Protokoll der Sitzung vom 21.04.2004

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, ich sehe auch keine spontanen Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Die Kollegen Heinemann und Dr. Mattner haben mitgeteilt, dass sie an der Abstimmung nicht teilnehmen werden.

Zunächst zum SPD-Antrag aus der Drucksache 18/128. Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun zum Dringlichen Senatsantrag aus der Drucksache 18/82. Wer stimmt diesem zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mit Mehrheit bei keiner Enthaltung angenommen.

Zu Ziffer zwei bedarf es einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Dem ist so. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht. Wer will den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Wir kommen zum Punkt 36, Drucksache 18/89, Antrag der SPD-Fraktion: Das Volk hat entschieden: Kein Mehrheitsverkauf des LBK.

[Antrag der Fraktion der SPD: Das Volk hat entschieden: Kein Mehrheitsverkauf des LBK – Drucksache 18/89 –]

Wer begehrt das Wort? – Das Wort begehrt Herr Kretschmann und er hat es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat und die CDUMehrheit in der Bürgerschaft müssen das Ergebnis des Volksentscheids zum LBK-Verkauf anerkennen.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL)

Wir fordern Sie mit unserem Antrag auf, dem Volksentscheid zu folgen und klar und deutlich die Option eines Mehrheitsverkaufs des LBK oder dessen Zerschlagung aufzugeben, ein Konzept vorzulegen, wie der LBK ohne einen Verkauf der Mehrheitsanteile zukunftsfähig gemacht werden kann, ein transparentes und kooperatives Verfahren zu betreiben und als ersten Schritt der Bürgerschaft den Untersuchungsbericht der KPMG zur wirtschaftlichen Lage des LBK vorzulegen.

(Beifall bei der SPD)

Dafür gibt es folgende Gründe: Erstens der Respekt vor dem in der Verfassung verankerten Instrument des Volksentscheids, zweitens die Notwendigkeit von verlässlichen Daten für Investoren und drittens – ich glaube, das ist sehr wichtig – die politische Glaubwürdigkeit.

Lassen Sie mich zu Beginn den Wortlaut des Entscheids noch einmal zitieren, damit Sie sich das noch einmal verinnerlichen können.

„Der Senat wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg Mehrheitseigentümerin des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), seiner einzelnen Krankenhäuser und anderen Einrichtungen bleibt.“

Zitatende. – Knapp 600 000 oder, exakt gesagt, 593 497 Hamburgerinnen und Hamburger haben dieser Aussage zugestimmt. Eine überwältigende Mehrheit von 76,8 Prozent der Wähler hat den Senat aufgefordert, sicherzustellen, dass die Stadt Mehrheitseigentümerin des LBK, seiner einzelnen Krankenhäuser und der anderen Einrichtungen bleibt. Ich betone dies deshalb so stark, weil der Entscheid sich damit ganz klar gegen eine Zerschlagung des LBK durch den vollständigen Verkauf einzelner Krankenhäuser ausgesprochen hat. Dies scheint der Bürgermeister aber vergessen zu haben, als er kürzlich öffentlich über die Möglichkeit des hundertprozentigen Verkaufs von fünf der sieben Krankenhäuser des LBK als Alternative zum geplanten Mehrheitsverkauf spekulierte.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Hört, hört!)

Das ist nachzulesen in der „Welt“ vom 19. März 2004.

Knapp 600 000 Menschen, das sind 49,2 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg, haben dem Volksentscheid zugestimmt. Das sind mehr als doppelt so viele, wie eigentlich notwendig gewesen wären, und es sind deutlich mehr als 389 170 Wählerinnen, die der CDU die absolute Mehrheit in der Bürgerschaft beschert haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie können also beim besten Willen nicht so tun, als ob es sich hier um Partikularinteressen handele. Leider haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in den vergangenen zwei Jahren jedoch immer wieder ein problematisches Verhältnis zu Formen der Bürgerbeteiligung an den Tag gelegt. Ich erinnere hier nur beispielhaft an das Verhalten der CDU in der Bezirksversammlung Altona, als es um die Stresemannstraße ging.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Genau!)

Auch jetzt hinterfragt der Bürgermeister die Regeln des Volksentscheids. Zitat:

„Die Anforderungen, Volksbegehren mit finanziellen Auswirkungen durchzuführen, müssen, glaube ich, verschärft werden. Darüber denken wir gerade nach.“

Das sagte der Bürgermeister bei Hamburg 1 im März 2004. Was soll man da noch machen? Sie haben den Regeln des Volksentscheids zusammen mit uns im Jahre 2001 zugestimmt. Es ist nicht fair, wenn Sie heute, nachdem Ihnen diese Ergebnisse nicht gelegen kommen, die Volksgesetzgebung infrage stellen und die Anforderungen verschärfen wollen. Mit dem Volksentscheid hat der Souverän dieser Stadt seinen Willen klar und überdeutlich formuliert. Wir fordern Sie deshalb auf, jetzt nicht gegen den erklärten Willen der überwältigenden Mehrheit der Hamburger Bevölkerung zu handeln. Auch wenn der Volksentscheid den Senat juristisch nicht bindet, so bindet er ihn doch politisch.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Und moralisch!)

Das Volk hat gesprochen, jetzt sind Sie am Zug. Soweit zum ersten guten Grund der demokratischen Verpflichtungen.

Zum zweiten guten Grund, den SPD-Antrag anzunehmen: Die Festlegung auf eine Beteiligung von maximal 49,9 Prozent ist erforderlich, um Klarheit für Investoren zu schaffen. Sie werden nur dann attraktive Angebote für eine Minderheitsbeteiligung erhalten, wenn Sie die Option einer Mehrheitsbeteiligung ausschließen. Hören Sie auf, den Verkauf von 74,9 Prozent als zwangsläufig und einzige Möglichkeit der Zielerreichung hinzustellen. Das ist einfach nicht wahr.

(Beifall bei der SPD – Uwe Grund SPD: So ist es!)

Die vielen Verhandlungsziele, die Sie definiert haben, hätten auch anders erreicht werden können, die Sicherung und der Ausbau der medizinischen Versorgung auf qualitativ hohem Niveau, eine Zukunftsperspektive für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Stärkung Hamburgs als Medizinstandort und Wirtschaftszentrum, die Entlastung des Haushalts der Stadt von Zukunftsrisiken. Sie haben bei den Verhandlungen schwere Fehler gemacht. Wiederholen Sie diese nicht, indem Sie öffentlich erkennen lassen, dass ein Mehrheitsverkauf noch in Betracht komme. Sie haben schlecht verhandelt.

Fehler Nummer eins: Sie haben von vornherein die Option eines Mehrheitsverkaufs in den Raum gestellt und eine deutliche Präferenz für diese Lösung erkennen lassen. Natürlich gab es keine interessanten Angebote für eine Minderheitsbeteiligung. Im Ergebnis haben Sie dann den Mehrheitsverkauf an Asklepios als einzige Möglichkeit dargestellt.

Fehler Nummer zwei: Sie haben den LBK schlecht geredet, wo es nur ging und die Realität verschleiert.

(Dr. Monika Schaal SPD: So ist es!)

Der LBK krankt vor allem an den Pensionslasten. Es sind diese Kosten, die die Geschäftsergebnisse nach unten ziehen. Rechnet man diese heraus und betrachtet man das Betriebsergebnis, dann zeigt sich, dass der Modernisierungskurs des LBK erfolgreich war

A C

B D

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

und der LBK durchaus in der Lage ist, schwarze Zahlen zu schreiben.

Fehler Nummer drei: Sie hätten auf Einnahmen aus Erbpacht in Höhe von rund 200 Millionen verzichtet.

Fehler Nummer vier: Einen definitiven Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen gäbe es nur bis zum Jahr 2005. Bei den Personalkosten sollen bis zum Jahr 2007 120 Millionen bis 150 Millionen Euro eingespart werden. Dies bedeutet einen Stellenabbau von circa 1500 Stellen und Einschnitte bei der Entlohnung.

Jetzt komme ich zu meinem dritten guten Grund, unseren Antrag anzunehmen, der Glaubwürdigkeit. Es besteht zu Recht Zweifel an der Glaubwürdigkeit, an der Absicht des Bürgermeisters, einen Weg zu finden, um dem Volksentscheid zu entsprechen. Senator Dräger hat schon seine persönliche Präferenz für einen Mehrheitsverkauf geäußert. Wir haben Zweifel an der Ernsthaftigkeit, mit der Sie eine Minderheitsbeteiligung prüfen, und wir haben Zweifel an der Art, wie Sie die Verhandlungen führen. Deshalb wollen wir, dass Sie endlich den Untersuchungsbericht von KPMG auf den Tisch legen, damit sich die Öffentlichkeit ein Bild über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens machen kann.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir fordern Sie auf, bis Mitte Juni ein Konzept vorzulegen, wie Sie die Suche nach einem Investor für eine Minderheitsbeteiligung zum Erfolg führen wollen. Nach dem bisherigen Vorgehen und den offensichtlichen Widerständen bei den verantwortlichen Senatoren Peiner und Dräger sind Zweifel mehr als angebracht.

Mit dem Mehrheitsverkauf des LBK wird ein zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge der Stadt dauerhaft in die Hand eines privaten Unternehmers gelegt. Für die Menschen in dieser Stadt gehört ein leistungsfähiger LBK in mehrheitlich öffentlicher Trägerschaft zum Vertrauen in eine sozial gerechte Gesundheitsvorsorge dazu. Setzen Sie dieses Vertrauen nicht aufs Spiel.

Einen Brief an die Opposition und die Gewerkschaften zu schreiben mit der Bitte, Ihnen einen Investor auf dem silbernen Tablett zu präsentieren, ist nun wirklich zu billig.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

So einfach können Sie sich das nicht machen. Sie sind an der Regierung und tragen die Verantwortung. Sie haben hier und heute die Möglichkeit, sich klar zum Mehrheitswillen der Hamburgerinnen und Hamburger zu bekennen und damit die Grundlage für eine erfolgreiche und öffentlich akzeptierte Sanierung des LBK zu schaffen. Stimmen Sie dem Antrag zu. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Krüger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wirklich überraschend kommt dieser Antrag der SPD nicht. Er enthält aber leider auch gar nichts Neues und ist deshalb wenig zielführend in der eigentlichen Sache.