Protokoll der Sitzung vom 11.12.2006

Herr Kruse, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Sarrazin?

Nein, das mache ich heute mal nicht.

(Uwe Grund SPD: Der soll mal was zur Sache sa- gen!)

Ich sage auch gerne etwas zur Sache, danke für die Aufforderung. Das hätten Sie mal Ihrem Redner sagen sollen.

Herr Petersen hat uns dann doch über den grünen Klee gelobt, als er sagte, in Hamburg gäbe es 5000 Arbeitslose. Wir haben ihm geholfen und nachgeliefert, was er meinte. Nun muss man natürlich fragen, was wir denn

von ihm an Beispielen einfordern können, was er selber tut. Da ist nicht so viel, die Möglichkeiten sind ja begrenzt, aber wo kann er denn wirken? Im SPD-Bundesvorstand. Und dann fragen Sie einmal den Kollegen vom DGB, was der SPD-Bundesvorstand gerade entschieden hat: Keine Neueinstellung, Erhöhung der Arbeitszeit, Abkoppeln vom DGB – sonst war das immer gekoppelt, selbst die alten Freundschaften zwischen DGB und SPD funktionieren nicht mehr –, Abkoppeln von den Gehaltserhöhungen der SPD und Abbau von 16 Stellen. Haben Sie irgendwelche Ausbildungsplätze in dem Bereich geschaffen? Nein. Also selbst in diesem kleinen Bereich, wo er schalten und walten kann, wo man sehen könnte, was dieser Mann aus Altona macht, macht er nichts Gutes.

(Ingo Egloff SPD: Was hat das eigentlich mit dem Hamburger Haushalt zu tun?)

Ich rede viel mehr über Haushalt als Ihre Redner.

(Beifall bei der CDU)

Herr Petersen, ich habe endlich begriffen, warum wir unten am Eingang immer von so netten Menschen diese Karte bekommen, damit Sie nicht verzweifeln, wenn Sie am Fahrkartenautomaten der Deutschen Bundesbahn stehen und versuchen, eine Karte auf die Veddel zu ziehen; das funktioniert wirklich nicht.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Sie sind so lustig!)

Wenn Sie der Meinung sind, dass man mit einem HVVFahrkartenautomaten nicht umgehen kann, dann bin ich der Meinung, dass es wirklich schlimm wäre, wenn Sie mit dieser Stadt umgehen dürften,

(Dr. Mathias Petersen SPD: Was ist mit dem Wahlrecht?)

aber das wird nicht passieren.

(Beifall bei der CDU)

Aber, Herr Petersen, ich kann Sie beruhigen. In solchen Situationen kommt immer ein nettes sozialdemokratisches Mütterchen und sagt: Komm min Jung, ich helf dir mal. Das wird Ihnen auch so passieren.

Herr Kerstan, Sie haben gesagt, die Elbphilharmonie sei ein tolles Projekt, aber das sei nicht von uns selbst. Die Zeiten, in denen man autokratisch als Regierung noch selber gezeichnet hat, sind lange vorbei, die wollen Sie wohl auch nicht wieder einführen. Ich habe Ihre kreative Stadt nämlich so begriffen, dass dies nicht bedeutet – das wäre eine Drohung –, dass nur kreative Ideen aus Ihrer Fraktion kommen. Die ist zwar gut besetzt, aber doch relativ klein. Das heißt also, auch Sie holen die kreativen Köpfe der Welt hierher. Dann gönnen Sie uns doch einmal den Erfolg, hier ein Bauprojekt vorgelegt zu haben, das in dieser Stadt nur Befürworter findet bis auf den Kandidaten aus Altona; der tut sich ein bisschen schwer. Warum machen wir denn Spitzenkultur? Das ist der gleiche Grund, weshalb wir Spitzen- und Leistungssport fördern.

(Manuel Sarrazin GAL: Was Sie da sagen, ist we- der Spitzenkultur noch Spitzenunterhaltung!)

Spitzenunterhaltung haben wir auch ganz gerne, das haben Sie heute nicht geboten. Macht nichts, wir haben noch zwei Tage.

Sie könnten genauso sagen, es sei nicht in Ordnung, die Weltmeisterschaft oder Olympia zu betreiben, sondern man müsse das Geld in den Brennpunkten investieren. Aber für wen soll man denn sportlich trainieren, wenn es keine Vorbilder gibt?

Bei der Kultur ist es das Gleiche. Der Trick bei der Elbphilharmonie ist doch, dass sie nicht nur Hamburg in die Internationalität befördert, sondern dass sie eine Spitze der Kultur ist, an der man sich orientieren kann, und das wird zur Folge haben, dass auch die breite Basis – eine Spitze kann nicht ewig oben schweben – funktionieren wird. Darum kümmern wir uns heute schon, denn unsere Kultursenatorin konnte gemeinsam mit dem Bürgermeister wesentlich mehr Geld für dieses Projekt einsammeln. Ich kann mich noch an Ihr hämisches Lachen erinnern, als wir von 35 Millionen Euro gesprochen haben. "Das haben Sie doch niemals, das passiert nie", sagten Sie damals. Und jetzt haben wir 65 Millionen Euro und daneben sind auch noch für Kinder- und Jugendkultur Spendenbeträge, die diese Stadt vorher nicht gesehen hat, akquiriert worden. Das heißt, wir machen beides, wir kümmern uns um die Spitzenprojekte und gehen in die Breite an die Basis.

Deswegen verändert sich diese Stadt in einem so schnellen Tempo, dass es Herrn Kerstan und anderen Leuten schwindlig wird und er meint, das Schiff schlingere. Das ist nicht der Fall. Man muss – der Ausspruch von Ole von Beust war vollkommen richtig – eine Sozialpolitik, damit sie wirkungsvoll ist, auch wirtschaftlich absichern. Wir haben in den vergangenen Jahren an vielen Stellen Geld eingesammelt, um den Haushalt zu konsolidieren. Wir haben den Turn-around geschafft, mehr noch nicht, aber den haben wir geschafft. Wir haben eine Eröffnungsbilanz vorgelegt – natürlich ist es nur die erste Bilanz – und wir haben auch selbst gesagt, dass die nächsten Bilanzen die spannenden sind, aber wir haben es als einziges Bundesland gemacht. Man muss auch einmal sagen, dass hier eine Regierung dem Parlament eine zusätzliche Überprüfungsmöglichkeit gegeben hat, eine Transparenz möglich gemacht hat, wohl wissend, dass die nächsten Jahre noch sehr, sehr kritische Jahre sind.

Es ist richtig, Herr Kerstan, dass man diese 500 Millionen Euro unterschiedlich verwenden kann. Aber wir schreiben die Steuereinnahmen so nicht fort und wollen nicht im nächsten oder übernächsten Jahr einen Bauchklatscher landen und in Problemsituationen kommen. Sie meinen, das sei unsere Wahlkampfkasse. Wann sollen wir denn 2008 die 38 Millionen verteilen, vom 15. bis zum 30. Januar?

Wer es während seiner Regierungszeit nicht geschafft hat, sein Lieblingsprojekt – Sie hatten eigentlich zwei, aber das eine war nur bundesrepublikanisch zu lösen –, ein so simples Ding wie eine Stadtbahn, aufzugleisen, der kann sich natürlich nicht mit unserem Senat messen. Wenn es unser Projekt gewesen wäre, dann würde sie heute stehen; so ist es leider.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kerstan, wir sind Ihnen und Ihrer Fraktion in vielen Dingen nahe, müssen Ihnen aber eines sagen: Kreative Ideen sind gut. Daraus müssen dann aber Vorhaben werden und man muss sie auch realisieren und das tun wir. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Zuckerer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige wenige Anmerkungen zur Finanzpolitik. Nachdem vor mir so viele qualifizierte Redner gesprochen haben,

(Beifall bei der SPD und der GAL)

zunächst einmal fairerweise zu all dem, was in diesem Hause unbestritten ist. Alle Fraktionen sind sich darin einig, dass keine expansiven Haushalte gefahren werden sollen. Wer also einen Gegensatz aufbauen will, findet eigentlich keinen Gegner. Alle Fraktionen sind sich übrigens darüber einig, dass die Netto-Neuverschuldung nach Möglichkeit nicht erhöht werden soll. Wer den Gegensatz aufbauen will, findet eigentlich keinen Gegner; das sind die Gemeinsamkeiten. Streiten können wir uns über eine Reihe anderer Dinge und das vielleicht anhand von Fakten.

Zunächst einmal konsolidiert diese Stadt seit 15 Jahren, sozialdemokratische Regierungen und auch Ihre, in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Wäre das nicht seit 15 Jahren so, könnten Sie heute auch keinen ausgeglichenen Betriebshaushalt auf dem Papier vorlegen. Das sollten Sie nicht vergessen und das sollte Sie vielleicht ein wenig, soweit das bei einer Regierungsfraktion geht, bescheiden machen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Es sollte Sie auch aus einem anderen Grund bescheiden machen. Die Steuereinnahmen eines einzigen Jahres haben uns mehr Geld in die Kasse gespült, als sämtliche Konsolidierungsbemühungen dieses Senats und – ich füge hinzu – sogar des Vorgängersenats Rotgrün erbracht haben. Das ist die Wahrheit und trotzdem war das alles für Sie und uns sehr hart. Aber dann ist Bescheidenheit angesagt.

Warum ist Ihr Haushalt ausgeglichen? Der Wirtschaftssenator hat Mittel der Arbeitsmarktpolitik aus dem Betriebshaushalt in Investitionen umgeschichtet. Hätte er das nicht getan, und das ist ziemlich umstritten in dieser Stadt, wäre der Betriebshaushalt nicht ausgeglichen.

Ihr Senator für Bau, Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt hat Teile seines bisherigen Apparats in Landesbetriebe mit Wirtschaftsplan ausgegliedert. Das führt dazu, dass die Personalkosten, die er früher hatte, jetzt über Investitionen bezahlt werden, nämlich über Verschuldung und Vermögensverkäufe und deshalb ist der Betriebshaushalt ausgeglichen. Auch das sollten Sie nicht vergessen.

Und falls Sie etwas nachdenklich sind: Finanzpolitiker und wir alle müssten eigentlich darüber diskutieren, ob ein ausgeglichener Betriebshaushalt tatsächlich der richtige Maßstab ist, um über die Finanzpolitik dieser Stadt zu diskutieren, zwischen Investitionen und Steuereinnahmen einerseits und den Herausforderungen andererseits, vor denen wir stehen. Darauf haben Sie bisher keine Antwort gegeben. Sie haben sich, abgesehen von der Tatsache, dass Finanzsenator Peiner die Doppik einführen will – übrigens mit Recht –, auf eine klassische Diskussion eingelassen, die in Wahrheit herzlich wenig über die ökonomische Lage dieser Stadt aussagt; das vielleicht einmal zur Sachlichkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Gehen wir doch einmal weiter. Wir diskutieren heute über einen Haushalt, über Investitionen für zwei Jahre. Jeder von uns hier weiß, dass dieser Haushalt, so wie Sie ihn in zwei Tagen beschließen werden, nichts über die Finanzierung der Zukunftsinvestitionen dieser Stadt aussagt. Jeder von Ihnen weiß, dass noch Investitionen in Höhe von Hunderten von Millionen finanziert werden müssen. Jeder von Ihnen tut so, als würde er in die Zukunft aufbrechen, obwohl sie nicht finanziert ist. Wir haben letztendlich einen Zweijahres-Haushalt, der auf Sicht gefahren wird und hinter dem Nebel liegt alles Mögliche, was wir vermuten und Sie vielleicht wissen. Aber das hat mit einer systematischen, zukunftsgerichteten und auch transparenten Finanzpolitik gar nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Vielleicht hat es ein bisschen mit Wahlkampf zu tun. Das will ich Ihnen gar nicht unterstellen, denn dann müssten Sie vielleicht sogar etwas mehr tun.

Aber kommen wir zu den fundierten Aussagen des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Reinert, zur NettoNeuverschuldung. Herr Reinert, Sie haben mich hingerissen

(Bernd Reinert CDU: Mehr wollte ich auch gar nicht!)

mit Ihren Aussagen zur Absenkung der Neuverschuldung. Es ist leider so, dass wir nur eine Absenkung der Neuverschuldung haben, weil wir Vermögen verkaufen. Und eines muss man vielleicht auch sagen: Jeder Finanzsenator der nächsten Legislaturperiode, wer immer ihn stellt, wird die Politik von Senator Peiner nicht fortführen können, nämlich Verschuldung zu verhindern, zu reduzieren oder zu vermeiden durch Verkauf von Vermögen, weil Sie im Gegensatz zu dem, was der Bürgermeister gesagt hat, leider auf der falschen Schiene sind. Wir haben in neun Jahren Vermögen von etwa 4,5 Milliarden Euro veräußert, um Haushalte zu konsolidieren, Sie in fünf Jahren für fast 5 Milliarden Euro. Was die Beschleunigung ausmacht, waren Sie wirklich spitze. Schneller als bei Ihnen war der Ausverkauf nie, aber in der nächsten Legislaturperiode wird es keine Möglichkeit mehr geben, Haushalte im Wesentlichen über den Verkauf von Vermögen zu steuern. Das ist die Wahrheit und die sollten Sie vielleicht auch sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

An was sollte man Sie noch erinnern? Meine Damen und Herren, was habe ich heute Visionäres zu den öffentlichen Unternehmen gehört. Ich wäre gerne bereit, mit Ihnen über die Zukunft der öffentlichen Unternehmen dieser Stadt zu streiten. Ich habe bisher mit Ihnen nur über Klassifizierungen streiten können, welche Unternehmen wir brauchen, welche nicht und welche unverzichtbar sind. Aber über die Zukunft der öffentlichen Unternehmen, des öffentlichen Sektors in einer Stadt, die von Globalisierung lebt und international tätig ist, zu streiten, wäre richtig spannend und das betrifft dann, offen gestanden, nicht nur die HHLA. Ich habe die Ausführungen des Bürgermeisters, es mag an mir liegen, nicht so recht verstanden.

(Ingo Egloff SPD: Nö!)

Man kann in der Tat – dazu sind ich und meine Fraktion auch bereit – darüber diskutieren, ob ein Hafenunterneh