Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Husen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe eine Theorie, warum weder Sie zum Gesundheitsbereich Anträge vorgelegt haben noch Sie, Herr Krüger, in Ihrer Rede sich mit dem Gesundheitsetat überhaupt beschäftigt haben. Es gibt dazu gar keinen inhaltlichen Grund.

Die Gesundheitspolitik der CDU besteht nämlich eigentlich nur aus Sparen, Sparen, Sparen und das quasi, ohne Rahmenbedingungen, Zielvorstellungen oder irgendetwas anderes zu definieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Man kann beispielsweise feststellen, dass die Fortschreibung der Drogenpolitik funktioniert: konzeptlos und Zahlenspiele ohne Rahmenbedingungen. Dazu gehört übrigens auch – das wurde in der innenpolitischen Debatte schon gesagt –, dass es in Hamburg keine verlässlichen Zahlen darüber gibt, wie viele Drogenabhängige, Drogendealer und offene und versteckte Drogenszenen es eigentlich gibt.

Schon das FOGS-Gutachten hat festgestellt, dass die staatlichen Suchtberatungsstellen im Gegensatz zu den Freien Trägern nicht in das Leistungssystem eingebunden sind. Das bedeutet, dass die staatlichen Beratungsstellen im Gegensatz zu den Freien Trägern keine Zielvorgaben entwickeln und im Zweifelsfall eben auch nicht nachweisen müssen, dass sie sie einhalten.

Die Wirtschaftlichkeit, die Sie immer so hochhalten, wird aber auch mit der Verabredung und der Kontrolle von Zielvereinbarungen erreicht. Das gilt erst recht für Behörden und für politisch Verantwortliche. Das sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein weiteres Negativbeispiel ist Ihr Prestigeobjekt Wüstenrothaus. Der Bürgerschaft liegt immer noch keine detaillierte Kostenplanung für die Zukunft und noch keine Aufstellung für die bisher erfolgten Kosten vor. Es ist ohne Weiteres möglich, dass im Jahre 2005/2006 – um den zukünftigen Haushalt anzusprechen – die globalen Minderausgaben von 850 Millionen Euro pro Jahr sehr wohl zu Lasten der allgemeinen Suchthilfe in Hamburg gehen.

Nicht nur im Drogenbereich wird erst entschieden und dann geplant. Hier möchte ich ein Thema ansprechen, das auch schon Herr Kretschmann angesprochen hat: Die Argumente für eine LBK-Mehrheitsprivatisierung wechseln ungefähr alle paar Wochen.

Am Anfang waren es die Altlasten, die eine sofortige Privatisierung nötig gemacht haben, dann war plötzlich das Management schuld, als klar war, dass die Altlasten unter Umständen nicht als Sündenbock herhalten konnten. Mittlerweile – Herr Wersich hat das auf der gestrigen Veranstaltung bei Ver.di gesagt – ist es angeblich die Einführung des DIG-Systems, die den LBK vor allergrößte Probleme stellt, weshalb Asklepios unbedingt das Ruder übernehmen müsse. Er hat nicht ein Wort darüber

verloren, dass der LBK von allen Krankenhäusern in Hamburg – wenn nicht sogar deutschlandweit – in Bezug auf die Umstellung auf das DIG-System wahrscheinlich am allerbesten aufgestellt ist und sich deshalb Asklepios die Finger nach diesem Unternehmen leckt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir dürfen also gespannt sein, welche Argumente wir in der Sommerpause zu hören bekommen werden. Wir werden sie bestimmt genauso schnell widerlegen, wie wir das bisher auch immer getan haben.

Besonders zu bedauern sind übrigens in der CDU-Politik die Kinder aus sozialschwachen Familien. Die Einsparungen gerade im Bereich der Kinderkuren führen die vermeintlichen Schwerpunkte des Senats in der Gesundheitsprävention bei Kindern absolut ad absurdum.

Zuletzt steht der Senat der Kostenexplosion im Maßregelvollzug hilf- und planlos gegenüber. Der neue Maßregelvollzug führt zu den alten geschlossenen Anstalten ohne psychotherapeutisches Konzept. Dazu passt übrigens auch, dass die sozialtherapeutischen Vollzugsanstalten Altengamme und Bergedorf aufgegeben werden. Stück für Stück werden die Netze, die psychisch Kranke und andere hilfsbedürftige Strafgefangene aufgefangen haben, auch zum Schaden der Allgemeinheit von Ihnen kaputt geschnitten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass angesichts dieser Haushaltsberatung eine inhaltliche Bewertung der Gesundheits- und Drogenpolitik des Senats fast unmöglich ist, weil es sich nicht lohnt, leere Fragen zu kommentieren. Wenn man allerdings Rückschlüsse von der Finanzplanung auf Ihre inhaltliche Planung zieht, dann ist klar, dass Sie weder bereit sind, mögliche Kostenersparnisse durch anständige Präventionspolitik in Betracht zu ziehen als auch Ihre ganzen Hilfeversprechen für Süchtige und Bedürftige in dieser Stadt Lippenbekenntnisse bleiben werden, weil ihnen keine Finanzierung gegenübersteht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Böttger.

Liebe Frau Husen, lieber Herr Kretschmann! Eigentlich müssten Sie – so Leid es mir wirklich tut, dies feststellen zu müssen – einen Blindenhund an der Leine führen.

(Lutz Kretschmann SPD: Meine Augen sind noch sehr gut!)

Anders kann ich mir Ihre Beiträge zu der Problematik der Drogenpolitik in Hamburg nicht vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt kaum ein Gebiet in der Hamburger Politik, bei dem nicht deutlich geworden ist, dass der Regierungswechsel Denkblockaden aufgebrochen hat und es zu tatsächlichen Veränderungen in dieser Stadt gekommen ist.

(Petra Brinkmann SPD: FOGS-Gutachten!)

Ich darf einmal kurz in Erinnerung bringen, in welcher Ausgangslage wir im Jahr 2002 waren.

(Petra Brinkmann SPD: Wo denn?)

Hamburg war die Hochburg illegaler Drogen in Deutschland mit Europas größter, offener Drogenszene.

(Dr. Willfried Maier GAL: Wir sind tief beeindruckt!)

Ich weiß, Herr Maier, Sie mögen das nicht hören. Aber hören Sie sich das doch bitte einmal zu Ende an.

Die Gesamtzahl der Abhängigen von illegalen Drogen betrug circa 10 000 bis 15 000.

(Doris Mandel SPD: Das würden wir gern mal se- hen!)

Lassen Sie mich freundlicherweise einmal ausreden.

Es gab ein Zuständigkeitswirrwarr mit zum Teil gegenläufigen Maßnahmen und fehlender Abstimmung zwischen den Hamburger Behörden. Der Cannabiskonsum – hier sollten die Grünen besonders gut zuhören – von Kindern und Jugendlichen wurde verharmlost. Man sollte es sogar noch in Apotheken für jedermann zugänglich machen.

(Beifall bei der CDU)

Es fehlten Angebote für Crackkonsumenten. Jugendliche mit einem Mischkonsum illegaler und legaler Rauschmittel gerieten ungehindert in die offene Drogenszene. Einrichtungen sprachen in diesem Zusammenhang von mehreren hundert Straßenkids. Die Zahl der Drogentoten hatte im Verhältnis zur Einwohnerzahl einen Spitzenwert inne. Haben Sie das alles schon vergessen? Das kann es doch wohl nicht sein.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben gehandelt. Wir haben die unzureichende Containerlösung Drob Inn aufgelöst und dafür das Beratungs- und Gesundheitszentrum St. Georg eingerichtet mit einer Ausweitung des Konsumraums, mit der Schaffung einer Nachtbetreuung von Crackkonsumenten, mit der Ausweitung von vollstationären Betreuungsangeboten, mit der Ausweitung der Öffnungszeiten bis 5 Uhr morgens. Wir haben schlecht frequentierte Konsumräume geschlossen und den FixStern durch eine ausstiegsorientierte Beratungsstelle im Schanzenviertel ersetzt.

Wir haben – wie Sie wissen – eine externe Evaluation in Auftrag gegeben, über dessen Ergebnis wir in Kürze anlässlich einer öffentlichen Anhörung auch noch diskutieren werden. Haben Sie das alles schon vergessen?

Wir haben die Umsetzung des Heroinmodells am Standort Högerdamm vorangetrieben. Wir haben behördenübergreifend ein Handlungskonzept Drogen mit einer klaren Ausstiegsorientierung verabschiedet. Wir verfügen über ein konsequentes Konzept zur Verfolgung des Drogenhandels und der Auflösung der offenen Szene. Haben Sie das alles schon vergessen, Frau Mandel?

(Beifall bei der CDU)

Haben Sie auch schon vergessen, dass beispielsweise die Anzahl der inhaftierten Drogendealer deutlich in die Höhe gegangen ist? Es hat sich nichts verbessert? – Da kann ich nur lachen.

(Beifall bei der CDU)

Wollen Sie freundlicherweise einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Zahl der Drogentoten in dieser Stadt auf den niedrigsten Stand

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Können Sie mal einen anderen Ton anschlagen?)

Denken Sie bitte an Ihren Blutdruck.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie auch! Sie brüllen nur!)