Protokoll der Sitzung vom 29.03.2006

(Ingo Egloff SPD: Herrn Kusch entlassen!)

Wir haben schnell aufgeklärt, schnell gehandelt und schnell die notwendige personelle Konsequenz gezogen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Aber ich weiß natürlich, dass ich für Sie die Verantwortung erst dann übernommen habe, wenn Sie da oben sitzen und da können Sie lange warten, Frau Goetsch.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich etwas zur Diskussion in den letzten Wochen und Monaten sagen. Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen von den Sozialdemokraten, dass diese Diskussion, wie sie von Ihnen und vor allem von einem Kollegen unter Ihnen geführt wurde, der federführend dafür verantwortlich war, ausgesprochen unappetitlich gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Mit der Art und Weise, wie die Diskussion geführt wurde, wollen Sie doch – ganz simpel gesagt – übertünchen, dass Sie seit Wochen und Monaten keine Ideen, kein Konzept, kein Programm dafür haben, wie diese Stadt vorankommen soll.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort Unschuldsvermutung scheint für Sie, die Sie doch so rechtsstaatlich gestimmt sind, ein Fremdwort zu sein. Stattdessen Verdächtigungen, Behauptungen, Unterstellungen nach dem treudeutschen Sprichwort: Wo Rauch ist, ist auch Feuer, oder: Wer sich verteidigt, klagt sich an. All das hat mit rechtsstaatlicher Haltung überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU – Doris Mandel SPD: Ha, ha, ha, aber Sie!)

sondern das Ziel ist, dass möglichst viele Behauptungen, möglichst viele unbewiesene Verdächtigungen, möglichst viele Gerüchte in die Welt geschickt werden nach dem Motto, irgendetwas wird schon hängen bleiben.

A C

B D

Gestern, geradezu auf den Gipfel getrieben, ist zu einem öffentlichen Interview der Senatorin im Norddeutschen Rundfunk, die dort gesagt hat, dass natürlich vertrauliche Akten in der Behörde existieren, kommentiert worden: "Oh, sie hat von vertraulichen Akten gesprochen, also kannte sie doch welche!" Natürlich kannte sie vertrauliche Akten, meine Damen und Herren, aber glauben Sie, alle vertraulichen Akten aus der Behörde stammen aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss?

(Dr. Mathias Petersen SPD: Alle nicht!)

Was für ein Unsinn ist das, meine Damen und Herren, den Sie hier betrieben haben.

(Beifall bei der CDU)

Alles nach dem Motto, es wird schon etwas hängen bleiben. Dieses dumpfe Gefühl, Unbehagen zu verbreiten, mit Verdächtigungen; es wird schon etwas hängen bleiben. Denken Sie daran, es beginnt dabei auch eine ganze Menge bei Ihnen hängen zu bleiben, meine Damen und Herren Sozialdemokraten.

(Jürgen Schmidt SPD: Das hatten wir schon!)

Wenn davon gesprochen worden ist, da seien vertrauliche Akten wild durch die Gegend geschickt worden, dann kommen diese Akten doch irgendwoher.

(Claudius Lieven GAL: Von der Senatskanzlei!)

Die sind doch nicht aus heiterem Himmel in die Hände der Exekutive gefallen und die hat sie weitergegeben, sondern die vertraulichen Vorgänge, um die es geht – und ich bekenne mich zur Verantwortung der Exekutive –, von denen Sie uns vorwerfen, dass sie von der Exekutive weitergegeben worden sind, stammen von Abgeordneten und Mitarbeitern des Untersuchungsausschusses. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Christiane Blömeke GAL)

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Das macht die Fehler der Exekutive überhaupt nicht besser. Ich will mich damit überhaupt nicht reinwaschen. Diese Fehler sind gemacht worden. Das war rechtswidrig. Dort wo es in Straftaten reingeht, wird es aufgeklärt. Dazu haben wir die Staatsanwaltschaft ermächtigt, Strafverfahren gegen Mitarbeiter zu eröffnen, auch wenn das teilweise auf Unverständnis stößt. Dazu bekenne ich mich, das muss man machen, auch wenn es schmerzt.

Aber, meine Damen und Herren, es gilt auch aufzuklären, was aufseiten der Legislative passiert ist. Da ist nichts plötzlich vom Himmel gefallen. So las ich heute in einer großen Tageszeitung darüber, dass ein bekannter Abgeordneter unseres Hauses, der sehr quirlig und umtriebig ist – im Moment hält es ihn gerade auf seinem Stuhl, sonst läuft er immer hin und her –, im Zuge dieses Verfahrens einem Staatsrat gedroht habe, wenn er innerhalb einer bestimmten Zeit nicht das und das machen würde, würde etwas passieren. Das habe ich heute in der Zeitung gelesen.

(Zurufe von der SPD)

Ich kann verstehen, dass Sie über Ihren Kollegen so empört sind, das kann ich gut verstehen, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU – Karen Koop CDU: Das regt Sie auf! Das passt Ihnen nicht!)

denn man wird natürlich auch das aufklären müssen, was da passiert ist. Hat es da eine Nötigung gegeben, ja oder nein? Der Kollege sagt, er wisse es nicht mehr so genau. So ist er zitiert worden. Ich weiß nicht, ob es stimmt. In der Zeitung steht, er hätte schon so viel getrunken gehabt, es sei eine feuchtfröhliche Stimmung gewesen.

Meine Damen und Herren! Betrunkene und Kinder sagen meist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU – Wolfhard Ploog CDU: Das stimmt!)

Also teile ich die Position von Frau Goetsch und Herrn Petersen, dass es notwendig ist, diese Dinge weiter aufzuklären, weiter – soweit es noch nicht passiert ist, und dazu sage ich gleich noch etwas – vollständig Fehler der Exekutive aufzuklären, weiter aber auch aufzuklären – und die Bürgerschaft ist ja dabei –, was auf der legislativen Seite schief gelaufen ist.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Ich denke – das hat Frau Goetsch gefragt und Herr Petersen hat es auch angesprochen –, in dem Moment, in dem der Bericht der Bürgerschaft vorliegt – wenn ich richtig informiert bin, plant man, dass der in der nächsten Woche fertig gestellt werden soll –,

(Michael Neumann SPD: Da wissen Sie auch mehr!)

habe ich keine Bedenken, den Bericht der Exekutive und der Legislative öffentlich zu machen.

(Hans-Christoff Dees SPD: Nachdem Sie es schon mal zur Presse durchgestochen haben!)

Ich bitte nur um Verständnis, dass es in dem Fall, wo die Legislative noch aufklärt und der Präsident einen eigenen Ermittler eingesetzt hat, der die Ermittlungen aufnimmt, doch richtig ist abzuwarten, bis beide Berichte vorliegen und sie dann der Öffentlichkeit vorzulegen. Vorher wäre es eine Beeinflussung, die ich auch für unangebracht halte, gerade im Sinne der Gewaltenteilung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Es sind in der Tat ernste Vorgänge, die sich aber nicht dazu eignen, in kriminalisierender Weise aufgebauscht zu werden. Kriminell ist es dann, wenn eine Straftat vorliegt.

(Ingo Egloff SPD: Wer hat den Bericht an die "Bild"-Zeitung gegeben?)

Was eine Straftat bedeutet, ist im Strafgesetzbuch und in den Begleitgesetzen definiert. In diesen Fällen haben wir, sobald wir als Exekutive den Verdacht von Straftaten haben, den Weg freigemacht, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt. Rechtswidrig ist es dann, wenn die nach dem PUA-Gesetz zur Verschwiegenheit verpflichteten Ausschussmitglieder und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dinge weiterleiten. Politisch unmöglich ist es dann, wenn Dritte, die diese vertraulichen Unterlagen erhalten, diese selber weiterleiten. Darüber mögen wir juristisch streiten, inwieweit die Geheimhaltungspflicht des PUA greift oder nicht. Fest steht – und dazu stehe ich auch, Frau Goetsch –, dass auch wenn es nur politisch nicht in Ordnung ist, vertrauliche Dinge weitergeleitet zu haben, weder Legislative noch Exekutive, weder Beamte noch Leiter der Exekutive, in Form von Staatsräten und Senatoren, noch PUA-Leiter, noch Mitarbeiter dieses

machen dürfen. Das ist einfach nicht hinzunehmen. Ich sage Ihnen auch, dass im Verhältnis der Gewalten natürlich peinlich hierauf geachtet werden muss und dass ich mich dazu bekenne, dass es da Fehler gab. Ich bekenne mich dazu und habe daraus die Konsequenzen gezogen. Nur, die Kriminalisierung, wie sie teilweise betrieben wurde, als würde hier ein Netz von kriminellen Machenschaften bestehen, das weise ich zurück. Das ist einfach barer Unsinn.

(Beifall bei der CDU)

Darum wird aus meiner Sicht der Weg sein, den Bürgerschaftsbericht abzuwarten und dann beide Berichte vorzulegen. Der bestehende Ausschuss – das kann ich nicht beurteilen, das müssen Sie, das Parlament, entscheiden – wird weiter arbeiten, möge ein neuer gegründet werden, um weitere Dinge aufzuklären. Dann wird man – und das ist eigentlich der normale Weg – nach Abschluss der Arbeit des Ausschusses, nach kompletter Zeugenvernehmung, nach Analyse der Unterlagen, ein gerechtes Urteil darüber treffen können, das vielleicht unterschiedlich ausfällt, wie die Verantwortlichkeiten zu regeln sind und gegebenenfalls auch welche, von mir aus auch personellen oder organisatorischen Konsequenzen gezogen werden müssen. Das ist der Weg, den Untersuchungsausschüsse gehen müssen. Diesen rechtsstaatlich fairen und anständigen Weg werden wir weitergehen. Auf Diffamierungen lassen wir uns nicht ein.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU – Lachen bei Doris Mandel SPD)

Das Wort bekommt Herr Neumann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Herr Bürgermeister, das war bestimmt keine leichte Woche für Sie. Das hat, glaube ich, auch jeder gerade gemerkt, der Ihren Worten versuchte zu folgen. Sie waren angefasst und sind aus der Rolle gefallen, haben ein dünnes Nervenkostüm.

(Wolfhard Ploog CDU: Der ist doch nicht aus der Rolle gefallen!)

Ich glaube, da hat man auch viel Verständnis. Sie haben auch in der Öffentlichkeit darüber gesprochen, wie schwer es Ihnen gefallen ist, sich von Herrn Kusch zu trennen. Von daher sicherlich Verständnis dafür, aber in einer solchen Senatskrise ist zumindest der Anspruch, den wir als Opposition an Sie haben, hier auch so aufzutreten, wie es für einen Hamburger Bürgermeister würdig ist und nicht Kopfnoten zu verteilen.