Protokoll der Sitzung vom 27.04.2005

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte aber zunächst auf das Thema Phoenix – das ist ja der Gegenstand unserer heutigen Aktuellen Stunde – eingehen

(Beifall bei der SPD und der GAL)

und sagen, wie die Entwicklung gewesen ist und welche Chancen bestanden, ein Aktienpaket zu erwerben.

Am 29. März 2004 wurde bekannt, dass Conti von der WestLB und einem privaten Aktionär ungefähr 37 Prozent der Aktien gekauft hatte.

(Ingrid Cords SPD: Das wussten wir schon vor- her!)

Wie viel sich zu dem Zeitpunkt bereits an Aktien bei Conti selber befanden, ist nicht bekannt, dürfte aber, weil sich der Kurs vorher schon kräftig entwickelt hatte, nicht unerheblich gewesen sein. Ich habe daraufhin sofort mit Herrn Wennemer, dem Vorstandsvorsitzenden von Conti, telefoniert und ihn gefragt, welche Perspektiven er für das Unternehmen sehe. Wir haben uns bereits am 1. April letzten Jahres, also drei Tage, nachdem der Kauf bekannt gegeben wurde, zu einem Gespräch getroffen und ich habe ihm einige Vorschläge präsentiert, wie man im Rahmen der von ihm vorgetragenen Ziele einer totalen Fusion zwischen Phoenix und Conti möglichst viel für den Standort Hamburg tun könnte. Mein Einsatz war, nicht irgendwie loszubrechen in eine Schimpfkanonade, sondern dafür zu sorgen, dass im Rahmen des Möglichen möglichst viel für die Arbeitsplätze in Hamburg getan wird.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Was ha- ben Sie denn erreicht?)

Nach diesem Gespräch war eindeutig klar, dass Conti diesen Weg so weitergehen wird.

Am 17. Mai habe ich, nachdem ich auch mit Herrn Mauch, dem Betriebsratsvorsitzenden, telefoniert hatte und verschiedene andere Gespräche stattgefunden hatten, ein Gespräch mit dem Betriebsrat geführt, wo dann auch der Vorschlag kam, die Aktien doch aufzukaufen. Hier habe ich eindeutig klar gemacht, dass die Situation bei Beiersdorf und Phoenix eine völlig andere war.

(Michael Neumann SPD: Klar, fragen Sie mal Herrn Peiner!)

Bei Beiersdorf wurden die Aktien angeboten, bei Phoenix wurden die Aktien vom Markt genommen und waren kaum noch im freien Verkehr auf dem Markt zu bekommen; das ist der wesentliche Unterschied.

(Michael Neumann SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Und wenn Sie dann sagen, Herr Petersen, ihr hättet einfach ein Paket von 27,5 Prozent kaufen sollen, dann kann ich nur feststellen, dass es ein solches Paket nie gegeben hat. Man hätte es einzeln an der Börse zusammenkaufen müssen und das hätte dazu geführt, dass wir eine wahnsinnige Kursentwicklung spekulativ erlebt hätten und solche Spekulationen macht der Senat nicht mit.

(Beifall bei der CDU)

Es wurde dann ab Herbst 2004 immer wieder das Gerücht gestreut, Conti wolle Phoenix platt machen, Harburg werde als Standort verschwinden. Ich habe mich daraufhin am 6. Dezember persönlich noch einmal mit Herrn Wennemer getroffen, habe ihm diese Frage vorgelegt und er hat eindeutig gesagt, Conti werde dafür sorgen, dass Phoenix als Standort in Hamburg-Harburg erhalten bleibe. Ich habe dieses schriftlich bestätigt und vor zwei, drei Tagen noch einmal mit Herrn Wennemer telefoniert, der mir diese Aussage noch einmal bestätigte und auch gesagt hat, ich dürfe dieses heute in der Debatte ruhig erklären.

Den Sozialdemokraten kann ich nur Folgendes sagen: Wenn eine solche Aussage gemacht wird, dann ist es das Falscheste, was man machen kann, von vornherein eine solche Aussage, die mir gestern von Herrn Wennemer noch einmal ausdrücklich schriftlich bestätigt wurde,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Zu Protokoll, bitte!)

einfach in Zweifel zu ziehen, denn was wird die Konsequenz sein. Man wird in zwei, drei Jahren sagen, na ja, das war damals eine Zusage, an die hat sowieso keiner geglaubt.

(Christian Maaß GAL: Die alte ist ja schon gebro- chen worden!)

Dann wird Herr Petersen mit seiner Rede zitiert, die Zwischenrufe von Herrn Neumann werden aufgeführt werden und dann heißt es: Das war doch damals gar nichts. Meine Damen und Herren, der Weg muss genau umgekehrt sein. Sie müssen sagen, dieses ist eine Zusage des Unternehmens und diese Zusage ist entsprechend einzuhalten. Und wir werden alles dafür tun, dass diese Zusage auch eingehalten wird.

(Beifall bei der CDU)

Und wenn Herr Petersen eben erklärt hat, es wären 2500 Arbeitsplätze gefährdet und in zwei Jahren wären diese Arbeitsplätze nicht mehr vorhanden, dann kann ich nur sagen, Herr Petersen, Sie verunsichern die Menschen und nutzen die Furcht um ihren Arbeitsplatz in einer nicht akzeptablen Weise aus.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kerstan hat dann gesagt, es gäbe eine Vereinbarung zwischen der Stadt und Phoenix; das ist völlig richtig. Diese Vereinbarung wird auch bis ins Letzte eingehalten werden, darauf werden wir hinwirken. Diese Vereinbarung ist aber nicht von uns getroffen worden, sondern von Ihnen und wenn Ihnen das nicht reicht, richten Sie diese Kritik, Herr Kerstan, bitte an Herrn Maier, dort wäre sie dann angebracht.

Aber eins möchte ich auch einmal sagen: Vereinbarungen und wirtschaftliche Zusagen haben vor allen Dingen dann einen Wert, wenn die wirtschaftliche Basis hierfür auch stimmt. Deswegen muss es unser Interesse sein, dass Phoenix ein leistungsfähiges starkes Unternehmen in Harburg bleibt und wir müssen möglichst rasch dafür sorgen, dass bei den Arbeitnehmern Ruhe einkehrt,

(Michael Neumann SPD: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!)

damit dort vernünftig gearbeitet werden kann; eine Verunsicherung ist das Falscheste, was Sie tun können.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Petersen seine Rede mit einem Beitrag zur zurzeit laufenden Kapitalismuskritik verbunden. Es gibt Entgleisungen, es gibt unschöne Entwicklungen in einzelnen Fällen.

(Petra Brinkmann SPD: In zu vielen Fällen!)

Aber was Sie jetzt machen, ist eine Systemkritik und das ist der wesentliche Unterschied. Sie kritisieren unser Wirtschaftssystem und gebrauchen ganz bewusst nicht das Wort soziale Marktwirtschaft, sondern das falsche Wort Kapitalismus. Unser System ist eine soziale Marktwirtschaft.

A C

B D

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie trotzdem immer von Kapitalismuskritik sprechen, dann ist das doch erneut ein Hinweis darauf, dass es bei vielen Sozialdemokraten immer noch die stille Sehnsucht nach dem dritten Weg zwischen Sozialismus und Kapitalismus gibt. Dieser dritte Weg, den Sie in Ihrem stillen Herzen wünschen, ist ad absurdum geführt worden

(Dr. Willfried Maier GAL: Sie waren gerade selbst gegen Kapitalismus!)

in einer Vielzahl von Volkswirtschaften in Osteuropa, dessen Trümmer Sie heute noch besichtigen können.

(Beifall bei der CDU – Christian Maaß GAL: Was meinen Sie damit?)

Die soziale Marktwirtschaft wird getragen von vielen Unternehmern, von einer Vielzahl von Arbeitgebern und Arbeitsbeschaffern. Es sind die Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen, es sind nicht irgendwelche Parteitagsbeschlüsse oder sonstige Debattenbeiträge, sondern es sind die Beiträge der Leute, die mit der Haftung ihres persönlichen Vermögens dafür sorgen, dass neue Arbeitsplätze entstehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in Hamburg 100 000 Unternehmer und ich weise strikt die Kritik in dieser pauschalen Form an den Hamburger Unternehmern zurück, denn diese Leute setzen sich dafür ein, dass unser erfolgreiches Wirtschaftssystem weiterkommt, verdienen nicht Ihre Kritik und Ihr Störfeuer, sondern Ihre Unterstützung und der Senat stellt sich vor die Hamburger Unternehmer.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich Frau Dräger das Wort gebe, möchte ich zumindest darauf hinweisen, Herr Senator Uldall, dass Sie das doppelte der Redezeit eines Abgeordneten in der Aktuellen Stunde hatten.

Frau Dräger, Sie bekommen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, dass ich in der Hälfte der Zeit mehr Inhalte rüberbringen kann, als der Senator in seiner zehnminütigen Redezeit.

(Beifall bei der SPD und bei der GAL)

Verehrter Herr Senator, Sie haben einen Teil des Problems beschrieben. Sie sagten, dass sich der Senat und die CDU offenbar unterschiedslos vor alle Unternehmer dieser Stadt stellen würden, egal, ob sie verantwortungslos oder verantwortungsvoll, sozial oder unsozial handeln oder ob sie Unternehmen aufbauen oder sie zerstören. Das, was in Harburg geschieht, ist die planmäßige Zerstörung eines Industriestandortes und der planmäßige Abbau von Arbeitsplätzen in dieser Stadt. Sich davor zu stellen, ist ein Teil des Problems und keine Lösung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der von Continental übernommene Harburger Autozulieferer Phoenix hat trotz der verhaltenen Autokonjunktur 2004 ein Rekordergebnis erzielt. Der Gewinn vor Steuern hat sich mit knapp 70 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

"Für 2005 geht Phoenix von einer 'weiterhin erfreulichen Geschäftsentwicklung' aus."