Protokoll der Sitzung vom 31.01.2007

– Gut, dann ist das ja für diejenigen, die am liebsten nach Hause laufen würden, ein sehr hilfreicher Hinweis.

Eigentlich wollte ich die ungefähr 20 Minuten, die die SPD-Fraktion hat, nicht ausnutzen.

(Bernd Reinert CDU: Herr Dressel will ja auch noch!)

Ich glaube aber, dass es die Art und Weise, in der hier insbesondere die CDU-Fraktion einmal wieder, wenn auch zu später Stunde, über Volksbegehren geredet hat, nicht zulässt, darüber zu schweigen,

(Beifall bei der SPD und der GAL)

auch wenn Herr Müller in seiner Rede dankenswerterweise schon die meisten Punkte dargestellt hat, die uns zu dem gemeinsamen Antrag gebracht haben.

Ich habe mir gedacht, dass Sie etwas zu dem SPDWahlverfahren sagen würden. Das liegt auf der Hand. Aber das ist am Sonntag in der Zeit von 10 bis 18 Uhr.

(Bernd Reinert CDU: Wie viele Sonntage?)

Wir haben uns also in der Frage als sehr lernfähig erwiesen. Von Sonntagsöffnungen in dem Bereich habe ich von Ihnen noch nichts gehört.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist natürlich konsequent von Ihnen, das Thema in der Debatte bis zum Schluss als ungeliebtes Kind zu behandeln, es am liebsten zu verstoßen, aber dann, weil man das nicht kann, da der Fokus der Öffentlichkeit ein bisschen darauf gerichtet ist, es der Lächerlichkeit preiszugeben. Das fand ich an dem Wortbeitrag von Herrn Voet van Vormizeele sehr merkwürdig. Der einzige Begriff, der mir dazu einfällt und der hier nicht gerügt werden würde, ist: beratungsresistent.

Loben würde ich Sie, wenn Sie das, was wir in unserem gemeinsamen Antrag mit der GAL vorgeschlagen haben, gut fänden und sagen würden, nicht nur C & A sollte bis 22 Uhr geöffnet haben, sondern an einigen Tagen in der Woche auch die Bezirksämter, um den Bürgern zu ermöglichen, am Abend dort hinzugehen. Diese Ansicht haben Sie aber heute nicht vorgebracht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Michael Neumann SPD: Erwartungsgemäß!)

Es ist besonders unredlich, Herr Voet van Vormizeele, wenn Sie anfangen, Demokratie mit Kosten aufzurechnen. Wer anfängt, Demokratie im Haushaltsausschuss zu beraten, hat nicht mein Demokratieverständnis.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie hätten natürlich ganz auf die Amtseintragung verzichten können, dann wäre es völlig kostenlos gewesen.

(Bernd Reinert CDU: Sie hätten es auch loben können!)

Nun aber zu der Geschichte "Mehr Demokratie" suche bundesweit Leute, um hier das Volksbegehren zu unterstützen. Dieses ist in erster Linie positiv zu bewerten, weil es zeigt, dass das, was hier passiert, den Fokus bundesweit auf diesen Vorgang wirft.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Lachen bei der CDU – Wolfhard Ploog CDU: Das ist lächerlich!)

Es gibt Leute, denen es nicht egal ist, was in Hamburg schon seit Jahren ein paar tapfere Mitstreiter von "Mehr Demokratie" leisten, und die davon ausgehen, dass es schwer genug sein wird und dass man dazu Hilfe aus anderen Ländern braucht.

(Zurufe von Kai Voet van Vormizeele und Dr. Andreas Mattner, beide CDU)

Ich habe das Mikrofon, ich bin lauter als Sie.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Glocke)

Herr Abgeordneter Dr. Mattner, damit hat die Rednerin mehr als Recht.

Barbara Duden (fortfahrend) : Sie haben Herrn Beckstein, der vermutlich dankbar war, dass er den bayerischen Wirrnissen entkommen konnte, für einen Tag nach Hamburg eingeflogen und er hat Ihnen erzählt, wie toll das in Bayern läuft. Sie sollten sich angucken, welche Möglichkeiten bayerische Wählerinnen und Wähler haben – in München, in Nürnberg und wo auch immer –, sich auf Ämtern eintragen zu lassen. Das ist beispielhaft und nicht das, was wir in Hamburg machen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Eines wird auch leicht vergessen: 1998 gab es zum Beispiel 220 000 Eintragungen auf den Ämtern, davon kamen 80 000 als Briefwahl. Außerdem gab es eine flächendeckende Benachrichtigungskarte und die Briefwahl war komplett portofrei. Hinter dieser Art Volksbegehren steht ein ganz anderes Demokratieverständnis.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Demokratie auf 55 Cent!)

Sie sind in dieser Frage wirklich beratungsresistent. Ich beende jede Rede, die ich hier zu diesem Thema halte, immer mit dem Hinweis darauf: Ich hoffe, dass die Wählerinnen und Wähler in dieser Stadt ein gutes Gedächtnis haben.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Steffen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Demokratie ist manchmal anstrengend und trotzdem lohnend. Weil es ein so wichtiges Thema ist, müssen Sie sich auch dieser Debatte stellen, auch wenn es Ihnen sichtbar schwer fällt, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und sich diese kritischen Anmerkungen gefallen zu lassen.

Herr Voet van Vormizeele, wenn Sie geschwiegen hätten, wären Sie ein Weiser geblieben, jedenfalls hätten Sie für Ihre Partei, an dem Wert von Demokratie und an der Wertschätzung von Demokratie in dieser Stadt keinen weiteren Schaden angerichtet.

Ihnen war das Argument gerade billig genug, dass das vom Volk beschlossene Wahlrecht viel zu kompliziert sei,

(Elke Thomas CDU: Ist es ja auch!)

also der durchschnittliche Wähler oder die durchschnittliche Wählerin überfordert sei und man ihnen deswegen durch ein einfacheres Wahlrecht entgegenkommen müsse.

Hier sind es dann plötzlich die mündigen Bürger, die sich umfassend informieren, die schon alles in der Tageszeitung gelesen haben und diese regelmäßig im Detail auswerten, die genau wissen, zu welcher Uhrzeit sie sich an welche Adresse begeben dürfen, um sich einzutragen, oder auch, bis zu welcher Frist sie die Briefabstimmungsunterlagen beantragt haben müssen.

Hier heißt es dann plötzlich: Wer dafür nicht schlau genug ist, der ist für die Demokratie nichts wert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie drehen im Zusammenhang mit Wahlrecht, mit Volksabstimmung, mit dem Thema Demokratie in der Stadt

republik Hamburg die Argumente so, wie es Ihnen gerade passt. Gerade hier ist es wichtig, dass man den Bürgern entgegenkommt und dass man Öffnungszeiten schafft, in denen es realistisch ist, dass sie sich eintragen können.

Im Zusammenhang mit der großen Meldung über Biergärten und den großen Erfolg der Ladenöffnungszeiten kann man sagen: Am liebsten ist es Ihnen, wenn die Leute shoppen und saufen und ansonsten sollen sie die Klappe halten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn man das Verfahren, das es 1998 gegeben hat – Frau Duden hat schon darauf Bezug genommen –, und die Öffnungszeiten anschaut, stellt man fest, dass es einen großen Unterschied gab. Man hatte zumindest in der Zeit von 8 bis 16 Uhr, also auch vor der Arbeit, Gelegenheit, sich einzutragen, denn diejenigen, die nicht um 10 Uhr bei der Arbeit sein müssen, sind doch eher die Ausnahme. Außerdem gab es damals eine Sonntagsöffnungszeit. Heute gibt es diesen einen einzigen Samstag. Auch damals gab es deutlich ausgeweitetere Öffnungszeiten, als sie heute angeboten werden.

Tatsächlich geht es Ihnen um Folgendes und hier ist auch wieder die Gemeinsamkeit mit der Debatte um das Wahlrecht. Wir haben beim Wahlrecht das herausgearbeitet, was Sie übrig gelassen haben. Die Möglichkeit, im Wahlkreis über die Kandidatinnen und Kandidaten zu entscheiden, ist nichts mehr als eine Scheindemokratie. Das, was Sie hier veranstalten, ist genau das Gleiche. Die Leute haben zwar theoretisch die Möglichkeit, irgendwann an einem Volksbegehren teilzunehmen, aber Sie machen es Ihnen so schwer, dass der ganze Vorgang ein Stück Scheindemokratie bleibt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/5640 an den Verfassungsausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Letzteres war die Mehrheit.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

Wer möchte den gemeinsamen Antrag von SPD- und GAL-Fraktion aus der Drucksache 18/5640 annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Sitzung. Wir sehen uns alle morgen wieder. Die Sitzung ist geschlossen.