Protokoll der Sitzung vom 23.09.2004

(Beifall bei der SPD und der GAL – Zuruf von der CDU: Eine Lüge ist das!)

Niemand und sicherlich auch die 600 000 Menschen nicht geben Ihnen das Recht, sich so über die Entscheidung der Hamburgerinnen und Hamburger in unserer Stadt hinwegzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Zuruf von der CDU: Zur Sache!)

Es ist genau diese Überheblichkeit, diese Machtverliebtheit

(Lachen bei der CDU)

diese immer weiter verbreitete Arroganz der Politik, die schon am letzten Sonntag in Sachsen und auch in anderen Bundesländern viele – ich sage ausdrücklich zu viele – Menschen in die Arme von Links- und Rechtsextremisten getrieben hat.

(Beifall bei der SPD – Frank-Thorsten Schira CDU: Da spricht der Richtige!)

Das Hamburger Volk hat entschieden. 600 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben dem Volksentscheid "Gesundheit ist keine Ware" ihre Stimme gegeben.

(Barbara Ahrons CDU: Aber sie haben auch die CDU gewählt!)

600 000 haben gegen einen Mehrheitsverkauf unserer Krankenhäuser gestimmt. Das ist ein überwältigendes Votum für den Erhalt unseres Landesbetriebes unter öffentlichem Einfluss und unter öffentlicher Verantwortung.

(Zuruf von der CDU: Die haben euch aber auch abgewählt!)

Die Menschen dieser Stadt haben Senat und Bürgerschaft den Auftrag gegeben, die Mehrheit am LBK zu behalten. Senat und Bürgerschaft müssen diesen politischen Auftrag des Volksentscheides respektieren und ihm folgen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Wolfgang Drews CDU: Müssen sie nicht!)

Die Herren Peiner und Beust geben vor, dem Volksentscheid dadurch Rechnung zu tragen, dass der Mehrheitsanteil erst ab 1. Januar 2007 an Asklepios verkauft werde. Tatsächlich ist es aber so, dass bereits jetzt die unternehmerische Führung des LBK an Asklepios übergeht. Damit gibt Hamburg seine Einflussmöglichkeiten als Mehrheitseigner aus der Hand. Eine Verletzung der demokratischen Prinzipien, über die ja vorhin hier auch fabuliert wurde, wird nicht dadurch besser, dass sie nur stückweise erfolgt. Demokratie geht ganz den Bach hinunter, wenn solche Entscheidungen getroffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Es ist und bleibt Aufgabe der Stadt, die Versorgung aller Patienten in Hamburg sicherzustellen und zu garantieren.

(Bernd Reinert CDU: Eben!)

Die Stadt ist Garant für eine zuverlässige, für eine qualitativ hochwertige Behandlung der kranken Menschen in unseren Krankenhäusern.

(Bernd Reinert CDU: Deshalb muss privatisiert werden!)

Mit dem Erhalt des entscheidenden Einflusses Hamburgs auf unsere Krankenhäuser wird dauerhaft gesichert, dass die gesundheitspolitischen Interessen der Menschen unserer Stadt gesichert bleiben. Hier hat der Senat eine Verantwortung. Aus dieser Verantwortung für das hamburgische Gesundheitswesen und für die Menschen unserer Stadt dürfen sich weder der Senat, noch diese Bürgerschaft, noch die CDU herausstehlen.

(Beifall bei der CDU)

Der Landesbetrieb Krankenhäuser ist das zentrale Steuerungsinstrument, um die regionale Versorgung mit Krankenhäusern für alle Menschen zu gewährleisten. Gesundheit darf eben nicht zur Ware werden. Das geschieht aber, wenn eben nicht mehr im Senat oder hier in der Bürgerschaft darüber entschieden wird, wie sich Gesundheitspolitik weiterentwickelt, sondern ausschließlich in den Zentralen privater Konzerne, die eben schlichtweg Geld machen möchten. Das ist der Antrieb von Asklepios, nichts anderes.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Wir wollen, dass weiterhin der Senat und die Bürgerschaft über die Standorte von Krankenhäusern entscheiden können, dass wir entscheiden über die Frage der Anzahl der Ärzte und der Pflegekräfte, über die Versorgung der Menschen mit den notwendigen Gesundheitsdienstleistungen und auch über die Qualität

(Wolfgang Beuß CDU: Kommen Sie mal zur Sa- che!)

und zuletzt natürlich auch, wirtschaftspolitisch, – wie es oft vom Senat genannt wird – über den Cluster Gesundheitspolitik. Diese Entscheidung wollen wir beim Parlament lassen und nicht privatisieren.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Heute ist nicht Ihr Tag! – Zuruf von der CDU: Thema!)

Gleichzeitig ist der vom Senat genannte Kaufpreis von über 318 Millionen Euro für die 74,9 Prozent reines Wunschdenken. Asklepios zahlt im Ergebnis höchstens 19 Millionen Euro. Der restliche Kaufpreis soll über neue Bankschulden durch unsere Krankenhäuser selbst finanziert werden. Zudem darf Asklepios im Nachhinein,

(Zurufe von der CDU: Aufhören!)

wenn der wirtschaftliche Erfolg nicht so sein sollte, wie sie sich erhoffen, 75 Millionen Euro vom Kaufpreis einbehalten.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist peinlich!)

Gleichzeitig verzichtet Hamburg für 60 Jahre auf die Einnahmen des Erbbaurechtes. Das sind weitere fast 200 Millionen Euro, die diese Stadt, die der Steuerzahler verlieren wird. Auch für die aufgelaufenen Pensionslasten wird Hamburg aufkommen müssen.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich würde schon ganz herzlich bitten, dass Sie den Zusammenhang zur Verfassungsklage herstellen, um die es hier geht.

(Beifall bei der CDU)

Von daher wird der Verkauf für Hamburg sehr teuer …

(Werner Dobritz SPD: Das ist Missbrauch Ihres Amtes! – Glocke)

Den Abgeordneten Dobritz rufe ich zur Ordnung.

… und es wird so sein, dass die Altschulden beim Steuerzahler bleiben. Wir werden ja sehen, wem die Bekanntschaft zwischen Herrn Peiner und Herrn Brormann mehr nutzt,

(Bernd Reinert CDU: Was hat das mit der Verfas- sungsklage zu tun? – Oh-Rufe bei der CDU)

ob es den Menschen dieser Stadt nutzt oder den ökonomischen Interessen von Asklepios.

(Beifall bei der SPD)

Der Mehrheitsverkauf unserer Krankenhäuser ist ein schlechtes Geschäft für die Demokratie, für die Gesundheit und auch für die Finanzen unserer Stadt. Deshalb

lehnen wir diesen Antrag, den Sie gestellt haben, gemeinsam mit über 600 000 Menschen heute hier ab.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Hamburg hat sich für die Möglichkeit der direkten Demokratie entschieden. Wir alle in diesem Hause – GAL, CDU und auch Sozialdemokraten – haben für uns selbst gesagt: Wir wollen mehr Demokratie wagen, wir wollen diese neuen Instrumente in unsere Verfassung hineinschreiben.

Fragen Sie doch zum Beispiel Professor Karpen, fragen Sie Rolf Kruse oder lesen Sie in den Protokollen des Verfassungsausschusses nach, was damals wirklich gewollt wurde. Sie können es auch einfach haben. Sie können ins "Hamburger Abendblatt" schauen. Dort hat Ihr Parteifreund, Professor Karpen, ja etwas dazu gesagt. Er hat wörtlich gesagt:

"So hatten wir uns das bei der Verabschiedung des Gesetzes nicht gedacht. Wir wollten, dass das Volk entscheidet."

(Beifall bei der SPD und der GAL)