Protokoll der Sitzung vom 02.02.2005

Die CDU-Fraktion ist davon überzeugt, dass sich die HWP mit ihrem Lehrkörper ihr positives Image auch innerhalb der neuen Fakultät erhält. Sie wird daher gegen die Universität bestehen und mithin als Motor für anstehende Veränderungen in der Universitätslandschaft wirken können. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschaffen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Dr. Opitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte heute eine Grabrede auf die HWP,

(Wolfgang Beuß CDU: Nun übertreiben Sie mal nicht!)

denn mit dem vorliegenden Gesetz – dem WiSoG – wird die HWP beerdigt.

Die Präsidentin der HWP ist bereits verabschiedet, die schwarze Mehrheit in diesem Hause wird die HWP auflösen. Das ist ein großer Verlust für die Hamburger Hochschullandschaft. Eine fachliche Begründung gibt es hier

für nicht. Gerade angesichts der Schaffung neuer, echter Mini-Hochschulen wie die der Finanzen und der Polizei ist und bleibt die Auflösung nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Die HWP ist eine traditionsreiche Einrichtung, die auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Den Anfang bildete die Akademie für Gemeinwirtschaft, die ab dem 1. November 1948 den Studienbetrieb aufnahm. Schon damals konnten dort Nicht-Abiturienten mit einer Aufnahmeprüfung zum Studium zugelassen werden.

1961 wurde die Akademie für Gemeinwirtschaft in Akademie für Wirtschaft und Politik umbenannt. Ab 1963 folgte ein umfangreicher Ausbau der Hochschule, die Studienabschlüsse der Betriebs-, Volks- und Sozialwirte wurden eingeführt. Die Forschungstätigkeit der Hochschule wurde ausgebaut.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist ja wirklich eine Grabrede!)

Ja, es ist wirklich eine Grabrede.

1970 erfolgte eine erneute Namensänderung in Hochschule für Wirtschaft und Politik; die HWP entstand. Ein weiterer Ausbau der Studien- und Forschungsaktivitäten wurde vorangetrieben. Anfang der Neunzigerjahre erhielt die HWP das Promotions- und Habilitationsrecht und wurde durch die Hochschulrektorenkonferenz als Universität anerkannt. Von diesem Zeitpunkt an modernisierte die HWP ihre Studiengänge und stellte das Studiensystem auf Bachelor- und Masterstudiengänge um.

Im Oktober 2003 schloss die HWP ihre Studienreform mit einem interdisziplinären Bachelor-Abschluss und sieben Masterstudiengängen ab. Sie war damit die erste Hamburger Hochschule, die über ein komplett umgesetztes konsekutives Bachelor- und Master-System verfügte.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die HWP zeichnete ein ganz besonderes Profil aus. Sie bot einen offenen Hochschulzugang an und schaffte damit die Möglichkeit, auch ohne Abitur zu studieren. Das Studium war wissenschaftlich, kritisch und praxisorientiert. Kennzeichnend waren die Interdisziplinarität und Internationalität der Hochschule. Auch gab es die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums. Das Institut für Weiterbildung der HWP sicherte schließlich die Möglichkeit der berufbegleitenden Weiterbildung und des lebenslangen Lernens. Die HWP war damit ein Erfolgsmodell, das deutschlandweit bekannt war und namhafte Absolventen hervorbrachte. Diese finden sich nicht nur in den Führungspositionen der Gewerkschaften, sondern auch in denen der Arbeitgeberverbände wie es der ehemalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel belegt.

Die Dohnanyi-Kommission lobte 2003 ausdrücklich das Studienmodell der HWP, das mit seinen Abschlüssen beispielhaft für die Vereinheitlichung der Hochschulabschlüsse in Europa sei. Gerade die innovativen Ansätze der HWP, der modulare Aufbau, die internationalen Studienabschlüsse, der starke Praxisbezug sowie die sehr gute Betreuung der Studierenden und die hohe Studienerfolgsquote seien zu würdigen. Dennoch empfahl sie die Auflösung der HWP.

Am 17. Juni 2003 folgte der Senat mit seinen Leitlinien zur Umstrukturierung der Hochschullandschaft dieser Meinung. Daran anschließend fand ein Moderationspro

zess zwischen den beiden Fachbereichen der Universität und der HWP statt, der ein Jahr später abgeschlossen war. Damit wurde die Grundlage für eine einheitliche Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg mit drei Departements gelegt.

Im Rahmen des folgenden Gesetzgebungsverfahrens fand im letzten Dezember eine Expertenanhörung statt. Einige Dinge wurden daraufhin noch geändert. Das Zulassungsgesetz ist hierfür ein Beispiel.

Die CDU-Fraktion hatte auch noch einige positive Ansätze der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses in die Drucksache eingefügt. Es gibt eine Art Bestandsgarantie für die Studierenden der HWP und auch die Mitbestimmung der Studierenden der HWP in der Universität wird gewährleistet.

Die SPD und wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass das Weiterbildungsinstitut an die neue Fakultät angegliedert wird. Damit soll sichergestellt werden, dass die Weiterbildungsstudiengänge an die fachlich zuständige Fakultät angebunden werden.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch ein Zitat eines Experten zu der Auflösung der HWP in Erinnerung rufen. Es stammt von Professor Dr. Ulrich Teichler aus Kassel, der einzige Experte, der nicht als HWP- oder Universitätsmitglied oder Teil der Dohnanyi-Kommission direkt betroffen war. Er bezeichnete die Fusion mit der Uni wegen der unterschiedlichen Profile als

"ein spannendes, aber hoch riskantes Projekt mit weniger als 50 Prozent Erfolgschancen."

Dieses Experiment ist zu gewagt. Das besondere Profil der HWP wird unverantwortlich gefährdet. Ob es Erfolg haben wird, wissen wir erst in einigen Jahren.

(Wolfgang Beuß CDU: Abwarten. Das ist zu pes- simistisch. Sie sind die Konservativen hier!)

Ja, ich bin konservativ, wenn es um den Erhalt wesentlicher Dinge geht. Und die HWP gehört für mich dazu, Herr Beuß.

(Wolfgang Beuß CDU: Wissen Sie, was eine Frischzellen-Kur ist?)

Ich hoffe und wünsche dennoch, dass mit der Verabschiedung dieses Gesetzes, mit der Beerdigung der HWP nicht auch das besondere Profil der HWP beerdigt wird und dass an der neuen Fakultät ein modernes Studienangebot mit den Schwerpunkten der HWP gelebt werden wird. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Senator Dräger hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jede Veränderung birgt Risiken und Chancen. Es ist die Verantwortung von Politik, die Notwendigkeit für Veränderung zu erkennen und dann die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Chancen genutzt und die Risiken minimiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Das haben wir bei der Reform der Hamburger Hochschulen getan und das ist auch die Grundlage für den vorlie

genden Gesetzentwurf für die Zusammenführung der HWP mit der Universität Hamburg.

Mit diesem Gesetzentwurf werden wir an der Hamburger Universität effizientere Forschungs- und Studienstrukturen aufbauen. Das ist auch notwendig, damit die Universität ihre zunehmende Autonomie sinnvoll nutzen und den stärkeren, auch überregionalen und internationalen Wettbewerb gestalten und überstehen kann. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit der Bildung dieser neuen Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften eine Organisationseinheit schaffen, die die Leistungsfähigkeit der entsprechenden Fächer in Forschung und in Lehre weiter erhöhen wird.

(Beifall bei der CDU)

Veränderungen in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften tat Not in Hamburg. Unbefriedigende RankingErgebnisse, in Teilen zu hohe Abbrecherquoten oder zu geringe Forschungsergebnisse wurden zumindest unserem Anspruch an eine innovative und qualitativ hochwerte Forschung und Lehre nicht gerecht. Lassen Sie mich deswegen einige Ziele in Erinnerung rufen, die wir mit der Zusammenführung von HWP und Universität verfolgen:

Erstens: Eigenverantwortung, Flexibilität und Qualität. Wir wollen eine leistungsfähige Fakultät etablieren mit einer eigenen Verwaltung, einem eigenen Budget und einem starken Dekanat.

(Beifall bei der CDU)

Von dieser Dezentralisierung der Verantwortung auf die Fachebene werden alle beteiligten Fächer profitieren. Das neue Bachelor/Master-System ermöglicht gerade, in den grundständigen Studiengängen übergreifend Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zu vermitteln und auch die Soft Skills stärker zu betonen. Die anschließende Spezialisierung nach den verschiedenen Forschungsschwerpunkten der heute hier zusammengehenden Einheiten kann dann in den Masterstudiengängen erfolgen. Hier bieten sich große Chancen, die in der neuen Organisation genutzt werden können.

Zweitens: Schwerpunktsetzung. Wir benötigen die neue Fakultätsstruktur, um leistungsfähige Forschungsschwerpunkte und innovative Forschungsansätze entschieden fördern zu können. Unabdingbar für Wettbewerbsfähigkeit und Exzellenz ist es, Kompetenzen und Ressourcen mit kritischer Masse zu bündeln. Nur so werden wir überregional und auch international wahrgenommen.

Drittens: Managebarkeit. Wir wollen Fakultäten schaffen, auch hier im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die überschaubar genug sind, um sich mit ihnen zu identifizieren und fachnahe Entscheidungen zu treffen, die aber groß genug sind, um auch die nötigen Ressourcen für einen optimalen Betrieb bereithalten zu können. Die neue Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wird zu beidem in der Lage sein.

(Beifall bei der CDU)

Ein viertes Ziel – der Abgeordnete Kraxner hat es eben schon erwähnt – ist die Vermeidung von Doppelangeboten, die in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bestanden. Durch die Zusammenführung der jeweiligen Angebote in eine Fakultät erreichen wir, dass es diese Doppelungen zukünftig nicht mehr geben wird. Wir werden damit die Ressourcen gezielter einsetzen und den

Studieninteressierten ein attraktiveres Fächerspektrum bieten können.

Ohne Zweifel ist die Zusammenführung zweier Hochschulen ein weitgehender Eingriff. Das hängt gerade im Fall der HWP mit dem besonderen Profil und auch mit der Geschichte der Hochschule zusammen. Ich möchte aber betonen, dass wir diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben und zu keiner Zeit überstürzt und über die Köpfe der Beteiligten hinweg vorgegangen sind. Auch die Präsidentin Bittscheidt der HWP hat die Gründlichkeit der Beratungen in der letzten Ausschusssitzung in der Bürgerschaft ausdrücklich gelobt,

(Dr. Barbara Brüning SPD: Dennoch wollte sie ihre Hochschule erhalten!)