Den Sportvereinen, die Sozialpolitik machen, indem sie die Jugendlichen von der Straße holen, weil sie mit ihnen trainieren, streichen Sie 2,5 Millionen Euro, damit sie die Sportstätten selbst bezahlen. Das ist Ihre Sozialpolitik.
Schauen wir uns den Bildungsbereich an, der ein ganz wichtiger Teil der Sozialpolitik ist. Sozial gerecht ist, wenn wir den Menschen gleiche Bildungschancen geben. Was tun Sie? – Sie streichen bei den Schulbüchern 2,5 Millionen Euro, beim Schulschwimmen 2 Millionen Euro, bei der Vorschule 5 Millionen Euro, bei den Studiengebühren 32 Millionen Euro und bei der Jugendmusikschule 1,2 Millionen Euro. Das ist Ihre Sozialpolitik.
Man kann sich nun fragen, was Sie stattdessen tun? – Sparen? – Nein, das tun Sie nicht. Sie investieren in große Projekte wie zum Beispiel in die U 4. Ich glaube, diese ist im Hinblick auf die zu erwartenden Steuereinnahmen in Hamburg deutlich zu überdenken.
Sie legen einen Innovationsfonds "Wachsende Stadt" von 3,7 Millionen Euro und einen Investitionsfonds "Hamburg 2010" von 5 Millionen Euro auf, Sie starten eine internationale Marketingkampagne, die 4,7 Millionen Euro kostet. Das sind insgesamt 13,4 Millionen Euro. Dafür könnten Sie den Sportvereinen ihre Steuern erlassen, Sie könnten die Vorschule und die Schulbücher unentgeltlich lassen und das Schulschwimmen wieder finanzieren. Das ist die Sozialpolitik, die wir fordern und auf die Sie nicht eingehen.
Herr Bürgermeister, Sie haben uns gesagt, dass wir ein moralisches Dilemma hätten. Wenn man hier einerseits eine Regierungserklärung abgibt und deutlich macht, in Hamburg eine soziale Politik machen zu wollen, aber andererseits eine solche kalte Sozialpolitik macht, dann geht das nicht. Das werden wir den Menschen bis zum Herbst deutlich sagen. Wir werden dann sehen, wie sie sich entscheiden. – Vielen Dank.
Herr Petersen, ich hätte mir eines gewünscht: Dass Sie heute die Debatte nutzen, um Ihr Dilemma bei der sozial- und wirtschaftspolitischen Standortbestimmung einmal aufzulösen. Sie haben stattdessen eine Forderung an die andere gereiht. Ich habe mir auch noch einmal die letzte Haushaltsdebatte angeschaut.
Auch dort gab es keine Antworten, wohin Sie wollen. Es wurden Masterpläne, ein bisschen Umverteilung und auch noch die Anbindung der Arbeitsplätze an die HafenCity gefordert.
Das ist sicherlich keine Alternative zu unserer Sozialpolitik in dieser Stadt. Das ist für mich enttäuschend.
Warum diese Debatte, die mit starken Worten angemeldet wurde: Sozialpolitik nur noch in guten Zeiten – oder wer unsere Hilfe braucht, wird sie bekommen? Ich glaube, Sie wollen mit dieser Debatte die verpasste Chance bei der Kapitalismusdebatte nachholen. Diese Debatte war mehr als verunglückt und Ihr heutiger Aufschlag ist es ebenso.
Hinzu kommt, dass Sie hier ein grandioses Eigentor schießen. Denn gerade bei der SPD und bei den Grünen bekommt niemand die Hilfe, die er braucht. Sie verweigern den Menschen in Deutschland die Rahmenbedingungen, die mehr Beschäftigung entstehen lassen. Wo helfen Sie da auch nur irgendjemandem?
Dabei war man doch 2001 so ambitioniert gestartet. Es gab ein Schröder-Blair-Papier mit dem Tenor, mehr Markt zuzulassen, in Klammern, dann klappe es schon mit dem Arbeitsmarkt. Es klappt mit dem Arbeitsmarkt in Großbritannien, nur leider nicht hier. Das muss an der Bundesregierung liegen.
Großbritannien hat eine Arbeitslosenquote von 5 Prozent, was ökonomisch als Vollbeschäftigung bezeichnet wird. In Deutschland steigen die Arbeitslosenzahlen kontinuierlich.
Beide Länder sind Staaten der EU, beide haben zum Glück die gleichen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und – das kann Herr Kerstan sicherlich noch umdefinieren – auch die Bevölkerungsstruktur ist annähernd gleich. Worin bestand der Unterschied?
Das kann ich Ihnen sagen: Sie haben es versäumt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine gute Sozialpolitik möglich machen. Jetzt versuchen Sie, in Hamburg der CDU dafür die Schuld zu geben. So funktioniert das nicht.
Nun soll von diesem wirtschafts- und sozialpolitischen Versagen rechtzeitig zum Wahlkampf mittels Rhetorik und der Forderung nach mehr Geld für soziale Aufgaben abgelenkt werden. Das ist ziemlich durchsichtig. Dazu sage ich: Das machen wir nicht mit, denn unser Weg ist ein anderer. Wir stehen zu dem, was Sie in Zeitungsinterviews als dringend notwendige soziale Marktwirtschaft bezeichnen. Das haben wir in Hamburg bereits erfolgreich praktiziert. Was tun wir nun konkret?
Wir ermöglichen den Marktteilnehmern mehr Eigenverantwortung. Das erhöht die Dynamik und führt letztendlich zu mehr Wachstum und Wohlstand. Denn nur so haben wir in der Gesellschaft die Kraft zur notwendigen Solidarität. Das ist eine Basis, die Sie in den letzten Jahren systematisch zerstört haben und wo wir versuchen, umzusteuern. Dazu sind die ersten Schritte auch schon gelungen.
Wenn Sie sich selbst ernst nehmen, würden Sie nicht ständig von dem Gegeneinander, das Sie gern hätten, sondern von der sozialen Marktwirtschaft als sittlichen Wert an sich sprechen. Politik muss Anreize für Eigenverantwortung schaffen, um die Kräfte des Einzelnen zu mobilisieren. Unsere Politik in Hamburg bedeutet nicht den Untergang, sondern das Wesen der sozialen Marktwirtschaft. Daran werden wir festhalten, egal, wie Sie Ihre Debatten hier benennen.
Allerdings gebe ich Ihnen einen Aspekt zu, den Ihre Sozialpolitiker aus Unkenntnis gern verdrängen. Das hat erneut auch Herr Neumann in seinem Interview im "Hamburger Abendblatt" bewiesen. Er hat die Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft gefordert und dargestellt, wie wichtig das alles für uns sei und dabei völlig verkannt, dass genau diese Politik vom Hamburger Senat betrieben wird. Herr Neumann, schauen Sie in ein Geschichtsbuch, kümmern Sie sich um Ihre Positionsbestimmung und dann melden Sie die Debatte wieder an. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram, Sie haben mir gerade durch Ihre Rede jegliche Lust genommen, überhaupt auf Sie einzugehen.
Abgesehen davon, dass Sie es im letzten Jahr wirklich geschafft haben, die Goldene Palme für Abwesenheit in den Ausschüssen zu bekommen, haben Sie jegliches Vertrauen verloren,
wenn Sie die Arbeit – egal ob im Schul- oder im Jugendausschuss – nicht ernst nehmen. Selbst bei den Befragungen im Sonderausschuss "Vernachlässigte Kinder" haben Sie sich einen weißen Fuß gemacht. Sie sind nicht erschienen und lassen stattdessen Ihren Meisterschüler Staatsrat die Arbeit machen und entziehen sich mit Lyrik Ihrer eigentlichen Verantwortung.
Das zeigt, dass es sinnvoller ist, sich an Ihren Präses zu wenden. Ich wende mich deswegen jetzt direkt an Herrn von Beust.
Herr von Beust, ich habe Sie in der Haushaltsdebatte im letzten Jahr gefragt, welchen Standpunkt Sie zum den Themen Integration, soziale Gerechtigkeit und Bildung
haben. Wir haben uns damals nie darüber auseinander setzen können, weil Sie sich dazu nie geäußert haben. Ich hatte Sie aufgefordert, dafür Verantwortung zu tragen und gesagt, dass Wegducken nicht gilt.
Jetzt haben Sie sich geäußert und uns deutlich gemacht, wie Sie zu diesen Themen stehen und klar – das haben viele meiner Vorrednerinnen schon gesagt – den Common aufgekündigt. Ich halte das für ausgesprochen gefährlich, welche Katze Sie da aus dem Sack gelassen haben. Das ist letztendlich eine Gefährdung des Gemeinwesens, die soziale Gerechtigkeit – neben der Wirtschaftspolitik – nicht mehr in den Mittelpunkt der Stadtpolitik zu stellen. Die Ausrede, dass kein Geld da sei, zählt nicht. Wir würden auch nicht mehr Geld ausgeben, aber wir würden andere Schwerpunkte setzen. Daran liegt es.
Auch Ihre Umschichtungen sind unseres Erachtens falsch. Wenn Sie hier – das hat auch die große Finanzexpertin Frau Schnieber-Jastram getan – von Konsolidierung sprechen, dann wissen wir ganz genau, dass Sie überhaupt nicht konsolidieren, dass in den letzten drei Jahren nicht konsolidiert worden ist, sondern dass der Haushalt ausgeweitet wurde. Es ist – wie wir auch in der letzten Woche sehen konnten – eine Mogelpackung. Auf der anderen Seite müssen Sie sich, wenn Sie das immer auf Berlin schieben, fragen lassen: Wer hat denn die Verschärfungen bei Hartz IV und für die sozial Benachteiligten verhandelt? Doch nicht wir, sondern das war die CDU im Bundesrat.