Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

Ich möchte Ihnen einfach mal auf die Sprünge helfen. 1996 bis 1999 ist das Stellensoll des ASD von 280,4 auf 255,7 Stellen reduziert worden. Das sind knapp 25 Stellen. In diesem Zeitraum sind die Vakanzen nicht unter den Wert von 13,1 gefallen. Die CDU hat das Stellensoll wieder auf 269,7 erhöht und wir verbuchen – hören Sie genau hin – eine Vakanz von 0,07 Stellen.

(Lars Dietrich CDU: Ah, so sind die Zahlen!)

Ich stelle fest, Sie übernehmen keine Verantwortung für Ihre Fehler. Der von Ole von Beust geführte Senat ist es, der eine soziale Wende für diese Stadt bewirkt hat.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Im Gegensatz zu Ihren Kürzungen im Kinder- und Jugendhilfebereich hat die CDU in den Jahren 2001 bis 2006 37 Millionen Euro neu investiert. Das ist die Wahrheit, der Sie sich stellen müssen und worüber die Öffentlichkeit auch informiert sein muss.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Mit den Eltern-Kind-Zentren, Herr Kienscherf, schaffen wir ein Beratungs- und Bildungsangebot für Kinder und Eltern.

Wir fördern sowohl soziales Lernen als auch die Stabilisierung der emotionalen Eltern-Kind-Beziehungen. Wir motivieren Menschen zur Selbsthilfe, versuchen isolierte Lebenssituationen aufzubrechen und fördern damit die Stärken der ausgewählten Quartiere und gleichen deren Schwächen aus.

Wir fördern mit den Eltern-Kind-Zentren frühe Bildung und stärken die Erziehungskompetenz der Eltern.

(Dirk Kienscherf SPD: Überall?)

Aufgrund der Stadtteileinbindung wird es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Eltern-Kind-Zentren gelingen, hilfsbedürftige Familien gezielt anzusprechen. So werden wir familiäre Situationen, bei denen es Signale gibt, die auf Überforderungen, psychische Belastung, Gewalt oder gar Gefährdung des Kindeswohls hindeuten, so frühzeitig erkennen und Hilfsmaßnahmen einleiten können.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann brauchen wir ja gar nichts mehr!)

Der Ansatz der aufsuchenden Arbeit ist in dem Konzept der Eltern-Kind-Zentren verankert. Ebenso sind die Familienhebammen, die Stellen der Taskforce und das Mobilitätsprogramms des ASD sowie die Welcome Center weitere Beispiele für eine serviceorientierte und präventive sozialpolitische Arbeit. Die von uns zusätzlich investierten Finanzmittel – das muss ich gar nicht noch einmal erwähnen – wurden Ihnen in der Haushaltsdebatte im letzten Dezember ausführlich vorgetragen.

Wir unterstützen mit dem Projekt "Lebenswerte Stadt" Menschen, die unter besonderer Belastung leben. Wir vernetzen die Behörden und die vor Ort arbeitenden Träger und Einrichtungen. Wir geben damit den Quartieren wieder eine aussichtsreiche Perspektive.

(Beifall bei Lars Dietrich CDU)

Frau Blömeke und Herr Kienscherf, eine letzte Bemerkung: Der Fall in Osdorf, der sich vor einigen Tagen ereignet hat, ist schrecklich. Ich glaube, hier sind wir alle einer Meinung. Aber diesen Fall zu einer Abrechnung mit der hervorragenden Regierungsarbeit der CDU zu nutzen, ist stillos und angesichts eines Menschenlebens zynisch.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Veit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt diese hübsche Geschichte von Henry Ford, der einmal versucht hat, den Unterschied zwischen Hühner- und Enteneiern zu erklären. Geschmacklich und vom Nährstoffgehalt sei der Unterschied nicht groß, hat er gemeint.

(Barbara Ahrons CDU: Die einen gackern dabei!)

Genau Frau Ahrons, während die Ente still ihre Eier legt, macht die Glucke bei jedem einzelnen Ei ein unheimliches Gegacker. Daran läge es – meint Ford –, dass alle Welt Hühnereier anstatt Enteneier essen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Bitte keine Missverständnisse! Ich möchte weder die Senatorin noch Frau Strasburger mit einer Glucke verwechseln. Ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass die CDU und der Senat jetzt offenbar den Plan verfolgen, jede einzelne Familien- und sozialpolitische Maßnahme als große Neuerung, Errungenschaft und Wohltat zu präsentieren. Mit Werbung allein löst man die Probleme nun einmal nicht, die Sie zum Teil erst geschaffen haben. Hierauf komme ich gleich zurück.

Frau Strasburger, ich möchte noch eine Bemerkung zum Thema schnelles Handeln machen. Ihr Antrag vom 24. August zu diesem Thema war nicht neu.

(Olaf Ohlsen CDU: Komm' mal zum Thema!)

Sie haben lediglich am 24. August die Tatsache begrüßt, dass der Senat sich bereits mit den Planungen zu diesem Thema beschäftigt hat.

(Christiane Blömeke GAL: Genau, das andere ist Jahre her!)

Wir haben uns vor fast zwei Jahren nach dem Tod von Jessica aus Jenfeld intensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir gerade solche Kinder, die keine Kita besuchen, besser in den Blick bekommen. Meine Fraktion hat hier eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die Sie alle abgelehnt haben. Die U-Untersuchungen lehnen Sie leider heute noch ab.

Ein Vorschlag war auch, nach dem Vorbild der britischen Early Excellence Centres offene Angebote für Kinder und Eltern zu unterbreiten und diese mit Elternbildung und Kinderbetreuung zu koppeln. Aufsuchende Sozialarbeit sollte das Angebot ergänzen.

Sie, meine Damen und Herren von der CDU, waren seinerzeit skeptisch. Nun hat der Senat an die Idee angelehnt und eine Art "Early Excellence Centre Light" geplant. Um es vorwegzunehmen, das ist besser als nichts und daher begrüßen wir auch die Maßnahme. Was wir vor allem begrüßen, ist das Engagement, mit dem sich die Träger in Hamburg diesem Thema zuwenden.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke und Claudius Lieven, beide GAL)

In der Senatsdrucksache ist die Zielgruppe für diese Aktionen ziemlich klar beschrieben. Es geht um Familien, die sozusagen kurz vor der Kindeswohlgefährdung stehen. Es geht um Eltern, deren elterliche Erziehungskompetenz gestärkt werden soll. Auch aufsuchende Sozialarbeit – Sie nennen es jetzt nachsuchend – ist Bestandteil des Konzeptes, weil die betreffenden Eltern oftmals anders nicht erreicht werden können.

Natürlich soll das alles auch mehrsprachig geschehen. Familien mit Migrationshintergrund sollen künftig durch eine auf ihre jeweilige Herkunft gerichtete Ansprache an die Angebote der neuen Eltern-Kind-Zentren herangeführt werden. Das klingt wirklich großartig.

(Lars Dietrich CDU: Das ist auch schlau!)

Skeptisch macht allerdings, dass Sie das alles mit ganzen 27 Personalwochenstunden pro Einrichtung erreichen wollen.

(Christiane Blömeke GAL: Nein, 19. Das sind viel weniger!)

An den drei Tagen pro Woche, an denen eine solche Einrichtung für je vier Stunden geöffnet sein wird, sollen sich anderthalb Erzieherinnen und Erzieher um 13 Kinder und ihre Eltern beziehungsweise Familien kümmern. In dieser Zahlenkonstellation wird das sicherlich eine spannende Veranstaltung werden.

Die Experten der EU-Kommission, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, haben ganz eindeutige Empfehlungen für Unter-Dreijährige herausgegeben. Dort heißt es, dass die Gruppen bei einer Erzieherin pro drei Kinder aus acht Kindern bestehen sollten und nicht mehr. Sie packen 13 anstatt acht Kinder in die Gruppe

(Lars Dietrich CDU: Wer hat das empfohlen, Frau Veit?)

und eine Erzieherin muss sich dann um acht bis neun Kinder und ihre Eltern kümmern. Das ist sehr mutig, Frau Senatorin, denn das sind für die besonders schwierigen und problematischen Kinder noch schlechtere Bedingungen, als sie im Landesrahmenvertrag für die Kindertagesstätten enthalten sind.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Irgendwie haben Sie das offenbar auch selbst erkannt, denn Sie gehen in der Drucksache davon aus, dass die Aktivitäten der neuen Zentren dazu führen werden, dass zusätzliche Krippen-Gutscheine ausgegeben werden müssen. Eigentlich müsste es heißen: "wieder ausgegeben werden müssen".

675 000 Euro für 2007 und das doppelte für 2008 setzen Sie für diese neuen Krippenplätze ein. Das sind ungefähr 130 Krippenplätze für die benachteiligten Stadtteile Hamburgs, von denen Sie ausgehen, Frau Strasburger. Hiermit erreichen Sie nicht einmal den Stand, den wir Ihnen 2001 hinterlassen haben. Das ist wirklich traurig.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL)

Wir haben das schon des Öfteren besprochen, aber das ist bei Ihnen offenbar nicht angekommen oder völlig in Vergessenheit geraten, dass – seitdem Sie regieren – der Versorgungsgrad im Krippenbereich in diesen 13 Stadtteilen mit besonderen sozialen Problemlagen um 10 Prozent real gesunken ist. Wenn Sie nur die Krippenplätze, die wir Ihnen hinterlassen haben, gehalten hätten, müssten wir genau in diesen Stadtteilen rund 150 Krippenplätze mehr haben. Hier kommen Sie unter dem Strich schon mal auf ein Minus von 20 Plätzen.

Sie haben nicht nur diese Plätze in den Stadtteilen mit den von Ihnen per Lippenbekenntnis erkannten sozialen Problemlagen abgeschafft, sondern Sie haben auch um

verteilt. Das, Frau Strasburger, ist in der Tat eine soziale Wende.

In den übrigen Stadtteilen ohne soziale Problemlagen gibt es inzwischen 25 Prozent Krippenplätze mehr. Wenn Sie diese Steigerung auch in den benachteiligten Quartieren mitgemacht hätten, müssten dort nochmals rund 350 Krippenplätze mehr sein. Sie haben also eine Differenz von 500 Krippenplätzen in Billstedt, Billbrook, Dulsberg, Horn, Jenfeld, Lohbrügge, Lurup, Rothenburgsort, St. Georg, St. Pauli, Steilshoop, Veddel und Wilhelmsburg. Sie bewilligen großzügig 130 Plätze mehr, und durch welchen Rost – das ist Ihre Formulierung – die übrigen 370 Plätze fallen, ist Ihnen offenbar egal.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)