Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen!)

Ich habe noch die Erinnerung an die Oppositionszeit von 1993 bis 1997. Seinerzeit war unter Kossack der Versuch unternommen worden, mit einer Zahl prominenter Architekten, Gerkan an der Spitze, ein Zusammenfügen der Studiengänge aus allen Hamburger Hochschulen, die sich mit Bau befassen, herzustellen. Es war ins Auge gefasst worden, diese an die HfbK zu geben. Das ist natürlich am Widerstand aller Hochschulen, die Bereiche abgeben mussten, gescheitert. Die einzige Lösung nach langer Zeit war, eine neue Institution zu gründen, für die alle Hochschulen Bereiche hergeben müssen. So konservativ sind Institutionen, dass man das anders offenkundig gar nicht durchführen kann.

(Michael Neumann SPD: Das hätten Sie unter Rotgrün gekonnt!)

Ja, das hätte man unter Rotgrün machen können.

Wir haben seinerzeit den Versuch mit der HfbK gemacht, sind aber an den Hochschulen gescheitert.

Dass es jetzt in die HafenCity kommt, wird gut für die HafenCity, aber auch gut für die Hochschule sein, die dort hinkommt, und für den Umstand, dass die vielen zersplitterten Aktivitäten zusammen kommen. Soweit so gut.

Natürlich bleiben damit aber noch viele Fragen offen. Deswegen sagen wir, dass wir im Prinzip dafür sind, halten aber die gegenwärtige Vorlage noch nicht für zustimmungsfähig. Es ist zunächst das Thema der Interdisziplinarität. Frau Brüning hat es angesprochen. Ich würde es nicht gar so negativ sehen. Wenn dort gestalterische, technisch konstruktive und sozialwissenschaftliche Aus

bildungen, also stadtplanerische im weiteren Sinne, zusammenkommen, ist das schon eine größere Interdisziplinarität als Studierende gegenwärtig in den Baubereichen wahrnehmen können.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Genau!)

Das heißt, das ist eine Verbesserung im Bereich der Interdisziplinarität. Es bleibt aber die Frage offen, wie die Sprünge hinüber zu den Anschlussfächern, sei es zur TU Harburg mit deren Ingenieur-Ausbildung oder aber auch zur HfbK mit der künstlerischen Ausbildung, organisiert werden müssen. Da ist die Drucksache relativ schweigsam. Da teilt sie nur mit, dass die Hochschulen in Sorge wären, dass diese Verbindungen abrissen. Wie aber diese Verbindungen gestaltet werden sollen, steht nicht drin.

Uns bewegt dabei noch ein weiterer Gesichtspunkt und da bin ich auch ein bisschen skeptisch nur zu sagen, die neue Hochschule sollte einen gestalterischen Schwerpunkt haben. Wenn ich das richtig sehe, wird der Schwerpunkt der Bauaufgaben in den nächsten Jahrzehnten nicht in dem Bereich liegen, wo sich Architekten gerne verwirklichen, nämlich große Solitäre neu auf die Wiese zu setzen oder in leere Stadträume hineinzubauen. Der Schwerpunkt wird in der Stadtsanierung, im Stadtumbau, in der Stadtverdichtung liegen, das heißt im Umgang mit Beständen, die energetisch optimiert und modernisiert werden müssen und wo den Architekten häufig auch das Beste gelingt, wenn sie ihre gestalterische Phantasie in Auseinandersetzungen mit vorhandenen Baubeständen einsetzen müssen. Denken Sie nur an die Elbphilharmonie. Das ist ein Beispiel dafür, wie sich hier eine Gestaltungsidee gerade mit Vorhandenem auseinandersetzt. Darum würden wir gerne festgelegt sehen, dass auch der Senat verfolgt, dass dieser Schwerpunkt von der neuen Hochschule ins Auge gefasst werden soll, also die energetische Optimierung, die Sanierung, die Auseinandersetzung mit dem Bestand.

Weiter ist im Bereich der Architekturausbildung noch gar nicht zu sehen, dass das Bachelor-/Master-Modell Berufschancen für Bachelor als Architekten überhaupt eröffnet, sondern da wird mit Sicherheit auf Masterausbildung bestanden, also dem bisherigen Diplom entsprechend. Insofern muss besonderes Gewicht darauf gelegt werden, dass der Bachelor nicht eine Hemmschwelle wird, sondern der offene Zugang ins Masterstudium möglich bleibt, damit überhaupt eine berufliche Anknüpfungsmöglichkeit eröffnet wird. Das ist uns in den bisherigen Planungen noch zu undeutlich.

Schließlich war aus den Anhörungen zu entnehmen – Frau Opitz kann heute nicht, deshalb spreche ich heute hier, ich war bei den Anhörungen nicht dabei –, dass Sorge besteht – Frau Brüning sprach das auch an –, dass das Raumangebot der künftigen Hochschule geringer sein wird als das addierte Raumangebot, das jetzt durch die Räumung der HAW, TU und HfbK freigemacht wird.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Genau!)

Darum muss entweder dafür gesorgt werden, dass diese Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Räume größer werden oder aber, dass die Nutzungsmöglichkeiten an alten Räumen erhalten bleiben, dass also keine räumliche Verschlechterung der Ausbildungssituation entsteht.

Wenn man eine neue Hochschule, ein neues Gebäude in solch prominenter Lage baut, dann möchten wir gerne

gewährleistet sehen, dass dieses Gebäude auch den Anspruch realisiert, der an die Architekturausbildung gestellt wird. Wir möchten, dass das energieoptimiert sein soll. Wir möchten, dass das nicht nur eine großartige Gestalt haben soll, sondern auch eine Gestalt, die die Frage der knapper werdenden Energieressourcen aufnimmt und darauf eine einleuchtende, sinnvolle Antwort gibt.

Also eine ganze Reihe Ansprüche, die wir gegenwärtig noch nicht beantwortet sehen. Dass wir die Baudrucksache gegenwärtig noch nicht behandeln, ist uns klar. Deshalb fragen wir auch noch nicht, wie die 50 Millionen Euro konkretisiert werden sollen. Das ist ein zweites Thema, das uns wohl noch vorgelegt werden wird. Wir werden uns deswegen in dieser Sache enthalten. Sie könnten aus dieser Enthaltung sofort eine Zustimmung machen, wenn Sie unserem Zusatzantrag, der all diese Fragen thematisiert, zustimmen würden. Dann hätten wir kein Problem mehr. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort bekommt Senator Dräger.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jahre und Jahrzehnte – und das Datum 1977 hat Wolfgang Beuß eben erwähnt und auch 1993 ist schon über ein Jahrzehnt her – wurde in dieser Stadt über die Zukunft der Bauausbildung gestritten. Heute könnten Sie mit einer positiven Entscheidung wenige Tage vor einem neuen und auch einem echten Aufbruch stehen. Wir wollen das erste Mal seit mehr als einem Vierteljahrhundert mit der HafenCity Universität eine neue staatliche Hochschule in Hamburg gründen.

(Beifall bei der CDU)

Diese HafenCity Universität wird für Aufbruch stehen, ein Aufbruch in die Zukunft eines städtebaulich, kulturell und wissenschaftlich wachsenden Hamburgs. Hamburg wächst buchstäblich, physisch und insbesondere im Stadtkern der HafenCity. Die Vision und die Umsetzung dieses neuen städtischen Zentrums stellt uns aber auch vor städtebauliche Herausforderungen, insbesondere, was die Lebendigkeit der Architektur seiner Gebäude, Plätze und des Stadtviertels angeht. Hier wird diese Universität mit ihrem Standort am Magdeburger Hafen ein Signal setzen und mit Elbphilharmonie und ScienceCenter einen Dreiklang bilden. Lebendiges Wachstum wird aber vor allem durch die Menschen erreicht, die es in dieses Viertel zieht. Zu diesem lebendigen und auch jungen Wachstum wird die HafenCity Universität beitragen. Bereits jetzt profitiert die Stadt dort vom Zuwachs an Studierenden. Den Sprung über die Elbe haben alleine im letzten Jahr in die Veddel hinein knapp 200 Studierende dank eines Sonderprogrammes des Senates geschafft. Zukünftig werden durch die HafenCity Universität nicht nur 1500 bis 2000 Studierende in die HafenCity gehen und diese verjüngen,

(Dr. Monika Schaal SPD: Die ist doch neu!)

sondern die HCU wird auch neue Impulse in die benachbarten Stadtteile tragen. So kann dort und auch in der Veddel ein neues, ein kreatives Zentrum in der Stadt entstehen.

Auch in baukultureller Hinsicht ist die HCU für Hamburg ein Aufbruch. Wir wollen mit der neuen Universität eine architektonische Wegmarke in dieser traditionsreichen Baukultur unserer Stadt setzen und zeigen, dass wir über die Metropolregion hinaus einen Platz im internationalen Bereich der Baukunst und Raumgestaltung einnehmen können. Das kann nur in gemeinsamer Anstrengung von Universität und Stadt gelingen. Die Hochschule in ihrer jetzt vorgeschlagenen, in ihrer eigenständigen Form will offen sein. Sie will diesen baukulturellen Dialog mit und in der Stadt, gerade mit Blick auf die internationale Bauausstellung in 2013.

Aber auch hochschulpolitisch und wissenschaftlich wird diese Universität ein Aufbruchsignal in die Richtung einer modernen, einer wettbewerbsorientierten Wissens- und Bildungsgesellschaft sein. Sie wird zu einem lebendigen Beispiel für diesen Paradigmenwechsel, der dem Bologna-Prozess unter Einführung eines gestuften Studiensystems folgt. Eine Universität, die eben nicht mehr in die üblichen Schubladen unseres Hochschulsystems passt, mit einem wissenschaftlichen Spektrum von technischen über sozialwissenschaftlichen bis hin zu künstlerisch-gestalterischen Schwerpunkten. Dazu gehört, Herr Maier, natürlich auch das Thema Nachhaltigkeit. An dieser Hochschule wird endlich das abgebildet, was im Bauwesen schon längst Realität ist: Disziplinen übergreifend, weit jenseits dessen, Frau Brüning, was wir heute haben, und praxisorientiertes Arbeiten.

Auch in den inneren Strukturen der Hochschule wird ein neuer, ein frischer Wind wehen. So ist die Lehrverpflichtung der einzelnen Professuren nicht mehr starr, sondern entsprechend ihrem Forschungsspektrum flexibel. Die Gehälter richten sich nach der Leistung und nicht nach dem Alter. So werden sich auch dank der jetzt frei werdenden Stellen neue, sowohl forschungs- als auch lehrintensive Schwerpunkte an der HCU entwickeln können. Für diesen Willen zur Neugestaltung, zum Aufbruch, haben wir von vielen Stellen und Seiten Unterstützung erfahren. Die HCU wurde für überfällig, für notwendig, aber auch für mutig gehalten. Eine gehörige Portion Überzeugung und Mut braucht man tatsächlich, um nicht nur Konzepte auf das Papier zu bringen – daran hat es auch in den letzten Jahrzehnten nicht gemangelt –, sondern auch umzusetzen und eine solche organisatorische, finanzielle, aber natürlich auch menschliche Herausforderung zu bewältigen.

Wir haben bewusst in den letzten zwei Jahren, und zwar sehr intensiv seit der Dohnanyi-Empfehlung, die Zeit genutzt, um die Einwände im Vorfeld zu entkräften und für Probleme und Bedenken auch entsprechend akzeptable Lösungswege aufzuzeigen. So haben wir verdeutlicht, dass die Hochschule sehr wohl ihren ambitionierten wissenschaftlichen Anspruch verwirklichen kann, denn, Frau Brüning, dank der flexiblen Rahmenbedingungen durch geschickte Berufungspolitik und insbesondere – ich glaube, dazu gehört mehr Mut als in der Vergangenheit – durch eine konsequente Bündelung der Forschungsressourcen wird die HCU in einigen, ich betone in einigen, nicht in allen Bereichen, wirklich internationale Exzellenz erreichen können. Gerade das wird das Merkmal dieser neuen Universität ausmachen. Es ist nicht mehr die Gießkanne, sondern es ist der Mut zum Unterschied, der Mut zur konsequenten Fokussierung.

Zweitens haben wir verdeutlicht, dass dieser Mut zum Unterschied auch intern gilt. Es kann und darf hier keinen

Automatismus geben, der unbesehen jeden Kollegen als forschungsstarken Universitätsprofessor festschreibt. Jede und jeder soll hier seine Chance erhalten, seine oder ihre Forschungsleistungen zu zeigen. Niemand aber sollte ohne eine kritisch-konstruktive Beurteilung eine Statusveränderung erfahren.

Drittens haben wir gezeigt, wie und warum zwei Angebote im Bauingenieurwesen in Hamburg sinnvoll sind. Beide Hochschulen, die TU und die HCU, werden einen vollwertigen und berufsbefähigten Bachelor anbieten, in den Masterstudiengängen aber ihr jeweiliges Profil stärken und dafür auch noch unterschiedliche Abschlüsse vergeben.

Meine Damen und Herren! Wir können heute feststellen: Wir haben die Situation der Bauausbildung sowie auch die Erwartungen der Stadt und auch der Gesellschaft an diese analysiert. Wir haben die Idee und auch die Vision einer neuen Hochschule für Baukultur und Raumentwicklung erarbeitet, diese umfangsreichst mit allen Beteiligten diskutiert und Ihnen jetzt ein konkretes, ein machbares und ein zukunftsorientiertes Konzept vorgelegt. Es ist die Chance, einen Jahrzehnte – fast 30 Jahre – lang währenden Diskussionsprozess endlich zu Ende zu bringen, zu handeln, Lösungen zu schaffen und nicht nur darüber zu diskutieren. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Der Bund Deutscher Architekten in Hamburg hat für diesen Vorschlag den Baukulturpreis 2005 verliehen und die SPD hat – vielleicht weil es 30 Jahre lang so schön war – hingegen Gefallen gefunden an weiteren Diskussionen und stellt jetzt den Antrag, wieder einmal ein neues Konzept auszuarbeiten. Hatten wir das nicht schon einmal? Meine Damen und Herren, kommen Sie Ihrer Verantwortung für die Stadt und ihre Hochschulen nach. Nutzen Sie jetzt die Chance zum Aufbruch mit der Gründung HafenCity Universität städtebaulich, baukulturell und auch wissenschaftlich. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Lafrenz.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Selbstverständlich gibt es bei so komplexen Projekten wie der HafenCity Universität Für und Wider. Das ist völlig normal. Dann gilt es abzuwägen. Wir haben abgewogen und unsere Entscheidung lautet: Wir gründen die HafenCity Universität und wir bauen die HafenCity Universität.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine Vision von der Zukunft Hamburgs: Die Wachsende Stadt. Die HafenCity Universität ist ein Baustein dieser Vision. Ich freue mich, dass die GAL unsere Position in der Tendenz teilt.

(Beifall bei der CDU)

Wer nur Bedenken hat, meine Damen und Herren von der SPD, hat noch nie etwas bewegt.

(Beifall bei der CDU)

Mit Ihrer Haltung, Herr Neumann, Herr Petersen, bekäme Hamburg keine Elbphilharmonie.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Genau!)

Mit dieser Haltung bekäme Hamburg auch keine HafenCity Universität.

Ihre Haltung mag für das Rollenverständnis der Opposition noch verständlich sein,

(Erhard Pumm SPD: Die Technische Universität Hamburg-Harburg ist von jeher Ihr Feind!)

aber diese Haltung hatten Sie auch, als Sie noch den Senat stellten. Sie haben den Flughafen Kaltenkirchen das Lebenslicht ausgeblasen, Sie haben den Transrapid Hamburg-Berlin beerdigt, Sie haben die Osttangente aufgegeben,