Protokoll der Sitzung vom 29.03.2006

wie der Bürgermeister von sich gab.

Zunächst haben Sie es mit Recht und Gesetz nicht so genau genommen. In der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße wurden Rechtsbrüche in Serie begangen und es hieß in der "gut geführten" Sozialbehörde: Dat löppt sich allens torecht.

(Olaf Ohlsen CDU: Dat löppt sich allens torecht!)

Der aktuelle Parlamentarische Untersuchungsausschuss war die Folge. Doch auch im PUA haben Sie sich bequem eingerichtet. Man verhielt sich dann so, als hätte man noch nie etwas von Gewaltenteilung gehört. Da wurden munter geheime Protokolle durch die ganze Republik gesendet: vom Untersuchungsausschuss in die Senatskanzlei, von der Sozialbehörde in die Justizbehörde, in den Bundestag – das ist bekannt – nach dem Motto: Hauptsache, wir sind alle in der CDU.

Dabei geht es keineswegs um ein Kavaliersdelikt, Herr Hesse, es geht um die Einhaltung demokratischer Grundregeln.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es lief sich nicht zurecht. Es ist aus dem Ruder gelaufen, zu einer handfesten Regierungskrise geworden. Bei dem Versuch, die Krise wieder loszuwerden, gilt stets, die anderen sind schuld, und zwar möglichst die kleinen, die subalternen Mitarbeiter, und die politische Verantwortung möglichst weit nach unten abzugeben. Dabei ist doch klar, dass die politische Verantwortung der Bürgermeister trägt, die Senatoren tragen, aber anscheinend nicht so bei dem System von Beust.

Fangen wir bei der Senatskanzlei an. Hier war der legendäre, kleine Beamte am Werk und sonst natürlich keiner, nicht etwa der Staatslenker Staatsrat Schön, nein, der doch nicht, es war irgendein kleiner. So einfach war die Sache.

(Olaf Ohlsen CDU: Sind wir in der Märchenstunde, oder was?)

Auch in der Sozialbehörde war schon zu viel bekannt, da musste es der Staatsrat sein. Die engsten Mitarbeiter aus dem Senatorenbüro wurden versetzt, aber die "gute" Sozialsenatorin Schnieber-Jastram wusste von nichts. In der Feuerbergstraße ist die Hölle los, die "gute" Sozialsenatorin weiß von nicht. Ein Jahr PUA und sie weiß von nichts. Ihr Staatsrat, ihre Präsidialabteilung, ihre Pressesprecherin und ihre persönliche Referentin, alle wussten von den vertraulichen Unterlagen und nur sie wusste von nichts. Wer will das glauben?

(Beifall bei der GAL und der SPD – Michael Neumann SPD: Wer kann das glauben!)

Aber auch wenn wir mit großer Mühe die Unschuldsvermutung gelten lassen, hilft ihr das nicht, denn als Senatorin hat sie die politische Verantwortung – Punkt.

Auch Sie, Herr Bürgermeister, haben aus durchsichtigen Gründen dem Staatsrat die politische Verantwortung aufgedrückt. Da frage ich mich, wenn die Senatorin weder weiß, was in ihrer Behörde vorgeht, noch die politische Verantwortung trägt, für was wird sie denn überhaupt bezahlt?

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist in diesem CDU-Senat ja bekannt. Das kennen wir schon aus der Bildungsbehörde. Als die Senatorin Dinges-Dierig unter Druck geriet, wurden Mitarbeiter versetzt, der Staatsrat musste gehen.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht dachten Sie, Herr von Beust, dieses Mal soll es genauso klappen, dass sich das nach dem Rausschmiss von Staatsrat Meister allens torecht löppt. Das war aber nicht so. Es hat sich nicht zurechtgelaufen.

Mit Justizsenator Kusch hat es dann einen getroffen, der wenigstens politische Verantwortung getragen hat. Der war ja überfällig, der ist lang genug geschützt worden, ich will auch gar nicht weiter über den Herrn reden und spare mir weitere Ausführungen.

Aber was gibt dieser Senat hier für ein Bild ab? Das macht mich wirklich fassungslos, wie Sie mit Recht und Gesetz umgehen, wie Sie mit der Gewaltenteilung umgehen, und es macht mich vor allen Dingen auch fassungslos, dass Sie die politische Verantwortung verweigern.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Deshalb ist es dringend nötig, dass der Protokoll-Skandal aufgearbeitet wird. Wir fordern als ersten Schritt die Offenlegung des Gedaschko-Berichts. Ich betone das heute und an dieser Stelle ganz besonders: Ich möchte diesen Bericht ungern nur in sorgfältig ausgewählten Auszügen aus der "Bild"-Zeitung erfahren. Noch nicht einmal Herr Meyer vom "Hamburger Abendblatt" hat diesen Auszug.

(Heiterkeit bei der GAL und der SPD)

Das kann doch nicht angehen, das kann doch keine Transparenz sein.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Klaus-Peter Hesse und Karl-Heinz Warnholz, beide CDU: Das ist echt ein Skandal!)

Ja, so ist es hier in dieser Stadt.

Aber der zweite Schritt ist natürlich der zweite PUA. Da bin ich vollkommen d'accord mit Professor Karpen. Eine zügige und vollständige Aufklärung müsste doch auch in Ihrem Sinne sein, Herr von Beust, denn auch Ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Sie haben letzte Woche die Messlatte angelegt, wer etwas gewusst hat, muss gehen. Mal sehen, ob die Sozialsenatorin darüber springen kann. Da läuft sich gar nichts zurecht. Ich finde es muss in dieser Stadt wieder selbstverständlich werden, was selbstverständlich ist, Herr von

Beust. Die Form ist die Mutter der Demokratie. Herr von Beust, danach sollten Sie handeln. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Bürgermeister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich auf das, was insbesondere Frau Goetsch gesagt hat, eingehen möchte, erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen.

Die eine ist, dass wir heute eine spannende und durchaus bewegende Wahl und Sitzung haben, aber auch mit interessanten räumlichen Nuancen: Herr Petersen ist nach vorne gerückt. Herzlichen Glückwunsch, Herr Petersen.

(Beifall bei der CDU)

Wahrscheinlich dachten Sie, es geht schief und wollten sich schon einmal warm laufen, sozusagen auf dem Sprung sein.

(Lachen bei der CDU)

Ich muss leider feststellen, verehrter Herr Petersen, räumlich sind Sie nach vorne gerückt, inhaltlich und rhetorisch war es höchstens ein Stillstand, wenn nicht gar ein Rückschritt.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der GAL und der SPD – Christiane Blömeke GAL: Haben Sie auch etwas Inhaltliches zu sagen?)

Zum Zweiten bedanke ich mich ganz herzlich bei meiner Fraktion für die große Unterstützung für den Vorschlag, Carsten Lüdemann zum Justizsenator zu wählen. Es war ein eindrucksvolles Votum und ich bin sicher, dass wir einen guten neuen Senator haben werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Goetsch hat einige Fragen gestellt, die durchaus berechtigt sind.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Tatsächlich?)

Ja, tatsächlich durchaus berechtigt sind. Nach der Ankündigung, nunmehr auch mich als Zeugen vor den alten/ neuen PUA – das weiß ich nicht so genau – vorzuladen, besteht eine gewisse Schwierigkeit, zu allen Dingen, die Sie angesprochen haben – teilweise auch von Herrn Petersen angesprochen wurden, auch wenn es wenige waren –, Stellung zu nehmen, weil man natürlich mit seiner Rolle als Zeuge in einen gewissen Konflikt geraten könnte.

Ich möchte vor allem aber auf einen Punkt eingehen, den Frau Goetsch angesprochen hat, die Behauptung, ich hätte mich geweigert, Verantwortung zu übernehmen. Frau Goetsch, diese Behauptung weise ich mit allem Nachdruck zurück.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe unmittelbar, nachdem feststand, dass es sich nicht nur um einen Fall einer unerlaubten Weitergabe an eine Person handelt, sondern dass es um mehrere ging, unverzüglich Herrn Staatsrat Gedaschko gebeten, seitens des Senats diese Angelegenheit aufzuklären. Ich habe ihn gebeten, dieses zu tun in einer Frist von zwei bis drei

Wochen, weil ich weiß, dass hierfür viel Aufklärungsarbeit und vor allen Dingen viele Gespräche notwendig gewesen sind. Ich glaube, 30 Gespräche waren es, wenn ich das richtig erinnere.

Er hat diese Aufklärungsarbeit dann sofort begonnen. Sein Bericht ist fertig gewesen, zeitgleich mit meiner Rückkehr aus dem Urlaub. Der Bericht wurde mir unmittelbar danach vorgetragen und vorgelegt.

Ich habe nach Kenntnisnahme dieses Berichts am gleichen Tag, auch in Absprache mit Kolleginnen und Kollegen, die Konsequenz gezogen und gesagt, dass in den Fällen, wo es vermutlich oder höchstwahrscheinlich, weil ich ja die Akten, bestimmte Teile, auch nicht kennen darf, darum geht, dass mit den Akten seitens politisch Verantwortlicher Dinge getan worden sind, die strafrechtlich nicht zulässig sind, nämlich die Weitergabe oder Anforderung von persönlichen Daten, Konsequenzen folgen müssen und in diesem Fall ist eine Entlassung des Staatsrates Meister erfolgt, was ich sehr bedauere, weil ich ihn schätze.

Das ist unverzüglich geschehen, nachdem ich den Bericht darüber gekannt habe. Ich weiß gar nicht, was man noch mehr an Verantwortung übernehmen soll.

(Ingo Egloff SPD: Herrn Kusch entlassen!)