Auch Ihre Umschichtungen sind unseres Erachtens falsch. Wenn Sie hier – das hat auch die große Finanzexpertin Frau Schnieber-Jastram getan – von Konsolidierung sprechen, dann wissen wir ganz genau, dass Sie überhaupt nicht konsolidieren, dass in den letzten drei Jahren nicht konsolidiert worden ist, sondern dass der Haushalt ausgeweitet wurde. Es ist – wie wir auch in der letzten Woche sehen konnten – eine Mogelpackung. Auf der anderen Seite müssen Sie sich, wenn Sie das immer auf Berlin schieben, fragen lassen: Wer hat denn die Verschärfungen bei Hartz IV und für die sozial Benachteiligten verhandelt? Doch nicht wir, sondern das war die CDU im Bundesrat.
Wer blockiert die Gegenfinanzierung – das kann man nicht oft genug sagen –, auch wenn Ihre Finanzministerkollegen im Häuslebauer- und Autobauerland plötzlich sagen, dass dies durch die Eigenheim- und die Pendlerpauschalen geschehen könnte? Sie haben eben gesagt, dass die Einnahmen fehlen würden. Aber Sie haben jahrelang die Einnahmen von jährlich 15 Millionen blockiert, die wir anders hätten einsetzen können.
Wer hat denn die Familienpolitik in den letzten drei Jahren in Hamburg gemacht? Wer hat denn die Familien unterstützt, indem man zum Beispiel den ALG-II-Beziehern jetzt die kostenlosen Schulbücher streicht und dadurch die sozialen Lücken entstehen. Wo ist die Schere weiter auseinander gegangen? Wo gibt es denn weniger Kita-Plätze, wenn nicht auf der Veddel?
Herr Reinert, dort gibt es 30 Prozent weniger Ganztagesplätze. Das ist genau dort, wo sie dringend nötig sind, um die Kinder aus dem Milieu herauszuholen.
Da kommen wir wieder auf den Punkt, dass Armut und Benachteiligung kein Schicksal oder kein Pech ist. Das beginnt ganz früh. Es geht darum, die Schwerpunkte
anders zu setzen und frühzeitig diese strukturellen Ungerechtigkeiten abzubauen, nämlich die Zugänge zu Bildung und zur Betreuung – das heißt Bildung gleich Sozialpolitik – zu gestalten. Was Sie hier bisher an den Tag gelegt haben – das können wir jeden Tag nachlesen – ist mehr als Stückwerk.
der in der Schulbehörde auf Kosten der Benachteiligten verzapft worden ist, mindestens eine Viertelstunde benötigen würde. Egal, ob ich einen Ordnungsruf dafür bekomme, ich stehe dazu. Das ist Ihre Sozialpolitik.
Wir haben mit dem gleichen Haushalt andere Schwerpunkte gesetzt und zum Thema Sozialpolitik eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht. Es gibt ganz andere strukturelle Maßnahmen, um Geld für eine gebührenfreie Vorschulbildung zu haben. Wir könnten viele andere Systeme verändern, um tatsächlich dort anzusetzen, wo Sozialpolitik dringend nötig wäre.
Ich kann Sie zum Schluss nur auffordern, Herr von Beust, damit aufzuhören, den netten Landesvater zu spielen, Schwäne zu füttern, Störche zu beobachten und andere schöne Sachen zu machen. Sie sollten einmal in die Quartiere gehen. Herr von Beust, ich meine es ernst, dass Sie nicht wirklich wissen,
ich komme zum Schluss –, was vor Ort los ist. Sie gehen nicht vor Ort und wissen eigentlich gar nicht, was dort angesagt ist und wie es dort aussieht. Ich glaube, das wäre dringend nötig, denn dann würde Hamburg eine andere Sozialpolitik bekommen. – Danke.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Was ist mit dem Wort "Schwachsinn"? – Gegenruf von Wolfgang Beuß CDU: Das würde mich auch mal interessieren!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, ganz unbeteiligt an den schmerzhaften Bundesbeschlüssen waren Sie nicht; das wissen Sie auch ganz genau.
Wer hat zum Beispiel bei der Gesundheitsreform für das Eintrittsgeld von 10 Euro beim Arzt gesorgt? Wer hat die Leistungen für Zahnersatz herausgenommen? Wer hat bei Hartz IV die Kompromisse nicht finden können?
Tun Sie nicht so, als hätten Sie damit nichts zu tun. Im Unterschied zu Ihnen stehen wir dazu. Wir lassen uns
dafür prügeln. Auch heute haben Sie wieder gezeigt, dass Sie wegtauchen und damit angeblich nichts zu tun haben wollen.
Frau Koop, seien Sie ganz unbesorgt. Die Zusammenarbeit mit unseren Wirtschaftspolitikern klappt wunderbar.
Wir wissen auch, dass das Geld erst verdient werden muss, aber darüber reden wir nicht. Wir wollen gar nicht mehr Geld, sondern – genau wie es Frau Goetsch gesagt hat – das Geld anders verteilen.
Wir wollen nicht wie Sie neue Polizeiuniformen. Das hat man heute schon vergessen. Wir wollen keinen – wie Sie es getan haben – Straßenausbau wie beim Jungfernstieg und anderswo, sondern wir sind dafür, dass die Dinge im Sozialbereich so bleiben, wie sie waren.
Wir wollen uns das einmal ganz genau anschauen, was Sie auf Ihrem gestrigen Parteitag festgelegt haben, wie die Sozialpolitik für die CDU in Hamburg aussehen soll.
Ich will nicht – wie Frau Gregersen – nur ein oder zwei Beispiele bringen, weil die Bürgerinnen und Bürger immer sehr schnell vergessen. Ich will auf die letzten vier Jahre, die diese Sozialsenatorin zu verantworten hat, und auf einzelne Maßnahmen eingehen. Leider ist die Geschäftsordnung der Bürgerschaft ungerecht. Sie haben länger reden können, aber ich muss mich sehr ranhalten und kann nur stichwortartig die lange Liste vortragen, weil ich sonst mit der fünfminütigen Redezeit nicht auskommen würde.
Kein anderer Haushalt hat in den letzten Jahren zur angeblichen Konsolidierung so stark beigetragen wie der Sozialhaushalt. Aus Ihrer Sicht sind leider 90 Prozent der Ausgaben dieses Etats gesetzlich vorgegeben, sonst hätten Sie auch diese noch beschnitten und noch mehr gespart.
2002 musste der Sozialhaushalt 18 Millionen Euro an Einsparungen vornehmen. Es wurden die Mittel für die Frauenberatungsstellen zu 60 Prozent und für die Opferhilfe gekürzt. Bei den Begegnungsstätten für ausländische Mitbürger wurden sogar die Leistungsvereinbarungen aufgekündigt und gebrochen und 500 000 Euro eingespart.
2003 gingen Sie dann an die älteren und an die behinderten Menschen in dieser Stadt heran. Die Rentenberatungsstellen wurden abgeschafft; es gibt nur noch eine zentrale Rentenberatungsstelle für die gesamte Stadt. Bei der Behindertenberatung konnten wir zum Glück durch den öffentlichen Druck verhindern, dass es in der Stadt nur noch eine Beratungsstelle gibt. Dadurch ist es uns gelungen, dass wenigstens noch zwei, drei Beratungsstellen vorhanden sind.
Dann kommen wir zur Umstellung der Insolvenzberatung. Hier haben Sie auch eingespart. Man konnte in den letzten Tagen lesen, dass es heute 40 Prozent mehr Anträge bei den Insolvenzberatungsstellen gestellt wurden. Sie haben eher gekürzt als etwas dazugegeben. Kein Wunder, dass man in einigen Bezirken fast ein Jahr warten muss, um überhaupt eine Beratung zu bekommen.
Dann komme ich zu Ihrem Obdachlosenkonzept, das Sie hier so stolz vorgetragen haben. Wir hören seit drei Jahren davon, uns ist aber noch nichts bekannt, auch nicht aufgrund unserer Nachfragen, wo es ab 1. Juli eine Fachstelle geben wird.
Wir hören das seit drei Jahren, Herr Reinert. Kommen Sie doch einmal in den Sozialausschuss. Wir hören seit drei Jahren von dem Konzept zur Obdachlosigkeit und zur Ambulantisierung. Wir hören seit Jahren von all diesen Dingen, nur Konkretes passiert nicht. Das ist das Dilemma.
(Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Aber Sie haben doch gerade gehört: In allen Bezirken zum 1. Juli!)
2004 haben Sie das Sozialticket gestrichen und bereits angekündigt, dass durch starke Mittelverkürzung bei den Frauenhäusern noch mehr passieren werde. In den Jahren 2005 und 2006, in denen Sie das erste Mal allein regieren konnten, haben Sie gezeigt, was Sache ist.
Sie haben angekündigt, das Frauenhaus zu schließen. Die finanziellen Mittel haben Sie dort weiterhin gekürzt und sämtliche Psychologinnenstellen aufgekündigt. Bei den Kinderkuren mussten Sie 3,8 Millionen Euro einsparen, es gab Streichungen bei der Beratung und Betreuung von Flüchtlingen, die Mittel für die Obdachlosenhilfe "Oase" wurde gestrichen. Sie wollen 15 Millionen Euro bei der Ambulantisierung einsparen. Bis heute weiß keiner, was überhaupt damit von Ihnen gemeint ist. Auch wir sind selbstverständlich für die Ambulantisierung, aber das muss vernünftig gemacht werden. Wenn man das ordentlich und qualitativ hochwertig machen will, dann wird es eher mehr Geld kosten als weniger.