Das wird zum Beispiel an den verdachtsunabhängigen Kontrollen drastisch deutlich. Hier muss es so etwas wie "Lageerkenntnisse" geben. Aber Sie beziehen sich eben auf eine Lage, überhaupt nie auf die Personen, die Sie dort kontrollieren lassen wollen. Natürlich können diese das durch ihr Verhalten überhaupt nicht beeinflussen.
Danebenbenehmen wird zwar hier im Parlament manchmal gerügt, ist aber in Wirklichkeit strafrechtlich nicht relevant.
Wer Daten erheben will, muss begründen, warum. Das ist das, was das Bundesverfassungsgericht immer wieder sagt. Das sind die Vorgaben, auf die uns auch der Datenschutzbeauftragte hier in Hamburg und auch auf Bundesebene immer wieder hinweist. Sie haben überhaupt nichts von den differenzierten Bedenken aufgenommen, die wir in stunden-, ja tagelangen Sitzungen angehört haben. Am Beispiel der Videoüberwachung – Herr Dr. Dressel ist darauf eingegangen – wird es am deutlichsten, weil es sich am besten konkret belegen lässt: Der Umfang des Eingriffes und die Begründung dafür sollen eindeutig benannt sein. "Wiederholt Straftaten", das ist Ihre Begründung im Gesetz, also mindestens zwei, können Auslöser für eine Videoüberwachung sein. Das finden Sie nahezu flächendeckend in Hamburg. Das ist schon mehrfach gesagt, aber man kann es nicht deutlich genug sagen. Der Senator selbst benutzt ja immer diese Formulierung, "wiederholt Straftaten".
Das heißt also "zwei". Es gibt keine engere Beschreibung des konkreten Anlasses, es gibt keine Einbindung in ein Konzept, das wir als Parlament diskutieren könnten, und es gibt auch nicht eine befristete Maßnahme oder eine klare Formulierung des finanziellen Aufwandes und so weiter. So ist Videoüberwachung eben gerade nicht parlamentarisch kontrollierbar. Der Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger ist unverhältnismäßig groß, aber Sie wollen es genau so umsetzen.
Sie wollen tatsächlich nichts weiter als das schärfste Gesetz der Republik. Sie wollen kein fachlich-sachlich, aufgrund von veränderten Kriminalitätslagen, aufgrund von veränderten Straffälligkeitsentwicklungen in Hamburg entwickeltes Gesetz, Sie wollen das schärfste Gesetz der Republik. Das sieht man an zwei weiteren Beispielen, der vierzehntägigen Ingewahrsamnahme – sie ist mitnichten fachlich begründet und sehr strittig diskutiert worden – und genauso das zwölfmonatige Aufenthaltsverbot. Ein anderes Beispiel: Elektro-Taser. In Wirklichkeit sollen in dieser Stadt zwei angeschafft werden. Das hätte man auf einer ganz anderen Ebene diskutieren können als in diesem sich öffentlich gut darstellen lassenden Zusammenhang, wie Sie es gemacht haben.
Eine Abstimmung mit den Polizeigewerkschaften im Übrigen – das wurde ja auch bei der Anhörung der Experten deutlich – hat nicht stattgefunden. Dort kamen ganz klare, fachlich und aus der polizeilichen Arbeit heraus begründete Vorschläge. Diese haben Sie nicht aufgenommen und auch nicht ernst genommen.
Eine Petitesse zum Schluss: Interessant finde ich an dieser Diskussion um die aktuellen Daten der Inneren Sicherheit, die Sie ja immer gern einmal ins Spiel führen, dass Sie sie mit uns nicht mehr diskutieren wollen. Erst nachdem wir eben einen Fünf-Minuten-Beitrag zur Berichterstattung des Senates über die aktuellen Zahlen der PKS angemeldet haben, hat sich die CDU-Fraktion dann doch entschlossen, wenigstens unserem Überweisungsvorschlag zu folgen. Das nenne ich doch richtig mutig heran an die Zahlen. Aber es macht deutlich, dass Sie wirklich kein Interesse haben, tatsächlich auf einer sachlich-fachlichen Ebene die aktuelle Statistik oder die tatsächliche Entwicklung der Kriminalität in dieser Stadt zu diskutieren. Sie wollten das schärfste Polizeigesetz der Republik. Es geht bei Ihnen um Politik. Sie wollen tatsächlich Sicherheit auf Kosten der Freiheit, aber das nicht mit uns.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein sehr guter Tag für Hamburgs Bürger,
stehen wir kurz vor dem Ziel. Zwei aus den Neunzigerjahren geerbte Aufgaben werden damit gelöst werden, zum einen die dringend notwendige Personalverstärkung bei der Polizei und zum anderen das genauso dringend notwendige rechtliche Handwerkszeug. Hamburg wird endlich ein modernes und effektives Polizeirecht bekommen.
Die Gesetzesvorlage, die in enger Zusammenarbeit zwischen Senat und Regierungsfraktion entstand, wird der Polizei die notwendigen Instrumente zur Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung geben. Genau diese Gesetzesvorlage berücksichtigt die neuen Herausforderungen der Verbrechensbekämpfung – Herausforderungen, denen sich unsere Polizei in Zukunft stellen muss und für die sie die notwendigen Instrumente braucht. Ich nenne als Stichworte die weltweite Bedrohung durch Terrorismus oder die verschiedenen Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität. Ich nenne auch die technische Entwicklung, die zur Verbesserung der täglichen polizeilichen Arbeit beitragen kann. Ich nenne als weiteren Aspekt Großveranstaltungen wie die Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr, für die wir mit dem neuen Polizeirecht noch besser gerüstet sein werden.
Bevor ich einige zentrale Änderungen aufgreife, lassen Sie mich auf die Beratungen der vergangenen Monate zurückblicken. Wir haben den Senatsentwurf in sechs langen Ausschusssitzungen sehr intensiv beraten. Natürlich gab es dabei rechtspolitisch an der einen oder anderen Stelle unterschiedliche Auffassungen. Das ist nun einmal so in Demokratien. Allerdings habe ich mich sehr gefreut, dass gerade die Sachverständigenanhörung, auf die heute auch schon mehrfach eingegangen wurde, gezeigt hat, dass der vom Senat vorgelegte Entwurf allen Anforderungen gerecht wird.
Während dieser Diskussion wurde deutlich, dass das von einigen herbeigeredete, angebliche Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit gar nicht existiert.
Ich möchte mich in diesem Punkt ganz besonders an die GAL wenden: Hören Sie auf, einen Gegensatz zwischen und Freiheit und Sicherheit zu konstruieren, den es so gar nicht gibt.
Freiheit – und auch Ihre Freiheit, ich betone es – und die damit verbundene Lebensqualität wird durch professionell garantierte Sicherheit doch erst möglich.
Lassen Sie mich einige zentrale Neuerungen aus dem Senatsentwurf herausgreifen. Ich will die Neuerungen an vier Themen deutlich machen. Das erste Thema: das Aufenthaltsverbot und die Höchstdauer der Ingewahrsamnahme. Aus guten Gründen haben wir das Aufenthaltsverbot ebenso wie die Höchstdauer der Ingewahrsamnahme ausgedehnt. Wer das kritisiert, dem empfehle ich einen Blick in die Praxis und die Rückkehr auf den Boden der Tatsachen.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollten doch weni- ger! Warum haben Sie vorher weniger vorge- schlagen?)
Wir haben nämlich drei Hauptzielgruppen vor Augen: einmal Drogendealer, zum Zweiten Hooligans und zum Dritten Täter aus dem Bereich der häuslichen Gewalt. Hier stellen wir mit dem neuen Polizeirecht sicher, dass wir Personen, die für Menschen unserer Stadt eine erhebliche Gefahr darstellen, von bestimmten Gebieten längere Zeit fernhalten können.
Den Kritikern unserer Regelung sage ich noch einmal ganz deutlich: Ja, ich halte es für gerechtfertigt, im Rahmen unserer Verfassung auch Regelungen für schwerwiegende Einzelfälle zu haben. Es geht selbstverständlich nicht darum, jeden Menschen beliebig lange in Gewahrsam zu nehmen. Es geht vielmehr darum, auch in besonderen Ausnahmefällen die Bürger und Gäste unserer Stadt schützen zu können. Ich kann mir durchaus bestimmte Situationen vorstellen, in denen wir die Menschen längere Zeit – zum Beispiel während der Fußballweltmeisterschaft 2006 – vor gefährlichen Hooligans schützen müssen.
Sie können sicher sein, dass unsere Polizei mit diesem Instrument sehr sorgfältig umgehen wird. Wer das aus rein weltanschaulichen Gründen bezweifelt, zweifelt auch am Verantwortungsbewusstsein unserer Hamburger Polizei und unserer Justiz.
Das zweite Stichwort: der finale Rettungsschuss. Diese Regelung ist für Hamburg längst überfällig. Es besteht nun endlich Rechtssicherheit bei dem denkbar schwersten Eingriff. Ich freue mich, dass in diesem Punkt nunmehr auch Einvernehmen mit der SPD-Fraktion besteht.
Bei dieser Gelegenheit, Herr Dr. Dressel: Es besteht ja eigentlich in vielen Punkten Einvernehmen. Daher könnten Sie ja eigentlich dem wirklich modernen und professionellen Entwurf des Senates zustimmen.
Zum dritten Stichwort: der Einsatz moderner technischer Mittel zur Gefahrenabwehr. Wenn sich Straftäter modernster technischer Mittel bedienen, muss die Polizei in der Lage sein, ebenfalls adäquate technische Mittel zur Verhütung schwerer Straftaten zu nutzen. Als Beispiel nenne ich hier den Einsatz technischer Observationssysteme wie dem GPS, den Einsatz automatischer Kennzeichenlesegeräte, von Tasern und auch den Einsatz der präventiven Telefonüberwachung.
Gemeinsam mit der CDU-Fraktion haben wir beschlossen, zunächst auf einen Teil der TKÜ zu verzichten.
Das liegt daran – das wissen Sie auch –, dass sich zurzeit das Bundesverfassungsgericht mit der niedersächsischen Regelung beschäftigt.