Leider ist in Hamburg eine Konzeptionslosigkeit in Sachen Verkehrssicherheit festzustellen. Das Gleiche gilt auch für die Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturprojekten. Da bleiben Sie weit hinter Ihren Ankündigungen. Ich frage mich ernsthaft, warum ein in anderen Bundesländern so erfolgreich praktiziertes Verkehrssicherheitskon
Die Tatsache, dass Sie sich selbst einer Ursachenanalyse verweigern, lässt vermuten, dass Sie die Ursachen nicht aufgeklärt haben und es auch nicht wissen wollen, denn dann müssten Sie natürlich für Abhilfe sorgen. In dem einen oder anderen Fall würde das sicherlich zulasten des Autoverkehrs gehen. Anders kann ich mir Ihr Verhalten nicht erklären, zumal vor einigen Wochen dem "Hamburger Abendblatt" zu entnehmen war, dass der Verkehrsexperte Herr Hesse seiner Fraktion ein Verkehrssicherungsprogramm vorstellen wollte. Was ist denn daraus geworden, Herr Hesse? Haben Sie Abstimmungsprobleme in der Fraktion?
(Klaus-Peter Hesse CDU: Das läuft doch wunder- bar! – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Nase, bei Ihnen läuft gar nichts!)
Dass die CDU den Autofahrern schon immer etwas mehr zugetan war als anderen Verkehrsteilnehmern, ist hinreichend bekannt. Auf das Beispiel, das Herr Lühmann erwähnt hat, muss man nicht weiter eingehen. Es spricht für sich, dass es zwar intelligente Ampelschaltungen gibt, aber dabei völlig unberücksichtigt gelassen wurde, dass natürlich Fußgänger etwas länger benötigen, um die Straße zu überqueren. Man hat überhaupt nicht darüber nachgedacht, dass es auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und auch Mütter gibt, die kleine Kinder an der Hand haben, die natürlich eine solche Straße nicht so schnell überqueren können. Sie haben in erster Linie die Autofahrer im Auge gehabt und lassen andere Verkehrsteilnehmer hinten herunterfallen.
Auch ein Blick in den derzeitigen Haushaltsplan genügt, um festzustellen, dass Fußgänger und Radfahrer aus Sicht des Senats nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Unter den 48 Verkehrstoten befinden sich 22 Fußgänger und vier Radfahrer. Im Jahre 2003 waren es glücklicherweise nur 14 Fußgänger, die tödlich verunglückt sind. Ich glaube, dass diese Zahl für sich spricht.
Die Anträge der CDU-Fraktion zur Verhängung höherer Bußgelder bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, zur verstärkten Verkehrsüberwachung und zur Einführung von Warnwesten haben eher eine Alibifunktion und lassen kein konzeptionelles Vorgehen Ihrerseits und auch nicht die Behebung der Problematik erkennen.
Natürlich haben wir dem zugestimmt, weil es vielleicht ein Weg dorthin ist, aber Sie haben doch nichts Konzeptionelles vorgezeigt.
Nein, man muss es nicht lassen, sondern man muss mehr tun, Herr Hesse. Das wissen Sie genauso gut wie ich; Sie sind lange genug dabei.
Diese Art der Politik lässt eher befürchten, dass wir irgendwann Berlin überholen und den Spitzenplatz einnehmen. Ich glaube, das ist keine erstrebenswerte Aussicht. Sie werden mir zumindest in diesem Punkt zustimmen, dass wir mehr tun müssen.
Das oberste Gebot der Verkehrspolitik muss doch sein, die Zahl der Unfälle und insbesondere die steigende Zahl der Verkehrstoten zu verringern. Daher fordern wir Sie auf, das Aktionsprogramm für mehr Straßenverkehrssicherheit der Europäischen Union aus dem Jahre 2003 zu unterstützen und entwickeln Sie nach dem Vorbild der Bundesländer Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ein Verkehrssicherheitskonzept. Betreiben Sie vor allem Ursachenforschung auf der Grundlage der Verkehrsunfallstatistik, damit Hamburg für alle Verkehrsteilnehmer sicher wird und Verkehrsopfer vermieden werden.
Eines wundert mich im Übrigen schon: Wenn es um das Thema Verkehrssicherheit geht, höre ich fast immer nur Herrn Senator Nagel, der mit seiner Polizei und seiner Behörde versucht, der Dinge Herr zu werden.
(Klaus-Peter Hesse CDU: Das macht der doch gut! – Das mag möglich sein, dass Sie das so sehen. Das ist Ihre Bewertung, die unsrige ist etwas anders. Von Herrn Senator Dr. Freytag, der eigentlich die Ver- kehrspolitik in dieser Stadt gestalten soll, hören wir wenig, fast nichts. (Dr. Andreas Dressel SPD: Der ist immer mit Grundsteinlegung beschäftigt!)
Wer Sicherheit schaffen will, muss auch Geld in die Hand nehmen, um im Zweifel sichere Straßen und Radwege zu bauen. Dazu scheint man jedoch in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und im Senat nicht bereit zu sein. Ein Indiz dafür ist auch die Entwicklung des Haushaltstitels "Radwege". 2001 waren es noch 4,4 Millionen Euro, 2005 sind es gerade noch 200 000 Euro. Ich glaube, das muss man nicht weiter erläutern.
Wer Familien in eine wachsende Stadt holen will, muss ihnen auch ein sicheres und lebenswertes Umfeld bieten. Das hat dieser Senat offenbar noch nicht begriffen und gibt lieber Geld dafür aus, dass man mit Tempo 60 von Rahlstedt vielleicht zwei Minuten schneller in die Stadt kommt. Er nimmt mit dieser Maßnahme außerdem noch in Kauf, dass die B 75 für Mautausweichler attraktiver wird.
Zum Schluss möchte ich gern ein kurzes Zitat vorlesen, das im nordrhein-westfälischen Verkehrssicherheitsprogramm von 2004 steht. Wenn wir uns das zu Eigen
"Da die im Programm vorgegebene Ziele und Maßnahmen nur gemeinsam realisiert werden können, lade ich alle Verantwortlichen in den privaten und öffentlichen Institutionen der Verkehrssicherheit ein – nicht zuletzt auch alle Verkehrsteilnehmer – mitzuhelfen, dass das Menschliche"
"auch im Straßenverkehr nicht verloren geht und die Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht eine Vision bleibt, sondern auch Wirklichkeit wird."
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich meinen Redebeitrag bringe, möchte ich zunächst einmal eine Mär aufarbeiten.
Es wird immer behauptet – das wurde schon zweimal gesagt –, dass, seitdem der neue Senat im Amt ist, die Grünphasen für Fußgänger verkürzt wurden. Das entspricht absolut nicht der Wahrheit. Ich weiß nicht, wer so etwas ständig behauptet. Das ist ein völliger Blödsinn. Es gibt bundeseinheitliche Richtlinien. Ein Beispiel: Wenn die Geschwindigkeit auf der Straße von 50 Stundenkilometern auf 60 Stundenkilometer erhöht wird, dann werden sämtliche Phasen auf dieser Strecke umgestellt. Das geschieht nach bundeseinheitlichen Richtlinien. Ich verstehe die Diskussion nicht. Es wird immer etwas an die Wand gemalt, das definitiv nicht stimmt.
Wie Sie wissen – und wir erleben es nicht nur in der heutigen Diskussion – haben Statistiken und Zahlen oft eine Eigendynamik. Lassen Sie mich deshalb relativ schnell auf den Kern des Themas kommen.
Wir reden heute nicht über belanglose Zahlen, sondern über Verkehrstote, hinter denen menschliche Schicksale stehen. Herr Lühmann, wir halten auch keine Sonntagsreden, gerade nicht zu diesem Thema.
Wir reden von Menschen, die im vergangenen Jahr aus den unterschiedlichsten, meist aus kaum beeinflussbaren Gründen auf unseren Straßen ums Leben gekommen sind. Herr Hesse hat die Beispiele aufgezeigt.
Meine Damen und Herren! Ich bin mit den Unfallzahlen und auch nicht mit der Zahl der Toten zufrieden, natürlich ebenso wenig wie Herr Hesse. Das möchte ich klipp und klar sagen. Wir können diese Steigerung nicht hinnehmen.
Wenn man jedoch – wie die GAL – versucht, eine Relation zum Bundestrend herzustellen, muss man so fair sein und auch berücksichtigen, dass die Zahl von 48 Opfern in Hamburg im Jahre 2004 eine Quote von
27 Verkehrstoten pro einer Million Einwohner bedeutet. Bei allen Einschränkungen, die ich selbst zu den Zahlen bei diesem Thema genannt habe, muss man feststellen, dass sich Hamburg damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt bewegt, der bei 71 Menschen pro einer Million Einwohner liegt. Wenn man ein solches Zahlenspiel anfängt, muss man sich auch entsprechende Antworten gefallen lassen.
Sie liegt auch weiterhin – das ist mir auch wichtig – unter der Zahl von 56 Verkehrstoten des Jahres 2001. Dieses Jahr – das kennen Sie genau, meine Damen und Herren von der SPD und von der GAL – war das bisher letzte Jahr, in dem Sie in Hamburg für die Verkehrspolitik verantwortlich waren.