Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

(Beifall bei der CDU)

Uns ist dabei wichtig, dass wir die Drogenhilfe als eine übergeordnete Aufgabe betrachten, die nicht – wie in der Vergangenheit – an den Reibungsflächen zwischen den Behörden leidet, denn nur gemeinsam werden wir die Probleme lösen und nur so werden wir das Drogenhilfesystem effizient und ausstiegsorientiert gestalten. Hierauf werden wir einen Schwerpunkt unserer Arbeit legen und so werden wir den frühzeitigen Einstieg von Kindern und Jugendlichen in kritische Konsummuster vermeiden.

Eine drogenfreie Großstadt mag eine Illusion sein. Aber das Ziel einer drogenfreien Kindheit und Jugend können wir durch verbesserte Präventionen und Frühinterventionen erreichen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch hier ist für uns die finanzielle Situation der Stadt eine Herausforderung. Wir müssen intensiv prüfen, in welchem Umfang welche Aufgaben in der Drogenhilfe in Hamburg noch finanzierbar sind. Wir verfügen zwar über ein gut ausgebautes Hilfesystem, aber trotz eines höheren Ressourceneinsatzes werden im Vergleich zu anderen Großstädten keine besseren Ergebnisse erzielt. Zu lange hat sich die Politik in Hamburg immer nur am Input messen lassen. Wir müssen aber auch auf die Ergebnisse achten

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wie wahr!)

und uns fragen, ob Hamburg beispielsweise die höheren Aufwendungen in der Psychosozialen Betreuung noch weiterhin finanzieren kann, ob sie zu besseren Ergebnissen führen oder ob wir hier nicht – wie auch am vergangenen Dienstag angekündigt – zu anderen Wegen kommen können.

Und damit bin ich bei meinem vierten Ziel angelangt, nämlich einer verantwortungsvollen Konsolidierung. Die für den Bereich Drogen und Sucht getroffenen Aussagen zur Aufgabenkritik gelten selbstverständlicherweise auch für die anderen Fachabteilungen meiner Behörde. Auch hier stehen wir in den nächsten Jahren vor erheblichen Herausforderungen. Daher will ich auch zum Schluss zwei Haushaltsrisiken nicht unerwähnt lassen.

Erstens: Die Entwicklung im Maßregelvollzug. Für Hamburg eine gesetzliche, aber auch sehr teure Aufgabe. Ich freue mich, dass wir trotz der gestiegenen Fallzahlen und der damit verbundenen Kostensteigerung jetzt eine realistische Planungs- und Finanzierungsgrundlage geschaffen sowie ein neues Gesamtkonzept zur Entlastung der Einrichtung entwickelt und umgesetzt haben. Hier sind wir mit einer offenen REHA-Station, einer forensischen Ambulanz und zusammen mit der BSF mit der Konzeption eines bedarfsorientierten Angebots für eine Nachsorgeeinrichtung auf dem richtigen Weg.

Zweitens: Die Entscheidung über einen privaten Partner beim LBK steht noch aus, und ich möchte zum Abschluss noch ganz bewusst auf dieses Thema zurückkommen. Natürlich stehen bei dieser Entscheidung die medizinische Versorgung sowie die Zukunftsperspektive für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBKs im Vordergrund. Das habe ich bereits dargelegt.

Gleichwohl und gerade im Rahmen einer Haushaltsdebatte können und dürfen wir die Haushaltsrisiken für Hamburg nicht verschweigen. Hätten wir diese Diskussion im letzten Jahr – wie geplant – an dieser Stelle geführt, dann hätten wir von einem Schuldenberg des LBKs in Höhe von 476 Millionen Euro gesprochen. Heute reden wir schon von geplanten Schulden für 2004 in Höhe von 565 Millionen Euro. 89 Millionen Euro Schulden mehr in einem einzigen Jahr. Wie, meine Damen und Herren von der Opposition, wollen Sie diese hier und heute in der Haushaltsdebatte unseren Bürgerinnen und Bürgern erklären, die aufgrund einer schwierigen Haushaltslage Einschränkungen in allen Bereichen hinnehmen müssen, wo es doch Alternativen gibt.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff und Uwe Grund, beide SPD: Sie behalten die Schulden ja noch!)

So werden wir weder die Zukunft der Hamburger Gesundheitsversorgung noch die Zukunft Hamburgs als Stadt gestalten. Eine Teilprivatisierung des LBK ist und bleibt unumgänglich.

(Beifall bei der CDU)

Die Stärkung der Metropole Hamburg ist unser übergeordnetes Ziel. Ich habe Ihnen dargelegt, wie die Bereiche Gesundheit und Verbraucherschutz dazu beitragen können. Ich gestehe Ihnen, unsere Ziele sind ehrgeizig gesetzt, aber durch unsere Politik können wir sie erreichen. Staatsrat Wersich, der heute auf der Gesundheitsministerkonferenz in Berlin sein muss, und ich sind zumindest bereit, uns diesen Herausforderungen zu stellen, und bitten hierfür um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Husen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Dräger, Gesundheitspolitik ist in erster Linie kein Wirtschafts- oder Kostenfaktor, sondern in erster Linie Garant für den Gesundheitszustand der Bevölkerung,

(Michael Fuchs CDU: Und das muss bezahlbar sein!)

der wiederum das Allerwichtigste ist, um eine hohe Lebensqualität in Hamburg zu erreichen.

(Beifall bei der GAL)

Schade, jetzt ist Herr Senator Nagel schon wieder weg. Bei ihm würde ich mich an Ihrer Stelle auf jeden Fall noch einmal kommunikativ melden, damit er Ihnen Ihre Patienten und Patientinnen aus dem arabischen Raum nicht von der Straße weg verhaftet, bevor sie es ins Krankenhaus geschafft haben.

(Beifall bei der GAL und bei Doris Mandel SPD)

Und jetzt zu Ihnen, Herr Böttger. Die Zahl der Drogenkonsumenten für Hamburg ist leider überhaupt nicht sicher evaluiert. Daher sind alle Ihre Aussagen darüber, dass diese Zahlen abgenommen haben, Hokuspokus. Es gibt vom Senat keine aktuellen Zahlen über die Anzahl der Drogenabhängigen in Hamburg.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie sagen, die offene Drogenszene war das Hauptberührungselement für Jugendliche und auch Erwachsene, um mit der Drogenszene in Kontakt zu kommen. Die versteckte Drogenszene, die Sie jetzt beispielsweise in U-Bahnen oder in Harburg am Bahnhof haben, die ist …

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Die gab es doch vor- her auch schon!)

In Harburg hat es diese vorher nicht so gegeben. Sie müssen mal mit Ihren Kollegen aus Harburg reden, die können bestätigen, dass sie zugenommen hat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie können auch mit meinen Kollegen aus Harburg reden, wenn Sie denen vielleicht eher vertrauen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Sie haben ja keine Ahnung!)

Aber Sie haben eine Ahnung, na prima.

Mittlerweile wird in Harburg doch schon diskutiert, ob man die nach Harburg gekommene Drogenszene nicht über die Stadtgrenze hinausschubsen kann, damit sie nicht mehr in Hamburg ist. So sieht es doch aus in der Debatte.

(Beifall bei der GAL)

Außerdem bedeutet gemischter Drogenkonsum – was hier gerade gesagt wurde – in den allermeisten Fällen Alkohol plus psychoaktive Substanzen und nicht Cannabis plus psychoaktive Substanzen. Gegen Alkohol, da sind wir uns wahrscheinlich auch alle einig, kann man eine ganze Menge tun. Da kann Präventionsarbeit eine ganze Menge leisten. Das werden Sie nur nicht umsonst

bekommen und Sie werden das erst recht nicht bekommen, wenn Sie nicht den Jugendschutz in Hamburg besser durchsetzen. Aber das Wort war Ihnen nicht einmal eine Erwähnung wert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Und zu guter Letzt: Ausstiegsorientierung, wie sie beispielsweise auch im FOGS-Gutachten angesprochen wurde, wo ganz klar auch die Defizite der Ausstiegsorientierung benannt werden, werden Sie auch nicht zum Nulltarif bekommen. Da fehlt mir im Augenblick noch die Gegenüberstellung einer soliden Finanzierungsgrundlage zu den ganzen Luftschlössern, die Sie hier aufbauen. Ich bin mal gespannt, ob Sie den Bürgerinnen und Bürgern dazu noch etwas erzählen werden. – Dankeschön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Dräger, bisher durfte ich immer mal wieder lesen, Sie seien so etwas wie der Jungstar des Senats. Nach Ihrer Rede heute, die aus nichts anderem bestand, als aus einer sauber formulierten Aneinanderreihung von Plattitüden ohne jede konkrete Aussage, kann ich das beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zum LBK – Sie sagen, der LBK brauche einen finanzstarken und kompetenten Partner. – Stimmt. Es sei notwendig, dass ein Teil davon verkauft werden solle. – Stimmt. Sie sagen aber überhaupt nichts darüber, nach welchem Modell dieses durchgeführt werden soll. Wenn Sie den Verkauf nach dem unsäglichen Modell – dargestellt in dieser Verkaufsdrucksache vom letzten Dezember, an der Sie noch nicht als Gesundheitssenator, aber im Senat sitzend beteiligt waren – durchführen wollen, hätte das nichts anderes gebracht, als dass alle Lasten des LBKs bei der Stadt verbleiben und die Stadt bestenfalls 20 Millionen Euro überwiesen bekommt. Wenn das ein finanzstarker Partner ist und wenn Sie das unter finanzstarker und kompetenter Beteiligung verstehen, dann bitte. Aber im Hinblick darauf, die Stadt zu entlasten, macht diese Aktion keinen Sinn. Im Gegenteil.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Geschichte mit dem defizitären LBK. Nur dort, wo diese Altlasten jedes Jahr immer wieder neu dazukommen, wird er defizitär. Sie selbst haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, das feststellte, dass das laufende Geschäft heute schon schwarze Zahlen schreibt. Nehmen Sie doch darauf endlich Rücksicht und reden Sie ihn nicht schlecht, wo Sie doch kurz davor stehen, ihn teilweise oder ganz verkaufen zu wollen. Sie hätten heute die Gelegenheit gehabt, etwas dazu zu sagen. Sie haben nichts gesagt, sondern sich wortreich drum herum gemogelt.

(Beifall bei der SPD)

Heute und hier wäre die Gelegenheit, heute und hier hätten Sie reden müssen. Aber Sie mogeln sich drum herum.

Zur Drogenpolitik: Drogenfreie Kindheit, das ist das große Schlagwort der CDU. Was tun Sie als Erstes? Seit zwei

Tagen wissen wir, dass Sie Kindern aus schwierigen Verhältnissen, die aus dieser Umgebung für eine gewisse Zeit herauskommen und betreut werden könnten, die Mittel streichen.