Versuchen Sie einmal, unkompliziert Ihre Steuererklärung abzugeben oder ganz unkompliziert eine Fahrkarte aus dem Automaten des HVV herauszuholen. Da scheitert so mancher. Hören wir deshalb auf, Steuern zu zahlen oder fahren wir alle schwarz? Der Gesetzgeber verlangt vom Bürger Gesetzestreue – zu Recht. Nun verlangen die Bürger zweimal von Ihnen, Herr Bürgermeister, Gesetzestreue. Und was sagen Sie ihnen? – Das ist zu kompliziert, ihr kommt damit nicht klar, liebe Hamburgerinnen und Hamburger. Also das vergessen Sie mal, Herr Bürgermeister. Die Kompliziertheit ist für Sie ein ganz billiger Vorwand. In Wirklichkeit wollen Sie die Mitsprache der Bürger nicht.
Die wollten Sie auch beim Volksentscheid gegen den Verkauf der Landeskrankenhäuser nicht. Da hatten die Bürger gesagt: Wollen wir nicht. Ganz einfach und für jeden verständlich, nur für Sie nicht. Hätten Sie doch wenigstens bei diesem ganz einfachen Beispiel auf die Bürger gehört, dann hätten Sie jetzt einen Sack voller Probleme weniger und die Mitarbeiter des LBK übrigens auch, Herr Bürgermeister. Dann kommt bei "SPIEGEL ONLINE" der Satz des Herrn von Beust, über den ich mich wirklich gewundert habe. Ihre Entscheidung sei richtig gewesen sagen Sie da, Sie hätten lediglich versäumt, mehr Überzeugungsarbeit zu leisten. Ja, wer hat Sie denn daran gehindert, Herr Bürgermeister? Warum haben Sie sich nicht nachhaltig für jene Überzeugungsarbeit eingesetzt?
Ich habe zu diesem Thema noch keine einzige überzeugende Stellungnahme aus Ihrem Munde gehört, auch heute nicht. Ich will Ihnen sagen, warum das so ist und warum das auch so bleiben wird. Es gibt dazu nichts Überzeugendes zu sagen.
Es war falsch, den Hamburgerinnen und Hamburgern ihr selbstbestimmtes neues Wahlrecht wegzunehmen und es bleibt falsch, genauso falsch wie der Verkauf des LBK gegen das Votum des Volkes. Bert Brecht hat es einmal treffend und präzise, auf Sie passend, formuliert – Zitat –:
"Da sich herausgestellt hat, dass unser Volk eine dumme Hammelherde ist, empfehlen wir der Regierung, sich ein anderes Volk zu wählen."
Herr Bürgermeister, es kann gut sein, dass das Volk gar nicht so dumm ist bei der nächsten Wahl. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, bei Debatten, in denen Sie und Ihre Politik angegriffen werden, starten Sie Ihre Rede in der Regel mit persönlichen Angriffen auf Ihren Gegner, auch wenn es eigentlich um eine Generaldebatte, um Ihre Politik gehen sollte. Das kennen wir schon von Ihnen. Aber dass Sie, um hier eine staatsmännische Pose hinzulegen, anstatt Ihre eigene Politik zu verteidigen, praktisch die Vorfälle vom 11. September mit den Poloniumfunden in Ottensen gleichsetzen, das ist ein billiges Ablenkungsmanöver, das eines Hamburger Bürgermeisters nicht würdig ist.
Wenn Sie dann zu Ihrer eigenen Politik kommen, dann beschwören Sie das Wirtschaftswachstum und die Stärke der Investitionen, die Sie hier an diesem Standort entfaltet haben. So ganz glauben können Sie diesem Argument anscheinend nicht, denn sonst hätten Sie solche Ablenkungsmanöver gar nicht nötig. Wenn man genau hinsieht, dann sieht man natürlich auch, dass das Wirtschaftswachstum nur die eine Seite der Medaille ist. Ja, es stimmt, in Hamburg entstehen zusätzliche Jobs, mehr als im Bundesgebiet, wenn man sich die sozialversicherungspflichtigen Jobs ansieht. Andererseits ist es aber auch wahr, dass die Arbeitslosigkeit in Hamburg geringer sinkt als durchschnittlich im gesamten Bundesgebiet und das, obwohl Hamburg einen Sonderfaktor in der Wirtschaft hat, den die anderen Städte nicht haben – den boomenden Hafen.
Was ganz deutlich wird, ist, dass das von Ihnen beschworene Wirtschaftswachstum nicht mehr bei den Menschen unten, bei den Bedürftigen dieser Stadt ankommt. Sie haben das gespürt und darum versuchen Sie, von diesem, für Sie peinlichen Fakt abzulenken.
Dass dieses Wachstum bei den Menschen in dieser Stadt nicht ankommt, die es am nötigsten haben, hat schon sehr direkt mit Ihrer Politik zu tun, denn letztlich sind doch die Mittel, die zur Qualifizierung von Menschen in den vorhergehenden Haushalten standen, für Sie doch nur ein Steinbruch, um dort Mittel umzulenken in Investitionen. Das hat dann auch Konsequenzen.
Sie beklagen sich, dass manche Menschen in der Stadt eine Differenz aufmachen zwischen den Investitionsprojekten, wie der Elbphilharmonie, und der sozialen Lage in dieser Stadt. Aber letztlich sind doch Sie derjenige, der genau diesen Gegensatz aufgemacht hat durch Ihren Satz: Soziales können wir uns erst dann leisten, wenn es uns wirtschaftlich wieder besser geht. Sie sind es, der diesen Widerspruch aufgemacht hat und darum müssen Sie sich nicht wundern, wenn man Sie bei diesem Widerspruch zur Rede stellt.
Sie haben gemerkt, dass Sie in diesem Bereich auch nachsteuern müssen. Die Umfragen sprechen eine deutliche Sprache. "Hilfe zur Selbsthilfe" haben Sie den Kern Ihres Programms für benachteiligte Stadtteile genannt. Herr von Beust, gegen diesen hehren Grundsatz kann man zunächst einmal gar nicht viel sagen. Aber warum sind Menschen arm in unserer Stadt? Weil vielen Menschen zum Teil die Fähigkeiten fehlen, die sie auf dem Arbeitsmarkt benötigen, weil Alleinerziehende nicht genügend Zeit zur Verfügung stellen können, um auf dem Arbeitsmarkt Geld zu verdienen, weil über Fünfzigjährige von Unternehmen nicht mehr eingestellt werden, schlicht, weil zu viele Menschen zu lange keine Arbeit haben in dieser Stadt. Wie kann Ihr Programm zur Selbsthilfe Hilfe anbieten, wenn Sie dabei den Bereich Arbeit komplett draußen vorlassen, Herr Bürgermeister. Das müssen Sie mir erst einmal erklären.
Dann erklären Sie mir auch, warum Sie zulassen, dass Ihr Wirtschaftssenator, der eigentlich auch Arbeitssenator sein sollte, die Qualifikationsmittel für Arbeitslose als Steinbruch benutzt und diese Mittel zweckentfremdet in Beton investiert? Wo bleibt da Ihre Hilfe zur Selbsthilfe, Herr Bürgermeister?
Ihr Programm ist nur ein schöner Schein, der Ihr Image aufpolieren soll. Aber an der Situation in den Stadtteilen, an der Arbeitslosigkeit und an der Armut wird das leider kaum etwas ändern. So handelt kein Bürgermeister, dem die Menschen wichtig sind, der die Stadt voranbringen will. So handelt, wer einzig und allein an seine nächste Wiederwahl denkt und dort versucht, seine Chancen zu erhöhen.
Das Verkaufen von Politik ist wichtig. Das ist auch Ihre große Stärke. Aber wenn das Produkt nicht stimmt, dann hilft auch das beste Marketing nicht mehr und diese Wahrheit beginnt Sie jetzt einzuholen.
Dass etwas geschehen muss, ist angesichts der letzten Umfragen deutlich geworden. Aber nun, Herr Bürgermeister, verlässt Sie mit Senator Peiner der Kopf im Senat, der sich eigentlich als Einziger Gedanken über die zukünftige Entwicklung dieser Stadt gemacht hat und der auch Ihr Leitbild entwickelt hat.
Inmitten schwerer See verlässt der Lotse das schlingernde Schiff. Das lässt für die Zukunft Hamburgs unter Ihrer alleinigen Führung, Herr von Beust, nichts Gutes hoffen.
Erlauben Sie mir angesichts Ihres angekündigten Abschiedes, Herr Peiner, ein paar Worte zu Ihnen. Auch wenn Ihr Auftreten aus unserer Sicht manchmal die Grenze zur Selbstherrlichkeit und zur Arroganz durchaus überschritten hat, so waren die politischen Auseinandersetzungen mit Ihnen inhaltlich und rhetorisch auf einem hohen Niveau, ein Niveau, das wir leider in der Auseinandersetzung mit dem Senat und der CDU-Fraktion nicht immer gewöhnt sind.
Heute, meine Damen und Herren, mussten wir das schmerzhaft erfahren und ich sage das bei all den inhaltlichen Differenzen, die bleiben, sie werden, so gesehen fehlen, auch und gerade, wenn ich an die Art Ihres designierten Nachfolgers denke.
Bei all den schönen Worten, was von Ihnen und Ihrem Wirken als Senator bleiben wird, sind die Folgen Ihrer Entscheidungen. Sie werden als ein Senator in Erinnerung bleiben, der den Mehrheitsverkauf der Krankenhäuser gegen den Willen des Souveräns der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt vorangetrieben hat. Zu allem Überfluss haben Sie dabei auch noch einen Investor ins Boot geholt, der sehr umstritten ist, der nach Gutsherrenart mit den Beschäftigen umspringt, der Entscheidungen des Kartellamtes nicht abwartet, sondern Fakten schafft, der den Senat als Mehrheitseigner nicht darüber informiert, wenn er Krankenhäuser verkaufen will und der jetzt mal eben vertragswidrig Massenentlassungen ankündigt. Wenn Sie zu Ihrem Abschied ehrlich sein würden, Herr Peiner, dann müssten Sie eines zugeben: Es war ein Fehler, den Landesbetrieb an Asklepios zu verkaufen.
Deshalb reicht es auch nicht, wenn Sie, wie vor ein paar Tagen, in der Zeitung lancieren, dass Sie am liebsten den maßgeblichen Manager von Asklepios rausschmeißen würden. Wenn Sie wirklich zu Recht der starke Mann dieses Senats genannt werden, dann haben Sie noch eine Aufgabe, bevor Sie sich vom Acker machen: Stoppen Sie die Übertragung der restlichen Anteile an Asklepios solange, bis diese Damen und Herren von diesem Investor begriffen haben, dass auch für sie Recht und Gesetz gelten und dass sie für den Erfolg des LBK die Beschäftigten als Partner brauchen und nicht nur als Einsparmasse und Befehlsempfänger.
Herr Peiner, Sie haben versucht, die finanzielle Lage der Stadt in einer Bilanz darzustellen. Das kann ein Fortschritt sein. Zwischen Opposition und Senat gibt es häufig Streit, wie die Haushaltspolitik zu bewerten ist, ob die Neuverschuldung wirklich sinkt oder ob es Nebenhaushalte gibt, ob die Investitionen angemessen steigen, ob sinkende Neuverschuldung durch Beteiligungsverkäufe oder Verkäufe von Immobilien finanziert wird. Wir sind der festen Auffassung, dass Sie zwar auf der einen Seite die Neuverschuldung absenken, auf der anderen Seite aber Immobilien und die Forderungen Wohnungsbaukreditanstalt verkauft haben. Die Konsequenz ist, dass Sie nicht das Vermögen für Zukunftsinvestitionen umschichten, wie Sie immer behaupten, nein, Fakt ist, dass Sie das Vermögen der Stadt verringern.
Würde man die Entwicklung einer Bilanz über mehrere Jahre verfolgen, dann würden solche Verschiebungsmanöver von der rechten Tasche in die linke Tasche, so wie Sie es auch bei der SAGA und GWG gemacht haben, sehr schnell deutlich werden. Sie, Herr Peiner, haben bisher nur die Eröffnungsbilanz der Stadt aufgestellt. Die hat erst einmal wenig Aussagekraft. Spannend dagegen wird die Präsentation der nächsten Bilanz, weil man dann die Entwicklung ablesen können wird, den Erfolg Ihrer
Politik von einem Jahr zum nächsten, ablesbar an realen Zahlen. Bezeichnenderweise überlassen Sie diese Präsentation Ihrem Nachfolger, Herr Peiner. Sie werden schon wissen, warum. Er hat da ein schweres Erbe zu schultern. Ich wünsche ihm Glück dabei, er wird es brauchen.
Bleibt dann noch das Leitbild "Metropole Hamburg – Wachsende Stadt". Der Anspruch, dass Hamburg in der internationalen Liga mitspielen soll, kommt an in der Stadt, denn die Hamburgerinnen und Hamburger sind stolz auf ihre Stadt. Aber wie Sie das anstellen wollen, in die nächste Liga aufsteigen zu wollen, das ist von Anfang an im Dunkeln geblieben. Selbst heute, im fünften Jahr Ihrer Regierung, Herr von Beust, können Sie noch immer nicht sagen, wie Sie das anstellen wollen. Sie loben doch immer die Aufbruchstimmung, die Sie seit Ihrem Regierungsantritt erzeugt haben wollen. Aber wer nach fünf Jahren immer noch am Aufbrechen ist, der wird niemals ankommen.
Hamburgs Stärken stärken, das ist Ihr Motto. Letztlich bedeutet es, dass Sie selber eigentlich keine neuen Ideen haben. Sie führen bloß das fort, was andere Senate vor Ihnen angestoßen haben und manchmal tun Sie auch das mehr schlecht als recht.
Die Elbphilharmonie ist dafür ein gutes Beispiel, eine faszinierende Idee, präsentiert von Visionären außerhalb der Politik. Diese Idee haben Sie sich zu eigen gemacht. Aber bei der Präsentation Ihrer Konzeption haben Sie die Kosten schöngerechnet und in der Konkretisierungsphase des Projektes die Entwicklung über die Kosten verloren. Sie haben damit dieses zukunftsweisende Projekt in Gefahr gebracht. Ich bin schon gespannt auf Ihre nächste Mitteilung über den Stand der Bebauung des Domplatzes. Auch dort steht die weitere Entwicklung in den Sternen. Handwerkliche Fehler und der Mangel an Ideen, das zeichnet Ihren Senat aus, Herr von Beust. Senator Peiner mag privat zu neuen Ufern aufbrechen, unter Ihrer Führung tut die Stadt das leider nicht.
Dabei wäre das jetzt genau die richtige Zeit, um neue Wege zu gehen, denn Hamburg profitiert von der Globalisierung so stark wie eigentlich keine andere Stadt in Deutschland: Seit Jahren zweistellige Zuwachsraten im Hafen, der Logistikbereich boomt, auch die Steuereinnahmen fangen an zu sprudeln. Das wird nicht immer so bleiben. Deshalb muss man jetzt vorsorgen, denn Vorsorge trifft man in guten Zeiten. Man muss Neues anschieben, was einem weiterhilft, wenn die positive Entwicklung einmal einbrechen sollte und das wird sie eines Tages, früher oder später.
Was tun Sie, was tut Ihr Senat, Herr von Beust? Sie wollen noch mehr Geld in den Boombereich stecken, Sie investieren so viel Geld wie kein Senat vor Ihnen in den Hafen, Sie legen alle Ihre Eier in einen Korb. Das wird sich eines Tages rächen, denn der immerwährende Boom im Hafen wird nicht unbegrenzt anhalten, das kann nicht gut gehen.
Sie ignorieren dabei komplett, dass der Boom im Hafen bei einem Großteil der Bevölkerung spurlos vorbeigeht.