Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

So heute – zu Recht – die Titelseite der "Hamburger Morgenpost". Dort wird auch aufgezählt, an welchen Stellen und durch welches Handeln beziehungsweise Nichthandeln dieses Senats die Arbeitsplatzsituation von Industriearbeitsplätzen aufs Höchste gefährdet ist und gefährdet bleiben wird.

Ich möchte unter den vier Beispielen, die dort angeführt sind, wie nicht weiter verwunderlich sein dürfte, insbesondere eines aufgreifen, um daran aufzuzeigen, auf welche Art und Weise Versprechungen des Senats, beziehungsweise Ankündigungen, beziehungsweise sichere Abmachungen sehr schnell ihre Gültigkeit verlieren und das, was uns allen noch im Brustton der Überzeugung

vorgetragen wurde, innerhalb kürzester Zeit zur Makulatur wird.

Beim Verkauf des LBK sollten insgesamt vier Ziele erfüllt werden: die medizinische Versorgung auf hoher Qualität zu sichern, den Standort Hamburg als gesundheitspolitischen Standort weiterzuentwickeln, die Beschäftigung zu sichern und auszubauen und die finanzielle Sicherheit einzubauen, das heißt, den Haushalt von künftigen Risiken zu entlasten.

So Senator Peiner im Oktober letzten Jahres in der gemeinsamen Sitzung von Haushalts- und Gesundheitsausschuss zum Verkauf des LBK.

Von Sicherung und Ausbau der Beschäftigung kann beim besten Willen keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die ersten 300 Stellen fallen dieses Jahr weg. 300 Stellen bedeuten in diesem Zusammenhang mehr als 300 Menschen, weil man auch Teilzeitbeschäftigte mitberücksichtigen muss. Die nächsten 1000 Stellen werden aller Voraussicht nach im nächsten Jahr wegfallen, und zwar – so der Bürgermeister selbst – möglicherweise im Zuge betriebsbedingter Kündigungen. Dazu das nächste Zitat, jetzt aus der Verkaufsdrucksache. Unter der Überschrift "Sicherung von Arbeitsplätzen beim LBK Neu" steht als erster Punkt:

"… wurde der Investor zu folgenden Maßnahmen verpflichtet: Unterlassung jeglicher betriebsbedingter Kündigungen bis zum Ende des Jahres 2005 …"

das wird eingehalten –

"... sowie darüber hinaus in jedem Geschäftsjahr bis einschließlich 2009, wenn das Plan-EBITDA der Gesellschaft des jeweils vorangegangenen Geschäftsjahres erreicht werden wird,..."

Das bedeutet, der Senat rechnet damit, dass diese Ergebnisse nicht erreicht werden. Das hat dann aber auch wieder andere Auswirkungen im Hinblick auf den vierten Punkt, der eben zitiert wurde, zukünftige Haushaltsrisiken auszuschalten. Wenn diese Planungen nicht erreicht werden, kann der Verkaufspreis von angeblich 318 Millionen Euro um bis zu 75 Millionen Euro gekürzt werden. Das wurde schon einige Male von dieser Stelle aus angesprochen, kritisiert und auch angekündigt, dass das so kommen würde. Das wurde jedes Mal abgestritten und uns und vor allen Dingen den Menschen draußen in der Stadt wurde vorgegaukelt, alles würde zum Besten stehen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zwei der vier zitierten strategischen Ziele haben Sie heute schon nicht erreicht, sondern verfehlt.

Der nächste Punkt ist die Verunsicherung der Beschäftigten. Nicht nur bei den LBK-Beschäftigten, sondern darüber hinaus bei allen Beschäftigten der Hamburger Krankenhäuser geht die Stimmung zu Recht nach unten, denn die Art und Weise, wie der Senat sich verhält – keine Klarstellung, keine Richtigstellung, alles offen lassen, nichts deutlich machen –, kann nur dazu führen, dass die Verunsicherung weiter zunimmt. Das hat dann möglicherweise noch eine weitere Folge.

Es gibt das Rückkehrrecht und die Frage, ob davon Gebrauch gemacht wird oder nicht. Auch dazu eine Ein

schätzung des Senats, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss:

"Der Senat geht davon aus, dass es gelingt, die Zahl der Rückkehrwilligen sehr klein zu halten,

(Michael Neumann SPD: Weil er sie vorher raus- schmeißt!)

da im Privatisierungsprozess die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerseite berücksichtigt worden sind und durch die Beteiligung eines strategischen Partners attraktive betriebliche Perspektiven im LBK NEU eröffnet wurden."

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Diese attraktiven betrieblichen Perspektiven lauten: Mehr Arbeit für weniger Geld und es müssen weniger Menschen diese Arbeit machen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Krüger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass die SPD, die dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht hat, in dieser Form diskutieren mag,

(Michael Neumann SPD: Ist gut und richtig!)

ist ein deutliches Beispiel dafür, wie gering ihre wirtschaftliche Kompetenz ist und dass man ihr in Hamburg die wirtschaftliche Verantwortung nicht geben darf.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Ihre Kompetenz besteht darin, die Menschen in die Arbeitslosigkeit zu bringen!)

Im Bund ändert sich das hoffentlich in den nächsten Wochen.

Der SPD-Senat hat den LBK seinerzeit in die Selbstständigkeit entlassen und zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst, dass der LBK in dieser Form nicht handlungsfähig ist. Ich weiß nicht, ob der eine oder andere von Ihnen es sich angetan hat, im vergangenen Jahr das Rechnungshofgutachten zu pflegen & wohnen und dem LBK anzuschauen. Ich empfehle Ihnen diese hoch interessante Lektüre. Darin können Sie Ihre eigenen Sünden noch einmal nachlesen.

All die Jahre ist vom LBK erwartet worden, dass er medizinische Leistungen erbringt, aber Sie haben aus Angst vor unpopulären Maßnahmen nie Entscheidungen getroffen, die erforderlich gewesen wären, um ihn zu stabilisieren.

Damit Sie sich noch einmal erinnern, Folgendes – ich möchte insbesondere die SPD bitten, sich das hinter die Ohren zu schreiben: Bis zum Jahresende 2004 hatte der LBK Verbindlichkeiten in einer Größenordnung von annähernd 1 Milliarde Euro angehäuft. Da mir bekannt ist, dass Sie manchmal Schwierigkeiten haben, sich finanzielle Größenordnungen vorzustellen: Das ist eine eins mit neun Nullen.

(Michael Neumann SPD: Und da drüben sitzen die Nullen!)

Die einzige Konsequenz, die man daraus ziehen konnte, war, dass eine Privatisierung erfolgt. Der neue Betreiber hat ein hoch verschuldetes Unternehmen übernommen. Es ist ganz simpel: Wenn man ein hoch verschuldetes Unternehmen übernimmt, dann müssen auf der einen Seite die Einnahmen steigen und auf der anderen Seite muss man die Kosten senken. So banal ist das und genau das sieht das Projekt "10 Prozent" des LBK vor.

(Zuruf von Michael Neumann SPD)

Ja, Herr Neumann, das ist genau das, was Sie können, unqualifizierte Zwischenrufe. Hören Sie einfach erst einmal zu.

(Beifall bei der CDU)

10 Prozent, Herr Neumann – das ist der zehnte Teil – bedeuten: Höhere Einnahmen durch mehr Patienten, durch konsequentere Abrechnungen, 10 Prozent niedrigere Sachkosten und – in der Tat – auch 10 Prozent niedrigere Personalkosten.

Die Notwendigkeit, Personal abzubauen, hat übrigens schon der alte LBK-Vorstand beschlossen. Was wir in den letzten Tagen aus den Zeitungen erfahren konnten, im Jahr 2005 würden ungefähr 300 Stellen abgebaut, ist nicht etwa das Ergebnis von Asklepios, sondern das hatte der alte LBK-Vorstand, der meines Wissens zu Ihrer Zeit installiert worden ist, festgelegt. Es wird also das vollzogen, was aus der Vergangenheit übernommen worden ist. Dass Ver.di oder Herr Rose, der an diesen Beschlüssen beteiligt war und sie durchgewinkt hat, sich heute daran erinnert, hat vielleicht – das ist meine Vision – auch etwas mit Wahlkampf zu tun. Eine redliche Entschuldigung ist es eindeutig nicht, es sei denn, er hat Erinnerungslücken.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: So gehen Sie mit Menschen um!)

Wir sprechen vom Stellenabbau in der Verwaltung. Ich meine, Krankenhäuser sind dazu da, um Kranke zu pflegen, und nicht, um sich zu verwalten. Insofern ist es naheliegend, sich diesen Bereich anzusehen. Ich rede von Menschen, Herr Neumann. Es ist nicht von Kündigungen die Rede, sondern diese 300 Maßnahmen finden durch Fluktuation statt, durch freiwillige Maßnahmen, durch Gewährung von Abfindungen. Es wird niemand entlassen, das ist deutlich erklärt.

Der neue LBK-Vorstand hat jetzt für die Jahre 2006 bis 2009 mittelfristige Planungen vorgestellt. Er hat sie nicht beschlossen. Herr Rose hat offensichtlich immer wieder Erinnerungslücken, sonst hätte er etwas anderes berichtet. Diese Planungen – Herr Neumann, wir reden über Menschen –, sehen weniger Personalabbau vor, als der alte LBK vorgesehen hat. Das ist eindeutig richtig. Fragen Sie Herrn Rose und wenn er sich nicht erinnert, soll er in die Protokolle schauen. Er ist ja auch sonst bereit, darüber zu plaudern.

(Michael Neumann SPD: Haben Sie die Protokolle gelesen? Woher kennen Sie die denn?)

Wir sprechen also in der mittelfristigen Planung eindeutig über weniger Stellenabbau. Das ist genau das Gegenteil. Wenn ich von 10 Prozent mehr Patienten spreche, heißt das, dass mehr Menschen versorgt werden müssen und

dafür mehr medizinisches Personal benötigt wird. Wenn Sie richtig gelesen hätten, hätten Sie festgestellt – auch das wird Herr Rose Ihnen sicherlich bestätigen –, dass der medizinische Bereich ausgebaut werden soll. Wir sprechen also eher von einem Personalumbau.

Herr Dr. Schäfer, Sie sprachen eben gerade von interessanten Perspektiven. Genau das ist es. Der LBK bietet interessante Perspektiven für Ärzte und Krankenschwestern. In allen Krankenhäusern – übrigens nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Bundesländern, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen – …

(Glocke)

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.