Protokoll der Sitzung vom 24.08.2005

Jetzt betreiben Sie mit viel Mühe – das soll der letzte Punkt sein, es ist ein kleiner Exkurs, aber er führt genau zum Kernproblem – ein Hamburger Job-Center, eine ARGE. Die Anhörung hat leider gezeigt, dass Sie auch hier keinen wirklichen Plan haben, wie Sie mit diesem schwierigen Personenkreis, den die ARGE betreuen soll, umgehen und ihm helfen können. Es fehlt an Personal, es gibt kein klares Betreuungs- und Beratungskonzept, kein Fallmanagement. Es dauert Monate, bis man sich überhaupt einmal einigt, nach welchem Konzept man denn arbeiten könnte. Im Juni war es noch nicht so weit und das Kernstück der Reform ist eigentlich, dass mit Fallmanagement den Menschen geholfen werden soll.

Einer so neuen und schwierigen Organisation wie der ARGE mit künftig 1498 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen fehlt die Fokussierung auf eine Kernkompetenz. Man kann nicht sofort alles können, also muss man gucken, was man schnell erreichen kann und wo man sich Dienstleistungen auf dem Markt hinzukaufen muss. Das haben Sie im Augenblick noch nicht richtig bewerkstelligt. Sie machen zusammen mit der Bundesagentur Ausschreibungen, die mal hier, mal da Leistungen für ein halbes Jahr einkaufen, die von den Leistungserbringern unglaublich schwer zu erbringen sind, die aber immer damit rechnen müssen, dass ihnen nach einem halben Jahr wieder gekündigt wird und sie im Ergebnis überhaupt keine Kompetenzen in ihrem Feld mit aufbauen können.

(Wolfgang Beuß CDU: Haben Sie schon mal et- was von Herrn Clement gehört?)

Die ARGE wird zu 50 Prozent in Hamburg betrieben und ein Geschäftsführer Bösenberg kann hier sehr wohl entscheiden, ob er zum Beispiel Fallmanagement anbietet und das mit seinen Leuten in Schulungen entsprechend in Angriff nimmt. Da muss er nicht immer nach Berlin gucken. Wir haben hier auch eine Verantwortung zu diesem Thema. Es fehlt ein klares Signal an den Dienstleistungsmarkt, was wir mit externem Sachverstand wollen und was wir selber können.

Das alles zeigt, dass Sie keinen Plan bei einem Thema haben, wo doch gerade die Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit besondere Mittel für die ARGE bereitgestellt hat, nämlich eine Betreuungsrelation von 1 : 75. Und wenn in Hamburg die Jugendarbeitslosigkeit mehr als bei anderen steigt, dann zeigt es, dass Sie im Augenblick nicht in der Lage sind, die Hamburger Job-Center und die ARGE vernünftig zu betreiben und die Möglichkeiten und Chancen, die die Bundesregierung Ihnen anhand gegeben hat, wirklich sinnvoll zu nutzen. Sie haben an dieser Stelle leider keinen Plan.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/2422, besprochen worden ist. Wer stimmt einer nachträglichen Überweisung dieser Drucksache an den Wirtschaftsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig erfolgt.

Wer möchte die Drucksache zusätzlich mitberatend an den Schulausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich rufe Punkt 21 auf, Drucksache 18/2476, Mitteilung des Senats: E-Government – Service für Bürger und Wirtschaft.

[Senatsmitteilung: E-Government – Service für Bürger und Wirtschaft – Drucksache 18/2476 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Haushaltsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? Herr van Vormizeele hat es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Hinweis meines Fraktionsvorsitzenden, möglichst kurz zu reden, kann ich kaum nachvollziehen. Ich dachte eigentlich, das Thema E-Government würde hier die Gemüter so bewegen, dass wir stundenlang darüber debattieren können. Aber das will ich dann doch nicht tun und es kurz machen.

Wir haben heute die vierte Fortschreibung des E-Government-Aktionsplans vorliegen. Wir führen sozusagen als vorletzte Debatte eigentlich eine Fortführung dessen, was wir vorhin schon einmal gemacht haben, nämlich über Deregulierung zu reden. Deregulierung heißt, es für die Menschen im Alltagsleben in vielen Bereichen leichter und einfacher zu machen und genau das machen wir auch mit E-Government. Wir haben in den letzten Jahren erleben dürfen, dass sich unsere Gesellschaft in vielen Bereichen grundlegend verändert hat. Wir sind heute eine moderne Informations- und Kommunikationsgesellschaft und dazu gehört natürlich auch, dass nicht nur der einzelne Bürger seine Möglichkeiten der privaten Kommunikation wahrnimmt, dazu gehört auch, dass der Staat seine angebotene Serviceleistung bürgerfreundlich, schnell und einfach gestaltet. Das tut dieser Senat seit 2002 konsequent. Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von großen und wichtigen Projekten für den Bürger auf den Weg gebracht und mit dieser vierten Fortschreibung zeigen wir erneut, wie weit wir gekommen sind und wo es in den nächsten Monaten und Jahren hingehen soll.

Ich will jetzt nicht anfangen, 36 Seiten kleinbedruckte Drucksache vorzutragen, obwohl viele Projekte es wirklich verdient hätten, dass man einmal über sie spricht. Ich will nur deutlich machen, in welchen großen wichtigen Bereichen wir heute vorangekommen sind. Hamburg ist bundesweit mit seinen Projekten Spitze. Wir haben mit unserem HamburgGateway in vielen Bereichen Neuland erschlossen, wir sind so weit, dass wir mit dem Ham

burgGateway von vielen anderen Bundesländern neidisch betrachtet werden. Es gibt andere Bundesländer, die heute in Hamburg anklopfen und an unserem Erfahrungsschatz partizipieren wollen und es ist schön und gut, dass unsere Verwaltung diesen Erfahrungsschatz auch weitergibt.

Wir haben einen wichtigen und auch innovativ fördernden Schritt vollzogen, indem wir gemeinsam mit unseren nördlichen Nachbarn Dataport gegründet haben, unsere Servicedienstleistungseinrichtung für den modernen Informationsbereich. Was heute Dataport nicht nur in Hamburg und Schleswig-Holstein, sondern auch für andere Bundesländer bereits leistet, kann man Tag für Tag an den Projekten, die wir haben, ablesen.

Ich will noch einmal an ganz wenigen Beispielen deutlich machen, was wir schon erreicht haben und beispielhaft für vieles die elektronische Melderegisterauskunft nennen. Über 800 000 Menschen haben die elektronische Melderegisterauskunft bereits benutzt. Wir haben mit dem HamburgGateway und dem damit verbundenen Internetportal hamburg.de bundesweit die am dritthäufigsten besuchte Seite und wir haben eine ganze Reihe von vielen anderen Dingen, die ich nur einmal aufzählen will, geschaffen.

Ich nenne beispielhaft das Mahnverfahren im Amtsgericht, die Grundbucheinsicht, die Bauleitplanung im Beteiligungsverfahren, das Bauantragsverfahren. Das Melde- und Passwesen ist bereits elektronisch bereitgestellt. Sie sehen daran, dass wir sehr viele Serviceleistungen, für die der Bürger sonst lange Zeit auf Ämtern zubringen musste, heute im elektronischen Angebot haben und wir werden in vielen Bereichen auch noch voranschreiten.

Ein Bereich, den Hamburg in den letzten Monaten bereits angegangen ist und der in den nächsten Jahren für uns alle wichtiger werden wird, ist dabei nicht nur die Bereitstellung von Serviceeinheiten, von einfachen Verwaltungsdienstleistungen, sondern auch das HamburgGateway wird wichtiger werden, wenn es darum geht, Bürgerbeteiligungen darzustellen. Ich habe eben schon das positiv verlaufende Probeverfahren für die Bauleitplanung genannt. Wir werden mehr und mehr Diskussionsprozesse, die auch uns Politiker angehen, die wir wahrnehmen müssen, auch mit dem Bürger über das HamburgGateway führen dürfen. Wir werden mehr und mehr Prozesse dieser Art bekommen und ich glaube, diese Entwicklung ist richtig und gut.

Für meine Fraktion will ich hier offen und gerne bekennen, dass wir den Senat in dem forschen und energischen Vorangehen auf diesem Weg beim E-Government unterstützen. Hamburg ist dort Spitze und wir sind fest davon überzeugt, dass Hamburg auch Spitze bleiben wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Herr Riecken.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vormizeele, wir sind uns in vielen Dingen einig und deshalb verzichte ich auf eine allgemeine Einleitung, wie toll das alles sei. Aber eines möchte ich doch sagen: E-Government hat nicht 2002 in dieser Stadt begonnen, wie es hier steht,

E-Government ist ein bisschen älter und die Strategie IuK-gestützter Servicedienstleistungen für die Bürger, für die Wirtschaft und die Verwaltung dieser Stadt ist deutlich älter und dies hat der rotgrüne Senat eingeführt; ein bisschen ehrlich muss man schon sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen natürlich die Kooperation – das waren auch immer die SPD-Positionen im Unterausschuss IuK – mit anderen Bundesländern. Das haben wir mit SchleswigHolstein angefangen und Dataport ist nur eine Weiterentwicklung. Trotzdem ist es gut und wir stehen dahinter, dass es passiert und wir finden es auch gut, dass andere Bundesländer mit ins Boot genommen werden. Da muss man auch nicht sagen, die anderen sind neidisch oder so. Hamburg ist führend, das ist gut so, wir nehmen die anderen mit, das ist auch gut so, denn die Kostensenkungen kommen uns auch wieder zugute.

Bürgerservice ist wichtig, aber es ist ein ganzes Sammelsurium von Maßnahmen drin, was kurzfristig, mittelfristig und langfristig kommen solle. Das ist alles weder konkret noch stehen Zahlen drin und deshalb fordern wir auch die Überweisung an den Haushaltsausschuss. Wir wollen Butter bei di Fische. Es muss klar und konkret sein, was die Maßnahme kostet und was sie bringt, denn in Wahrheit brauchen wir das Geld, das hier ausgegeben wird, vielleicht ganz dringend an anderer Stelle; die heutige Debatte zur Schulpolitik hat es zum Beispiel gezeigt.

Wir wollen, dass es weitergeht, dass es für die Bevölkerung messbare Ergebnisse gibt. Wir wollen die Details im Haushaltsausschuss beziehungsweise im Unterausschuss besprechen und wir sind an Ihrer Seite, wenn es um Verbesserungen sowohl für die Verwaltung als auch für die Wirtschaft und für die Bürger geht. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält jetzt Herr Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man sich die 38 Seiten angeschaut hat, dann wünscht sich meine Fraktion, dass wir in dieser Art vom Senat Auskünfte auch in anderen Bereichen bekommen würden.

Aber gut, nun haben wir die Drucksache über die Fortschreibung des E-Government-Programms des Senats vorliegen und ich will mich auf die Themen beschränken, die hier vor allen Dingen politisch sind. Wir brauchen nicht darüber zu streiten, dass E-Government sicherlich eine wichtige Sache ist und Hamburg als Medienstadt da nicht zurückstehen darf. Aber es gibt schon Fragen, die hier nicht auftauchen, die uns im Parlament aber zu interessieren haben.

Bei der zunehmenden Digitalisierung unserer Verwaltung werden wir mehr und mehr abhängig von einem Monopolisten, der Microsoft heißt. Darüber wird in dieser Drucksache überhaupt nicht gesprochen. Das heißt, wenn wir irgendwann einmal vollkommen digitalisiert sind, werden wir in der Hand dieses riesigen Konzerns sein. Schon jetzt laufen bei mir allein einmal pro Woche Beschwerden auf, dass Menschen in dieser Stadt, die nicht mit Microsoft arbeiten, sondern zum Beispiel mit Apple, was viele Kreative in Hamburg tun, Schwierigkeiten haben, darüber ihre Einkommensteuererklärung abzugeben, denn das

geht einfach nicht. Die Frage ist: Was bedeutet die Digitalisierung der Hamburger Verwaltung in Bezug auf ein Unternehmen, von dem wir abhängig werden? Darauf gibt der Senat keine Antwort.

Die nächste Frage, die ich mir gestellt habe, taucht ansatzweise, aber etwas hilflos, im Bericht des Senats auf. Man muss auch ein bisschen Werbung machen bei den Menschen, damit sie diese Vielzahl an Angeboten auch wahrnehmen. Und warum das aus meiner Sicht eine sehr oberflächliche Betrachtung ist, was hier angedeutet wird, will ich Ihnen gern sagen. Es ist das erste Mal, dass wir hier darüber reden, das Stichwort heißt digitale Spaltung.

Es ist allgemein bekannt, dass wir zwar inzwischen eine sehr große Zahl an Internetanschlüssen in dieser Stadt und im ganzen Land haben, aber dass es natürlich sehr viele Menschen in Hamburg gibt, die keinen Internetanschluss haben oder die nicht so recht wissen, wie das eine oder andere funktioniert. Und wenn man sich dann die Zahlen in der Drucksache anguckt, die vom Senat natürlich als großen Erfolg dargestellt werden, dass 22 000 Bürger registriert seien, dann ist das bei 1,7 Millionen Einwohnern ja nicht viel. Selbst wenn man 1,2 Millionen, also alle Personen ab 18 Jahren, sozusagen ins Verhältnis setzt, haben wir noch einen langen Weg vor uns und wir haben noch nicht wirklich beantwortet, wie wir die Menschen dazu bringen können – und bringen nicht nur im Sinne von Werben, sondern auch im Sinne von Befähigen –, diese Angebote auch zu nutzen. Dazu gibt es kein einziges Wort in der Drucksache. Das ist eine Sache, die uns im Parlament beschäftigen muss. Wir wissen um die Gruppen, das sind insbesondere die älteren Bürgerinnen und Bürger in Hamburg, es sind aber auch die Menschen mit einem etwas schwierigeren Bildungshintergrund. Auch da gibt es immer noch Berührungsängste beim Thema Internet und Digitalisierung. Wenn wir aber nicht wollen, dass diese Menschen in Zukunft ausgegrenzt werden, dann müssen wir uns etwas einfallen lassen. Aber auch davon habe ich in der Drucksache nichts gelesen.

Das nächste Thema, was letztlich die Konsequenz einer digitalisierten Verwaltung bedeutet, ist die digitale Unterschrift. Die wird zwar einmal kurz erwähnt und es ist auch technisch völlig klar, dass es da noch nicht die letzte technische Version gibt, bei der wir alle hurra schreien würden, weil es natürlich auch eine Kostenfrage ist. Aber wenn wir es in dieser Stadt wirklich ernst meinen mit E-Government, dann muss es ein Programm des Senats geben, das jedem Bürger und jeder Bürgerin den Zugang zu einer digitalen Unterschrift ermöglicht, und zwar zu einem annehmbaren Preis. Davon habe ich hier auch noch nichts gehört.

Der letzte Punkt, der von Herrn Vormizeele auch erwähnt worden ist, ist die Bürgerbeteiligung, zuletzt hier bei einem Antrag zum Haushalt angesprochen. Wir haben schon beim letzten Fortschrittsbericht festgestellt, dass die Bürgerbeteiligung im Netz eine zwiespältige Sache ist. Sie muss moderiert werden und sie muss vor allen Dingen für die Menschen, die nachher in die Diskussion einsteigen, in den Ergebnissen nachvollziehbar sein. Auch hier hat es gerade beim Thema "Wachsende Stadt" Defizite gegeben. Da wurden Projekte ausgewählt, aber die Diskussion, die vorher stattgefunden hat, war nicht mehr dokumentiert und das geht aus meiner Sicht so nicht. Das müssen wir anders machen, wenn man Bürgerbeteiligung ernst nimmt.

Und wenn man Bürgerbeteiligung weiter ernst nehmen will, müssen wir natürlich darüber nachdenken, wie wir die Repräsentanz hinbekommen, gerade wenn wir von der digitalen Spaltung sprechen. Das heißt, welche Bürger nutzen denn überhaupt die Bürgerbeteiligung im Internet? Haben wir da eigentlich Diskussionen, von denen wir annehmen können, dass es relevante Diskussionen in dieser Stadt sind? Ich habe da momentan noch meine Zweifel. Darüber muss auch nachgedacht werden, sonst haben wir sehr viele virtuelle Communities auf hamburg.de, das mag auch sehr gut sein, aber wir haben auch nicht nur annähernd einen Eindruck, was die Menschen in dieser Stadt tatsächlich beschäftigt. Da habe ich bisher beim Senat kein Konzept erkennen können. Das muss uns als Abgeordnete beschäftigen und ich würde mich sehr freuen, wenn wir im Ausschuss darüber weiter beraten würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Gesine Dräger und Dr. Andrea Hilgers, beide SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und komme zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/2476 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit erfolgt.

Ich rufe Punkt 35 auf, Drucksache 18/2582: Bericht des Rechtsausschusses zum Bericht der Sonderkommission zur Überprüfung der Hamburger Justizvollzugsanstalten.

[Bericht des Rechtsausschusses über das Thema Bericht der Sonderkommission zur Überprüfung der Hamburger Justizvollzugsanstalten (Selbstbefas- sungsangelegenheit) – Drucksache 18/2582 –]

Diesen Bericht möchte die SPD-Fraktion an den Rechtsausschuss zurücküberweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Dressel.