Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/5801 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wer möchte dem CDU-Antrag aus der Drucksache 18/5720 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig bei vielen Enthaltungen so beschlossen worden.
Mir liegen jetzt die Wahlergebnisse vor. Bei der Wahl eines Mitglieds des Ausschusses zur Wahl der ehrenamtlichen Richter beim Finanzgericht Hamburg sind 111 Stimmzettel abgegeben worden. Alle 111 Stimmzettel waren gültig. Frau Katharina Marten erhielt 103 JaStimmen, drei Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Damit ist Frau Marten gewählt worden.
Bei der Wahl eines Mitglieds des Ausschusses zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen beim Verwaltungsgericht Hamburg sind 111 Stimmzettel abgegeben worden. Alle 111 Stimmzettel waren gültig. Frau Katharina Marten erhielt 103 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Damit ist Frau Marten gewählt worden.
Dann kommen wir zu Punkt 13 der Tagesordnung, Drucksache 18/5688, Bericht des Rechtsausschusses: Jugenddezernat der Staatsanwaltschaft.
[Bericht des Rechtsausschusses über die Drucksache 18/4446: Jugenddezernat der Staatsanwaltschaft (Große Anfrage der CDUFraktion) – Drucksache 18/5688 –]
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlass für diese Debatte ist das Vorliegen des Berichtes des Rechtsausschusses über die von uns gestellte Große Anfrage zu den Jugenddezernaten der Staatsanwaltschaft. Über Jahrzehnte wurde es in Hamburg versäumt, geeignete Maßnahmen gegenüber kriminellen jugendlichen Heranwachsenden zu ergreifen. Dies haben inzwischen aber auch die begriffen, die noch vor zehn Jahren konsequent das Konzept "Menschen statt Mauern" vertraten. Es hat ein Umdenkungsprozess in der Hamburger Justiz stattgefunden, der nicht zuletzt auf die konsequente Politik des jetzigen Senats zurückzuführen ist.
Denn Jugendliche, die Straftaten begangen haben, müssen dafür auch deutlich Konsequenzen zu spüren bekommen. So ist die Zahl der Verurteilungen von Jugendlichen angestiegen. Viele Jugendrichter haben inzwischen erkannt, dass Nachgiebigkeit nicht immer der richtige Weg ist.
Um auch die Rolle des Jugenddezernates der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang zu analysieren, haben wir als CDU-Fraktion eine Große Anfrage zu diesem Thema gestellt. Der Rechtsausschuss hat sich sehr intensiv mehrfach und auch abschließend auf seiner Sitzung am 5. Dezember 2006 mit den Antworten dazu befasst. Das Ergebnis dieser Beratungen ist durchaus sehr erfreulich. Die Annahme, dass die Staatsanwaltschaft unnötig viele Verfahren einstellt, hat sich nicht bestätigt – im Gegenteil. Das Statistische Bundesamt, also eine ganz neutrale Stelle, ermittelte, dass sich das Verhältnis der eingestellten Verfahren zu den insgesamt erledigten Verfahren der Staatsanwaltschaft von 6,7 Prozent in 1998 auf nur 3,7 Prozent verringerte. Zum Vergleich: Das Einstellungsverhältnis im Bundesgebiet hielt sich in diesem Zeitraum konstant zwischen 4,1 und 4,5 Prozent. Das heißt, dass Hamburg hier Vorreiter ist.
Den Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft, der Jugendgerichtshilfe und des Familieninterventions-Teams vor dem Rechtsausschuss, also all derer, die an den Verfahren gegen die Jugendlichen teilhaben, war zu entnehmen, dass auch hier inzwischen die Erkenntnis vorherrscht, dass Nachgiebigkeit den Jugendlichen nicht hilft, sondern, dass die Einstellung des Verfahrens nur in ganz besonderen Fällen in Betracht kommt.
Diese Fälle muss man natürlich unterscheiden. Wir haben es zu tun mit den Intensivtätern, die die Presse beschäftigen, und den vielen Delikten, die eher dem jugendtypischen Bereich zuzuordnen sind. Hier muss man wirklich genau einsteigen. Charakteristisch für diese jugendtypischen Delikte sind ein geringes Schadensausmaß und dass es die erste Tat ist. Es gibt insgesamt 25 000 bis 30 000 dieser kleinen Delikte. Diese werden dann im
Wege der sogenannten Diversionsrichtlinie erledigt. Diese Richtlinie trägt dem Erziehungsgedanken des Jugendgesetzes Rechnung, welches nicht vorrangig darauf ausgerichtet ist, einen Tatausgleich durch Sanktionen stattfinden zu lassen, sondern vielmehr darauf abzielt, auf den Jugendlichen erzieherisch einzuwirken. Das sind solche Fälle wie zum Beispiel der 16-Jährige, der sein Mofa frisiert. Da sind wir uns einig – das ist keine …
Auf jeden Fall wissen wir, dass diese Fälle durchaus mit einem erzieherischen Gedanken verfolgt werden können. Diese sogenannte Diversionsrichtlinie haben wir im Rahmen der Beratungen überprüft. Wir haben sie genau geprüft und festgestellt, dass sie in Teilen überarbeitet werden könnte. Aber im Grundsatz hält sie gut.
Anders sieht es mit den Intensivtätern aus, die uns hier zahlreich beschäftigen aber wiederum einen vergleichsweise geringen Prozentsatz von Tätern bei der Jugendstaatsanwaltschaft ausmachen. Es handelt sich dabei um besonders schwerwiegende und umfängliche Tatvorwürfe. Diese werden in einem gesonderten Jugenddezernat von zwei Sonderdezernaten vorrangig und täterorientiert bearbeitet. Hier gibt es einen Punkt, der wirklich hervorzuheben ist. Von der Anzeige bis zur Anklageerhebung beträgt die Bearbeitungszeit bei der Staatsanwaltschaft 33 Tage. Ich finde, dass das ein sehr beeindruckender Zeitablauf ist. Ich finde, dass das sehr schnell ist. Ich glaube, dass in der öffentlichen Diskussion hervorgehoben werden muss, dass diese Punkte schnell erledigt werden.
In den Fällen der Intensivtäter gibt es eine sehr intensive Beteiligung der Jugendgerichtshilfe und des Familieninterventions-Teams, die die Lebenssituation der Jugendlichen ermitteln, bewerten und untereinander eng zusammenarbeiten. Gerade das FIT hat in der Beratung sehr eindrucksvoll dargestellt, wie früh und erfolgreich man tätig wird, das heißt, dass die Jugendlichen und deren Eltern relativ schnell nach Bekanntwerden von erheblichen Tatvorwürfen zu Hause aufgesucht werden. Es wird sehr eng zusammengearbeitet.
Bei einigen wenigen zeigt sich, dass diese Maßnahme noch nicht ausreichend ist, aber ich denke, sie bringt trotzdem etwas. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass sich hierbei die früher stark kritisierte Dezentralisierung der Jugendgerichte durchaus positiv auswirkt. Sowohl die Zusammenführung von Zivil- und Strafgericht – insbesondere Familien- und Strafrichter – als auch die Erzielung verkürzter Dienstwege hat sich bewährt. Das Fachamt Straffälligen- und Gerichts
hilfe fasst alle bisher in der Justizbehörde und in den sieben Bezirksämtern angesiedelten Dienste zusammen. Außerdem konnten jetzt auch die Zuständigkeiten bei der Jugendgerichtshilfe den regionalen Zuständigkeiten der Amtsgerichte angepasst werden. Der einzelne Sachbearbeiter kann sowohl weiterhin regional praktizieren als auch mit den örtlichen Diensten zusammenarbeiten.
Als Ergebnis der Beratungen im Rechtsausschuss ist soweit festzustellen, dass das Bearbeitungsgerüst der Jugendstaatsanwaltschaft und die Zusammenarbeit mit Jugendgerichtshilfe, Familieninterventions-Team und anderen Beteiligten stimmen. Sie sind keinesfalls als zu lasch zu bezeichnen. Sofern manches Urteil der Gerichte in der Vergangenheit in den Medien bemängelt wurde, so ist dieses in der Öffentlichkeit möglich. Aber ich muss festhalten, dass das Parlament einer solchen Einzelfallkritik kritisch gegenübersteht. Wir halten uns an den Gewaltenteilungsgrundsatz und können nur generelle Missstände prüfen, aber nicht in den Einzelfall hineinregieren.
Ich kann abschließend feststellen, dass die Bearbeitungsqualität von Professionalität und Sorgfalt zeugt. Dabei soll es bleiben. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist an sich lohnend und begrüßenswert, dass die Bürgerschaft sich mit der Arbeit der Jugendstaatsanwaltschaft und damit im Zusammenhang mit der Arbeit der Gerichte und Behörden, die sich mit Jugenddelinquenz beschäftigen, befasst. Wenn man sich allerdings den Vorspann der Großen Anfrage der CDU und die Einzelfragen anschaut, erkennt man sehr schnell, dass diese Anfrage dem Ziel diente, wohlfeile Vorurteile zu unterfüttern – salopp gesagt –, nach denen Weicheier und Sozialträumer in der Justiz und den Ämtern das gebotene harte Vorgehen gegen jugendliche Straftäter behindern oder vereiteln.
In den drei Sitzungen des Rechtsausschusses von Oktober bis Dezember letzten Jahres wurden die CDUAbgeordneten nicht müde, zu versuchen, die Auskunftspersonen in diesem Sinne zu überführen, um es einmal im Ermittlerjargon zu formulieren. Ich kann vorwegnehmen, dass es ihnen nicht gelungen ist. Im Gegenteil – Sie müssten, wenn Sie ein ehrliches Fazit ziehen – insofern bin ich Ihnen dankbar, Frau Spethmann –, anerkennen, dass bei den Dienststellen der Staatsanwaltschaft, bei der Jugendgerichtshilfe und bei den Ämtern durchweg gute Arbeit engagiert geleistet wird.
Die SPD hat keine Scheu, das so auszusprechen. Ich freue mich, dass die CDU das nunmehr offenbar auch so sieht.
Es sind aber auch Strukturprobleme und Schwächen des Systems erkennbar geworden, die allerdings bei der Fokussierung des Themas auf die Jugendstaatsanwaltschaft nicht erschöpfend erörtert werden konnten. Ich meine auch, dass es beachtlich ist, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit vom Eingang bis zur Anklageerhebung im Jugenddezernat pro Fall nur 33 Tage beträgt.
Leider besagt diese Zahl – 33 Tage – aber nichts über die Dauer des sich daran anschließenden Gerichtsverfahrens. Danach hatte die SPD in einer Kleinen Anfrage vom Juli 2006 gefragt. Es erwies sich danach, dass die durchschnittliche Dauer der Verfahren ab Eingang bei der Staatsanwaltschaft bis zur Beendigung beim Gericht sich nicht verkürzt hat, sondern insbesondere bei Verfahren vor dem Landgericht drastisch verlängert hat.
2002 lag die Dauer bei Verfahren in erster Instanz noch bei 8,4, 2003 bei 16,8, 2004 bei 13,3 und 2005 bei 16,2 Monaten. Dass hierauf nur 33 Tage auf den Zeitraum vom Eingang bei der Staatsanwaltschaft bis zur Anklageerhebung entfallen, ist zwar eine gute Erkenntnis aus den Ausschussberatungen – das will ich noch einmal betonen –, im Ergebnis sind aber diese Zeitspannen von über einem Jahr gerade für jugendliche Straftäter viel zu lang. Hinzu kommt, auch das haben die Ausschussberatungen erneut bestätigt, dass die beschleunigten und die vereinfachten Jugendverfahren kontinuierlich rückläufig sind. Eine konsequente Offensive für zeitnahe Reaktionen und Sanktionen auf begangene Straftaten sieht meines Erachtens anders aus.
Immerhin gab es die eine oder andere Anregung. Im Bereich der Jugendhilfemaßnahmen könnte die Harmonisierung zwischen den Maßnahmen der Jugendgerichtshilfe und denen der Allgemeinen Sozialen Dienste optimiert werden. Für das FIT, das sich als InterventionsJugendamt versteht, erklärte der entsandte Vertreter, es sei für die Zukunft wünschenswert, dass eine FIT-Fachkraft als Verfahrensbeteiligter in die Verhandlung vor dem Jugendamt einbezogen wird. Über diese Vorschläge wird man nachdenken müssen.
Ich meine, dass die Dauer der Verfahren insbesondere vor dem Hintergrund des besorgniserregenden Anstiegs der Gewaltkriminalität jugendlicher Straftäter noch einmal überdacht werden muss. Solange der Senat hier nicht nachhaltige Verbesserungen in Angriff nimmt, müssen die Beteuerungen der Senatoren Lüdemann und Nagel als bloße Lippenbekenntnisse begriffen werden. Bereits im Sommer letzten Jahres hat die SPD nach den Auswirkungen der Dezentralisierung der Jugendgerichtsbarkeit gefragt. Die Antwort ergab, dass mögliche Auswirkungen gar nicht untersucht worden seien. In den Beratungen des Ausschusses gab ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe an, dass sich die Geschäftsorganisation nun deutlich schwieriger gestalte. Es bleibt zu hoffen, dass der Senat solche Maßnahmen zeitnah evaluiert und sich konkrete Verbesserungen alsbald belegen lassen.
Bei den Beratungen über die Jugendgerichtshilfe, auch im Zusammenhang mit dem Interventions-Team, FIT, kam es den CDU-Abgeordneten darauf an, einer angeblichen Versorgungslücke und einem angeblich gemachten Vorwurf, es sei in Einzelfällen zu Tatverbrüderungen zwischen den Mitarbeitern der Jugendgerichtshilfe und den Tätern gekommen, nachzugehen. Beides erwies sich als falsch. Über alle diese Dinge wird man noch nachdenken und daraus dann Schlüsse ziehen müssen. Ich will nur noch eins hinzufügen: Neben raschem Handeln ist auch die Begleitung und die Hilfestellung für straffällige Jugendliche erforderlich. Verurteilungen allein verhindern noch lange nicht, dass neue Straftaten begangen werden. Wir werden sehen, wann und mit welcher Wirkung der
Senat seine angekündigte Vernetzungsoffensive – ohne zusätzlichen Personalaufwand, wie er meint – umsetzt.
Ich fasse zusammen: Der Versuch der CDU, die Arbeit der Jugendstaatsanwaltschaft zu diskreditieren ist gescheitert. Die Beratungen haben aber gezeigt, dass dort gehandelt werden muss, wo Zielvorstellungen wie verstärkte Bekämpfung von Jugendgewalt oder Beschleunigung der Gerichtsverfahren verfehlt werden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.