Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

(Beifall bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt einer Rücküberweisung der Drucksache 18/4889 an den Verfassungsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum CDU-Antrag aus der Drucksache 18/5111. Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das Erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.

Nun zum Bericht des Verfassungsausschusses aus der Drucksache 18/4889. Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft, des Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen, des Bezirkswahlgesetzes aus Drucksache 18/4339 in der Neufassung in der vom Ausschuss geänderten Fassung war am 27. September 2006 mit der vorher mit Drucksache 18/5060 beschlossenen Änderung in namentlicher Abstimmung in erster Lesung angenommen worden. Der Senat hat einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt. Mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder dieses Hauses hatte dann dagegen Widerspruch erhoben. Für die heutige zweite Lesung hat die SPD-Fraktion gemäß Paragraf 36 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung beantragt. Frau Martens und Frau Thomas werden Sie gleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Wenn Sie das am

27. September 2006 in erster Lesung beschlossene Gesetz mit den soeben angenommenen Änderungen in zweiter Lesung beschließen möchten, antworten Sie bitte deutlich mit "Ja", wenn sie es ablehnen wollen, mit "Nein". Wenn Sie sich enthalten möchten, antworten Sie bitte mit "Enthaltung". Ich darf nun Frau Martens bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

Es wäre hilfreich, wenn nur diejenigen, die gefragt werden, jetzt auch antworten.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen.* – Vize- präsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vor- sitz.)

Ist ein Mitglied der Bürgerschaft nicht aufgerufen worden? – Es sind alle aufgerufen worden. Dann erkläre ich die Abstimmung für beendet. Das Abstimmungsergebnis wird nun ermittelt und Ihnen in wenigen Minuten mitgeteilt werden.

(Die Stimmenauszählung wird vorgenommen.)

Unterbrechung: 20.13 Uhr _____________

Wiederbeginn: 20.16 Uhr

Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Abstimmung liegt jetzt vor. Ich bitte Sie, sich wieder zu setzen.

Bei der Abstimmung über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft, des Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen und des Bezirkswahlgesetzes aus der Drucksache 18/4339 in der Neufassung mit den am 27. September 2006 und den eben beschlossenen Änderungen gab es 62 Ja-Stimmen, 57 Nein-Stimmen und keine Enthaltungen. – Damit ist dieses Gesetz in zweiter Lesung angenommen worden.

(Beifall bei der CDU)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf, die Drucksache 18/5063, Antrag der CDU-Fraktion: Fußball-WM-Sause auf dem Heiligengeistfeld – Public Viewing und Fan-Fest zur Fußball-EM 2008.

[Antrag der Fraktion der CDU: Fußball-WM-Sause auf dem Heiligengeistfeld – Public Viewing und Fan-Fest zur Fußball-EM 2008 – Drucksache 18/5063 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass diese Debatte entfällt. Wir kommen direkt zur Abstimmung. Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/5063 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden.

Ich rufe den Tageordnungspunkt 30 auf, die Drucksache 18/5067, Antrag der SPD-Fraktion: Gesundheitsvorsorgebestimmungen in Hamburger Kitas endlich umsetzen!

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Einzelergebnisse siehe Anlage 2 Seite 3466

[Antrag der Fraktion der SPD: Gesundheitsvorsorgebestimmungen in Hamburger Kitas endlich umsetzen! – Drucksache 18/5067 –]

Diesen Antrag möchte die GAL-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Veit, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen zurück zu den Kindern, mit denen wir den Nachmittag auch begonnen haben. – Die Senatorin ist leider nicht da. Den Staatsrat habe ich eben noch gesehen, aber jetzt ist er wohl auch weg. Das ist schade.

(Wolfhard Ploog CDU: Wen suchen Sie denn noch?)

Wunderbar, Klaus-Peter. Wenn dann alle sitzen, können wir auch anfangen.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, lieber Senat, Sie kündigen hier immer wieder Hilfen für Kinder und Familienförderungen an, aber Sie setzen Ihre Ankündigungen nur überaus zögerlich um, wenn überhaupt – wir haben es vorhin schön gehört –, während alle Ihre Streichmaßnahmen unvermindert Bestand haben, was wir hier auch immer wieder beklagen.

Doch das sind nur die offensichtlichen Folgen Ihrer CDUPolitik in dieser Stadt. Das, was sich in den benachteiligten Stadtteilen unter der Oberfläche abspielt, ist eigentlich noch schlimmer. So kommen zum Beispiel in sozial schwierigeren Stadtteilen fast 50 von 1000 Kindern zu früh zur Welt. In den stabileren Lagen sind es ein Drittel weniger, nur 35. 30 Prozent mehr Kinder aus sozial benachteiligten Vierteln haben häufig Kopfschmerzen. Doppelt so viele Jungen aus benachteiligten Vierteln haben bis zum fünften Geburtstag einen Verkehrsunfall. Die Zahl der Kinder, die nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen kommen, ist bei Arbeitern und arbeitslosen Eltern doppelt so hoch wie im Hamburger Durchschnitt. 5 Prozent aller Kinder erleben emotionale Misshandlungen und Vernachlässigung, wobei die Dunkelziffer hier enorm hoch ist. Das sind alles messbare, zählbare und objektive Daten. So steht es um einen Teil der Kinder in unserer Stadt.

Natürlich bleibt das nicht ohne Folgen. Die sozialen, gesundheitlichen und körperlichen Nöte der Kinder schlagen auf ihre Entwicklung nieder. In der Jenfelder Schule in der Oppelner Straße zum Beispiel bekamen 90 Prozent der Kinder bei der vorjährigen Einschulungsuntersuchung einen negativen Befund hinsichtlich ihrer sprachlichen und motorischen Entwicklung. Auch Gesundheit hat etwas mit Chancen zu tun, meine Damen und Herren von der CDU. Da reicht es auch nicht, zu warten, bis 2008 der Arzt kommt.

Wir alle sind uns hier einig, dass Kindertagesstätten gute Voraussetzungen dafür bieten, gefährdete Lebenslagen von Kindern frühzeitig zu erkennen und auch kompetente Unterstützung für Eltern zu organisieren. Kitas haben schon jetzt zunehmend die Funktion von niedrigschwelligen Anlaufstellen für Familien und Eltern.

Seit Januar 2005 ist das maßgeblich von Zigtausend Hamburger Eltern und von uns Sozialdemokraten initiierte Kinderbetreuungsgesetz, das KibeG, in Kraft. Mehr als ein ganzes zusätzliches Jahr haben wir dem Senat danach noch Zeit gegeben, um die wichtigen Regeln zur

Gesundheitsvorsorge von Kindern umzusetzen, die darin festgeschrieben sind und diese sind auch gar nicht kompliziert. So soll sichergestellt werden, so steht es im KibeG, dass wenigstens bei allen Kindern, die in einer Kita angemeldet werden, ihre altersgemäßen Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt wurden, oder in der Kita durchgeführt werden. Außerdem soll erreicht werden, dass die Eltern auf die empfohlenen Schutzimpfungen hingewiesen werden und – ganz wichtig – die Eltern sollen in Fragen der Gesundheitsvorsorge nicht nur beraten, sondern auch unterstützt werden. Dass die Kitas einen hohen Bedarf haben, hat unsere Kita-Umfrage gerade wieder ergeben. Das ist eine große Aufgabe, dafür braucht es Zeit und zusätzliches Personal und sicher auch Weiterbildung und Geld. Aber so steht es im Gesetz, das wir hier alle gemeinsam beschlossen haben. Das hätten Sie, Frau Senatorin, zum 1. Januar 2006, also längst, umsetzen müssen. Geschehen ist nichts.

(Beifall bei der SPD)

Am 20. Dezember 2005, wenige Tage bevor es hätte passieren sollen, antwortete der Senat auf eine Kleine Anfrage zu dem Thema:

"Die Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen."

Das war schon erschreckend. Aber wenn der Senat dann am 15. September dieses Jahres, gewissermaßen eine ganze Schwangerschaft später, antworten muss, dass eine Rechtsverordnung über die vorgeschriebenen Untersuchungen nun überhaupt erst vorgesehen sei, dann ist das eine Schlamperei und ein Skandal.

(Beifall bei der SPD und bei Katja Husen GAL)

Wir sitzen hier doch nicht im Kasperletheater, wir beschließen doch hier nicht einvernehmlich Gesetze, damit Sie sie hinterher nach Gutdünken befolgen können oder nicht und umsetzen oder nicht, ganz wie es Ihnen passt, Frau Senatorin. Wir haben uns vor gut einem Jahr in einem Sonderausschuss und auch hier im Plenum mit dem Schicksal von Jessica auseinandergesetzt. Sie ist heute schon wieder mehrfach angesprochen worden. Ziemlich fassungslos hatten wir damals alle gemeinsam zur Kenntnis genommen, dass das Nichthandeln oder das viel zu zögerliche Handeln von Behörden am Tod des kleinen Mädchens mit verantwortlich war. Wir haben dann überlegt, wie man es erreichen könnte, dass Vernachlässigungen, Misshandlungen und dergleichen früher erkannt werden können. Wir haben unsere Hoffnungen nicht nur in das Schülerregister gesetzt, sondern auch auf die U-Untersuchung und unter anderem auch auf die Gesundheitsvorsorge in den Kindertagesstätten. So steht es jedenfalls in dem Beschluss, den wir damals ebenfalls einstimmig gefasst haben. Das ist vorhin schon betont worden.

Frau Strasburger, oder vielleicht redet Herr Krüger, Sie werden es wahrscheinlich gleich ansprechen: Frau Schnieber-Jastram hat, maßgeblich unterstützt vom Kinderschutzbund, der ausschließlich ehrenamtlich organisiert ist und wesentlich durch Spenden finanziert wird, vor einigen Wochen in Hamburgs Kitas bunte Faltblätter verteilen lassen, die für die U-Untersuchungen werben.

"Hey, ich will zur U",

heißt es da. Man wird auf Deutsch und Türkisch auf die Vorsorgeuntersuchungen hingewiesen. Diese Aktion ist gut und schön, Frau Senatorin, und dem Kinderschutz

bund gehört dafür gedankt, dass er sie umsetzt. Aber wir wissen doch alle, dass Appelle nicht ausreichen, um die Jessicas und Jennifers wirklich wirkungsvoll zu schützen und ihre Eltern tatsächlich zu erreichen. Solche Appelle ersetzen nicht die Umsetzung des hier gemeinsam beschlossenen Ziels, dass alle Kinder in den Tageseinrichtungen regelhaft ärztlich und zahnärztlich untersucht werden. Das wissen auch Sie, Herr Krüger, und das wissen auch Sie, Frau Senatorin. Eigentlich kann ich gar nicht begreifen, dass Sie unserem Antrag heute nicht direkt zustimmen wollen, sondern in den Ausschuss gehen und offensichtlich darauf warten wollen, bis Ihr Senat eventuell doch noch mit der Drucksache aus dem Quark kommt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Dass wir also nun ein Jahr später wieder mit ansehen müssen, dass Ihr Senat Vorschriften und Gesetze nicht anständig umsetzt

(Klaus-Peter Hesse CDU: Unser Senat!)

und so das Wohl Hamburger Kinder fahrlässig gefährdet, …

Ja, Herr Hesse, ungefähr 10 000 Kinder sind, seitdem das Gesetz in Kraft ist, neu im Kita-System. Die sind alle nicht untersucht worden, beziehungsweise es wurde nicht überprüft, ob sie untersucht worden sind.

Es macht schon traurig und wütend, dass Sie sich so verhalten.

"Hamburg schützt seine Kinder",

heißt es bei Ihnen immer so schön und werbewirksam. Mein Gott, Frau Senatorin, dann tun Sie es doch endlich.