Viertens: Die Mittel der Wohnungsbaukreditanstalt für Objektförderung von Pflegeeinrichtungen sind seit 2001 fast verfünffacht. Sie sind von 4,5 Millionen Euro auf mehr als 22 Millionen Euro gestiegen – Seite 3.
Fünftens: Pflegekonferenzen sind erstmalig 1998 in Harburg eingeführt worden. Ich war selbst dabei und habe mitgewirkt. Das ist eine tolle Einrichtung, die es jetzt in fünf Bezirken gibt. Hierfür stellt der Senat Sachmittelzuschüsse bereit – Seite 6.
Sechstens: Die Zahl der Prüfungen in Einrichtungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen hat sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Die Beanstandungen entsprechen dem Bundesdurchschnitt.
Siebtens: Die Begehungen durch die Heimaufsicht sind in fast allen Bezirken zum Teil erheblich gesteigert worden – Seite 11.
Achtens: Für Demenzkranke gibt es auch in Hamburg nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ausreichend Angebote – Seite 17.
Neuntens: Es sind gut ausgebildete Fachkräfte für Pflege und Betreuung in ausreichender Zahl vorhanden. Die Fachkraftquote in den Einrichtungen liegt bei 57 Prozent.
Zehntens: Die Zahl der Ausbildungsplätze und Absolventen im Pflegebereich ist in den letzten Jahren gestiegen. Gleiches gilt für die Zahl der erfolgreichen Abschlüsse – Seite 19.
Unser Senat hat gut gearbeitet. Die Betreuung ist uns wichtig und wir sind auf einem guten Weg. Das wird so weitergehen. – Dankeschön.
Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Fischer, Sie haben gesagt: Wenn wir alles privatisieren, wie pflegen & wohnen, dann wird alles besser. Wenn es keine Verbindlichkeiten im Gesetz gibt, dann muss man sich auch nicht daran halten und kann dann über fünf Jahre warten, bis man mal eine Pflegeplanung vorlegt.
(Bernd Reinert CDU: Das hat sie nicht gesagt! Reden Sie doch mal über die Verbindlichkeiten von pflegen & wohnen! Die sind das Problem!)
Herr Reinert, es muss kein Armutsbericht vorgelegt werden. Das ist gesetzlich nicht verpflichtend. Es muss jetzt keine Rahmenplanung für Pflege vorgelegt werden. Es ist nicht zum Wohl der Bürger dieser Stadt und das betrifft sehr viele. Und jeder von Ihnen wird vielleicht auch irgendwann einmal alt und pflegebedürftig.
Frau Schnieber-Jastram, Sie sind verpflichtet, eine Rahmenplanung vorzulegen. Frau Brinkmann hat das erwähnt. Sie müssen das weiter erarbeiten und Sie müssen eine Versorgungsstruktur vorlegen sowie diese regelmäßig fortschreiben. Sie tun das nicht. Die letzte Planung ist aus dem Jahre 2000, also nicht von Ihnen.
Wir Grünen, aber auch die Pflegeverbände und die Träger, fordern schon seit Jahren diese Planung. Sie sind doch eigentlich sonst so stark für die Wirtschaft. Dieses würde endlich einmal für die privaten Pflegeanbieter, aber auch für die Dienste und für die Träger, Planungssicherheit sein, die Sie ihnen vorenthalten. Sie hätten aber auch Planungssicherheit in Ihrer Behörde, die es jetzt wahrscheinlich auch nicht gibt.
Was wir aber dringend in Hamburg benötigen, ist eine pflegepolitische Diskussion, die die Entwicklung aufgreift, die sich in der Gesellschaft abzeichnet, und hierfür endlich eine Lösung erarbeitet. Leider ist aber davon gegenwärtig nichts zu erkennen. Ich möchte einmal ein paar Beispiele geben.
Es wird immer mehr ältere Bürger geben und somit wird die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigen. Auch durch die veränderte Familienstruktur geht die private Pflegebereitschaft weiter zurück. Die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen haben sich auch verändert. Die individuellen Lebensentwürfe pflegebedürftiger Menschen erfordern auch vielfältige Angebote und Versorgungsformen. Der Wunsch der Pflegebedürftigen, in ihrem gewohnten Quartier weiter gepflegt zu werden, ist enorm gestiegen und muss beherzigt werden.
Eine pflegepolitische Diskussion muss diese Entwicklung endlich aufgreifen und versuchen, darauf Antwort zu geben. Um den Grundsatz einer menschenwürdigen und ganzheitlichen Pflege trotz finanzieller Einschränkung umzusetzen, müssen wir uns über das Zusammenwirken von professioneller Pflege, aber auch von ehrenamtlicher Hilfe, Gedanken machen. Wir müssen Pflege als Querschnittsaufgabe betrachten.
Es ist nicht nur die Pflege, es betrifft auch die Wohnungspolitik, die Quartiers- und Infrastruktur, aber auch die Wohnungswirtschaft. Einer steigenden Nachfrage nach selbstbestimmtem Wohnen in der Stadt muss auch ein entsprechendes Angebot an ausreichendem und auch bezahlbarem sowie barrierefreiem Wohnraum entgegenstehen. Wir müssen wohnungsnah ambulante Dienste
verfügbar haben und es muss zum Austausch in der Nachbarschaft Treffpunkte geben. Aber es muss auch mehr Angebote in der Tages- und Kurzzeitpflege geben.
Lassen Sie uns einen Blick auf die Hamburger Situation werfen. In der Pflege, Frau Schnieber-Jastram, wollen Sie verstärkt auf ambulante Betreuung und Pflege in seniorengerechter und stadtteilintegrierter Wohnform setzen. Das schreiben Sie in Ihrem Haushalt. Ihre Kennzahlen im Jahre 2005/2006 weisen den gleichbleibend hohen Anteil stationär gepflegter Menschen aus. Wo findet diese Umsteuerung statt?
Außerdem ist die nachweislich gut funktionierende Koordinierungsstelle für Haus- und Wohngemeinschaften in St. Georg nicht weiter gefördert worden. In dieser Beratungsstelle wurde die Entwicklung integrativer Wohnformen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit betrieben. Eine Alternative für diese Stelle ist nicht in Sicht.
Kommen wir zu Ihrer Imagekampagne zum Altenpflegeberuf. Diese Kampagne hat versucht, den Beruf in der Öffentlichkeit zu verbessern. Aber es gibt keine Planung der künftigen behördlichen Zuständigkeit der Pflegeausbildung. Außerdem beteiligt sich der Senat bisher nicht an der Personalbedarfsermittlung nach dem Sozialgesetzbuch XI. Und das, obwohl der Personalmangel in der stationären Pflege wirklich eklatant ist. Die hohe Arbeitsbelastung führt zu vorzeitiger Berufsaufgabe vieler ausgebildeter Pflegekräfte. Die Diskussion hierüber mit der Hamburgischen Pflegegesellschaft haben Sie ergebnislos beendet.
Entgegen Ihrer Ankündigung, Frau Schnieber-Jastram, tun Sie wenig für die Verbesserung der Pflege und die Neuorientierung der Pflegepolitik in Hamburg. Es fehlt eine umfassende übergreifende Diskussion über Pflege in Hamburg und ich fordere Sie im Sinne der pflegebedürftigen Menschen dieser Stadt auf: Lassen Sie uns diese Diskussion bitte endlich ernsthaft führen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Brinkmann, ich glaube, es ist an der Zeit, dieses Thema, das Sie angemeldet haben, einmal ganz sachlich und ohne Aufgeregtheit zu betrachten.
Wir haben 43 000 Menschen in der Stadt, die pflegebedürftig sind und die unstrittig zu denen gehören, denen man besondere Beachtung schenken muss, die die Hilfe der Gemeinschaft brauchen. Die allermeisten Senioren sind aktiv und selbstständig, aber mit zunehmendem Alter steigt das Pflegerisiko sehr deutlich. Es gehört zu den ganz großen Herausforderungen an unser Gemeinwesen, der aufgrund demografischer Entwicklung zunehmenden Zahl pflegebedürftiger Menschen Unterstützung und Hilfe anzubieten. Hamburg kann eine gut ausgebaute und leistungsfähige Infrastruktur vorweisen.
Der Senat hat sich vorgenommen – Sie haben das auch alle gesagt –, die vorhandenen Pflegekonzepte daraufhin zu überprüfen, ob sie noch zeitgemäß sind oder weiterentwickelt werden müssen. Dabei haben wir einiges erreicht.
Wir haben gemeinsam mit den Pflegekassen zusätzliche Betreuungsangebote für zu Hause gepflegte Demenzkranke und ihre Angehörigen aufgebaut und gefördert. Als Alternative zur Heimversorgung werden kleine stadtteilintegrierte Wohn- und Pflegegruppen erprobt, in denen pflegebedürftige und demenzkranke Menschen eine ihnen vertraute Atmosphäre erleben können und Angehörige maßgeblich das Leben mitgestalten. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie das sagen. Bisher habe ich das anders verstanden.
Konkrete Schritte zur Entbürokratisierung der Pflege haben wir gemeinsam mit den Trägerverbänden, mit den Pflegekassen und mit dem Landesseniorenbeirat vereinbart. Nun vermitteln Sie alle beide – Frau Gregersen und Frau Brinkmann – den Eindruck, die Pflege würde von einer staatlichen Rahmenplanung abhängen. Ich halte das für völlig abwegig. Das Landespflegegesetz sieht vor, dass die zuständige Behörde in regelmäßigen Abständen einen Überblick über die Angebote und die absehbaren Bedarfe in der Pflege gibt.
Das ist gut und wichtig und daran können sich öffentliche Förderentscheidungen und private Investoren – beide gleichermaßen – orientieren. Der von der SPD geführte Senat hat im Jahre 2000 – immerhin vier Jahre nach dem In-Kraft-Treten des Landespflegegesetzes – eine Rahmenplanung vorgestellt, die Aussagen für das Jahr 2005 enthielt. Wir legen im Jahre 2005 eine neue Rahmenplanung vor, die den Zeitrahmen bis 2010 und einige Ausblicke auf 2020 im Fokus hat.
Ich kann überhaupt nicht erkennen, wieso darin ein Problem für die pflegebedürftigen Menschen, für ihre Angehörigen oder für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Pflege liegen soll.
Manchmal denke ich, Sie haben es überhaupt noch gar nicht mitbekommen: Die pflegerische Versorgung ist seit Einführung der Pflegeversicherung vor zehn Jahren nach Marktprinzipien organisiert. Keinem Träger kann die Zulassung durch den Staat oder die Pflegekassen aus so genannten Bedarfsgründen verwehrt werden. Jeder Träger muss die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen durch gute Leistungen und durch marktgerechte Preise überzeugen. Die hohe Zahl von weit über 300 ambulanten Pflegediensten, die Entwicklung bei den Tagespflegeplätzen und die rege Investitionstätigkeit von Pflegeheimträgern in Hamburg zeigen, dass diese Praxis funktioniert.
Ein Pflegeangebot in kommunaler Trägerschaft wird in diesem System nicht benötigt und – Sie wissen es, wir haben es gestern gerade wieder diskutiert – wir werden die Anstalt öffentlichen Rechts pflegen & wohnen an einen privaten Betreiber übergeben. Über die Grundzüge der Planung hat der Senat die Bürgerschaft mit einer eigenen Drucksache informiert. Wir haben gestern im Ausschuss – zwar strittig, aber im Ergebnis einig – darüber diskutiert.
Die Heimbewohner bei pflegen & wohnen, ihre Angehörigen und die Beschäftigten können dadurch mit spürbaren Verbesserungen durch private Investitionen und mit einer sicheren Zukunftsperspektive rechnen.
In den Gesprächen mit Pflegebedürftigen und ihren Familien erfahre ich immer wieder, wie stark die erlebte Pflegequalität von jeder einzelnen Pflegekraft abhängt. Die Frage, wie man angesprochen wird, wie auf Sorgen reagiert wird, auf Nöte eingegangen wird, wie Absprachen eingehalten werden, entscheidet ganz maßgeblich über die Lebensqualität der Kunden ambulanter Pflegedienste und auch der Heimbewohner. Bei aller Notwendigkeit von Qualitätsprüfungen durch die Heimaufsicht und den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen: Durch Prüfungen von außen lassen sich drastische Missstände abstellen, aber kaum Veränderungen im alltäglichen Umgang miteinander bewirken. Positive Qualitätsentwicklung erfordert Verantwortungsübernahme der Einrichtungsleitung, eine gute Aus- und Fortbildung des Pflegepersonals und vor allen Dingen auch eine Entlastung von bürokratischen Zwängen. Hier setzen wir Schwerpunkte und mit der Imagekampagne für Pflegeberufe haben wir die Zahl der Ausbildungsbetriebe in der Altenpflege von 98 auf 123 erhöht und auch das Interesse an dem Beruf der Altenpflege ist deutlich gestiegen. Sie sollten es nicht schlecht reden, sondern jungen Menschen Mut machen zu diesem Beruf, der ihnen die besten Chancen bietet, jedenfalls keine Perspektive von Arbeitslosigkeit, von der heute so viele bedroht sind.
Ohne eine funktionierende und leistungsfähige Pflegeversicherung ist das alles nicht zu leisten. Eine gute Versorgung pflegebedürftiger Menschen kostet viel Geld und meistens mehr, als jeder einzelne Pflegebedürftige überhaupt zur Verfügung hat. Deshalb müssen sich die Menschen auf die Pflegeversicherung verlassen können. Gerade in diesem Sozialversicherungszweig hinterlässt jedoch jetzt schon die demografische Entwicklung ganz deutliche Spuren. Die Finanzsituation der Pflegekassen wird durch das anwachsende Missverhältnis von Leistungsempfängern und Beitragszahlern immer schwieriger. Das, Frau Gregersen, ist die pflegepolitische Diskussion, die Sie hätten in Berlin führen müssen und die Sie leider nicht geführt haben.
(Beifall bei der CDU – Martina Gregersen GAL: Führen Sie doch mal eine familienpolitische Dis- kussion!)
Hier ist also eine grundlegende Reform dringend erforderlich und gleichzeitig muss der seit 1995 unveränderte Leistungskatalog endlich der allgemeinen und der pflegespezifischen Kostenentwicklung angepasst werden. Es ist wirklich ein mittelgroßes Desaster, dass zugeguckt wird, wie auch dieser Bereich der Sozialversicherung am Ende dafür sorgen wird, dass entweder ein Bundeszuschuss kommt oder die Leistungen nicht mehr zeitgerecht sind.