Protokoll der Sitzung vom 29.08.2007

(Lachen und Zurufe bei der CDU)

- Ja, lachen Sie, das ist der Skandal gewesen, der zwei Senatsvertretern in der 18. Wahlperiode das Amt gekostet hat.

Sie mögen es gar nicht mehr so genau erinnern, dass das im Prinzip die schwerste Senatskrise dieser Amtsperiode gewesen ist. Sie haben Herrn Meister entlassen, Sie haben Herrn Kusch entlassen, mit dem Sie am liebsten gar nichts mehr zu tun haben wollen. Das wird einfach verdrängt. Es war genau dieser Skandal und deshalb zeigt allein die Entlassung von zwei Senatsvertretern die Dimension dieser Affäre, die Sie heute nicht mehr wahrhaben wollen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sind der Sache an der Stelle auf den Grund gegangen. Wir haben nach den politischen Verantwortlichkeiten gefragt. Die politische Verantwortlichkeit, wie in den Behörden mit den Unterlagen umgegangen worden ist, liegt in den Chefetagen von Sozial- und Justizbehörde und vor allem in der Senatskanzlei. Hätte der Erste Bürgermeister - er ist jetzt nicht mehr da - die gleiche Messlatte an seine Stellvertreterin, an Sozialsenatorin Schnieber-Jastram, und an den Staatsrat der Senatskanzlei Schön gelegt wie an Kusch und Meister, dann hätten beide ebenfalls gehen müssen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Klar ist auch, der Nachweis der Täuschung von Parlament und Öffentlichkeit ist erbracht. Ich könnte Ihnen jetzt viele Kleine Anfragen vorlesen, in denen der Senat unvollständig und damit im Ergebnis wahrheitswidrig geantwortet hat und gegenüber der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden ist, man wolle den GedaschkoBericht veröffentlichen,

(Harald Krüger CDU: Gegenüber der Staatsan- waltschaft!)

obwohl in der Senatskanzlei der Beschluss gefasst wurde, ihn weiterhin nicht zu veröffentlichen. Sie sind damit mit der Öffentlichkeit und auch mit den Medien dieser Stadt Schlitten gefahren. Das will ich nicht noch einmal im Einzelnen belegen, Sie können es in dem Bericht nachlesen.

Ich möchte eine Sache besonders ansprechen, weil ich das persönlich für einen der schlimmeren Vorgänge in dieser ganzen Affäre halte, nämlich die Art und Weise, wie Staatsrat Schön mit Teilen des Gedaschko-Berichts und vor allem danach mit der Aufklärung dieser Vorgänge umgegangen ist. Er musste im PUA einräumen, dass er Teile dieses geheim gehaltenen Gedaschko-Berichts zur Protokollaffäre an die Medien lanciert hat, um einem Abgeordneten gezielt zu schaden. Er hat dann in der Aufklärung alle Register des Tarnens, des Tricksens und des Täuschens gezogen, um hier gegenüber der Öffentlichkeit die Zusammenhänge, die damit zu tun haben, zu verschleiern. Fangen wir mit dem Vorermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft an, das eingeleitet worden ist, als bekannt wurde, dass ein Teil an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Ein Vernehmungsbeamter der Dienststelle Interne Ermittlung - ein wirklich seltener Fall, dass ein DIE-Beamter in der Senatskanzlei aufschlägt, um eine Vernehmung durchzuführen - fragt den Staatsrat, wie das nun mit der Weiterleitung und mit der Teilveröffentlichung dieses

Berichts war. Aber Herr Schön hat den wesentlichen Punkt verschwiegen, nämlich dass er es war, der die Weiterleitung veranlasst hat. Ob er es selbst war oder ob es über seine Sekretärin geschah, ist am Schluss auch in der Vernehmung im Dunkeln geblieben. Das war der Anlass dieses Ermittlungsverfahrens. - Keine Zwischenfrage, Sie haben gleich Gelegenheit, auch noch etwas dazu zu sagen.

Das verheimlicht er der Dienststelle Interne Ermittlung. Warum eigentlich?

(Harald Krüger CDU: Weil er nicht gefragt worden ist!)

Warum sagt der Staatsrat das nicht? Das ist ja wohl das Mindeste, was man erwartet, wenn ein Vernehmungsbeamter der Dienststelle Interne Ermittlung bei einem Staatsrat vorstellig wird, um einen Sachverhalt aufzuklären, dass dann vollständig ausgesagt wird. Darüber müssen wir hier nicht diskutieren, das ist doch lächerlich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Aber das ist ja noch nicht das Ende der Geschichte, sondern es ging weiter. Um möglichst aus dieser Strafbarkeit des Geheimnisverrats herauszukommen, musste man das Thema entsprechend der Geheimhaltung so hinbiegen, das heißt, die entsprechende Vertraulichkeitsstufe so anpassen, dass es auch passt, dass möglichst die Strafbarkeit des Geheimnisverrats gar nicht erst gegeben ist. Um das hinzubekommen, wurden einige Tricks angewandt. Auch das ergibt sich aus den Unterlagen und auch das hat sich aus unseren Vernehmungen ergeben. Hier ging es darum, den Kopf des Staatsrats aus der juristischen Schlinge zu ziehen. Auch das, meine Damen und Herren, kann so nicht sein, so kann mit Strafverfolgungsbehörden in unserer Stadt nicht umgegangen werden und schon gar nicht durch einen Staatsrat.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dann haben Sie am Schluss natürlich noch den Vogel abgeschossen, indem Sie selbst gesagt haben, es wird in diesem Fall keine Strafverfolgungsermächtigung erteilt. In all diesen ganzen Fällen, die irgendwie mit der Protokollaffäre zu tun hatten, haben Sie quasi flächendeckend über alle Bediensteten, die dieses Papier in der Hand hatten, gesagt, sie müssten alle angezeigt werden. Das ganze Repertoire an Möglichkeiten wurde ausgeschöpft.

Aber in genau diesem Fall, als die Affäre bedrohlich nahe an das Zentrum der Macht dieser Regierung, dieses Senats, kommt, nämlich zum Staatsrat der Senatskanzlei, wird keine Strafverfolgungsermächtigung erteilt. Das kann nicht sein und deswegen bewahrheitet sich wieder einmal dieser alte Spruch - leider nun auch in dieser Affäre -: Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.

Es ist beschämend, wie Sie und Staatsrat Schön damit umgegangen sind.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie haben die Aufklärung nicht vorangetrieben. Sie haben das Aufklärungsergebnis - ich hatte das schon gesagt - geschönt. Das passt an der Stelle sogar buchstäblich. Sie haben nicht den Bericht des Arbeitsstabes übernommen. Man muss dazu wissen, dass das ein Arbeitsstab ist, der nicht von Rot und Grün besetzt worden ist, sondern paritätisch dem Kräfteverhältnis in der Bürgerschaft entspricht. Trotzdem haben Sie diesem Arbeitsergebnis,

diesem Aufklärungsergebnis nicht folgen wollen, sondern Sie haben an einigen Stellen - das muss man wirklich sagen, weil man den Textvergleich machen kann - herummanipuliert. Sie haben durch Zufügung und durch Weglassen bewusst den Sachverhalt in eine andere Richtung gedreht. Ein Beispiel. Aus dem Rufmord an dem Kollegen Böwer wird dann:

- Staatsrat Schön -

"… habe sich daher damals entschlossen, das Gespräch Meister - Böwer in die öffentliche Diskussion einzuführen, …"

(Lachen bei Christian Maaß GAL)

So eine sinnentstellende Darstellung. Das beweist an dieser Stelle, dass es Ihnen darum ging, hier ein Aufklärungsergebnis und damit die Wahrheit gegenüber der Öffentlichkeit zu manipulieren. Das ist Geschichtsklitterung, Herr Krüger.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Auch der Bürgermeister wird von Ihnen reingewaschen. Dabei war gerade von seiner Seite unendlich viel Heuchelei im Spiel. Gerade beim Aufgreifen der Vorwürfe Meisters gegenüber Böwer hat von Beust an diesem Pult den Überraschten gegeben, obwohl er von der ganzen Geschichte der angeblichen Erpressung im Ratsweinkeller längst gewusst hat. Er hat damit die Bürgerschaft zur Kulisse eines peinlichen Theaterstücks gemacht. Auch das fällt auf ihn und sein politisches Verhalten zurück.

Nein - da kommen wir wieder zum Anfang dieser Affäre zurück -, von Beust hat öffentlich Maßstäbe gesetzt. Das sind Maßstäbe, gegen die wir an der Stelle überhaupt nichts einzuwenden haben. Er hat gesagt, die Form ist die Mutter der Demokratie. Das heißt, die Einhaltung der Form im Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative ist wichtig für das Funktionieren der Demokratie. Darum müssen Fehler aufgeklärt und gegebenenfalls Konsequenzen gezogen werden. Das ist durchaus eine richtige Aussage.

Aber die Besorgnis des Bürgermeisters um die Wahrung der Demokratie ist - das hat auch dieser PUA gezeigt - an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten gewesen. Kein Senatsmitglied ist diesem Anspruch des Bürgermeisters gerecht geworden und er selbst am wenigsten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Steffen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an den Anfang auch das Verbindende stellen, den Dank an den Arbeitsstab, ohne den ein solcher Untersuchungsausschuss nicht sinnvoll arbeiten kann. Man braucht nicht nur irgendeinen Arbeitsstab, man braucht auch einen engagierten Arbeitsstab. Ich möchte es ausdrücklich sagen, wir hatten einen solchen engagierten Arbeitsstab und die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsstab hat auch sehr gut funktioniert. Das ist ein positiver Punkt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich möchte das Verbindende auch nicht auf diesen einen Punkt beschränken und ausdrücklich sagen, sehr gut fand ich die Zusammenarbeit im Ausschuss, weil wir an vielen Punkten ganz pragmatisch entschieden haben, wie wir sinnvoll durch diese Untersuchung hindurchkommen. Wir haben uns nicht mit ewig langen Zeugenvernehmungen aufgehalten, die keiner braucht, sondern wir haben uns auf das Wesentliche konzentriert. Wir haben uns frühzeitig auf einen zügigen Zeitplan geeinigt. Ich denke, viel schneller kann man einen solchen Untersuchungsausschuss nicht durchziehen. Es war notwendig, dieses Programm so zu machen, um den Untersuchungsauftrag abzuarbeiten. Ich denke, wir haben im Ausschuss sehr sinnvoll mit dem Vorsitzenden und den Obleuten zusammengearbeitet. Das hat trotz aller Streitigkeiten im Hinblick auf die Frage, was ist der Untersuchungsgegenstand, immer gut funktioniert. Als das vom Gericht geklärt war, haben wir das sofort ganz klar und entsprechend umgesetzt.

Nun zum Trennenden. Herr Krüger, wenn ich Sie hier reden höre, dann möchte man meinen, Sie sind das Dornröschen der Hamburger Politik.

(Christian Maaß GAL: Ich küsse den nicht!)

Man bekommt den Eindruck, Sie haben eineinhalb Jahre sanft geschlafen. Zum Glück hat Ihr Schnarchen die Arbeitenden nicht gestört. Wir kamen trotz allem gut durch, aber Sie haben einiges versäumt und verschlafen. Sie haben nicht mitbekommen, dass es einen dringenden Grund gab, diesen Ausschuss einzusetzen, denn selbst der Sachverhalt, wie er sich vor Beginn der Untersuchungen darstellte,

(Harald Krüger CDU: Vor Beginn!)

machte deutlich, dass dieser parlamentarische Kontrollmechanismus in Gefahr ist. Allein der Umstand, dass diese nicht öffentlichen und teilweise ausdrücklich vertraulichen Papiere des Untersuchungsausschusses Feuerbergstraße beim Senat und bei den betreffenden Behörden gelandet waren, was sehr schnell bekannt war, macht natürlich deutlich, dass die Gefahr bestand, dass die gesamten Ermittlungen untergraben werden. Das macht deutlich, dass das Parlament da sehr aufmerksam sein muss.

Wenn ein Abgeordneter hier über einen Untersuchungsausschuss, der in einer solchen Situation eingesetzt wird, sagt,

"Außer Spesen nichts gewesen …"

dann ist diese Kommentierung außerordentlich unparlamentarisch, unwürdig für dieses Haus. Das Parlament und die Abgeordneten müssen darauf pochen, dass ihre Rechte vom Senat nicht untergraben werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Verschlafen haben Sie offenbar auch, dass die Protokollaffäre einem Staatsrat und einem Senator das Amt gekostet hat. Herr Dressel hat es schon gesagt, einen größeren politischen Skandal, ein größeres politisches Problem hat es offenbar in dieser Wahlperiode für diesen Senat nicht gegeben. Das ist bislang einmalig, wahrscheinlich wird es das auch bleiben. Es ist unmöglich, diese Affäre so herunterzureden, wie Sie es hier versuchen.