Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Plan, den die CDU vorlegt hat, und eine sehr kleine Rede, mit der sie das begründet.

(Beifall bei der GAL)

Herr Kruse hat in zwei Punkten den Vorschlag, den wir gemacht haben, kritisiert: Einerseits würden wir kein konkretes Datum nennen, wann es losgehen soll, weil wir gesagt haben, die Finanzbehörde wollen wir mit in der Verantwortung haben, sie soll ein Datum nennen und dann entscheidet die Bürgerschaft. Zum Zweiten hat Herr Kruse gesagt, wir schlügen Ihnen heute das Schweizer Modell vor. Das trifft nicht zu. Wir schlagen Ihnen gegenwärtig gar nicht das Schweizer Modell vor, sondern sagen, das soll geprüft werden, denn wir halten das für die Zukunft für die günstigste Lösung. Im Moment können wir das gar nicht beschließen.

Was wir Ihnen heute zur Beschlussfassung vorschlagen, ist eine Alternative zu dem Satz, der bei Ihnen lautet: Der Haushaltsplan ist ohne Einnahme aus Krediten auszugleichen. Wir schlagen dafür Folgendes vor: Eine Kreditaufnahme zur Finanzierung öffentlicher Investitionen der Stadt Hamburg ist nur zulässig, wenn die Investitionsausgaben die Summe aus kalkulatorischen Abschreibungen und Veräußerungserlösen übersteigt. Kredite dürfen also maximal in Höhe der um Abschreibungen und Veräußerungserlöse bereinigten Investitionen vorgenommen werden. Das ist die Gesetzesformulierung, die wir anstelle der Ihren haben wollen. Um diese Alternative dreht es sich, wozu Herr Kruse leider kein Wort verloren hat.

Ich verstehe aber ein bisschen, warum er dazu kein Wort verloren hat. Schauen Sie sich einmal die Überschrift zu Ihrem Antrag an. Da steht

"Nachhaltige Haushaltspolitik für die wachsende Stadt: Neuverschuldung beenden, Vermögen für die folgenden Generationen sichern"

Es sind drei Punkte, die Sie sich vornehmen, und alle drei Punkte verfehlen Sie mit Ihrem Antrag. Fangen wir von hinten an: Vermögen für die folgenden Generationen sichern. Was tun Sie in Ihrem Antrag für die Sicherung des Vermögens der Stadt? - Nichts. Zum Thema Vermögensveräußerungen gibt es in Ihrem Antrag kein einziges Wort. Der Senat verfährt aber seit sechs Jahren so, dass er die Verschuldung zu verringern versucht, weil er gleichzeitig erheblich Vermögen verkauft hat. Das heißt, die Bremse, die Sie einführen, ist vom Senat schon längst durch Vermögensverkäufe umgangen. Wenn Sie diese Bremse nur an einem Rad anbringen, steht der Wagen quer - und die Stadt verliert Vermögen. Das passiert gegenwärtig. Das heißt, wir wollen die Grenze strenger haben, als Sie sie heute beschließen wollen. Diesen Punkt verfehlen Sie mit Ihrem Antrag.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Zweitens sagen Sie, Sie wollen eine nachhaltige Haushaltspolitik für die wachsende Stadt. Auch diesen Vorsatz verfehlen Sie. Wenn Sie für die wachsende Stadt eine nachhaltige Haushaltspolitik machen wollen, dann müssen Sie offenkundig in diese Stadt investieren. Es muss zusätzliches, neues Vermögen geschaffen werden und es kann nicht sein, dass die Schaffung neuen Vermögens durch einen Vorsatz, den Sie sich machen, behindert wird. Es müssen Kredite dann möglich sein, wenn sie nicht für Abschreibungen alten Vermögens verwendet werden oder aber durch Vermögensverkäufe überspielt werden. Sie sollen wirklich dazu dienen, das Nettovermögen der Stadt wachsen zu lassen. Wir sind dank der Einführung der Doppik, die wir gemeinsam beschlossen haben, aber wozu Sie die Initiative ergriffen haben, in der Lage, just diesen Vorgang regelmäßig zu prüfen. Wir können heute sagen, die Stadt hat im Jahre 2006 soundso viel an Abschreibung realisieren müssen und darum dürfen in der Größenordnung dieser Abschreibungen keine zusätzlichen Kredite aufgenommen werden, weil Vermögen verloren gegangen ist. Wir können darauf schauen, dass das, was wir mit den Krediten machen, nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Vermögensposition der Stadt führt, sondern zu einer Verbesserung oder zumindest zu einem Ausgleich, und uns Wachstum durch Nettokreditaufnahmen ermöglicht. Diese Möglichkeit schneiden Sie ab und das ist vor dem Hintergrund Ihrer Parole einer wachsenden Stadt unverständlich. Wie die Stadt wachsen soll, ohne dass städtisches Vermögen wachsen kann, ohne dass Sie für Zukunftsinvestitionen in eine Kreditierung hineingehen können, das kann Ihnen kein Unternehmer erklären. Frau Ahrons hätte ihr Geschäft nie aufgebaut, wenn sie nie hätte Schulden machen dürfen.

(Barbara Ahrons CDU: Wohl wahr!)

Kein Unternehmen arbeitet so, dass für Zukunftsinvestitionen keine Kreditaufnahme möglich ist. Das ist außerhalb der wirtschaftlichen Welt gedacht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Drittens sagen Sie "Neuverschuldung beenden ab 2013". Tatsächlich aber schreiben Sie in der Folge dessen, was Sie aufschreiben, eine Ausnahmeregel hinein, nämlich - knapp gesprochen - "wenn es die Konjunkturlage zulässt". Wenn sie es nicht zulässt, dann kann man mit Parlamentsermächtigung in die weitere Verschuldung gehen, beispielsweise wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht verletzt ist oder vergleichbar schwerwiegende Gründe vorliegen. Sie fordern für den Fall, dass Sie in die zusätzliche Verschuldung gegangen sind, keine Tilgung, sondern einen Tilgungsplan, aber Tilgungspläne kann man genauso gut lassen.

Das, was gegenwärtig im Bund debattiert wird und was wir als Schweizer Schuldenbremse debattieren, will etwas anderes, und zwar die gesetzliche Verpflichtung, dass das, was man sich beispielsweise aus konjunkturellen Gründen an Mehrausgaben über die Einnahmen hinaus geleistet hat, im Zeitraum von zwei oder drei Jahren zwingend abgebaut werden muss, um die Verschuldung aufzuheben. Das heißt, wir fordern mit der Schweizer Schuldenbremse eine härtere Regelung, wir fordern, dass nicht nur ein vager Plan existiert, sondern am Ende der Zwang besteht, dass in Phasen besserer Konjunktur Rücklagen gebildet und alte Schulden getilgt werden. Wie nötig das ist, merkt man an Ihrer aktuellen Haushaltspolitik.

(Walter Zuckerer SPD: Ja, das ist wohl wahr!)

Herr Kruse sagte, wie schön im Moment die Lage sei, man könne im Moment so gut sparen. Gucken Sie sich an, was Sie gegenwärtig in der Situation der Mehreinahmen mit Ihrem Senat machen. Wir haben Sammeldrucksachen und alle möglichen Nachtragsdrucksachen bekommen, die jetzt schon darauf hinauslaufen, in diesem Jahr zusätzlich Geld in einer Größenordnung von 36 Millionen Euro und im nächsten Jahr von 32 Millionen Euro auszugeben.

Was machen Sie, die großartigen Sparer vor dem Herrn, in einer Situation, in der die Konjunktur gut läuft und die Steuereinnahmen darum stärker steigen? - Sie erhöhen die Ausgaben und sagen uns, wir sollten stärker sparen, Sie würden die Fehler der anderen Partei oder die Fehler, die wir möglicherweise gemacht haben, nicht wiederholen. Das ist heuchlerisch, ein Schwur mit der Hand nach hinten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Man schüttelt verwundert den Kopf, wie Sie sich beides gleichzeitig vornehmen können.

Wenn man eine Schuldenbremse einführen will, dann muss es die zwingende Auflage geben, das, was in einer schlechten Lage mehr ausgegeben worden ist, in einer guten Lage wiederum einzusparen. Davor drücken Sie sich ausdrücklich. Das ist keine sonderlich Vertrauen erweckende Maßnahme.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir treffen eine Regelung, die in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen wird. Das heißt, jede Regierung, die noch ihre Tassen beieinander hat, kann sie mit einer absoluten Mehrheit aushebeln. Wenn sie den Bürgermeister gemeinsam gewählt hat, dann wird sie auch in der Lage sein, eine solche Regelung gemeinsam zu treffen.

Wir wollen aber eine Regelung erreichen, die uns für lange Jahre eine neue Stabilität des Hamburger Haushalts verschafft. Warum weisen Sie das Verlangen der Opposition zurück, eine striktere Regelung einführen zu wollen, als Sie sie gegenwärtig vorschlagen, obwohl es aufgrund einer günstigen Konstellation möglich wäre, das zu beschließen? Sie sind in dieser Konstellation, in der Sie hier sitzen, eine Regierung auf Abruf, vielleicht noch sieben Monate.

(Ralf Niedmers CDU: Träumen Sie schön!)

Später gibt es in diesem Hause eine irgendwie geartete andere Mehrheit.

(Dr. Andreas Mattner CDU: Das haben Sie vor vier Jahren auch gesagt!)

Eine Regierungspartei kann der neuen Mehrheit eine neue Grundlage mitgeben, auf der sie künftig arbeiten soll. Sie sollte darauf hinarbeiten, mit den anderen Parteien, die vermutlich noch in der Bürgerschaft sein werden, eine Regelung zu vereinbaren, sodass etwas Dauerhaftes im Fundament unserer Stadt verbessert wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dass Sie momentan keine Pressemeldung herausbringen können, die Ihnen vielleicht eine schöne Schlagzeile beschert, aber am Fundament der Stadt wirklich nichts

verbessert wird - heute bestünde diese Chance, dieses Fundament der Stadt in finanziellen Angelegenheiten sicherer zu machen -, das ist nicht immer so. Ich kann als Haushaltspolitiker sagen, dass Haushaltspolitiker immer einen anderen Ehrgeiz als andere Teile ihrer Fraktion haben. Sie achten immer stärker darauf, dieses Fundament zu sichern.

Wir sind ein Jahr vor dem nächsten Haushalt und können heute in der Bürgerschaft eine Mehrheit hinbekommen, indem wir alle gemeinsam eine Regelung finden, die strikter ist als die von Ihnen vorgeschlagene und die dennoch eine breite Mehrheit findet. Warum Sie diese Chance nicht ergreifen, ist mir nicht verständlich. Das ist Parteiegoismus, den ich überhaupt nicht begreife, zumal Ihre eigenen Gutachter Ihnen gesagt haben, so schlau ist das Verfahren nicht, das Sie gegenwärtig wählen. - Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Senator Dr. Freytag.

(Michael Neumann SPD: Ein guter Tag für Ham- burg!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen aufhören, auf Kosten unserer Kinder zu leben, und zwar jetzt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Dann fangen Sie mal gleich an!)

Der Senat hat zusammen mit der Mehrheitsfraktion ein klares Profil, und zwar drei wesentliche Schritte: erstens einen ausgeglichenen Betriebshaushalt - das haben wir bereits erreicht -, zweitens keine neuen Schulden - so schnell wie möglich - und drittens wollen wir endlich anfangen, den Altschuldenberg zu tilgen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg.

Ich wundere mich, Herr Marx und Herr Maier, warum Sie Ihren Antrag mit so viel Krokodilstränen vortragen. Ich frage mich, warum Sie nicht gehandelt haben, als Sie regiert haben. Da haben Sie nichts gemacht. Im Gegenteil. Sie haben Hamburg in die katastrophale Verschuldung hineingeführt. Wir haben Ihre Suppe auszulöffeln.

(Beifall bei der CDU)

Gucken wir uns einmal die Haushaltspolitik sozialdemokratisch geführter Senate in der Zeit von 1980 bis 2000 an. Nehmen wir den 20-Jahre-Zeitraum, in dem entweder die SPD allein oder mit Koalitionspartnern - zum Schluss mit den Grünen - regiert hat.

(Michael Neumann SPD: Jetzt weiß ich auch, wa- rum Sie die "Bild"-Zeitung so langweilig findet!)

Im Jahre 1980 betrug die Verschuldung 4,7 Milliarden Euro. Die SPD-geführten Senate haben es geschafft, die Verschuldung innerhalb von 20 Jahren zu vervierfachen.

(Doris Mandel SPD: Sie haben die Hälfte unseres Vermögens in vier Jahren verscherbelt!)

Sie haben die Verschuldung auf 17 Milliarden Euro hochgeschraubt und die Nettokreditaufnahme - also die Neuverschuldung - von 1980 bis 2000 verdreifacht. Heute ist die Neuverschuldung nur noch halb so hoch wie Ihre in Höhe von 82 Millionen Euro in 2000.

(Michael Neumann SPD: Das stimmt doch gar nicht! Schauen Sie sich einmal unsere öffentlichen Unternehmen an. Das sind doch alles Taschen- spielertricks!)

Wie hoch waren die Steuereinnahmen zu sozialdemokratischen Zeiten? Zwischen 1980 und 2000 haben sich die Steuereinnahmen mehr als verdoppelt. Sie haben also erhebliche Einnahmepositionen gehabt, aber Sie haben nichts daraus gemacht. Sie haben den Betriebshaushalt in Unordnung gebracht. Sie haben die Verschuldung in die Höhe geschraubt mit Folgen, die wir heute gemeinsam ertragen müssen. Die Zinsbelastung beträgt inzwischen allein aus Altverbindlichkeiten am Tag annähernd 3 Millionen Euro. Wir zahlen an Pensionslasten jedes Jahr - für die großzügige Einstellungspolitik sozialdemokratischer Senate insbesondere in den Achtzigerjahren - über 1 Milliarde Euro, inzwischen mit steigender Tendenz.

(Michael Neumann SPD: Genau, für die Polizisten. Das haben die verdient! - Ingo Egloff SPD: Wer hat denn 86 Stellen mit A13 geschaffen? Das wa- ren doch Sie!)

Das ist nicht das Ergebnis der Politik dieses Senats, sondern rot-grüne Altlasten, die wir jetzt bereinigen müssen.

(Beifall bei der CDU)