Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die für Sie bereitgehaltenen Plätze einnehmen zu wollen. Die Sitzung ist eröffnet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einer Hamburger Tageszeitung war am 29. Januar 2007 zu lesen, dass immer mehr Ärzte sozial schwache Stadtteile verlassen und dass daher die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg dem Sicherstellungsauftrag für die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in diesen Gebieten nur noch unzureichend nachkommt.
Meine erste Frage: Wie schätzt der Senat die Situation der ärztlichen Versorgung in sozial schwachen Stadtteilen ein?
Und meine zweite Frage: Trifft es zu, dass bei Berücksichtigung der durchschnittlichen Einnahmen der Arztpraxen sowie des durchschnittlichen Einkommens der niedergelassenen Ärzte eine kostendeckende Arbeit einer Arztpraxis nur möglich ist, wenn mindestens 10 Prozent der Praxispatienten privat versichert sind?
Meine Damen und Herren! Ich würde Sie herzlich bitten, die Plätze etwas geräuschloser einzunehmen. – Danke.
– Noch einmal von vorne: Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Zuständig für die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg. Entscheidungen über die Zulassungen von Vertragsärzten werden im Zulassungsausschuss der KVH gefällt, in dem die Ärztinnen, Ärzte und Krankenkassen vertreten sind. Laut Auskunft der KVH ist die Arztdichte in einigen Stadtteilen zwar geringer als in innerstädtischen Bereichen. Dies sei aber aufgrund des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs kein grundsätzliches Problem und bei weitem nicht vergleichbar mit der Situation außerhalb Hamburgs, sprich in den normalen ländlichen Bereichen, in denen die fachärztliche Versorgung häufig mehrere zehn Kilometer entfernt in entsprechenden Zentren liegt.
Gleichwohl achtet die KVH zum Beispiel durch Maßnahmen der Honorarverteilung, zusätzliche Budgets und Prüfung von Arztsitzverlegungen auf eine ausreichende ambulante ärztliche Versorgung in den genannten Stadtteilen.
Herr Staatsrat, darf ich Sie kurz unterbrechen? Ich musste den Abgeordneten Kruse an die Vereinbarung bezüglich Unterredungen an der Senatsbank erinnern. – Vielen Dank.
– Vielen Dank. Ich war auch schon zu Ende. – Zu bedenken ist, dass Hamburg insgesamt als Bedarfsplanungsgebiet zählt.
Zur zweiten Frage könnte man relativ schlank antworten, dass sich damit der Senat nicht befasst hat. Aber wir alle wissen, dass Ärztevertreter beklagen, dass die Einnahmesituation aus GKV-Leistungen unbefriedigend ist und insofern die höher vergüteten privatärztlichen Leistungen einen wesentlichen Anteil am Einkommen der Ärzte haben. Gleichwohl weisen die vorliegenden Statistiken darauf hin, dass unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Arztumsätze und Einkommen eine kostendeckende und einkommenssichernde Praxisführung auch mit weniger als 10 Prozent Privatpatienten möglich ist. Dieses dürfte aber je nach Fachgebiet, Standort und Arztdichte stark variieren, sodass eine generelle Aussage dazu nicht möglich ist. Differenzierte Zahlen zu den Einnahmen aus der privatärztlichen Vergütung liegen auch nicht vor.
Eine Nachfrage zur zweiten Frage. Wie hoch schätzt der Senat das durchschnittliche Einkommen eines niedergelassenen Arztes ein?
Führt der Senat Gespräche mit der KV Hamburg, um die ärztliche Versorgung in solchen Gebieten, die relativ schwach mit Arztpraxen versehen sind, zu verbessern?
Generell gibt es über sehr viele Themen der ärztlichen Versorgung Gespräche zwischen der Behörde und der KVH. Auch dieses ist natürlich immer wieder ein Thema, obwohl die Zuständigkeit, wie geschildert, in erster Linie bei der KVH liegt, dann bei dem gemeinsamen Zulassungsausschuss und auch bei den Krankenversicherungen.
Versorgung in solchen Stadtteilen anzustreben, wenn diese von Ihnen soeben genannten vorrangigen Lösungsmöglichkeiten nicht greifen?
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der Senat hier keine Zuständigkeit hat und insofern nicht direkt zu einer Lösung beitragen kann. Wir haben allerdings die Erwartung, dass mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, einige Verbesserungsmöglichkeiten auch im vertragsärztlichen System möglich sind. Dazu gehört die erleichterte Anstellung von Ärzten zum Beispiel in Praxen, die stark ausgelastet sind. Dazu gehören aber auch Zweigarztniederlassungen, das heißt, dass sich Ärzte in mehreren Praxen niederlassen können, und eine ganze Reihe von anderen Regelungen, die möglicherweise aufgrund des bisherigen starren Vertragsarztrechtsrahmens Änderungen ermöglichen und damit auch Verbesserungen in den genannten Stadtteilen.
Herr Staatsrat, kann sich der Senat vorstellen, eine finanzielle Förderung von Arztpraxen zum Beispiel durch eine Teilfinanzierung der Mieten vorzunehmen, wie das auch in anderen Wirtschaftsbereichen der Fall ist?
Ich darf ja keine Gegenfrage stellen, aber wo man alles vergünstigte Mieten bekommt, würde mich auch interessieren.
Das Rechtssystem im Bereich der Finanzierung sieht vor, dass es Zuschläge im Rahmen der kassenärztlichen Vergütung geben kann. Hier wird es demnächst eine Änderung geben, dass auch Krankenkassen in unterversorgten Gebieten Zuschläge zur Sicherstellung der Versorgung zahlen können. Dieses ist aber eine Aufgabe, die beim GKV- und KVH-Vertragsarztsystem liegt und nichts mit staatlichen Zuschüssen zu tun hat.
Herr Staatsrat, kann sich der Senat die organisatorische und finanzielle Förderung von Ärztehäusern in den Stadtteilen vorstellen, in denen Ärzte unterschiedlicher Fachrichtung ihre Praxen haben?
Ich habe eben schon dargestellt, dass dieses nicht Aufgabe des Staates ist und mit den neuen Richtlinien auch nicht erforderlich sein wird. Das heißt, es ist nicht geplant, aus Steuermitteln auf Hamburger Ebene mögliche Defizite im GKV-Leistungssystem auszugleichen. Die bestehenden Regelungen ermöglichen es auch, Zuschüsse und Aufschläge zu
geben. Das heißt, hier obliegt der KVH das Instrumentarium, gegebenenfalls auch finanziell zu helfen.
Nach Angaben des Statistikamts Nord gibt es auf der Veddel lediglich zwei Ärzte und eine Apotheke. Sieht der Senat einen Zusammenhang zwischen der wachsenden Morbidität im Stadtteil Veddel und der unzureichenden medizinischen Versorgung in dem Stadtteil bei einem gleichzeitigen Absinken des Anteils der über 65-Jährigen?