Protokoll der Sitzung vom 31.05.2006

Und dann ziehen Sie das weg. Gerade wenn Sie sich hier als Hamburg-Partei etablieren wollen – was Sie immer erklären –, dann dürfen Sie dabei nicht die Fundamente wegbohren, auf denen wir als Demokratie stehen. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/4339 an den Verfassungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so geschehen.

Dann kommen wir zu Punkt 54, Drucksache 18/4329, Antrag der SPD-Fraktion: Das Veddeler Wasserkreuz erhalten, die Lagegunst am Wasser stärken!

[Antrag der Fraktion der SPD: Das Veddeler Wasserkreuz erhalten, die Lagegunst am Wasser stärken! – Drucksache 18/4329 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Veit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist nicht nur eine der schönsten und größten Hafenstädte der Welt,

(Wolfhard Ploog CDU: Die Schönste!)

wir haben auch eine Besonderheit, die europaweit ziemlich einmalig ist. Das ist das so genannte Veddeler Wasserkreuz mit der Müggenburger und Niedernfelder Durchfahrt. Im Bereich Saalehafen, Hansahafen, Spreehafen und Müggenburger Zollhafen sind dort verschiedene Wasserflächen von ursprünglich ganz unterschiedlicher Nutzung miteinander verbunden. Das ist – speziell in einem Tidehafen – wasserbautechnisch anspruchsvoll und erhaltenswert. Heute verknüpft die Niedernfelder Durchfahrt das jetzige Entwicklungsgebiet HafenCity wasserseitig mit den Gebieten zukünftiger Entwicklungen auf der Veddel, in Wilhelmsburg und auf dem kleinen Grasbrook.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Insgesamt überqueren zehn Brücken die Wasserarme im Kreuzbereich. Sie sind inzwischen 30 und 100 Jahre alt und überwiegend dringend sanierungsbedürftig. Das ist das Problem, über das wir hier reden. Der Senat möchte nur einen Teil der Brücken sanieren und den Rest zuschütten lassen und durch Dämme ersetzen. Damit würde eine wichtige Wasserstraßenverbindung zur Sackgasse.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal vergegenwärtigen. Statt eine defekte Kreuzung zu reparieren, wird sie einfach zugeschüttet.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Darf ich noch einmal daran erinnern, dass wir eine Debatte über das Veddeler Wasserkreuz haben und dass diejenigen, die nicht daran interessiert sind, ihre Gespräche vor der Tür weiterführen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das interessiert uns sehr!)

Das Mikrofon ist heute nicht optimal eingestellt und deshalb wäre es nett, wenn Sie insgesamt etwas leiser wären. Frau Veit, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Alle Fraktionen dieses Hauses sind der Meinung, dass es klug und wünschenswert wäre, das Wasserkreuz mit allen Brücken zu erhalten. Das ist wichtig für Teile der Hafenwirtschaft, das ist ein kulturhistorisches Monument und es ermöglicht, die touristisch hochattraktive Barkassenrundlinie über Landungsbrücken, Cap San Diego, Tamm-Museum, 50er-Schuppen zur BallinStadt und zur möglichen schwimmenden Jugenherberge.

Diese Rundlinie oder auch nur die direkt Anfahrt der BallinStadt von den Landungsbrücken ist mit der vom Senat geplanten Zuschüttung aber nicht mehr möglich. Vor dem Hintergrund der erst vor wenigen Wochen hier beschlossenen weiteren 3,5 Millionen Euro für die BallinStadt, den Ballinpark und dem Bau eines Anlegers an der BallinStadt bei den Auswandererhallen ist das ein richtiger Schildbürgerstreich.

(Beifall bei der SPD)

Die CDU-Fraktion hatte nach ihrem Workshop zum "Sprung über die Elbe" im Jahre 2004 unter anderem verkündet und gefordert – ich zitiere das einmal –:

"Die Auswandererstadt wird von uns als zentrales Bindeglied beim Sprung über die Elbe gesehen. Die Brücken zum Müggenburger Zollhafen und Spreehafen müssen erhalten bleiben."

Diese Position ist heute noch genauso richtig.

(Jörn Frommann CDU: Ach was!)

Ja, leider vertreten Sie sie nicht mehr. Einig sind sich nicht nur die Fraktionen hier im Haus, sondern auch eine Reihe von Einrichtungen und Institutionen, auf deren Rat ansonsten gern gehört wird. Das sind aus wirtschaftlichen Erwägungen der Hafenschifffahrtsverband, die Handelskammer, die Architektenkammer, um nur drei zu nennen. Herr Dr. Marnette von der benachbarten Affi, die Denkmalschützer, die Museumsleute wie auch Vereine und Gruppen vor Ort haben sich für den Erhalt des Wasserkreuzes und der Brücken eingesetzt.

(Barbara Ahrons CDU: Sie hätten ja nur die 11 Mil- lionen Euro Folgekosten aufbringen müssen!)

Die Kammern und die Affi haben sich in den letzten Tagen sogar noch einmal an den Bürgermeister und den Senat und auch an die CDU-Fraktion gewandt, gewissermaßen als letzten Appell an Ihre Einsichtsfähigkeit. Das ist auch der Grund, warum wir dieses Thema noch einmal angemeldet haben, um Ihnen vielleicht zu ermöglichen, nicht doch komplett als Bettvorleger zu landen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich würde an dieser Stelle gern der CDU-Fraktion danken, denn Sie haben die Drucksache immerhin fast ein

halbes Jahr im Haushaltsausschuss angehalten. In der Sache bewegt haben Sie, Herr Rusche, Frau Ehlers, Herr Ohlsen und Frau Martens, leider nichts.

Meine Damen und Herren! Man sollte meinen, bei so viel Übereinstimmung würden sich Senat und Hafenbehörde bemühen, den Wunsch des Parlaments, der Kammern und der Menschen vor Ort auch umzusetzen. Aber weit gefehlt, das Gegenteil ist der Fall. Zwar gab es zunächst eine Richtungsentscheidung, sogar den Entwurf einer Senatsdrucksache, das Wasserkreuz zu erhalten. Alle Brücken sollten erneuert werden, die Finanzierung sollte aus dem Sonderinvestitionsprogramm erfolgen. Herr Hesse, das war Ende 2004. Der Abgeordnete Finck, der nach mir reden wird, hat damals gesagt – das zitiere ich jetzt auch –:

"Wir sind sehr froh über diese Lösung. Eine Zuschüttung der Durchfahrten hätte dem 'Sprung über die Elbe' und dem wasserseitigen Verkehrskonzept des künftigen Auswanderer-Zentrums auf der Veddel entgegengestanden."

(Beifall bei der SPD und der GAL – Wolfhard Ploog CDU: Richtig!)

Ja, aber dann begann die Hafenbehörde Probleme über Probleme aus dem Hut zu zaubern. Später stellte sich heraus, dass zum damaligen Zeitpunkt bei der HPA noch gar keine gesicherten Erkenntnisse über die technischen Voraussetzungen und die Kosten vorlagen, dass sie veraltete Verkehrszählungen benutzt und nie auch nur im Mindesten Kosten und Nutzen der ganzen Aktion analysiert hatte.

Überaus zäh und zögerlich war dann der Senat bereit, Zahlen und Fakten herauszugeben. Mitten im Verfahren, als HPA dann endlich auch auf dem Stand war, änderten sich die Angaben noch einmal und mehrfach. Es war ein heilloses Durcheinander. Inzwischen hat man den Eindruck, dass die Hafenbehörde manchmal sogar Gründe gegen die Sanierung der Brücken erfindet.

Meine Damen und Herren! Die Sache hat inzwischen teilweise groteske Züge angenommen. Im Hafen halten derzeit die Barkassenführer inzwischen alle nach einem Schnellboot Ausschau. Sie sind ganz sicher, dass HPA irgendwo solch ein Ding haben muss. Die HPA hat nämlich für den Ersten Bürgermeister ermittelt, wie sich die Fahrzeiten im Hafen verändern würden, wenn man die Brückendurchfahrten zuschüttet und Umwege durch Wilhelmsburg gefahren werden müssen. Dabei sind haarsträubende Zahlen herausgekommen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Welche denn?)

Die Barkassenschiffer haben die Strecken und die Fahrzeiten nachgeprüft und siehe da, sie sind überhaupt nicht haltbar, in keinem einzigen Fall. Alle Strecken erfordern durchweg bis zu 40 Prozent mehr Zeit.

Meine Damen und Herren! Hier drängt sich doch der Eindruck auf, dass bewusst verfälscht und gemogelt wird, um das Parlament und die Öffentlichkeit zu täuschen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Unglaublich!)

Die Barkassenbetriebe haben inzwischen übereinstimmend erklärt, dass die Rundfahrt, wenn sie denn statt 52 Minuten 68 Minuten dauert, nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. In der Konsequenz bedeutet das, dass

kein Unternehmen aus der Hafenschifffahrt das Risiko auf sich nehmen wird, diese Strecke zu den Auswandererhallen in sein Programm aufzunehmen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das müssen wir erst einmal gucken!)

Da haben Sie ja noch einmal vier Wochen Zeit zu gucken, bis wir die Senatsdrucksache debattieren und dann können Sie sich das noch einmal überlegen.

Nun bleibt ja der Punkt, Herr Hesse – und das wollen wir auch gar nicht bestreiten –, dass der Brückenbau teuer ist. Die Erneuerung aller Brücken kostet gegenüber dem Dammbau 47 Millionen Euro statt 37 Millionen Euro, sagt die HPA. Wenn diese Zahlen stimmen – woran man nach den bisherigen Erfahrungen in dieser Frage mit der HPA Zweifel haben kann –, dann geht es um rund 10 Millionen Euro Mehrkosten. Wir und die übrigen Befürworter der Brücken haben Vorschläge gemacht, woher das Geld kommen soll.

Der Erhalt der Wasserwege im Hamburger Hafen ist eine Investition in die Zukunft Hamburgs. Deshalb gehören die Kosten – wie es ursprünglich vorgesehen war – ins Sonderinvestitionsprogramm des Senats. Das ist mit 500 Millionen Euro ausgestattet und die müssen nicht alle zwischen Jungfernstieg und Baumwall in 40 Meter Tiefe verbuddelt werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Daneben gibt es natürlich die Möglichkeit, andere an den Kosten zu beteiligen. Es gibt zum Beispiel das EFREProgramm der EU. Der Senator weigert sich bisher hartnäckig, überhaupt nur anzugeben, wofür er diese Gelder verwenden möchte. Vielleicht könnte man auch noch einmal mit den Barkassenführern reden, ob sie nicht bereit wären, einen Fahrgeldanteil als eine Art Brückengeld abzuführen. Womöglich gibt es auch noch mehrere Wege, um an das Geld zu kommen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass man sich aufseiten des Senats und der Wirtschaftsbehörde wenigstens darum bemühte. Alle Vorschläge zur Kofinanzierung kommen bisher aber nicht aus den Behörden, sondern von den von mir vorhin Genannten. Ich weiß nicht, ob es irgendwelche geheimen Gründe sachlicher Art für die Port Authority gibt, diese Brücken zuzuschütten. Ich vermute, dass es sie nicht gibt und dass es sich einfach um sture Dickköpfigkeit handelt,