Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 18/4915 und 18/4916 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum gemeinsamen Antrag von SPD- und GAL-Fraktion aus der Drucksache 18/4918 (Neufassung). Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft vom Bericht des Wirtschaftsausschusses aus der Drucksache 18/4895 Kenntnis genommen hat.

Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/4915 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer stimmt dem GAL-Antrag aus der Drucksache 18/4916 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren, nach dem Auszählen der Stimmen liegen mir jetzt die Wahlergebnisse vor.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Be- hörde für Wissenschaft und Forschung sind 111 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war keiner ungültig, somit waren 111 Stimmzettel gültig. Frau Helen-Editha Marwede erhielt 99 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen, neun Enthaltungen. Damit ist Frau Marwede gewählt worden.

Bei der Wahl eines ehrenamtlichen Mitglieds der Kommission für Bodenordnung sind ebenfalls 111 Stimmzettel abgegeben worden, davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 110 Stimmzettel gültig. Frau Ingrid Cords erhielt 99 Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen, vier Enthaltungen. Damit ist Frau Cords gewählt worden.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde sind 111 Stimmzettel abgegeben worden, davon war kein Stimmzettel ungültig, somit 111 Stimmzettel gültig. Frau Beatrix Kropp erhielt 98 Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen, neun Enthaltungen. Damit ist Frau Kropp gewählt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf, die Drucksache 18/4810, Senatsmitteilung: Einführung der kaufmännischen Buchführung in der Verwaltung – Geschäftsbericht zur Eröffnungsbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg auf den 1. Januar 2006.

[Senatsmitteilung: Einführung der kaufmännischen Buchführung in der Verwaltung – Geschäftsbericht zur Eröffnungsbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg auf den 1. Januar 2006 – Drucksache 18/4810 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Haushaltsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Kruse. – Bitte.

(Gesine Dräger SPD: Wo ist denn der Senator?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenden wir uns der Zukunft zu.

(Barbara Ahrons CDU: Deshalb gehen auch alle!)

Es ist im Moment bei den Haushaltsthemen so, dass vorher etwas Lebhaftes debattiert wird und man als Redner dann Verständnis dafür hat, wenn nicht 100 Prozent der Abgeordneten bleiben.

(Gesine Dräger SPD: Die erste Reihe ist da!)

Genau, gerade das hilft auch.

Es zählt die Qualität, es zählt nicht, wer was zuerst ankündigt. Ich gebe zu, Hamburg war nicht das erste Bundesland, das angekündigt hat, man bräuchte eine Eröffnungsbilanz. Auch die CDU war in Hamburg nicht Erfinderin der Sache. Darüber nachgedacht und diskutiert haben viele. Viele waren darauf gekommen, dass eine Bilanz hilfreich sein und mehr Transparenz bringen könnte. Aber Hamburg ist das erste Bundesland, das eine solche Bilanz vorgelegt hat. Reden können stark sein,

doch Taten überzeugen. Hamburg ist das erste Bundesland mit einer Bilanz.

Was bietet uns die Doppik, was uns die Kameralistik nicht geben kann? Sie stellt den Ressourcenverbrauch dar, indem sie Ertrag und Aufwand gegenüberstellt. Sie gibt uns Transparenz, zum Beispiel durch die periodengerechte Ausweisung der Aufwendungen. Stichwort Pensionsrückstellungen – das war früher ein Thema, das man beim Haushalt gar nicht wahrnehmen musste. Das war irgendwo im Hintergrund, das große 18-MilliardenMonster, das uns droht, das aber fast nirgendwo in den Veröffentlichungen steht. Transparenz ist auch eine Notwendigkeit für eine Prioritätensetzung. Nur, wenn jeder engagierte Bürger nachvollziehen kann, wo die Stadt tatsächlich steht, bekommen wir eine ehrliche und vernünftige Debatte in der Stadt über die Dinge, die wir wollen und uns leisten können.

All dies wird diese Bilanz leisten. Es sind auch recht schnell die Tage vergangen, in denen das Hauptaugenmerk war: Ist der Bismarck eigentlich eine Million wert? Oder: Würde Herr Dr. Maier 4,4 Millionen für die Alster zahlen?

(Dr. Willfried Maier GAL: Ich nicht!)

Oder: Möchte ich gerne die Köhlbrandbrücke haben.

Das Entscheidende ist nicht: Haben wir richtig gehandelt, indem wir diese Werte so angesetzt haben? Das Entscheidende ist, dass in den nächsten Jahren die Werte gleich bleiben, dass die Kontinuität der Bewertung erhalten bleibt.

Die Aussagekraft der ersten Bilanz ist nicht so stark wie die der Reihung. In den nächsten Jahren werden wir sehen, wo es mit Hamburg hingeht. Wir werden sehen, ob wir Substanzverzehr oder -aufbau haben. Dies ist auch eine selbstkritische Handlung, weil es für eine Regierung nicht so ganz ohne ist, etwas vorzulegen, an dem man genau messen kann, wie sich ihre Maßnahmen niederschlagen – zumal wir alle wissen, dass in den nächsten Jahren das Bilanzvermögen geringer werden wird. Wir alle wissen, dass wir in den nächsten Jahren einen Substanzverzehr haben. Aber wir versetzen uns endlich in die Lage, auch die Zuwächse abzubilden und den Turnaround genau zu bestimmen.

Auch diese Bilanz ist noch nicht umfassend, sie kann verbessert werden. Ich denke, Walter Zuckerer wird auch noch den einen oder anderen Vorschlag machen.

Nicht weil ich ihm etwas wegnehmen möchte, sondern weil wir da völlig d'accord sind – es fehlt noch ein Stück, nämlich der Teil Haushalt, der sich in den öffentlichen Unternehmen abbildet. Das war im ersten Anlauf nicht zu leisten, aber das wird hinzukommen. Erst dann ist es eine allumfassende Bilanz.

So schön bunt auch der Prospekt ist, wir haben nicht vor, mit der Freien und Hansestadt GmbH & Co. KG an die Börse zu gehen. Es ist nicht unsere Idee, uns die Einzeldebatten über Privatisierungen zu ersparen, indem wir den gesamten Konzern Hamburg veräußern.

Da ist dann auch der Punkt, bei dem es einen großen Unterschied zwischen der Bilanz eines normalen Wirtschaftsunternehmens und der Bilanz eines Landes gibt. Aber gegenüber den Mechanismen von Kameralistik ist dies ein wesentlicher Zugewinn. Für uns drückt er die Entschlossenheit unseres Konsolidierungskurses aus und

ein Stück Reformwillen, weil es, wenn Sie in die Republik schauen, nicht so viele sind, die dieses System anstreben. Es sind auch nur die starken Bundesländer, die diesen Schritt tatsächlich wagen können.

Es ist auch ein Umschwung, den Fokus darauf zu legen, was wir den folgenden Generationen hinterlassen. Wie gehen wir mit dem angesparten Vermögen um? 4,x Milliarden sind für einen Normalsterblichen viel Geld, für ein Land schon einmal nicht mehr so viel. Wenn man einmal überlegt, dass das alles in 800 Jahren erarbeitet worden ist, dann ist es ganz spannend, was in 30 oder 40 Jahren an Substanz verzehrt sein wird. Hier brauchen wir eine Umkehr. Diese Umkehr soll mit dieser Bilanz begleitet werden.

Ich glaube auch, dass dies eine Sache ist, bei der wir gar nicht auseinander liegen – bei der wir sagen: Transparenz ist schön, aber Transparenz ist auch der Anfang von allem. Transparenz wird es möglich machen, die Finanzpolitik noch über das, was wir mit dem Bürger-Dialog geleistet haben, für den Bürger nachvollziehbarer und interessanter zu machen. Die Transparenz wird es auch besser ermöglichen, die Rechenschaft einer Regierung bewerten zu können.

Wir sind ganz sicher, dass wir mit dem Projekt Wachsende Stadt erstmalig seit Jahrzehnten in den nächsten Jahrzehnten einen signifikanten Substanzgewinn werden ausweisen können. Darum sind wir zuversichtlich, dass wir, nachdem meinethalben in den nächsten drei Jahren noch ein weiterer Substanzverlust eintreten wird, dann den Turnaround erreicht haben und dass es uns gelingen wird, mit viel Arbeit und viel Mühe, aber Schritt für Schritt, neue Substanz aufzubauen. Ich glaube, es ist die Verpflichtung jeder Regierung, einerseits für die Menschen, von denen sie gewählt worden ist, im Augenblick zu sorgen aber gleichzeitig der Fragestellung der Zukunft und der Verantwortung folgender Generationen gegenüber gerecht zu werden.

Die Bilanz ist hauptsächlich für uns Parlamentarier wichtig, denn die schlussendliche Verantwortung hat nicht der Senat, sondern das Parlament, das den jeweiligen Haushalt bestimmt und genehmigt. Von daher ist es auch für uns ein großer Zugewinn, wenn wir mit einfachen Methoden und mit Methoden, die wir aus dem Berufsleben sehr gut kennen, zu einer Bewertung kommen können und wenn die Bilanz allumfassend ist, auch alles erfassen, was wir unterschiedlich – je nachdem, wer regiert – aber doch kritisch als Schattenhaushalte sehen. Von daher glaube ich, dass dies ein guter Tag ist. Max Weber hat einmal gesagt:

"Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich."

Für die finanzpolitischen Reformen haben wir mit diesem Ereignis ein dickes Brett gebohrt. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Zuckerer hat jetzt das Wort.

Meine Damen und Herren! Wir sprechen über die Eröffnungsbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg. Man kann mit einem Blick in den Saal

sagen, dies ist keine Frage, die den Abgeordneten aller Fraktionen wesentlich auf den Nägeln brennt.

(Barbara Ahrons CDU: Es ist die Frage, welche Seite magerer besetzt ist! – Beifall bei Thies Goldberg CDU)

Gemeinhin ist hier aber trotzdem einiges wichtig. Lassen Sie mich dazu einige Anmerkungen machen. Der Senat hat eine Bilanz vorgelegt, genauer und ganz korrekt gesagt den Entwurf einer Bilanz. Denn wie im real existierenden Leben geht es bei öffentlichen und anderen Unternehmen in der Regel um eine zertifizierte Bilanz. Die haben wir noch nicht. Wir haben den Entwurf des Senats, die Zertifizierung wird Sache des Rechnungshofs sein. Ich glaube, dass sie auch notwendig ist, denn wir alle wissen, dass eine Eröffnungsbilanz eine gewisse Gestaltung im Bereich der Vermögenstransfers oder auch der Vermögenssubstanz erlaubt. Über einige dieser interessanten Bewertungen haben wir hier schon gesprochen – genauer gesagt kann man sich darüber auch etwas lustig machen. Ich füge hinzu: Ich möchte das im Augenblick nicht tun.

Wenn man das gesamte Vermögen der Stadt über 800 Jahre bewerten will, muss man erstens Fehler machen und zweitens kommt man an Peinlichkeiten nicht vorbei. Über diese Peinlichkeiten kann man sich immer ereifern. Ob das nun der Bismarck ist, für den man eigentlich Schmerzensgeld veranschlagen müsste – aber vielleicht hat er ja in Kalifornien einen Wert von 1 Million Euro, mag ja sein – oder ob es andere Dinge sind.

(Barbara Ahrons CDU: So schlimm ist der nicht! – Wolfhard Ploog CDU: Der ist doch ganz hübsch!)

Darum geht es eigentlich nicht. Es geht darum, dass wir eine Grundlage haben, die das Vermögen der Stadt – jedenfalls in anerkannter Weise – bewertet, und wie wir in Zukunft damit umgehen. Diese Grundlage – glaube ich – kann man schaffen.

Erlauben Sie mir noch einige Anmerkungen zu einigen Problemen, die dabei auftreten. Mit Recht hat mein Vorredner darauf hingewiesen, dass wir im Augenblick zwar eine Eröffnungsbilanz haben, aber keine Konzernbilanz. Interessant für die Haushalts- und Finanzpolitik der Zukunft sind eigentlich die Unternehmen, an denen die Stadt Anteile hält, oder auch, wie in Hamburg eigentlich immer gute Tradition und immer völlig unorthodox, auch die Finanzanlagen, die die Stadt hält und zur Finanzierung von öffentlichen Aufgaben nutzt.

Das haben wir derzeit nicht. Warum sage ich das? Lassen Sie mich auf zwei Probleme hinweisen. Wir werden in den nächsten Jahren sicher Vermögensverzehr haben. Der Verkauf von Vermögen ist noch nicht identisch mit dem Abbau von Verschuldung. Unternehmen, die wir seinerzeit über Kreditaufnahme finanziert haben und die wir jetzt verkaufen, senken zwar im kameralistischen Haushalt die Kreditaufnahme erneut, aber im Prinzip machen wir nur eines, wir schreiben den Kredit fort, den wir einmal aufgenommen haben. Er erscheint nur in neuer Verpackung – nichts anderes. Ich glaube, da haben wir ein Problem, auch deswegen, weil eine Reihe von Rechnungshöfen inzwischen die Auffassung vertreten, dass das nach altem Haushaltsrecht nicht zulässig ist, sondern dass bei der Veräußerung von kreditär finanziertem Vermögen grundsätzlich die Kredite zu tilgen sind. Das ist eine interessante Auffassung und das sage ich auch deshalb, weil es nahezu alle Bundesländer

handlungsunfähig machen würde, wenn sie dieser Auffassung folgen würden. Insofern bewegen wir uns da in einem jedenfalls für Haushaltspolitiker und Finanzpolitiker relativ interessanten Bereich.