Protokoll der Sitzung vom 10.11.2004

Es ist kaum ein Jahr her, da schrieb der Bürgermeister einen Artikel, in dem unter anderem stand: Daher haben wir in Hamburg die Sprachförderung an allgemeinbildenden Schulen ausgeweitet. Herr Bürgermeister, Sie könnten – leider nicht anwesend – … Frau Bürgermeisterin, Sie könnten jetzt einen neuen Artikel schreiben und zugeben, dass Sie die Sprachförderung in Wahrheit wieder gnadenlos zusammengestrichen haben.

Auch die Einsparungen der Volkshochschule treffen unter anderem den Bereich "Deutsch als Fremdsprache". Das

sind gut besuchte Kurse gerade für Ältere, die nicht mehr zur Schule gehen können. Hier wird eine weitere Möglichkeit der sprachlichen Integration ausgehebelt. Hohe Kursgebühren werden sich diese Leute zumeist nicht leisten können.

Zu guter Letzt möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass Sie auch Betreuungsdiensten und Behandlungszentren die finanziellen Grundlagen entziehen. Sie begründen dies mit zurückgehenden Flüchtlingszahlen. Das ist ja richtig und wird vielleicht in der Zukunft auch zu einem geringeren Bedarf führen, aber Sie wissen selber – und diese Debatte erinnert mich sehr an die Frauenhausdebatte –, dass der Bedarf im Moment absolut vorhanden ist und was Sie machen, ist nicht richtig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Diese Reihe ließe sich natürlich immer weiter fortsetzen. Das will ich nun aber nicht tun. Wichtig ist, dass bei Ihnen nichts von einem Konzept in Sachen Zuwanderung oder Integrationspolitik zu erkennen ist. Deswegen haben wir eine Große Anfrage zum Thema Zuwanderungsgesetz eingereicht, um zu wissen, wie ernst Sie es mit diesem Thema meinen und wie Sie sich darauf vorbereiten.

Es gibt eine Sache aus der alten Koalition, die richtig gut ist und die man wirklich loben muss. Das ist die HavasUntersuchung. Die stammt nun ausgerechnet aus der Feder der Schill-Fraktion. Die Ergebnisse dieser Untersuchung – da bin ich mir sicher – werden erneut dazu auffordern, zu handeln. Auch dort wird wieder ein Konzept benötigt werden, wie zum Beispiel Sprache besser gelehrt und gelernt werden kann. Fraktionen müssen schon zeigen, dass sie an einer ernsthaften Arbeit und an durchgreifenden Konzepten interessiert sind. Die CDU ist seit drei Jahren an der Regierung. Sie hat aber in dieser Zeit ein ernsthaftes Interesse, vielleicht immer wieder verbal, aber nicht in politischen Schritten erkennen lassen. Wenn in Ihrer eigenen Regierungserklärung steht, wir schaffen ein integrationsfreundliches Klima für Migrantinnen und Migranten unserer Stadt, dann sollten Sie uns bitte auch erklären, wie Sie das konkret machen wollen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält die Abgeordnete Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte man sich ja nur freuen, wenn sich ein Vertreter der Regierungsmehrheit derart im Ton vergreift, wie Herr Grapengeter das eben getan hat.

(Unmutsäußerungen bei der CDU – Klaus-Peter Hesse CDU: Unfug!)

Ich empfinde diese Rede als eine verbale Ohrfeige gegenüber all den Menschen in dieser Stadt – und das sind eine Menge CDU-Wähler und -Wählerinnen –, die sich für und mit Migranten und Migrantinnen engagieren. Es ist mehr als peinlich und ich hoffe, dass sich die CDU entschließt, noch einen zweiten Redner oder eine zweite Rednerin zu diesem Thema sprechen zu lassen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Es sich so leicht zu machen und zu sagen, was das Zuwanderungsgesetz mit all seinen Facetten und seinen

mühsam erarbeiteten Kompromissen will, sei alles schon CDU-Programm und mache der Senat schon längst, ist eigentlich jenseits jeder Debatte. Herr Ploog, Sie wissen selber, dass es bisher kein inhaltliches Projekt gibt und auch keine inhaltliche Ankündigung, die sich auf das Zuwanderungsgesetz bezieht. Es passiert nichts in dieser Stadt zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes und das ist traurig.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Gerade das Instrument der Härtefallkommission, das Sie als skurril bezeichnet haben,

(Wolfhard Ploog CDU: Ihre Zusammensetzung!)

wo Sie uns skurrile Ideen zugeschrieben haben und sagen, Interessenvertreter unserer Klientel. Die Klientel sind in diesem Fall die Flüchtlinge, die das Recht bekommen haben, sich laut Paragraph 23 a an eine Härtefallkommission zu wenden. Wir wollen nichts anderes, als diese Interessen vertreten. Ich kann andersherum nur sagen, dass das, was Sie mit Ihrem schnell gestrickten Antrag wollen, nichts anderes ist als die Erfüllung eines Weihnachtswunsches der Innenbehörde.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Zuruf)

Das kann ich mir vorstellen, dass Herr Nagel sich freut.

(Wolfhard Ploog CDU: Wir freuen uns alle!)

Sie sprechen davon, dass diese Härtefallkommission, die dann ihren Namen wirklich nicht verdient, so etwas wie ein Unterausschuss des Eingabenausschusses werden soll. Um einmal zu zeigen, wie schnell das gestrickt ist: Im ersten Absatz reden Sie davon, dass jede Fraktion Vertreter entsenden soll. Im zweiten Absatz steht dann: Die Mitglieder der Härtefallkommission werden vom Eingabenausschuss gewählt. Was denn nun?

(Wolfhard Ploog CDU: Was dagegen?)

Zweitens: Der Eingabenausschuss ist ein hoch effizient und engagiert arbeitendes Gremium. Es besteht aus Generalisten. Alle, die länger in diesem Gremium arbeiten, kennen sich mittlerweile mit der Vielfalt der Verwaltungsentscheidungen aus und vertreten das, was sie entscheiden, mit all ihrer Kraft und all ihren Fähigkeiten unter Einsetzung ihres freien Mandats. Was wir aber für eine Härtefallkommission brauchen, ist ein Gremium, das in der Lage ist, nach humanitären Gesichtspunkten zu entscheiden.

(Jens Grapengeter CDU: Ich traue mir sehr wohl zu, nach humanitären Gesichtspunkten zu ent- scheiden!)

Das mag sein, dass Sie sich das zutrauen, Herr Grapengeter, aber Humanität ist frei von politischer Willkür. Oder ist das nicht Konsens hier?

(Beifall bei der GAL)

Humanität hat überhaupt nichts mit politischen Mehrheiten zu tun.

(Beifall bei der GAL – Zurufe von der CDU)

Natürlich wollen Sie Ihre Humanität von der politischen Mehrheit abhängig machen.

(Wolfhard Ploog CDU: Nein!)

Natürlich wollen Sie eine Härtefallkommission, die im Rahmen der Selbstbefassung entscheiden soll, ob sie eine Eingabe als Härtefall annehmen wollen oder nicht. Wie denn? Mit Mehrheit oder wie?

(Jens Grapengeter CDU: Mit Geschäftsordnung!)

Das ist doch lächerlich. Sie machen die Humanität in dieser Stadt, die Entscheidungen der Härtefallkommission, zum Spielball der Politik und das ist eine absurde Vorstellung.

(Beifall bei der GAL)

Dass diese Debatte polemische Züge hat, ist einzig und allein Herrn Grapengeter zu verdanken und nicht uns.

(Beifall bei der GAL – Jens Grapengeter CDU: Ihr Problem!)

Es ist ja nicht so, dass Hamburg das einzige Bundesland ist, das sich mit der Einsetzung einer Härtefallkommission auseinander setzen muss. Es ist für alle Bundesländer Neuland und es lohnt sich, in die einzelnen Entwürfe hineinzusehen. Sie werden nicht einen einzigen Entwurf finden, der sich dem Entwurf annähert, den die CDU hier vorlegt. In allen Entwürfen, in allen bisher schon in Gesetzesform gegossenen Entscheidungen gibt es externe Mitglieder in diesen Härtefallkommissionen und das macht Sinn.

(Beifall bei der GAL – Jens Grapengeter CDU: Was ist denn mit Hessen?)

Selbst in Mecklenburg-Vorpommern – wenn ich das mal so sagen darf – gibt es einen Vertreter des Flüchtlingsrates. Aber es geht gar nicht um das Detail.

(Wolfgang Drews CDU: Schielen Sie doch nicht auf die PDS!)

Ja, der SPD-/PDS-Vorschlag in Berlin ist im Übrigen Ihrem ähnlicher als allen anderen Entwürfen, die ich bisher gesehen habe, wenn wir hier schon in die Details gehen wollen.

(Beifall bei der GAL)

Sie schaffen im Übrigen mit Ihrer Einbindung an den Eingabenausschuss eine neue Hürde für jeden Petenten und jede Petentin, die sich an die Härtefallkommission wenden wollen, die das Gesetz so überhaupt nicht vorsieht. Es ist laut Gesetz überhaupt nicht zwingend, erst an einen Eingabenausschuss zu gehen, der dann entscheidet, ob dieser Fall der Härtefallkommission zugeführt wird oder nicht. Nein, das Gesetz sagt ganz eindeutig, dass sich jeder an die Härtefallkommission wenden kann. Was soll denn diese zusätzliche Hürde? Sie machen die Humanität zum Spielball der Politik und das ist abscheulich.

(Beifall bei der GAL – Wolfhard Ploog CDU: Das stimmt ja nicht!)

Wohin führt Ihr Antrag? Ihr Antrag führt dazu, dass wir hier nichts weiter haben als ein Alibi für Sie als Mehrheitsfraktion, vielleicht aber auch eine Erleichterung in der Arbeit der Innenbehörde – das will ich gar nicht abstreiten –, die bisher des Öfteren damit zu tun hatte, dass wir als Eingabenausschuss zur Berücksichtigung entschieden haben bei Fällen aus humanitären Gründen, soweit wir in der Lage waren, die zu beurteilen. Der Senat selber sah sich aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage, dem zu folgen. Sie erleichtern die Arbeit der Innenbehörde.

Sie tun für die Flüchtlinge in dieser Stadt, die die Möglichkeit nutzen wollen, die das neue Gesetz bietet, nicht einen einzigen kleinen Schritt.

(Beifall bei der GAL – Wolfgang Drews CDU: Un- sinn!)