsbaukreditanstalt geringer geworden wäre, sondern sie hat zugenommen.
In gewisser Weise muss man sagen, der Senat handelt in Bezug auf das Konsolidierungsprogramm sehr ähnlich wie die Vorgängersenate. Er führt ein Notprogramm durch. Er macht Einsparungen auf der einen Seite und verkauft Vermögen, um die Lücke zu füllen, auf der anderen Seite – auf die zusätzlichen Vermögensverkäufe komme ich noch zu sprechen. Er macht dieses Notprogramm aber mit einer solchen Lautsprecherstimme von "Aufbruch" und "ganz neu", dass er damit Verblüffung in der Welt erzeugt. In Wirklichkeit findet aber schlicht das Gleiche wie vorher statt, nur schlechter gemacht.
Dass es schlechter gemacht ist, kann man an Zahlen ablesen, die der Senator selbst im Finanzbericht vorlegt. Vom Ergebnis her: Wissen Sie, wann die vier Jahre waren, in denen die Betriebsausgaben der Hansestadt in den letzten Jahrzehnten durchschnittlich am wenigsten gesteigert wurden? Das waren die Jahre 1998 bis 2001. Ausweislich der Grafik von Herrn Peiner sind sie dort um 0,53 Prozent pro Jahr gestiegen.
(Christian Maaß GAL: Wer hat da noch regiert? – Marcus Weinberg CDU: 27 Millionen Euro Kita- Einsparungen!)
Das war die rotgrüne Zeit. Am zweitbesten war die rotgraue Zeit. Der Senat plant jetzt, die Ausgaben bis 2005 jährlich um 1,15 Prozent zu steigern. Das ist doppelt so stark.
Wenn Sie sich einmal auf etwas Konkretes einlassen müssen, dann fragen Sie, warum es so dünn oder dick oder warum dieses oder jenes sei. Aber wir reden jetzt hier über etwas ganz Bestimmtes, nämlich über einen vorliegenden Haushalt.
Dabei ist festzustellen, dass der Senat die Betriebsausgaben bis zum Jahr 2005 pro Jahr doppelt so stark steigert, wie sie in der rotgrünen Zeit gesteigert worden sind.
Man gewinnt ja nur schwer einen Überblick über die Konsolidierungsgrößenordung – Jesteburg I, Jesteburg II, neues Konsolidierungsprogramm –, auf welchen Betrag sich das eigentlich insgesamt pro Jahr addiert. Das ist sehr verdeckt dargestellt. Ich habe es mir einmal günstig gerechnet und gesagt, vielleicht sind es 585 Millionen Euro, die in der Addition der Programme zustande kommen. Das wären für fünf Jahre ein Konsolidierungsprogramm von jährlich 117 Millionen Euro. Das ist schlechter als bei Rotgrau. Die sind auf 138 Millionen Euro während
ihrer vier Jahre gekommen. Wir sind während unserer vier Jahre auf ein Konsolidierungsvolumen von über 160 Millionen Euro gekommen. Ich verstehe manchmal nicht, wie solche schlichten Tatsachen, die durch einfaches Lesen, Lesen, Lesen – Herr Tants –
in den Finanzunterlagen erschlossen werden können, die der Senator Ihnen selbst vorlegt – ich habe ja gar keine anderen –, einfach an Ihrer aller Wahrnehmung vorbeigehen. Das ist doch grotesk. Dann sagt man, ein Parlament, eine Bürgerschaft sei der Wahrheit, dem Herausfinden des Richtigen, der öffentlichen Vernunft verpflichtet. Aber wo bleibt sie denn da?
Auf einen Punkt möchte noch ich hinweisen. Wir führen ja eine alte Polemik darüber, wie man am besten spart, durch Quotensparen oder aufgabenkritisch. Durch diese erratischen Sparvorschläge, weg mit der Filmförderung, weg mit der Ballinstiftung, weg mit diesem oder jenem? Man kann auch da einfach vom Ergebnis ausgehen. Der Senator sagt, Quotensparen führe dazu, dass nichts richtig Aufgabenkritisches dabei herauskommt, dass der Verwaltungsabbau nicht sinnvoll stattfindet et cetera. Wenn man jetzt einmal guckt, wie sich der Personalkörper entwickelt hat, stellt man fest, dass der Personalkörper der Hamburgischen Verwaltung von 1998 bis 2001 um etwa 1,65 Prozent in jedem Jahr verkleinert worden ist, im Wesentlichen im Kernbereich der Verwaltung. Von 2002 bis 2004 soll er nur noch um 0,34 Prozent verkleinert werden. Das heißt, die Verschlankung der Verwaltung findet in viel geringerem Umfang statt als unter Quotensparen. Aber wo wird stattdessen gespart? Im Ergebnis: Die Sparmaßnahmen werden nur noch zu 12 Prozent – das steht auch im Finanzbericht – durch Effizienzsteigerung des Verwaltungshandelns erreicht, aber zu 43 Prozent durch Leistungseinschränkungen, also zu 43 Prozent durch Einschränkungen gegenüber dem Bürger, während wir die ganze Zeit versucht haben, die Verwaltung zu verschlanken und in erster Linie die Verwaltungseffizienz zu steigern.
Heute wird die Tendenz zum Grobkörnigen ausgelöst, zu erratischen Sparentscheidungen, die dann jeweils die ganze Stadt verrückt machen und wiederum dem Finanzsenator die Möglichkeit geben, sich als Beißbürgermeister darzustellen.
Jenseits der Polemik, die heute, glaube ich, von dieser Seite mehr kam als von jener: Wir tragen in der vorgesehenen Größenordnung das Einsparvolumen mit. Wir sind allerdings nicht mit der Methode und den Kürzungen im Einzelnen einverstanden, was sich schon an der Auseinandersetzung über das Quotensparen zeigt. Unsere alternativen Vorschläge können wir naturgemäß jetzt noch nicht vorlegen, sondern das wird ein Ergebnis der Ausschussberatungen sein, wenn wir uns auch in Bezug auf die einzelnen Entwicklungen haben schlauer machen können, die in den Etats geplant sind. Bislang ist ja sehr vieles vollständig unklar. Unsere Richtung wird dabei aber klar sein: Wir setzen auf die Zukunft der Stadt. Und die sehen wir vor allem bei Kindern und Jugendlichen und nicht in erster Linie bei materiellen und betonmäßigen Investitions- und Subventionsprojekten. Das ist ja häufig identisch.
Mir ist auch klar, dass das eine eine Sache der Betriebsmittel und das andere der Investitionsmittel ist. Wir wollen den Bürgermeister da insofern beim Wort nehmen, Sie zitieren ihn im Finanzbericht:
Ich glaube aber, da ist wiederum der Soft-Bürgermeister zitiert worden und nicht der Beißbürgermeister.