Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Lieven.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen wir kurz das Für und Wider der Verlagerung des Planetariums in die HafenCity beiseite und wenden wir uns stattdessen dem überaus eigenartigen Vorgang der Entscheidung und der Veröffentlichung dieser Entscheidung zu.

Seit Dezember letzten Jahres wurden mit dem Investorenkonsortium die Verträge über das Überseequartier ausgehandelt. Wir können beziehungsweise müssen davon ausgehen, dass die Verantwortlichen bei einem so wichtigen Projekt auf dem aktuellen Stand gewesen sind,

insbesondere der Bausenator und ich denke auch der Bürgermeister.

Ende August war das Vertragswerk ausgehandelt und wurde notariell beurkundet. Es enthält selbstverständlich Verpflichtungen des Investors gegenüber der Stadt und auch Verpflichtungen der Stadt gegenüber dem Investor, beispielsweise die Zusicherung, 50 000 Quadratmeter Bürofläche für Behörden, voraussichtlich für die Stadtentwicklungsbehörde und das Bezirksamt Mitte, anzumieten. Eine weitere Verpflichtung bezieht sich auf den Bau der U 4: Fristen, Vertragsstrafen. Das Werk enthält auch einen Erbbaurechtsvertrag für das Science-Center und weiterhin eine Reihe von Bedingungen, die in der Drucksache 18/3054, die dem Stadtentwicklungsausschuss zur Beratung vorliegt, auch genannt sind.

Am 13. September gab es eine Pressekonferenz, an welcher der Bürgermeister sowie der Bausenator teilgenommen und in der sie die wesentlichen Punkte des Überseequartiers – so dachten wir jedenfalls damals – der Öffentlichkeit hier im Rathaus im großen Rahmen mit Modell, Computeranimation, Plänen und allem, was dazu gehört, vorgestellt haben. Es wurde hierbei auch ausgiebig über das Science-Center und das Aquarium gesprochen.

Der Bürgermeister sagte hierzu, ich erlaube mir, zu zitieren:

"Es muss sich rechnen und es gibt genügend Beispiele in anderen Städten, wo das nicht geklappt hat."

Vielleicht hätten sie hinzufügen sollen: "Daher wollen wir das Planetarium in das Science-Center integrieren". Dann hätte zu diesem Zeitpunkt Klarheit bestanden. Aber Sie haben das Wort "Planetarium" nicht erwähnt. Diese Nachricht wurde erst am 27. Oktober veröffentlicht. Auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz wurde der erstaunten Öffentlichkeit die Pläne zum Umzug des Planetariums vorgestellt, einen Tag nach der Entscheidung der Bürgerschaft zugunsten der Elbphilharmonie.

Ich denke, wir müssen uns fragen, warum der Senat seine Absicht zur Verlagerung des Planetariums nicht bereits früher bekannt gegeben hat,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das war Absicht!)

sondern erst einen Tag nach dieser Entscheidung,

(Michael Neumann SPD: In der Morgenpost steht was dazu!)

also am 13. September. Man muss davon ausgehen, dass der Bürgermeister und der Bausenator bei dieser Pressekonferenz über die wesentlichen Vertragsbedingungen zwischen den Investoren und der Stadt informiert gewesen sind.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Da nickt er!)

Wie bereits ausgeführt, wurde am 13. September ausführlich über das Aquarium und das Science-Center diskutiert und Sie, Herr von Beust, haben sich auch persönlich hierzu geäußert. Das Weglassen wichtiger Sachverhalte kommt in diesem Fall einer Täuschung gleich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das bedeutet, Herr von Beust, Sie haben die Öffentlichkeit bewusst getäuscht. Sie haben am 13. September die Bürger Hamburgs und auch Ihre eigene Partei getäuscht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Und Sie haben das Parlament getäuscht.

(Michael Neumann SPD: Hinters Licht geführt!)

Man muss sich fragen, was das hier für uns bedeutet. Wir befanden uns zu dem Zeitpunkt gerade mitten in den Beratungen über die Elbphilharmonie. Die erste und zweite Anhörung waren vorbei, aber die Anhörung des Senats hierzu war noch nicht geschehen. Wir befanden uns mitten in der Phase der Meinungsbildung.

Offenbar wollten Sie vermeiden, dass durch eine Kontroverse über das Planetarium ein Schatten auf das Projekt Elbphilharmonie fällt

(Jürgen Schmidt SPD: So ist es!)

und voraussichtlich wollten Sie auch im Wahlkampf mit dem Überseequartier glänzen, denn zwei Wochen vor der Bundestagswahl war gerade die heiße Wahlkampfsphase.

(Michael Neumann SPD: Hat ja nicht ganz so funktioniert!)

Sie wollten zu diesem Zeitpunkt auch verhindern, dass in Ihrer Partei in der heißen Wahlkampfsphase eine Kontroverse über die Verlagerung des Planetariums ausbricht. Das wäre alles zur Unzeit gewesen. Aus diesem Grunde haben Sie die Öffentlichkeit, die Bürgerschaft und Ihre Partei getäuscht. Sie haben hiermit den Rubikon in Richtung Selbstherrlichkeit überschritten.

(Glocke)

Herr Lieven, Sie sehen das rote Licht.

Herr von Beust, nehmen Sie zu diesem Vorgang Stellung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Senatorin von Welck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist Hamburg mehr als nur die HafenCity. Ich glaube, hiervon braucht man wirklich niemanden in diesem Haus zu überzeugen. Aber natürlich ist die HafenCity ein enorm wichtiges Zukunftsprojekt für unsere Stadt, das räumt ja auch Herr Quast ein, für dessen Entwicklung wir uns alle zusammen engagieren sollten und müssen.

Also brauchen wir beides. Um Hamburg zukunftsfähig zu machen, brauchen wir die lebendigen, gewachsenen Stadtteile ebenso, wie diesen neuen Stadtbereich, an dessen Verwirklichung wir derzeit arbeiten.

(Michael Neumann SPD: Nehmen Sie doch das Museumsdorf! – Beifall bei der CDU)

Natürlich ist auch mir klar, dass, wenn das Planetarium aus dem Wasserturm im Stadtpark herausgeholt und in das Science-Center in der HafenCity überführt wird, man eine schlüssige Nachnutzungsidee für den Wasserturm benötigt. Der Wasserturm ist ein eingetragenes Kulturdenkmal und muss vernünftig genutzt und gepflegt werden, um auch noch in 100 Jahren die schöne und weithin

sichtbare Landmarke im Stadtpark zu sein, so wie wir das Gebäude kennen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Mit dem Planetarium!)

Es ist eine Binsenweisheit, dass Gebäude nur dann Bestand haben, wenn sie mit Leben gefüllt sind. Ich bin mir sicher, dass wir zu diesem Problem eine überzeugende Lösung finden werden. Hierzu werde ich gleich noch ein paar Sätze sagen, aber lassen Sie mich zunächst noch einmal aus meiner Sicht erläutern, warum der Vorschlag, das Planetarium in das Science-Center umzusetzen, nicht nur eine faszinierende, sondern auch eine gute und richtige Idee sein könnte.

Das Planetarium Hamburg hat sich unter der Leitung von Thomas Kraupe zu einer Einrichtung entwickelt, deren Ruf weit über Hamburg hinaus reicht. Während der Stadtpark eine regionale Bedeutung hat, hat das Planetarium mittlerweile eine überregionale, ja internationale Bedeutung.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Der Stadtpark auch!)

Aber ich bitte Sie!

Im Jahre 2004 hatte die Einrichtung 380 000 Besucher zu verzeichnen. Somit erhöhte sich die Besucherzahl gegenüber den Jahren vor der 2002 erfolgten Modernisierung um das Dreifache. Dieser gewachsenen Bedeutung des Planetariums werden der ehemalige Wasserturm als Domizil und der aktuelle Standort im Stadtpark nicht mehr gerecht. Der große Erfolg ist zum großen Problem des Planetariums geworden.

Es fehlen Ausstellungsflächen und Veranstaltungsräume für vertiefende thematische Auseinandersetzungen, denn anbauen dürfen wir dort nicht, wie Sie vielleicht wissen, Lager- und Werkstätten zur Verbesserung der internen Logistik, Flächen für eine Nachrüstung der Medientechnik, Gastronomie und ein größerer Shop für ein besseres Marketing.

Was die Verkehrsinfrastruktur betrifft, ist das Planetarium deutlichen Einschränkungen unterworfen. Ungepflasterte, unbeleuchtete Wege und die Lage im Stadtpark wirken sich insbesondere bei Dunkelheit oder schlechtem Wetter ebenso nachteilig aus, wie das Fehlen von Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe.

Und, lieber Herr Quast, das Bezirksamt Nord hat es uns nicht gerade leicht gemacht. Wir haben wirklich versucht, für viele Probleme Lösungen zu finden, aber es ist eigentlich gar nichts möglich gewesen.

Eine Integration des Planetariums in den Kulturbaustein des Überseequartiers böte dem Planetarium jedoch nicht nur räumliche Entwicklungschancen, sondern im Zusammenwirken mit Science-Center und Aquarium auch erhebliche konzeptionelle Perspektiven, von denen letztlich alle drei Einrichtungen und damit ganz Hamburg profitieren könnten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir es denn schaffen,

(Werner Dobritz SPD: Dann schaffen Sie sie doch!)