Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

Ohne die gute Arbeit, die auch in den vergangenen Jahrzehnten geleistet wurde, wäre dieses nicht so leicht möglich gewesen. Aber als "Everybody's Darling" erreicht man eine solche Auszeichnung nicht. Die Auszeichnung als reformfreudigste Großstadt hätte Hamburg bis zum Jahre 2001 weit verfehlt.

(Beifall bei der CDU)

Der Reformwille, der diesen Senat kennzeichnet, wird durch die Verwaltungsreform, die wir auf den Weg bringen, noch erheblich sichtbarer und spürbarer werden. Das wird allerdings auch bedeuten, dass wir manche von vielen liebgewonnenen Verwaltungsbiotopen auflösen müssen. Das mag im Einzelfall für die Betroffenen unangenehm sein. Unser Ziel ist aber ein bürger- und unternehmensfreundlicher sowie schneller Service mit zügigen Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden und die damit die kommunale Demokratie stärken.

(Beifall bei der CDU)

In den Jahren 1994 bis 2001 wurde hier auch schon viel über die Konsolidierung des Haushalts gesprochen. Die SPD-geführten Senate brachten gewiss auch einiges auf den Weg, um die finanzielle Situation der Stadt zu stabilisieren.

(Ingo Egloff SPD: Mehr als Sie!)

Hören Sie bitte zu, Herr Egloff.

(Ingo Egloff SPD: Ich höre zu!)

Damals waren die Bedingungen etwas anders. Sie sprachen damals von zurückgehenden Steuereinnahmen, obwohl Hamburg im Jahre 1994 5,8 Milliarden Euro Steuern behalten konnte. Im Jahre 2001 waren sie auf 6,9 Milliarden Euro gestiegen. Das heißt, Sie hatten objektiv 1,1 Milliarden Euro mehr Einnahmen. Weil Sie aber in Ihren Annahmen bezüglich der Höhe der Steuereinnahmen noch optimistischer gewesen waren, sprachen Sie von zurückgehenden Steuereinnahmen. Das war Ihre Logik.

Tatsache ist, dass wir uns heute im Jahre 2004 mit den Steuereinnahmen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro, die Hamburg verbleiben, immer noch unter dem Niveau des Jahres 2000 bewegen. Die Steuereinnahmen sind seit vier Jahren nicht gestiegen, sondern gefallen; damit müssen wir umgehen. Wir in Hamburg schaffen das auch.

Werfen wir doch einmal den vergleichenden Blick nach Berlin, den Herr Neumann angeregt hat. Während der Bund seine Neuverschuldung von 23,8 Milliarden Euro in 2001 auf 40 Milliarden Euro in diesem Jahr erhöht, werden in Hamburg trotz der Einnahmeprobleme weniger neue Schulden gemacht. Im Jahre 2001 waren es 0,82 Milliarden Euro, in 2004 werden es 0,75 Milliarden Euro sein. Das ist ein echter Konsolidierungserfolg.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen den ausgeglichenen Betriebshaushalt im Jahre 2006 erreichen. Dafür legt der heute zu diskutierende Haushaltsplan-Entwurf eine sehr solide Grundlage. Schon die bereinigten Gesamtausgaben des letzten Haushalts stiegen lediglich um 0,1 Prozent. Davon ist ein erheblicher Teil im Anstieg gesetzlicher Leistungen begründet, gegen den wir in Hamburg gar nichts machen können. Herr Neumann, das ist ein weiterer Erfolg der Bundesregierung.

(Michael Fuchs CDU: Sehr richtig!)

Wir werden die Aufgabenkritik fortsetzen und neue Aufgaben durch Umschichtung und nicht durch Mehrausgaben finanzieren. Die Erfolge unserer Politik zeigen sich in einer sehr deutlich steigenden Finanzkraft. Damit sind wir bei Ihrem Thema Länderfinanzausgleich.

Im Jahre 1996 lag Hamburgs Finanzkraft bei 105 Prozent des Bundesdurchschnitts. In diesem Jahr liegen wir bei knapp 120 Prozent. Das ist ein Eindruck der Stärke der vor allem mittelständisch geprägten Wirtschaft Hamburgs. Wenn ich dazu im Vergleich nach Nordrhein-Westfalen schaue, dann lag seine Finanzkraft Mitte der Neunzigerjahre bei 107 Prozent des Bundesdurchschnitts, sie sank im vergangenen Jahr aber auf 100,9 Prozent.

Damit beschert uns der Hamburger Erfolg mit der Stärkung seiner Finanzkraft auf der anderen Seite ein Riesenproblem. Wenn wir 1996 etwa 2,8 Prozent unserer Steuereinnahmen abführen mussten, so werden es in diesem Jahr mit etwa 570 Millionen Euro mehr als 7 Prozent sein.

Wenn sich SPD-geführte Bundesländer genauso um die Stärkung ihrer Wirtschaftskraft bemühen würden wie Hamburg, dann, Herr Neumann, müssten wir nicht so hohe Zahlungen in diesen gemeinsamen Topf leisten.

(Beifall bei der CDU)

Herr Neumann, weil Sie im Zusammenhang mit der Länderfinanzausgleichsreform den früheren Bürgermeister Runde erwähnt haben,

(Michael Neumann SPD: Nicht namentlich! Aber gut, dass Sie das erkannt haben!)

möchte ich gern an eines erinnern: Herr Runde hat es damals als einen seiner Erfolge bezeichnet, dass der Anteil der in die Berechnung einzubeziehenden Gemeindesteuern von 50 Prozent auf 62,5 Prozent stieg. Gerade das machte heute für Hamburg die zusätzliche Belastung aus. Auf die Art und Weise haben wir einen Länderfinanzausgleich bekommen, der Hamburg eher schwächt als stärkt.

Wir müssen trotz dieser finanziellen Zwänge sehen, wie wir an den notwendigen Stellen den Handlungsbedarf für die Stadt schaffen. Ich möchte hier auf eines verweisen: Im Bildungsbereich hat sich die Zahl der Hauptschulabgänger ohne Abschluss gegenüber dem Jahr 2000/2001 durch eine erfolgreiche Schulpolitik, durch die Stärkung des Profils der Hauptschulen, die weitere Einführung von Praxisklassen und anderes mehr um ein Viertel vermindert. Das sind Ziele, die wir in dieser Wahlperiode weiter verfolgen. Wir werden ungerechtfertigte Bevorzugungen einzelner Schularten beseitigen, um damit die Handlungsspielräume zu schaffen, die wir in der Bildungspolitik brauchen. Denn das Ziel der schulischen Ausbildung muss sein, junge Menschen ausbildungs- und studienfähig zu machen. Man darf nicht nur darauf schauen, was man in die Schule hineinsteckt. Am Ende zählt, was dabei herauskommt.

(Beifall bei der CDU)

Dass dabei notwendige Korrekturen erfolgen, sehen Sie daran, dass wir für das kommende Schuljahr die Unterrichtsfaktoren für den Grundschulbereich neu festsetzen. Das heißt, Grundschullehrer werden entlastet, können in dieser zusätzlichen Zeit außerunterrichtliche Tätigkeiten oder auch mehr das Gespräch mit den Eltern pflegen, das gerade bei dieser Schulform besonders wichtig ist.

Allerdings – das sagt Herr Neumann – sparen wir Lehrerstellen. Wenn man zum Vergleich in den SPD-Haushaltsantrag hineinschaut, dann liest man, dass 400 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden sollen. Lieber Herr Neumann, erklären Sie mir bitte einmal Folgendes: Sie sagen auf der generellen Ebene immer, dass die Konsolidierung des Senats nicht ausreichend sei. Wie können Sie dann auf der konkreten Ebene

(Michael Neumann SPD: Das habe ich alles ge- sagt! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Zuhören!)

solche Forderungen stellen, die allein in diesem Bereich Mehrkosten von 30 Millionen Euro pro Jahr verursachen? Das ist mir bei Ihren Anträgen aufgefallen. Herr Neumann, ich glaube, es sind fünf Anträge – mit Ausgaben im Bereich von jeweils 100 000 Euro oder weniger –, bei denen Sie konkrete Deckungsvorschläge bringen. Aber um die großen Probleme haben Sie sich fein säuberlich in allen Anträgen herumgemogelt

(Beifall bei der CDU)

und bleiben die wirklich solide Finanzierung schuldig.

(Michael Neumann SPD: Die Pendlerpauschale al- lein bringt 100 Millionen Euro! Die GAL würde gern – wenn sie es könnte – noch etwas mehr aus dem Vollen schöpfen. Aber zum Glück kann sie es nicht. Denn das ungedeckte Forderungsvolumen ihrer Anträge erreicht locker eine dreistellige Millionenhöhe. (Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Wie wäre es mal mit zuhören? – Dr. Willfried Maier GAL: Was?)

Sie haben gesagt,

(Dr. Willfried Maier GAL: Das ist völliger Unsinn! PISA-Schwäche! – Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

PISA-Schwäche mag durchaus sein, schließlich bin ich unter sozialdemokratischen Senatoren in Hamburg ausgebildet worden –

(Beifall bei der CDU)

Bildung müsse der alles überragende Schwerpunkt der Politik in Hamburg sein

(Gesine Dräger SPD: Sie haben das gesagt!)

und jede Betriebsausgabe, die man in die Bildung steckt, sei eine Investition. Haushaltsrechtlich, Herr Neumann, ist der Satz noch verbesserungswürdig.

(Michael Neumann SPD: Wenn man es nicht ver- stehen will, versteht man es nicht!)

Wenn man das tatsächlich so sagt, dann muss man sich auch Folgendes anhören: Allein wegen des Bildungssystems kommt niemand nach Hamburg. In den vergangenen Jahren haben Menschen gesagt, dass sie auch wegen des Bildungssystems aus Hamburg weggehen. Das ändern wir. Wir wollen dieser Stadt dadurch zusätzliche Perspektiven verleihen, indem wir die Lebensqualität unserer Stadt weiter steigern, Arbeitsplätze schaffen, eine leistungsfähige Infrastruktur bieten, sodass

(Gesine Dräger SPD: Wo denn?)

die Menschen in Sicherheit leben können, durch ein wirtschaftsfreundliches Klima Investitionen in die Stadt hineingeholt werden und dabei auch das Bildungsangebot zunächst einmal den nationalen Durchschnitt und dann internationales Niveau erreicht. Aber nur mit Bildungspolitik werden wir die Probleme in unserer Stadt nicht lösen können.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen Hamburg zu einer familienfreundlichen Metropole entwickeln. Deshalb haben wir auch trotz der finanziellen Enge für die Neuregelung der Kindertagesbetreuung in unserer Stadt gesorgt.

(Gesine Dräger SPD: Sie? – Dr. Martin Schäfer SPD: Kein Stück haben Sie gemacht!)

Damit schaffen wir für junge Familien eine verlässliche Grundlage.

Sie fragen ironisch: Sie? Ich aber frage nicht ironisch zurück: Wer hat denn in diesem Haus die Mehrheit?

(Gesine Dräger SPD: Da klatschen nicht mal Ihre Leute!)

Die Behörde für Soziales und Familie wird darüber hinaus die von der Handelskammer vor kurzem ins Leben gerufene Allianz für die Familie unterstützen, denn diese Ziele sind mit unseren Zielen deckungsgleich.