Sie wollen das Defizit durch Vermögensveräußerungen decken. Das ist wieder einmal eine Bankrotterklärung für jeden Finanzsenator.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Weinberg, mir war auch aufgefallen, dass Sie sich in Widerspruch zum Senat setzen, wenn Sie sagen, die zusätzliche Zahlung von 117 Millionen Euro in den Länderfinanzausgleich sei ein Ausdruck der besonders guten Wirtschaftspolitik. Der Senat schreibt, dass sei eine Folge von zwei Sondereffekten. Ich nehme an, dass das mit der Familie Hertz (Tchibo) oder Ähnlichem zusammenhängt. Das hat also ganz andere Gründe.
Wenn Sie sagen, die Berliner würden keine so hohe Gewerbesteuern wie Hamburg nehmen, dann müssen Sie sich überlegen, was Sie den Berlinern vorwerfen wollen. Wollen Sie ihnen vorwerfen, dass sie eine zu niedrige Wirtschaftskraft haben? Dann müssen Sie ihnen doch erlauben, dass sie irgendwie in die Puschen kommen, denn sie bekommen deswegen so wenig Steuern, weil sie so gut wie gar keines mehr oder nur noch ganz wenig Gewerbe haben. Sie müssen auf die Füße kommen, wenn wir nicht immer so schrecklich viel in den Länderfinanzausgleich zahlen sollen. Man muss sich entscheiden.
Ich gebe gern zu, dass der Länderfinanzausgleich für Hamburg ein unangenehmes Thema ist. Ich weiß aber auch, in welcher schwierigen Situation wir als Stadtstaat die Verhandlungen darum immer führen müssen. Bei der letzten Neufassung des Länderfinanzausgleichs standen die wohlhabenden Südländer – Hessen, Baden-Württemberg und insbesondere Bayern – in einer Front sogar noch ein Stück mit Nordrhein-Westfalen zusammen und machten uns den grandiosen Vorschlag, dass die Einwohnerwertung, die den Hamburger auf 135 Prozent des
normalen Bundesbürgers veredelt, wegfallen solle, da die Vorteile der Metropolfunktion Hamburgs, die mitgenutzt würden, nicht den Bayern zugute kämen, sondern den Niedersachsen und den Schleswig-Holsteinern. Das heißt, sie wollten das Steueraufkommen Hamburgs dramatisch verringern. Die Stadt war gezwungen, sich in ein Bündnis mit den Schwächeren zu begeben, obwohl wir vom Steueraufkommen – wie jeder weiß – eher zu den Starken gehören. Jeder weiß aber auch, was das bedeutet hätte, wenn uns diese 135 Prozent gefehlt hätten. Damit wäre die Existenz Hamburgs als selbstständiger Staat der Bundesrepublik zu Ende. Es wäre nicht mehr möglich gewesen, dieses aufrechtzuerhalten. Genau darauf zielte auch die damalige Initiative, sozusagen einen Druck von außen aufzubauen, um die steuerliche Existenz der Freien und Hansestadt Hamburg zu untergraben. Wir bleiben in der schwierigen Situation, dass wir für die besonderen steuerlichen Probleme eines Stadtstaates nie eine Mehrheit im Bund finden werden, sondern uns immer schwierige Bündnispartner suchen müssen. Aus diesem Druck kommen wir leider nicht heraus. Darum ist gar nicht daran zu denken, dass sich in naher Zukunft beim Länderfinanzausgleich groß etwas ändern könnte. Weil das so ist, verstehe ich gar nicht, warum Sie das für ein aktuelles Thema halten, um es hier anzumelden. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin in der Tat der Meinung, dass das Thema Länderfinanzausgleich kein parteipolitisches Problem ist. Es ist ein Problem Hamburgs, ein Länderproblem innerhalb des föderalen Systems, in dem die Freie und Hansestadt Hamburg alles tun sollte, mit allen Kräften zusammenzuhalten, um uns gegen die Interessen der anderen Länder und auch des Bundes durchzusetzen.
Ob, lieber Herr Maier, Ihre Erinnerung an die Diskussion vor einigen Jahren historisch richtig ist, dass uns nur ein Zusammenhalten mit den Schwachen gegen die Starken die Einwohnerveredelung gesichert hat, möchte ich bezweifeln. Aber ich glaube, wir sollten heute keine Geschichtsforschung betreiben, sondern wir müssen aufgrund der aktuellen Situation nach vorne schauen und sehen, dass wir Verträge zum Länderfinanzausgleich haben, die bis zum Jahre 2019 gelten, die wir nicht infrage stellen können. Aber wir müssen dennoch sehen, wie wir mit dem Phänomen, das daraus entsteht, fertig werden können.
Tatsache ist, dass Hamburg im Moment die höchste Last trägt. Das ist so im historischen Rückblick als auch im Vergleich zu anderen Zahlerländern.
Frau Bestmann, die Antwort ist eigentlich sehr einfach, ob das strukturell oder einmalig ist. Wir haben eindeutig einen Trend zu strukturell höheren Leistungen. Wenn wir unter die letzten zehn bis 15 Jahren eine Trendlinie ziehen, dann nehmen die Hamburger Zahlungen in den Länderfinanzausgleich strukturell – mit erheblichen Schwankungen um die Trendlinie herum – im Trend von Jahr zu Jahr zu. Diese Schwankungen sind zwar durch Einmalfaktoren beeinflusst – so war es auch im Jahre
Hamburg nimmt als einziges Land im Trend bei den Zahlungen in den Finanzausgleich, das heißt, in seiner relativen Finanzkraft, deutlich zu. Nordrhein-Westfalen nimmt in seiner relativen Finanzkraft seit zehn Jahren kontinuierlich ab und war im Mai 2004 sogar in der Position eines Nehmerlandes. Berlin nimmt in seiner Finanzkraft dramatisch ab, das heißt, alle Anstrengungen der anderen Länder und des Bundes, auch das Land Berlin mitzufinanzieren, zeigen – jedenfalls im Moment – kein Ergebnis in Richtung einer strukturellen Verbesserung der Finanzkraft. Alle Länder verhalten sich in etwa auf der gleichen Linie.
Dazu kommt natürlich eines: Die Deutsche Einheit hat erhebliche Veränderungen beim Länderfinanzausgleich gebracht. Das heißt, das Wachstum der neuen Länder bleibt hinter den Erwartungen zurück, der Abstand zum Westen schließt sich nicht, sondern weitet sich aus. Das führt dazu, dass die Länder, die noch Finanzreserven haben, strukturell immer mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen müssen.
Natürlich bekennt sich Hamburg zu seinen Pflichten im Rahmen der Deutschen Einheit. Es ist völlig richtig, dass wir zu diesen Verträgen stehen, aber – und das ist auch wichtig – wir können nicht noch zusätzlich für die Haushaltsnotlagen anderer Länder aufkommen. Es gibt den Wunsch von Berlin, des Saarlandes und von Bremen, dass wir zusätzlich für deren Finanzschwäche aufkommen. Das kann Hamburg sich nicht leisten. Ich denke vielmehr, dass Bürgerschaft und Senat dafür Vorsorge leisten müssen, dass Hamburg nicht wegen seiner Zahlungspflichten in den Finanzgleich, zu denen wir stehen, selbst in eine Haushaltsnotlage gerät.
Gesamtwirtschaftlich gibt es überhaupt nur einen Ausweg aus dieser Situation: Die Wachstumskräfte in Deutschland müssen gesamthaft gestärkt werden, um die Steuerkraft insgesamt wieder auf eine bessere Grundlage zu stellen.
Dazu muss ich allerdings sagen, dass Hamburg als Bundesland diesbezüglich seine Aufgaben erfüllt. Ob das ein Ergebnis nur der letzten drei Jahre ist, will ich hier nicht vertiefen. Aber es ist klar, dass Hamburg seinen Auftrag für eine wachstumsorientierte Politik erfüllt, die auch zu Beschäftigung führt, dass dies aber in vielen Ländern Deutschlands nicht der Fall ist und dass insbesondere die Politik des Bundes nicht dazu angelegt ist, zu einer Wachstumspolitik zu kommen.
Deswegen muss Hamburg ein Interesse daran haben, dass der Bund zu einer wachstumsorientierten Politik zurückkehrt und die Wachstumskräfte stärkt, die überhaupt erst wieder die Steuerkraft in den anderen Ländern ermöglicht. Das ist für uns die einzige Chance, aus den Zahlungen des Länderfinanzausgleichs strukturell in dieser Höhe herauszukommen. Ich glaube, bei dieser Politik sollte sich dieses Haus einig sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte einen Punkt des Finanzsenators aufgreifen. Ich möchte nicht die Solidarität infrage stellen, aber trotzdem die Frage stellen: Kann eine Solidaritätsverpflichtung grenzenlos sein?
Wir sehen es an Hamburg, dass dadurch, dass hier eine grenzenlose Solidarität von Hamburg – und von anderen Geberländern auch – erwartet wird, und dass Geberländer, die diese Solidarität zeigen, selbst in Schwierigkeiten kommen. Es ist ein guter Ansatz, wenn die Bürgerschaft und der Senat gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg auf ihren Kanälen, auf ihren Möglichkeitsfeldern, diese Frage auch auf Bundesebene stellen und vielleicht auch mit anderen Ländern diskutieren.
Jedes Land kann es einmal treffen. Frau Bestmann, Sie haben vorhin gesagt, dass Hamburg schon immer so toll gewesen sei. Haben Sie vergessen, dass Hamburg 1991, 1993 und 1994 Nehmerland war? Zu meinem großen Bedauern muss ich feststellen, dass die CDU zu der Zeit nicht regiert hat, aber Sie. Das hat etwas mit Wirtschaftspolitik zu tun.
Wenn andere Bundesländer mutwillig auf Einnahmen verzichten, die sie erhöhen könnten, und Hamburg darunter zu leiden hat, dann sind das die Grenzen, die aufgezeigt werden müssen.
In den Ländern, die dieses gemacht haben und unter denen wir heute zu leiden haben, tragen die Sozialdemokraten und die Grünen die Verantwortung.
(Doris Mandel SPD: Und 40 Jahre in Bayern? – Jens Kerstan GAL: Erinnern Sie sich noch an Herrn Perschau?)
Herr Kerstan, Sie mit Ihrer Politik. Sie kommen einfach daher und sagen: Es stört Sie, dass die Subventionsdebatte im Bundesrat abgekoppelt wurde. Auch solle die Eigenheimzulage gestrichen werden. Das ist das Heil.
Das würde 2,4 Millionen Euro für Hamburg im Jahre 2005 bringen. Damit sanieren Sie doch nicht den Hamburger Haushalt; erzählen Sie doch nichts.
Sie selbst haben gerade im Bund einen Haushalt verabschiedet, indem Sie Tag für Tag – 365-mal im Jahr – 95 Millionen Euro für Schuldzinsen zahlen. Die Streichung der Eigenheimzulage würde gerade einmal das bringen, was für einen Tag an Schuldzinsen gezahlt werden muss. Wer eine solche Finanzpolitik im Bund vertritt, der sollte hier in Hamburg den Mund halten.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Wer hat denn die Grundlagen gelegt? – Das war doch Helmut Kohl!)