Protokoll der Sitzung vom 12.04.2006

Sollten sich diese Vorhaltungen bestätigen – wie ich finde, schon nicht mehr Verdachte, sondern wirklich Hinweise –,

(Rolf Harlinghausen CDU: Wenn ein politisches Glühwürmchen vom Licht redet!)

dann hat dieser Bürgermeister jedwedes moralische Recht verloren, das Amt auszuüben, das er noch bekleidet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich möchte aber noch etwas zum Antrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion sagen. In der Öffentlichkeit wird immer wieder der Vorwurf erhoben, dass die

letzte technische Innovation, die die Sozialdemokraten begrüßt hätten, das Farbfernsehen gewesen sei.

(Jörg Hamann CDU: Selbst da waren Sie noch gegen! – Wolfhard Ploog CDU: Er war ja schon gegen das zweite Programm!)

Herr Hamann, beugen Sie sich noch ein bisschen mehr vor, dann trifft es Sie um so heftiger.

Sie haben uns Ihren Erweiterungsantrag auch in elektronischer Form zugänglich gemacht und das Textverarbeitungsprogramm Word hat die Funktion "Änderungen nachvollziehen". Man kann wunderbar sehen, wer wann mit welcher Intention diesen Antrag bearbeitet hat und vor allem, was herausgestrichen worden ist und welche Stoßrichtung der gesamte Antrag vorher hatte.

(Thorsten Kausch CDU: Haben wir gelernt!)

Da kann man wunderbar sehen, um welche Uhrzeit Ihr Fraktionsgeschäftsführer gearbeitet hat und an welchen Tagen das bearbeitet worden ist.

(Jörg Hamann CDU: Da haben Sie was entdeckt, ein Geheimnis!)

Wenn es offensichtlich so ist – dazu bietet zumindest dieses Schriftstück der CDU-Fraktion Anlass –, dass eine CDU-Fraktion auf Wunsch und auf Bestellung des Senats Anträge in die Bürgerschaft einbringt, dann ist es wirklich eine Krise des Parlaments, wie Sie sich vom Senat instrumentalisieren lassen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir haben uns in der Bürgerschaft entschlossen, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung all der Vorfälle in der Feuerbergstraße einzurichten, von denen Sie immer gesagt haben, es gäbe eigentlich nichts zu untersuchen, es gäbe keinen Skandal, übrigens dieselbe Argumentation, die Sie jetzt auch beim zweiten PUA benutzen, Herr Voet van Vormizeele.

Jetzt kommt heraus, dass offensichtlich alle Vernehmungen der Senatsvertreterinnen und -vertreter "getürkt" und abgesprochen waren und dass sie offensichtlich ein großes Interesse hatten, diese Zeugenaussagen so abzustimmen, sich die Informationen zu besorgen, weil es innerhalb der Einrichtung Feuerbergstraße eklatante rechtswidrige Zustände gegeben hat. Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, dann wäre es ist notwendig gewesen, sich seitens des Senats so auf diese Zeugenbefragung vorzubereiten.

Das ist Anlass genug, denn wenn das Parlament offensichtlich vom Senat hinter das Licht geführt werden soll, wenn versucht wird, das, was in der Feuerbergstraße geschehen oder zu verantworten ist, zu verwischen und die Verantwortung nicht wahrzunehmen, dann ist es höchste Aufgabe des Parlaments, – eigentlich des ganzen Parlaments, aber wenn Sie sich verweigern – die Aufgabe der Opposition, diesen Schleier wegzureißen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. So oder so – das kann ich aus meiner eigenen Lebenserfahrung sagen –, die Wahrheit kommt immer heraus.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Jetzt hat Herr Reinert das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zu der dümmlichen Arroganz von Herrn Maaß sagen,

(Michael Neumann SPD: Dümmlich?)

der hier ungerügt gezielte Beleidigungen gegenüber der CDU-Fraktion aussprechen kann. Herr Maaß, gestern hat hier im Hause der Wettbewerb "Jugend debattiert" stattgefunden. Sie wären gestern disqualifiziert worden. Heute blieb Ihnen das erspart.

(Beifall bei der CDU – Christian Maaß GAL: Immer wenn Sie laut werden, dann weiß ich, dass ich richtig liege!)

Wenn Herr Neumann eigentlich schon alle Ergebnisse des Untersuchungsausschusses kennt, der heute eingesetzt werden soll – jedenfalls hat er schon die wesentlichen Ergebnisse verkündet –, dann, Herr Neumann, frage ich mich, warum? Aber auch von mir werden Sie heute wieder hören, dass die Weitergabe von Protokollen, von Vermerken aus dem PUA an den Senat und die Weiterverteilung an Behörden und innerhalb von Behörden nicht in Ordnung war.

(Werner Dobritz SPD: Sie stehen doch auch vor Ihrer Abwahl in Ihrer Fraktion! – Petra Brinkmann SPD: Ach!)

Frau Brinkmann, Sie hätten solchen Fehler nie zugegeben, nicht?

(Petra Brinkmann SPD: Nie gemacht!)

Weil das nicht in Ordnung war, hat die CDU-Fraktion ein genau so großes Interesse daran, dass die Rechte des Parlaments gewahrt bleiben und dass das Parlament aufklärt, was hier wirklich vorgefallen ist. Deswegen werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Das ist aber neu! – Antje Möller GAL: Da bleibt Ihnen auch nichts an- deres übrig!)

Doch, Frau Möller, wir könnten ablehnen, das wäre rechtlich ohne Relevanz, aber wir stimmen zu und folgen damit dem Appell, wir mögen unserer parlamentarischen Verantwortung gerecht werden. Also, was wollen Sie eigentlich?

(Beifall bei der CDU)

Was mich aber wirklich verärgert, ist die anhaltende vorsätzliche Einäugigkeit und Scheinheiligkeit, die in diesen Reihen dort vorhanden ist und auch noch in einem Teil dieser,

(Beifall bei der CDU)

dass man von vornherein sagt, es darf alles untersucht werden, aber bitte nicht die Fehler, die, falls es überhaupt Fehler waren, auf unserer eigenen Seite passiert sind. Lieber Herr Böwer, liebe Frau Blömeke und wahrscheinlich auch noch andere, damit dürfen wir Sie nicht durchlassen und damit dürfen eigentlich auch die verantwortungsbewussten Kolleginnen und Kollegen in Ihren Fraktionen Sie nicht durchkommen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Was seitens des Senats mit den PUA-Protokollen und den Unterlagen passierte, war nicht in Ordnung. War

denn das in Ordnung, was Sie gemacht haben? Nein, es war genauso wenig in Ordnung.

(Ingo Egloff SPD: Das ist nicht vergleichbar!)

Bei dem, was Herr Böwer getan hat, besteht ganz erheblicher Klärungsbedarf und es besteht genauso ein Klärungsbedarf gegenüber dem Arbeitsstab des Untersuchungsausschusses und diesem Untersuchungsauftrag.

(Christiane Blömeke GAL: Da ist kein Aufklä- rungsbedarf mehr!)

Dem werden Sie sich nicht verweigern, wenn Sie politisch klug sind. Aber offenbar fehlt es daran.

(Beifall bei der CDU)

Zu den Unterstellungen, die Herr Neumann gemacht hat, will ich nur eines sagen: Herr Neumann, wir dürfen nie vergessen, der Ausgangspunkt der Versendeaktion aus dem PUA heraus begann bei der Bürgerschaftskanzlei. Diesen Teil der Historie jetzt hier ganz elegant zu übergehen

(Zuruf von Doris Mandel SPD)

Frau Mandel mag es nicht mehr hören, das kann ich wieder verstehen –, geht schlicht und ergreifend auch nicht. Deshalb muss in diesem Falle und an dieser Stelle an dem Thema gearbeitet werden: Wie gehen wir als Parlament mit dem Gesetz über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft um?

(Dr. Mathias Petersen SPD: Nein, überhaupt nicht. Wie geht der Senat mit der Bürgerschaft um, ist das Thema!)

Herr Dr. Petersen, wenn wir als Legislative der Freien und Hansestadt Hamburg ein Gesetz beschließen, wie mit den Unterlagen der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse umzugehen ist, und sich dann einige Leute sehr, sehr großzügig – wahrscheinlich in voller Kenntnis des Gesetzes –

(Michael Neumann SPD: Namen! Wer denn? An- haltspunkte! – Dr. Mathias Petersen SPD: Staats- anwaltschaft!)

darüber hinwegsetzen, wenn zumindest dafür genauso Anhaltspunkte bestehen, dann ist dieses etwas, was auch dieses Parlament unter die Lupe nehmen muss, aus Selbstachtung vor der eigenen Legislativkompetenz. Deswegen ist es dringend notwendig und trägt zum Kern dieses neuen PUA bei, dass auch diese zweite Seite mit unter die Lupe genommen wird.