Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich verstehe nicht, welche Angst Sie eigentlich vor diesem Wahlrecht haben. Als CDU insgesamt müssten Sie das nicht, es muss Ihre Spitze sein, die diese Angst hat,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Es ist die Gesamtver- antwortung!)

denn Sie sind im Unterschied zu uns als viel kleinere Partei in den Bezirken der Stadt viel stärker vertreten. Sie haben da gar keine so großen Repräsentanzprobleme, könnten also mit diesem Wahlrecht durchaus gut dastehen. Die einzigen, die wirklich Angst haben, sind Ihre Parteiführer, Ihre Listenplatzvergeber. Darum werden Sie jetzt durch die Mangel gedreht, damit Ihre Listenplatzvergeber weiterhin Listenplätze vergeben können. Machen Sie sich nichts vor, gucken wir uns doch alle hier einmal

an und loben uns als die riesigen Sachexperten, die ohne eine klare Liste alle nicht ins Parlament gekommen wären.

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL und der SPD)

So dumm sind die Menschen in dieser Stadt nicht, dass es nicht ähnliche Experten wie Herrn van Vormizeele, wie Frau Hilgers, wie Herrn Warnholz oder wie mich auch dutzendfach in der Stadt gäbe und wir das Problem nicht deswegen aus der Welt schaffen können, indem wir sagen, wir sind so unglaubliche Sachexperten, die Stadt hat es nur noch nicht begriffen und weil das so ist, muss unser Parteivorstand unser Expertendasein einmal richtig auf die Liste bringen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. A. W. Heinrich Langhein CDU: Darauf habe ich gar nicht abgestimmt!)

Herr Dr. Jäger.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Maier, Herr Dr. Dressel, ich kann gut verstehen, dass Sie immer wieder das Urteil von 1993 anführen, aber Sie wissen ganz genau, dass dieses Urteil mit der heutigen Entscheidung, die wir hier zu treffen haben, nicht das Geringste zu tun hat.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Es hat damit eine ganze Menge zu tun!)

Hier ist ein anderes Urteil von Bedeutung, das Sie natürlich nicht zitiert haben. Das möchte ich aber zitieren und mit einer Legende aufräumen, an der vor allem momentan die GAL strickt; Frau Goetsch hat es getan, Herr Dr. Maier hat es getan. Sie versuchen nämlich, den Hamburgerinnen und Hamburgern einzureden, unsere Änderungen seien verfassungswidrig.

(Christian Maaß GAL: Das sagt Herr Mahrenholz!)

Das ist – und das muss ich mit einer gewissen Deutlichkeit sagen – absoluter Quatsch.

(Beifall bei der CDU)

Das ist sehr einfach nachzuweisen. Ich weiß zwar, dass Sie mir nicht glauben werden, aber glauben Sie doch wenigstens dem Hamburgischen Verfassungsgericht. Dieses hat sich in seiner LBK-Entscheidung glasklar und eindeutig über das Verhältnis von Volksgesetzgebung und parlamentarischer Gesetzgebung geäußert. Offenbar haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, dieses Urteil nicht gelesen, weil es Ihnen nicht in den Kram passt.

(Beifall bei der CDU)

Das Verfassungsgericht – da möchte ich Ihnen einige Passagen gern einmal ins Gedächtnis rufen – hat ausgeführt:

"Das Verfassungsgericht bejaht die Gleichrangigkeit von Volkswillensbildung und parlamentarischer Willensbildung."

Dann zitiert das Gericht eine Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs:

"Ebenso könne aber der Volksgesetzgeber durch den parlamentarischen Gesetzgeber korrigiert werden. 'Ge

setze der Volksgesetzgebung haben keinen anderen Rang als die des parlamentarischen Gesetzgebers'."

Und dann ergänzt das Hamburgische Verfassungsgericht:

"Das Hamburgische Verfassungsgericht teilt diese Auffassung."

(Beifall bei der CDU)

Später heißt es:

"Der Auffassung der Antragstellerin, nach der alle Volksentscheide Verbindlichkeit entfalten, folgt das Gericht nicht."

Und zusammenfassend führt das Gericht aus:

"Die Verbindlichkeit ist zu trennen von der zeitlichen Bindungswirkung im Sinne eines (vorübergehenden) Abänderungsverbotes. Ein solches würde voraussetzen, dass die Entscheidungen des Volksgesetzgebers Vorrang genießen vor jenen des Parlaments. Das ist nicht der Fall.

Selbst bei einer verbindlichen Wirkung des Volksentscheids … wäre die Bürgerschaft nicht gehindert, ein Gesetz mit anderem Inhalt zu beschließen. Es entspricht auch … der Rechtsprechung und überwiegenden Literatur, dass plebiszitär zustande gekommene Landesgesetze jederzeit vom Parlament aufgehoben werden können."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesen Ausführungen des Hamburgischen Verfassungsgerichts habe ich nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb brauchen wir eine Entscheidung des Verfassungsgerichts zu unseren Wahlrechtsänderungen nicht zu fürchten.

(Jens Kerstan GAL: Ach nee! – Dr. Andreas Dressel SPD: Na, da warten Sie mal lieber ab!)

Im Übrigen wurde diese Entscheidung auch von den Experten in der Expertenanhörung geteilt. Der von Ihnen benannte Experte, Herr Professor Bull, hat wörtlich gesagt, dass das verfassungsrechtliche Risiko, dass das Hamburgische Verfassungsgericht das vorgeschlagene Gesetz wieder aufheben werde, relativ gering sei. Auch Professor Decker verwies auf das von mir zitierte Urteil des Verfassungsgerichts und führte aus, dass das Parlament die Möglichkeit habe, ein volksbeschlossenes Gesetz zu ändern. Das wissen Sie auch ganz genau, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, denn wie anders ließe es sich erklären, wenn Herr Neumann auf abgeordnetenwatch.de anführt, dass er eher nicht glaube, dass sich Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit ergäben.

(Michael Neumann SPD: Ich?)

Ja, Sie wissen offenbar nicht mehr, was Sie am 15. Mai 2006 geschrieben haben.

Auch der Dr. Allwissend des Parlaments, der geschätzte Kollege Dressel, führte in der Expertenanhörung im Verfassungsausschuss aus, dass wir nicht eine ganze Stunde diskutieren müssten, weil die verfassungsrechtliche Lage klar sei, nachdem das Verfassungsgericht in Ham

burg das so entschieden habe. Recht haben Sie, Herr Dr. Dressel.

(Beifall bei der CDU)

Weil das so ist, fürchten wir auch die Nebelkerzen, die die GAL hier zur angeblichen Verfassungswidrigkeit unseres Entwurfs abbrennt, nicht. Einer Entscheidung des Verfassungsgerichts sehen wir gelassen entgegen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass dieses Zitat ein beeindruckendes juristisches Argument ist, habe ich kurz noch etwas zu entgegen, Herr Dr. Jäger.

(Beifall bei der GAL – Glocke)

Herr Abgeordneter, ich möchte Sie unterbrechen, weil es hier so unruhig ist.

Sie haben mit Ihrem Urteil, das sei alles absoluter Quatsch, gegenüber einem Menschen geurteilt, der zwölf Jahre lang Richter am höchsten Gericht war, das wir in der Bundesrepublik Deutschland haben, dem Bundesverfassungsgericht, der dort Vizepräsident war,

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Minderheiten- votum!)

der dort Vorsitzender des Senats war, der sich mit Wahlrecht beschäftigt, der Universitätsprofessor ist, der der Wahlrechtsexperte in Deutschland ist. Es ist schon etwas Besonderes, dass sich dieser Mensch, der bekanntlich nicht von den Grünen als Bundesverfassungsrichter nominiert wurde, bereit erklärt hat, sich das Hamburger Wahlrecht genau anzugucken und dann zu einem fundierten Ergebnis kommt. Ein solcher Mensch, dem man nun wirklich nicht vorwerfen kann, er würde aus Geldnot oder aus welchen Gründen auch immer Aufträge annehmen müssen, hat das nun wirklich als Allerletztes nötig. Wenn Sie gegen die Argumentation dieses hoch angesehenen Professors und Richters einfach sagen, ich brauche mich damit noch nicht einmal eine Stunde zu beschäftigen, das ist alles Quatsch,