- Schröder ist doch kein Bolschewik. Sie sind doch verrückt, Herr Hamann, wenn Sie solche Unterstellungen machen.
- Verzeihung. - Wie kann man Schröder einen bolschewistischen Politiker nennen? Wenn der irgendetwas nicht ist - er ist ein kapitalistennaher Politiker -, dann ein Bolschewik.
Sie sagen an anderer Stelle, einige haben vor, das Gymnasium abzuschaffen. Warum denn einige, was sind denn das für Dunkelmänner?
Warum sagen Sie denn nicht, unsere parteipolitischen Gegner wie die GAL und so weiter wollen die gegenwärtige Gliederung des Schulsystems nicht und dabei hätte das Gymnasium mit den Klassen 5 bis 10 keine Chance. Das ist die Realität der Situation. Warum sagen Sie das nicht ausdrücklich, warum insinuieren Sie da wieder ein Dunkelmännerhandeln.
Überlegen Sie sich doch einmal den Gestus, mit dem Sie an diese Volksabstimmung herangehen. Ich bestreite Ihnen gar nicht das Recht, Ihre Argumente vorzutragen - insofern agiere ich jetzt ein bisschen anders als meine Vorredner -, aber bringen Sie doch Ihre Argumente, stärken Sie Ihre Argumente, aber bringen Sie sie bitte als
Argument in der öffentlichen Debatte. Bringen Sie sie als Argumente, die darauf zielen, die Hamburger Bürgerinnen und Bürger politisch schlauer zu machen und nicht als Argumente, die darauf zielen, sie in die Tasche zu packen und möglichst dumm zu halten, um dann darüber eine Mehrheit zu gewinnen. Das ist ein Verrat an der Idee der Volksgesetzgebung, im Grunde ist das sogar eine Missachtung der Republik. - Danke schön.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung, zunächst zum CDU-Antrag aus der Drs. 18/6826. Die GAL-Fraktion hat hierzu gemäß Paragraf 36 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung namentliche Abstimmung beantragt. Frau Martens und Frau Thomas werden Sie daher gleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Wenn Sie den Antrag annehmen möchten, antworten Sie bitte deutlich mit Ja, wenn Sie ihn ablehnen wollen mit Nein und wenn Sie sich enthalten möchten, antworten Sie bitte mit Enthaltung. Die Antworten mögen bitte deutlich sein und alle anderen verhalten sich ruhig. Das können wir gleich mal üben, ich bitte um Ruhe. Frau Martens beginnt mit dem Namensaufruf.
Ist ein Mitglied der Bürgerschaft nicht aufgerufen worden? - Es sind alle aufgerufen worden, dann erkläre ich die Abstimmung für beendet.
Das Abstimmungsergebnis wird nun ermittelt und in wenigen Minuten mitgeteilt. Ich unterbreche die Sitzung.
Meine Damen und Herren! Sie können sich auf Ihre Plätze begeben. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir haben das Ergebnis. Bei der Abstimmung über den CDUAntrag aus der Drs. 18/6826 gab es 60 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen und keine Enthaltungen. Damit ist der CDU-Antrag, Drs. 18/6826, angenommen worden. Somit wird der Inhalt dieser Drucksache Teil der Stellungnahme der Bürgerschaft.
Wir kommen dann zum gemeinsamen Antrag von SPD- und GAL-Fraktion aus der Drs. 18/6827. Dieser Antrag ist von mindestens einem Fünftel der Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft vorgelegt worden. Ich stelle fest, dass der Antrag somit mit dem nach Paragraf 19 Absatz 2 des Hamburgischen Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid erforderlichen Quorum gestellt worden ist. Damit wird auch der Inhalt dieser Drucksache der Stellungnahme der Bürgerschaft beigefügt.
Wir kommen schließlich zum gemeinsamen Antrag von SPD- und GAL-Fraktion aus der Drs. 18/6855. Wer möchte diesen beschließen? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Wir kommen zur Auszählung der Stimmen für die Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz. Es sind 111 Stimmzettel abgegeben worden, davon war ein Stimmzettel ungültig, also 110 Stimmzettel gültig. Herr Dr. Lutz
Mohaupt erhielt 72 Ja-Stimmen, 29 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen. Damit ist Herr Dr. Mohaupt gewählt worden.
Wir kommen zu Punkt 22, Drs. 18/6573, Senatsmitteilung: Umsetzung des Hamburgischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgesetzbuch VIII – Kinder- und Jugendhilfe – hier: Vorlage des Kinder- und Jugendberichtes (Para- graf 27).
[Senatsmitteilung: Umsetzung des Hamburgischen Ausführungsgesetzes zum SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe – hier: Vorlage des Kinder- und Jugendberichtes (§ 27) - Drs. 18/6573 -]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Familien–, Kinder– und Jugendausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? Frau Dr. Hilgers, bitte.
Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Dies ist heute meine Abschiedsrede als kinder- und jugendpolitische Sprecherin der SPDFraktion in der Bürgerschaft. Wie es der Zufall will, kommt endlich der noch amtierende Senat seiner Pflicht zur Vorlage eines Kinder– und Jugendberichts nach und gibt mir die Gelegenheit zu ein paar grundsätzlichen Worten.
Der vorliegende Bericht macht noch einmal sehr deutlich, wie fahrlässig und wenig inspiriert Sie, Frau SchnieberJastram, mit dem Thema Kinder- und Jugendpolitik umgegangen sind und umgehen. Vieles ist klein-klein, so klein, dass man die Lupe bemühen muss, um ein Körnchen zu finden. Diese Körnchen werden dann im Ausschuss beraten werden. Sie rühmen sich vor allen Dingen für Selbstverständliches, den Nachvollzug von gesetzlich verbrieften Rechtsansprüchen oder gar für die Rücknahme eigener, nicht eingestandener Fehler. Politisch brisant ist zusätzlich das, was Sie auslassen, Ihre blinden Flecke im Bericht. Wer soll zum Beispiel, Frau Senatorin, einen Kinder- und Jugendbericht Ernst nehmen, in dem die Heterogenität der Hamburger Stadtteile und die von Ihnen verschärfte soziale Spaltung der Stadt nicht vorkommen, ein Bericht, in dem Kinderarmut kein Thema ist.
Politisch peinlich an vielen Stellen ist das, was Sie als beabsichtigt anführen. Diese Absichten und Ankündigungen sind zum Teil schon mehr als angestaubt: auf Seite 16 die Reich-Studie, die endlich irgendwann kommen soll, und die Weiterentwicklung des Kita-Informationssystems, auf Seite 17 Tagespflege als Beruf - darüber reden wir auch seit Jahren -, auf Seite 45 der PROJUGA-Ersatz - wie lange ist das Thema schon en vogue -, auf Seite 48 ein Jugendhilfeangebot für die Grenzfälle von psychiatrisch und delinquent auffallenden Jugendlichen. All dies sind zum Teil jahrelange Ankündigungen.
Nun zum Selbstverständlichen. Frau Senatorin, natürlich steigen die Versorgungsgrade im Kita-Bereich, denn das ist eine Folge des Kinderbetreuungsgesetzes. Die Einführung des Elterngeldes und die anspringende Konjunktur haben in Verbindung mit den durch die Volksinitiative durchgesetzten Rechtsansprüchen zwangsläufig einen Ausbau für die Kinder berufstätiger Eltern zur Folge, insbesondere im Krippenbereich und bei den arg zurückgefahrenen ganztägigen Angeboten.
Dann zu einem der zurückgenommenen Fehler: Natürlich steigen die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung, wenn man aufhört, durch unsinnige Vorgaben die Anspruchsberechtigten zurückzudrängen. Ich prophezeie Ihnen, dass Sie schon recht bald in diese Bürgerschaft mit einer erheblichen Nachforderungsdrucksache für beide Bereiche kommen werden, die meiner Einschätzung nach 40 bis 50 Millionen Euro ausmachen wird. Dies, Frau SchnieberJastram, ist aber beides noch keine kinder- und jugendpolitische Idee, sondern nur der Nachvollzug von Gesetzen.
Das zeigt: keine Linie, keine Perspektive in zentralen Fragen. Sie haben grundsätzlich die soziale und bildungspolitische Dimension in der Kita-Politik in frühkindlicher Bildung nicht begriffen. Sie handeln, wenn überhaupt, in der Regel nur als Getriebene wie beim Kinderbetreuungsgesetz oder bei den vernachlässigten Kindern und andere wie die Träger und Verbände der Kinder- und Jugendhilfe handeln an Ihrer Stelle verantwortungsvoll in dieser Stadt. Dafür und für die gute Zusammenarbeit mit diesen Trägern und Verbänden danke ich diesen hier ausdrücklich.
Ohne diese kreativen Elemente in der Stadt sähe es bei Ihren Versäumnissen, Frau Schnieber-Jastram, wahrlich finster aus. Sie haben den frühen Zugang für Kinder arbeitsloser Eltern verschlechtert oder ganz versperrt und diesen Zugang für die Eltern verteuert. Sie haben nichts dazu beigetragen, den Kreislauf von Armut und Bildungsferne zu unterbrechen, sondern ihn verstärkt. Hierzu liegt Ihnen seit dieser Woche ein Antrag von uns vor, der die Regelsätze für Kinder im Rahmen von ALG II überprüfen soll. Es hat eine Debatte in dieser Stadt darüber gegeben. 208 Euro für ein wachsendes und hungriges Kind sind zu wenig.
Sie haben die Qualität von Kindertagesbetreuung verschlechtert; wir sind weit entfernt von europäischen Standards. Auf Seite 5 dieses Kinder- und Jugendberichts versuchen Sie einen hübschen Trick. Sie führen dort sieben von 14 Kernleistungsarten im Kita-Bereich an. Hier habe sich von 2002 auf 2005 in fünf von sieben Leistungsarten die Erzieher-/Kind-Relation verbessert. Sie führen aber sieben Leistungsarten nicht an. In diesen sieben nicht angeführten Leistungsarten hat sich in sechs von sieben die Relation verschlechtert, macht summa summarum acht von 14, in denen sich die Erzieher-/KindRelation verschlechtert hat und das bei Einführung eines neuen Systems, das mehr Flexibilität von den Erzieherinnen erfordert und auch neue Anforderungen stellt. Das ist ein versuchter Trick, der leider auffällt.
Auch dazu liegt Ihnen heute ein weiterer Antrag von uns zur Umsetzung der gemeinsamen Bildungsstandards in Schule und Kindergärten vor. Sie schreiben auf Seite 15 des Berichts, die Umsetzung von Bildungszielen solle evaluiert werden - dolle Wurst, Frau Senatorin. Sie haben zudem, Frau Senatorin, die Eltern nicht entlastet, sondern in den letzten Jahren belastet. DGB und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände haben jüngst in einer gemeinsamen Erklärung die Beitragsfrei
heit für frühkindliche Bildung nachdrücklich eingefordert. Was haben Sie getan? Sie haben eine wirre Regelung für Kinder mit Sprachförderbedarf geschaffen, die das letzte Jahr beitragsfrei stellt, aber nur für den Besuch der Vorschule. Das ist stümperhaft und Stückwerk.