Protokoll der Sitzung vom 13.12.2004

Der wirtschaftliche Erfolg – und das ist auch der Hintergrund für unsere traditionell hohen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich – beruht auf den weitsichtigen Weichenstellungen und der Innovationsfähigkeit unserer Stadt. Dazu gehören die vor Jahrzehnten gegen große Widerstände und auch gegen den Widerstand Ihrer Fraktion durchgesetzten Hafenerweiterungsgebiete

(Bernd Reinert CDU: Der Bau der Hammaburg!)

und die Investitionen in den Hafen. Heute profitieren wir alle und auch Sie unverdientermaßen im Senat von diesen richtigen Entscheidungen.

(Beifall bei der SPD)

Zum wirtschaftlichen Erfolg unserer Stadt hat auch die vor fast einem Vierteljahrhundert mit Weitblick getroffene Entscheidung beigetragen, Hamburg zum Standort der Luftfahrtindustrie zu machen. Die CDU war damals gegen diese Entscheidung.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Sie haben sich dagegen ausgesprochen. Wir haben es trotzdem gemacht und Sie ernten heute unverdientermaßen die Früchte dieser richtigen, sozialdemokratischen Entscheidung.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Willfried Maier GAL)

Zu unserem wirtschaftlichen Erfolg zählt die Förderung Hamburgs als Medienstandort, Werbestandort und auch als Hochburg der neuen Medien. Auch hier haben wir Sozialdemokraten uns nie mit dem Durchschnitt zufrieden gegeben. Daher ist Hamburg heute Spitze. Dazu zählt auch der Ausbau des Hochschulstandortes, insbesondere die Gründung der Technischen Universität in Harburg und auch der HWP, die den Hochschulzugang für breitere Schichten geöffnet hat. Wir Sozialdemokraten wollen mehr Studierende, auch ohne Abitur. Wir wollen Wege freimachen und Chancen geben. Ein hochaktuelles Thema, das Sie nicht erkennen.

Es ist richtig, dass Hamburg in seine Zukunft und in seine Infrastruktur investieren muss. Daher unterstützen wir – egal, ob wir gerade regieren oder in der Opposition sind – die zentralen Infrastrukturprojekte im Hafen oder auch im Zusammenhang mit Airbus. Hier gibt es keine Zweifel.

Zur Infrastruktur jedoch, die einen Standort attraktiv macht, gehört mehr. Dazu gehört hier in Deutschland auch zentral der soziale Frieden. Wir haben seit Jahrzehnten im internationalen Vergleich die wenigsten Streiktage. Daher ist das oftmals aufgebaute Feindbild und der Vorwurf, dass unsere Gewerkschaften ewig gestrige blockierende Klassenkämpfer seien, völlig abstrus. Wir haben es geschafft, mit Tarifautonomie und Mitbestimmung vieles im Land zu erreichen. Für den Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern

haben sich Mitbestimmung und Tariffreiheit als ein Erfolgsmodell erwiesen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herr Reinert, das ist nicht nur genau das, was Sie kritisieren, sondern das ist genau das, was mir die Unternehmer in dieser Stadt sagen. Wenn ich mich mit Unternehmern in dieser Stadt unterhalte, dann wird mir immer wieder beschrieben, wie wichtig und richtig es gewesen ist, dass wir dieses Instrument haben. Vergleichen Sie die Situation in anderen Ländern Europas, wo man ständig Streiks hat. Hier haben wir mit großem Erfolg das Modell der Mitbestimmung. Wenn Herr Rogowski sagt, Mitbestimmung sei ein historischer Fehler gewesen, kann ich nur sagen, das, was Herr Rogowski sagt, ist ein historischer Fehler.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zur Infrastruktur, die einen Standort wie Hamburg attraktiv macht, gehört aber neben dem sozialen Frieden auch, dass man gut ausgebildete Arbeitnehmer findet. Nur so kann Hamburg als Standort seine Chancen ausspielen. Daher sind Ausgaben in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung Investitionen in die Zukunfts- und Innovationsfähigkeit unserer Stadt.

Zur U 4: Es ist völlig unstrittig, dass wir eine attraktive und hochwertige Verkehrsanbindung benötigen. Ich frage Sie aber: Ist der Ertrag einer über eine viertel Milliarde Euro teuren U-Bahn-Haltestelle gegenüber dem Ertrag einer Hochbahnlösung so viel höher?

(Michael Fuchs CDU: Ja!)

Ihre eigene Kosten-Nutzen-Analyse hat die Antwort gegeben. Dennoch sagen CDU und Senat – Herr Hesse wird hier ja nicht müde – die U-Bahn müsse kommen und damit sei jetzt Schluss. Also, angeblich klare Ansage: Es kommt die U-Bahn.

Erinnern wir uns: Es konnte auf dem Spielbudenplatz auch nur Koons und es mussten Kräne und QuietscheEntchen sein. Und damit Schluss. Für die Erweiterung des CCH konnte es auch nur der Rosengarten sein, der daran glauben musste. Keine andere Lösung konnte die Wirtschaftlichkeit des CCH, ja konnte die Zukunft des Kongress-Standortes Hamburg sichern.

So wie für die CCH-Erweiterung der Rosengarten nicht verschwinden musste, so wie beim Spielbudenplatz nicht der Koons-Kitsch die Lösung ist, so wird bei der U 4 nicht eine viertel Milliarde Euro teure Tunnelanbindung notwendig sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihre Vorliebe zum Beton und Ihre gleichzeitige Abneigung gegen alles, was "sozial" im Namen trägt, werden auch in der Frage der Zusammenlegung der drei sozialtherapeutischen Anstalten deutlich. Hier sollen 700 000 Euro Betriebskosten eingespart werden, indem man die bisher sehr erfolgreich arbeitenden Anstalten in der maroden Anstalt Vierlande zusammenlegt. Abgesehen davon, dass lediglich 350 000 Euro Einsparungen realistisch sind, entstehen durch die Sanierungs- und Umzugskosten Kosten in Höhe von 10 Millionen Euro und mehr.

(Lachen bei Kai Voet van Vormizeele CDU)

Aber das sind in Ihren Augen Bauinvestitionen und damit Ausgaben außerhalb jeder Diskussion. Der Justizsenator

blendet aber eine wichtige Sache aus oder er versteht sie schlichtweg nicht, was ich eher glaube. Jeder Straffällige, der nicht rückfällig wird, ist bares Geld für Hamburg. 90 Euro Haftkosten am Tag, über 30 000 Euro im Jahr. Damit ist die Investition in Resozialisierung aktiver Opferschutz. Genau für dieses Ziel, Opfer zu schützen und Tätern eine Perspektive zu geben, arbeiten die drei sozialtherapeutischen Anstalten, die sie jetzt durch die Zusammenlegung in ein Megagefängnis zerschlagen wollen. Vielleicht, Herr von Beust, erklären Sie uns auch anhand dieses Beispieles endlich einmal, was Herrn Kusch außer Ihrer Studienfreundschaft eigentlich für das Amt des Justizsenators in dieser Stadt qualifiziert.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie benutzen das Wort "Konsolidierung" immer als Vorwand. Mit dem Schlagwort Konsolidierung vernichten Sie, was Ihnen in Ihrer engen Scheuklappenweltanschauung nicht in den Kram passt. Sie sagen Konsolidierung, meinen aber in Wirklichkeit ideologisch motiviertes Kürzen und Streichen. Sie benutzen Konsolidierung nur als Vorwand, das zu streichen, wo Sie den Sinn auch in 44 Jahren Opposition nicht begriffen haben und vermutlich auch weiterhin nicht begreifen werden.

Die Hoffnung auf 600 Millionen Euro mehr Steuern und die 125 Millionen Euro Entlastung aus Hartz IV ist Ihre angebliche Konsolidierungsstrategie. Das zeigt, dass die sozialdemokratische Politik in Berlin den Ausgleich des Betriebshaushaltes 2006 auf Ihren Papieren bewirkt, aber nicht die Kürzung des Blindengeldes, nicht die Schließung des Frauenhauses, nicht die Abschaffung der Hauptschulkurse an der VHS, nicht die Sportsteuer für die Sportvereine und auch nicht die Streichung von über 150 Polizistenstellen und deren Heilfürsorge. Berlin sorgt mit Veränderungen dafür, dass Sie hoffen, Ihren Betriebshaushalt endlich auszugleichen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herr Peiner hat – Sie werden sich sicherlich erinnern – in der Einbringung des Doppelhaushaltes, den wir heute debattieren, mit einer, wie ich finde, unangemessenen Polemik argumentiert. Er hat sozialdemokratische Politik generell als Klientelpolitik bezeichnet.

(Karen Koop CDU: Ja, da hat er Recht!)

Vollkommen zu Recht, Frau Koop, und das, was Herr Peiner als Vorwurf gemeint hat, ist für anständige Sozialdemokraten eine Auszeichnung.

(Robert Heinemann und Klaus-Peter Hesse, beide CDU: Ja klar! Was wollen Sie denn?)

Unsere Politik für den Standort Hamburg war und ist Politik für unsere Klientel, für die Menschen dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Hilfsangebote für Kinder, Frauen, Familien und für Menschen in Not, das ist Klientelpolitik, für die wir uns nicht schämen. Unsere Klientel sind die Menschen, Ihre Klientel ist die Parallelregierung auf der Rückseite des Rathauses und Ihre Bundesratsmehrheit von CDU und CSU.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihre Klientel scheinen offensichtlich die Baulöwen der Stadt zu sein und vor allen Dingen, Ihre Klientel sind Sie selbst. Schauen wir uns doch einmal an, Herr Tants ist

leider noch nicht anwesend, wer sein Nachfolger wird, und nicht nur im Haushaltsausschuss. Wie heißt denn die einflussreichste Untergruppierung innerhalb der CDU, Herr Mattner und Herr Heinemann? Und nicht zu vergessen, der Jugendfreund des Bürgermeisters, der mit dem Posten des Leiters unseres Verfassungsschutzes versorgt wurde. Ihre Klientel sind die eigenen Parteimitglieder, unsere sind die Arbeitnehmer, die Familien und Kinder unserer Stadt.

(Barbara Ahrons CDU: Das muss ausgerechnet von Ihnen kommen! – Beifall bei der SPD)

Jetzt werden Sie doch nicht nervös. Ich scheine offensichtlich einen schwachen Punkt angesprochen zu haben, dass Sie jetzt aufwachen.

(Karen Koop CDU: Das ist sehr amüsant, was Sie sagen! – Klaus-Peter Hesse CDU: Das amüsiert, Herr Neumann!)

Sie haben einen ganz wichtigen Aspekt der Erfolgsgeschichte Hamburgs nicht verstanden. Nur eine ökonomisch erfolgreiche Stadt kann auch eine soziale Stadt sein. Und umgekehrt wird nur eine soziale Stadt auf Dauer ökonomisch erfolgreich sein.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Armut bekämpfen hieß immer und heißt auch heute noch, den Reichtum zu sichern, der es erlaubt, ausreichend Mittel für Infrastruktur, Sicherheit und Hilfe für die Schwachen zur Verfügung zu stellen. Hanseatische Senate haben nie die Notwendigkeit eines sozialen Ausgleiches verkannt. Sozialdemokratische Senate haben nie die Grundlagen des Reichtums dieser Stadt in Gefahr gebracht. Im Gegenteil, sie haben sie sogar stets gestärkt und zugleich bundesweit einmalige soziale Einrichtungen geschaffen. Herr Peiner nennt das Klientelpolitik. Ich kann mich für dieses Kompliment nur ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der SPD)

Noch einen Satz zu Ihrer verhängnisvollen Entscheidung in Sachen Frauenhäuser. Herr Bürgermeister, Sie haben sich beim Streit um die Airbus-Landebahnverlängerung vor knapp vier Wochen bitter beklagt, dass der Kirchenvorstand in Neuenfelde Ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen habe. Sie haben das – höflich formuliert – als unverständlich bezeichnet.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Wie viele Hambur- ger!)