Protokoll der Sitzung vom 11.05.2006

Gerade im Sommer, wenn die Fernwärme keine Wärmelast von diesem Kraftwerk abnimmt und wenn gleichzeitig die Elbe, die ohnehin schon eine besonders hohe Temperatur hat – in der Unterelbe sind wir bereits am Rande des Fischsterbens, weil das Sauerstoffloch so groß geworden ist – in dieser Zeit auch noch durch dieses Kraftwerk zusätzlich erwärmt wird, dann stellt sich die Frage, ob das wirklich noch vertretbar ist. Daher werden wir diesen Aspekt mit großer Sorgfalt betrachten und dort auch Regelungen im Genehmigungsverfahren einfordern, die hier dafür sorgen, dass die Elbe im Sommer nicht umkippt.

Zum Vorhaben der Norddeutschen Affinerie ist meine grundsätzliche Einstellung eine andere. Positiv ist, dass die Dezentralisierung der Energieversorgung hiermit einen weiteren Schritt vorankommt und dass tatsächlich

auch ein neuer Wettbewerber auf dem Markt tritt. Das sind positive Punkte, die wir auch im Genehmigungsverfahren begleiten werden.

Allerdings prüfen wir natürlich noch den Einfluss auf die Luftqualität. Das ist noch ein Punkt, bei dem wir der Meinung sind, dass es hier noch deutliche Verbesserungen für Rothenburgsort und Wilhelmsburg geben muss, die bisher ohnehin schon eine zu starke Belastung ihrer Luftqualität haben. Wir wollen auch die Risiken wissen, die die Stadt möglicherweise trägt, da die Stadtreinigung offenbar als beteiligter Gesellschafter oder Betreiber bei diesem Kraftwerk eine Rolle spielt. Hiervon steht noch nichts in der Großen Anfrage. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie uns noch mehr Informationen geben könnten und wir auch den Vertrag oder zumindest den wesentlichen Inhalt hier vorgelegt bekommen würden, welche Rolle hierbei die Stadtreinigung spielen soll.

Was das Kraftwerk von Electrabel betrifft, hatten Sie im Umweltausschuss erklärt, dass das Problem auch hier die Abwärme ist. Sie hatten das Szenario an die Wand gemalt. Wenn man auf der A 7 von Süden her nach Hamburg hereinfährt, würden dort auf einmal große Kühltürme mit riesigen Abgas- oder – besser gesagt –, Kondensationswolken stehen.

(Zuruf von der SPD: Wasserdampf!)

Wasserdampf, ich sagte ja Kondensationswolken.

Hier kann ich nur erwidern, dass, wenn man Windkraftwerke aufgrund ihrer ästhetischen Wirkung ablehnt und kommt jetzt am Ende möglicherweise zu solchen schönen Kühltürmen, Sie dann vielleicht doch ein bisschen mehr Großzügigkeit gegenüber den Windkraftwerken in Hamburg hätten walten lassen sollen, denn im Hafen stören diese nicht weniger als solche Kühltürme, Herr Uldall.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Was die Kohleverstromung betrifft, die sowohl bei Electrabel, als auch in Moorburg erfolgen soll, haben wir das ungelöste Problem mit dem CO2. Das ist der letzte Punkt, den ich hier ansprechen möchte.

Wenn dann die Stadt tatsächlich darauf zulaufen sollte, dass hier massiv mit Steinkohle Strom und Wärme gewonnen werden soll, ist das nur zu verantworten, wenn man gleichzeitig in die Forschung investiert, wie dann das CO2 sequestriert und unschädlich gemacht werden kann, zumindest für einen so langen Zeitraum, der es erforderlich macht, den Treibhauseffekt in den Griff zu bekommen.

In der Energieforschung haben wir in Hamburg ohnehin einen großen Nachholbedarf. Das betrifft auch die erneuerbaren Energien. Wir haben in Hamburg hervorragende Unternehmen, wie beispielsweise die Firma Conergy, die allein in diesem Jahr in Hamburg über 250 Leute einstellen wollen. Welche anderen Unternehmen in Hamburg stellen dieses Jahr 250 Leute ein? Das ist der Markt, der sich auch in Hamburg durch die erneuerbaren Energien und die hiesigen Vorteile auftut. Gleichzeitig aber haben wir kaum Forschung.

Daher ist mein Appell, dass die Stadt die Chancen sieht, die in den erneuerbaren Energien und auch in der Energietechnologie liegen und zukünftig weltweit stark gebraucht werden. Hierzu gehört auch die CO2-Sequestrierung. Ich weiß, dass das ein heikler Punkt ist,

aber der wissenschaftliche Beirat für globale Umweltveränderung sagt nicht zu Unrecht, dass wir diese Technologien vermutlich nicht umgehen können.

Wenn also Hamburg schon diesen Weg mit der Kohleverstromung gehen will, dann aber bitte mit einer Forschung, auch für erneuerbare Energien, damit wir letztlich doch den Klimaschutz von Hamburg aus ein entscheidendes Stück voranbringen können. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Das Wort erhält Senator Uldall.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede von unserem Kollegen Maaß hat gezeigt, in welchem Dilemma die GAL-Fraktion steckt.

(Beifall bei der CDU)

In der Debatte, die wir gerade vor 14 Tagen hier führten, hatten die Grünen ein Thema und das hieß: Gefahr der Kernenergie. Hinsichtlich der Frage des Klimaschutzes wurde in der Debatte vonseiten der Grünen überhaupt nichts gesagt.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Verlogen ist das!)

Heute ist es genau umgekehrt. Heute führt Herr Maaß nur das Wort Klimakatastrophe und CO2 im Munde, ist gegen das Kohlekraftwerk, ohne mit irgendeinem Wort auf die Kernenergie einzugehen, die wir dringend für unsere Energieversorgung benötigen. Ich möchte bei diesem Dilemma nicht in der Haut eines GAL-Abgeordneten stecken.

(Beifall bei der CDU)

Auf die Einzelheiten der Beiträge von Herrn Maaß werde ich im Laufe meiner Rede noch eingehen, möchte aber zunächst einmal festhalten, dass wir inzwischen in der Energiepolitik eine völlig andere Weltsituation haben, als noch vor einigen Jahren.

Die große Nachfrage, die durch Energieverbraucher in China und in Indien entstehen, aber gleichzeitig auch das sich unter Umständen abzeichnende andere Marktverhalten großer Gas- und Erdöllieferanten zeigen, dass wir in Verbindung mit dem Run auf die Energierohstoffe insgesamt eine verschärfte Situation für Deutschland haben. Es kommt darauf an, dass wir eine Energieversorgung für Deutschland zur Verfügung haben, mit der wir die Energiequellen und die Technologie sichern sowie gleichzeitig ein sparsames und effizientes Energiesystem bei uns aufbauen können.

(Beifall bei der CDU – Dr. Till Steffen GAL: In Ihrer Haut möchte ich nicht stecken!)

Leider bewegt sich die Fraktion der GAL überhaupt nicht in den größeren Zusammenhängen dieser Welt, sondern sie sucht sich einzelne Aspekte heraus. Sie verbreitet Angst und Schrecken, wenn es um die Kernenergie, um den CO2-Ausstoß und um die Klimaverschlechterung geht. Diese Fraktion der GAL muss jetzt eine neue Orientierung ihrer gesamten Energiepolitik vornehmen.

(Beifall bei der CDU)

Energiepolitik hat eine internationale Dimension erreicht. Es macht ein Gesamtkonzept erforderlich, das auf die

A C

B D

unterschiedlichsten Dinge eingeht. Es darf nicht sein, dass man in der Energiepolitik an der Stelle eines in sich abgestimmten Zielbündels einzelne Ziele herausgreift – heute dieses, morgen jenes – und dann so tut, als wenn diese einzelnen Ziele nicht in einer Interdependenz miteinander stehen. Diesen Fehler werfe ich Ihnen vor.

(Jens Kerstan GAL: Das ist doch genau der Feh- ler, den Sie gemacht haben!)

Lieber Herr Kerstan, ich habe gesehen, dass Sie sich auch zu Wort gemeldet haben. Ich bin sehr gespannt, wie Sie hier gleich von diesem Pult den Widerspruch zwischen Kernenergie und Energiepolitik aufgrund von CO2Ausstoß aufklären werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Maaß hat einige Punkte genannt, bei denen er mich direkt angesprochen hat, wie das in der Politik auch gern gehandhabt wird. Also, ich kann zu dem Griff in die Geschichte, den Sie vorgenommen haben, nur sagen: Toll, Sie sind ein eifriger Leser von Bundestagsprotokollen.

Natürlich wurde das Energiewirtschaftsgesetz seinerzeit von der Regierung Helmut Kohl verabschiedet. Ich habe für dieses Gesetz gestimmt. Damit wurde die Liberalisierung dieses Energiemarktes eingeleitet und Sie werden sehen, dass das auf Dauer auch der richtige Weg ist. Wenn Sie beklagen, dass hinterher – während Sie die Regierungsverantwortung in Berlin getragen haben – die Energie teurer wurde, dann weiß doch jeder, woran das liegt. Das liegt an den völlig überzogenen Steuer- und Abgabenbelastungen, die Sie eingeführt haben.

(Beifall bei der CDU – Dr. Mathias Petersen SPD: So ein Quatsch! – Bernd Reinert CDU: Genau!)

Wenn Sie zumindest bei der historischen Betrachtung, wofür ich alles verantwortlich war, in diesem Punkt Recht gehabt hatten, allerdings nicht für die Folgen, dann liegen Sie aber völlig falsch, wenn Sie mir zusprechen, dass ich schon im Jahre 2002 oder 2004 für die Energiepolitik zuständig gewesen bin. Nein, Herr Maaß, das waren noch andere Senatoren, aber trotzdem übernehme ich natürlich die Verantwortung, weil der Senat immer „in toto“ handelt.

Daher kann ich nur erklären, dass die Ausschreibung, die seinerzeit für die Versorgung der städtischen Energiequellen vorgenommen wurde, unter Teilnahme einer Firma stattgefunden hat, die sich heute darüber beklagt. Diese Firma ist seinerzeit gescheitert. Sie kennt den Vertrag genau, der damals abgeschlossen wurde. In diesem Vertrag ist für jedes Jahr eine Preisanpassungsklausel vereinbart worden und diese Klausel wird jetzt durchgezogen. Nun meldet sich diese Firma plötzlich und fragt, warum keine Ausschreibung erfolgt. Warum hat sie das nicht im Jahre 2004, 2005 und in den vorhergehenden Jahren getan?

So kann man keine Politik machen. Ich sage Ihnen ganz deutlich, dass wir nicht leichtfertig irgendwelchen Preisangeboten gefolgt sind, sondern wir haben – wie in dem bestehenden Vertrag mit Vattenfall vorgesehen – zwei Gutachter befragt. Beide haben uns dringend empfohlen, diese Preisgestaltung zu akzeptieren und uns geraten, bloß keine Spekulationen hinsichtlich sinkender Strompreise einzugehen. Ich bin froh, dass wir das nicht tun. Ich spekuliere weder privat an der Börse, noch erst recht

nicht als verantwortlicher Senator mit dem Geld der Hamburger Bürger.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Das dürfen Sie auch gar nicht!)

Daher haben wir uns entschlossen, nicht auf eventuell sinkende Strompreise zu spekulieren.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt könnten Sie vielleicht noch bemerken, dass zwei Gutachter zu wenig sind. Daher haben wir noch einen dritten Gutachter hinzugezogen.

(Manuel Sarrazin GAL: Oh, Herr Uldall!)

Dieser dritte Gutachter sagt dasselbe. Schließen Sie schnell einen Vertrag ab. Die Strompreise steigen.

Dieser Vertrag soll noch für dieses Jahr gelten.

(Dr. Willfried Maier GAL: Auch das ist eine Speku- lation!)

Aber für das folgende Jahr wird eine entsprechende Ausschreibung vorgenommen, obwohl die Gutachter erklärt hatten, dass man am besten einen langfristigen Vertrag abschließen sollte.