Heute beginne ich wiederum mit Glückwünschen und sie gelten dieses Mal dem Geburtstag unserer Kollegin Tanja Bestmann.
Frau Bestmann, Sie können sich glücklich schätzen, diesen Tag hier und heute mit 120 geschätzten Kollegen verbringen zu dürfen. Ich wünsche Ihnen im Namen des ganzen Hauses alles Gute zum Geburtstag und viel Glück im neuen Lebensjahr.
Meine Damen und Herren, das Hamburgische Verfassungsgericht hat heute den Antrag der Volksinitiative "Gesundheit ist keine Ware" zurückgewiesen. Es hat festgestellt, dass die Bürgerschaft nicht gehindert ist, ein die Veräußerung von Mehrheitsanteilen im LBK gestattendes Gesetz zu beschließen. Bevor wir zur Beratung der Einzelpläne kommen, findet nun eine gesonderte Debatte zum Thema "Teilprivatisierung des LBK Hamburg" statt. Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/1104 der Gemeinsame Bericht des Gesundheitsausschusses und des Haushaltsausschusses vor.
[Gemeinsamer Bericht des Gesundheitsausschusses und des Haushaltsausschusses über die Drucksache 18/849: Teilprivatisierung des LBK Hamburg (Senatsantrag) – Drucksache 18/1104 –]
Die Fraktionen haben vereinbart, dass für die Debatte jeder Fraktion und dem Senat zusätzlich 10 Minuten Redezeit zur Verfügung stehen sollen. Im Übrigen kann die für die Beratung der Einzelpläne vorgesehene Redezeit in Anspruch genommen werden. Wird das Wort dazu gewünscht? – Der Abgeordnete Dr. Schäfer wünscht und hat es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Verfassungsgericht in Hamburg hat geurteilt, dass die Bürgerschaft über das Votum des Volkes hinweg entsprechend dem Antrag, den der Senat eingebracht hat, entscheiden darf. Wir stehen also jetzt endgültig vor der Entscheidung darüber, was mit dem Landesbetrieb Krankenhäuser geschehen soll.
Wir waren und sind uns darüber einig gewesen, dass ein Teilverkauf des Landesbetriebes Krankenhäuser in Ordnung geht, solange die Mehrheit bei der Stadt bleibt. Dazu wäre es notwendig gewesen, den Landesbetrieb in zwei Bereiche aufzuteilen, und zwar in eine Besitz- und in eine Betriebsanstalt. Diese Aufteilung ist jetzt so auch in der Drucksache vorgesehen. Dieser Aufteilung werden wir nachher zustimmen.
Wir werden aber nicht dem Mehrheitsverkauf des LBK Hamburg zustimmen. Hier müssen Sie gar nicht erstaunt sein. Wir selbst hatten gleichlautende Anträge gestellt.
Der erste Aspekt betrifft die Auswirkung eines Mehrheitsverkaufs auf die medizinische Versorgung der Patienten. Wenn ich in der Verkaufsdrucksache lese, dass der LBK NEU, die Betriebsgesellschaft, ausschließlich nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden soll, dann hat
das ganz klare Folgen und Konsequenzen. Unter der Überschrift "Fallkostenpauschale" führt das unter den gegebenen Rahmenbedingungen, wie sie sind und sein werden, zwangsläufig dazu, dass die Patienten schneller durchgeschleust werden und dass effizient gearbeitet werden muss. Effizienz in diesem Zusammenhang heißt: Mehr Patienten zu gleicher Zeit zu behandeln. Das bedeutet möglicherweise gleichzeitig im Ergebnis eine Verkleinerung des medizinischen Angebots. Durch größere Spezialisierung kann man in diesen Rahmenbedingungen besser zurechtkommen, als wenn man ein breites Angebot vorhalten muss. Es ist eine weitere Verstärkung der Hochleistungsmedizin an sich, was noch nichts Schlimmes ist.
Wenn man aber alles genau auf diesen einen Punkt reduziert und alles andere außen vor lässt – das liegt in dem Begriff "ausschließlich nach wirtschaftlichen Grundsätzen" –, dann steht am Ende ein hoch effizienter Reparaturbetrieb.
Die Werkstücke in diesem Reparaturbetrieb sind aber Patienten. Patienten brauchen nicht nur eine rein technologisch hoch gerüstete Behandlung, sondern sie brauchen mehr. Sie brauchen auch menschliche Behandlung.
Zweiter Aspekt: Auswirkungen auf die Beschäftigten des LBK. Es geistert eine Studie, von Ver.di in Auftrag gegeben, herum, die immer wieder als Begründung dafür vorgehalten wird, dass alles nach einer Privatisierung besser würde. Ich möchte aus dieser Studie zwei Sachen anführen, um mal ein paar Irrtümer auszuräumen.
Erstens: Es ist eine rein qualitative Studie, die Aussagen über die dort qualitativ untersuchten Krankenhäuser zulässt. Krankenhäuser, die nunmehr HELIOS, RhönWittgenstein und einer kirchlichen Gesellschaft gehören. Eine rein qualitative Untersuchung bedeutet, dass diese keine Rückschlüsse auf die Gesamtheit zulässt.
Zweitens: Ich möchte Ihnen kurz vorlesen, was unter der Überschrift Arbeitsbelastung festgestellt worden ist.
"Arbeitsverdichtung aufgrund von mehr Fällen, Prozessoptimierungen und fehlender Neubesetzung von frei gewordenen Stellen. Fachkräfte werden nur dort eingesetzt, wo es nötig ist. Ansonsten wird auf Hilfskräfte zurückgegriffen, insbesondere in der Pflege."
Das alles heißt für mich, dass die Qualität nachlässt. Die Qualität in der Pflege und in den Krankenhäusern wird schlechter.
"Die Arbeitszufriedenheit ist nach den Aussagen aller interviewten Personen etwas gesunken. Das hängt mit der erhöhten Arbeitsbelastung zusammen und drückt sich zum Teil in einer erhöhten Fluktuation aus."
(Harald Krüger CDU: Aber unser Portemonnaie!– Gegenruf von Michael Neumann SPD: Genau das ist es. Es geht nur um Geld, nicht um Menschen!)
Wir sprechen über Krankenhäuser. Gestern hatte ich den Eindruck, dass, immer wenn der Bausenator das Wort Elbphilharmonie in den Mund nahm, er ein Gebäude meinte. Immer dann, wenn Sie von Krankenhäusern reden, meinen Sie offenkundig technische Vorrichtungen, die lediglich dazu da sind, irgendjemanden zu reparieren.
Der dritte Aspekt: Durch diesen Verkauf sollen die Haushaltsrisiken für die Stadt gemindert werden. Es ist unbestritten, dass der LBK ungefähr 1 Milliarde Verbindlichkeiten und damit große Probleme hat.
Diese wurden aufgrund der Pensionslasten und der Tatsache angesammelt, dass man dadurch wiederum nicht in der Lage war, so rechtzeitig zu investieren, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Es ist richtig, dass diese Verbindlichkeiten an die Besitzgesellschaft übergehen, aber daraus erfolgt nicht die Notwendigkeit, die Betriebsgesellschaft mehrheitlich zu verkaufen. Das ist nicht richtig.
Das umso mehr, als der LBK NEU, die Betriebsgesellschaft, in wenigen Jahren Kredite von mehr als 400 Millionen Euro zu Marktpreiszinsen zu bedienen haben wird. Zusammen mit den dann noch vorliegenden Verbindlichkeiten der LBK-Besitzgesellschaft ist das etwa die Milliarde, die auch jetzt schon vorhanden ist. Das heißt, dass der LBK NEU von Anfang an mit knapp 300 Millionen Euro und nach wenigen Jahren mit weiteren 100 bis 150 Millionen Euro an Krediten belastet sein wird.
Anschließend soll ein Börsengang stattfinden. Dieser kann nur stattfinden, wenn der LBK in den ersten Jahren entsprechend gute Ergebnisse abliefert. Das bedeutet, dass alles nur gut gehen kann, wenn alles gut geht, das Wetter schön ist und die Sonne scheint. Wenn es gewisse Probleme gibt, dann wird auch aus dem Börsengang nichts. Dann werden Sie das Zeug nicht los. Aber ich möchte mal unterstellen, dass alles gut ist. Wie sehen dann die Mehrheitsverhältnisse nach dem Börsengang aus, wenn dann Asklepios die 74,9 Prozent hält? 25,1 Prozent bleiben bei der Stadt bis zum Börsengang. Dann muss die Stadt wieder Geld in die Hand nehmen, um die 25,1 Prozent zu halten. Es könnte sogar passieren, dass Asklepios anschließend nicht mal mehr Mehrheitsaktionär wäre. Wo bleibt dann die Garantie, dass der Hauptsitz der Gesellschaft in Hamburg bleibt? Die Garantie ist weg.
Das heißt, um es noch einmal zu sagen: Gut geht das alles, wenn alles schön ist. Aber wenn aus welchen Gründen auch immer der LBK NEU in schwieriges Gewässer gerät, dann müssen wir zusehen, wie die Stadt ihre Rechte daran halten kann.
Der vierte Aspekt ist der Umgang mit dem Willen der abstimmenden Wählerinnen und Wähler am 29. Februar dieses Jahres. So richtig das ist, dass das Verfassungsgericht heute das Urteil fällte, wonach die Bürgerschaft
so ist es auch richtig, dass dasselbe Verfassungsgericht der Meinung ist, die politische Bindungswirkung eines Volksentscheids über eine andere Vorlage bestehe darin, dass der parlamentarischen Mehrheit ein politisches Signal gesetzt wurde. Sie, die parlamentarische Mehrheit, müsse ihre Politik überdenken, wollen sie nicht ihre Wiederwahl leichtfertig aufs Spiel setzen. Ich will jetzt nicht über Wiederwahl reden, die Wahl ist erst in drei Jahren. Aber immerhin ist darin enthalten, dass man die Politik etwas überdenken sollte. Hier war doch bemerkenswert, in welcher Art und Weise das stattgefunden hat.
Wir hatten Beratungen im Haushalts- und Gesundheitsausschuss. Bei der abschließenden Beratung, wo es um die Sache nach der öffentlichen Anhörung ging, gab es vonseiten der CDU eine einzige Wortmeldung.
Es war der Kollege Kruse. Der Kollege Kruse gab zu Protokoll, dass er die gleiche Frage stellen wollte wie ich und machte mich dann anschließend noch darauf aufmerksam, dass ich Hamburg wegen des Wetters hier nicht schlecht reden solle. Das war der Beitrag der CDUFraktion zu diesem Thema. Einen weiteren Beitrag der CDU-Fraktion gibt es nicht.
Wie hat der Senat auf den Willen der Abstimmenden vom 29. Februar reagiert? Er hat so darauf reagiert, dass er nicht auf Anhieb alle 74,9 Prozent weggibt – sage ich mal ganz vorsichtig –, sondern zuerst 49,9 Prozent und zwei Jahre später die restlichen 25,1 Prozent. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass ab 1. Januar 2005 Asklepios, der Minderheitengesellschafter, die Geschäfte führt. In Wirklichkeit ändert sich überhaupt nichts.
Der Senat hat weiterhin darauf reagiert, dass er in der Drucksache eine Abwägung vorgenommen hat und noch einmal auf die Frage eingegangen ist: Was ist zu tun im Hinblick auf die Entscheidung durch das Volk? Der Senat hat aber keine inhaltliche Veränderung vorgenommen, sondern was anschließend hier steht, ist wortwörtlich das Gleiche, wie ein Jahr zuvor eingereicht. Das heißt, in Wirklichkeit wurde seitens des Senats und von Ihnen nichts abgewogen, sondern nur formal dem Allernotwendigsten Genüge getan.