Protokoll der Sitzung vom 29.08.2007

Sogar gegen den Ergänzungsvortrag der CDU, doch aufzuklären, ob nicht auch von Abgeordneten die Vertraulichkeit gebrochen worden sei, ist man vor das Verfassungsgericht gezogen und dort, wie wir wissen, auf den Boden der rechtlichen Tatsachen zurückgebracht worden.

Ein paar Fragen, lieber Kollege Böwer, könnten Sie uns aber heute und hier beantworten.

(Zuruf von der CDU)

- Doch, doch, er ist da, aber als Hinterbänkler sieht man ihn nicht gleich.

Warum hat Frau Cordes, eine Mitarbeiterin des Arbeitsstabes und, wie wir wohl wissen, SPD-Mitglied, ausgerechnet Sie als Ersten am 2. März 2006 angerufen, um Ihnen mitzuteilen, dass sie Protokolle an die Senatskanzlei weitergeleitet hat? Warum haben Sie in diesem Telefonat Frau Cordes - Sie wussten es ja - nicht darauf hingewiesen, dass Kontakte des Arbeitsstabes zu Mitgliedern des PUA ausschließlich aufgrund einer Organisationsverfügung über den Leiter des Arbeitstabes hätten erfolgen dürfen? Warum hat die Kollegin, die mit Frau Cordes das Büro teilt, uns im PUA gesagt, Frau Cordes kenne Herrn Böwer relativ gut und sie wisse, dass sie mit ihm öfter telefoniert habe, während Herr Böwer uns angegeben hat, das sei ihm nicht erinnerlich und ansonsten kenne er Frau Cordes eigentlich gar nicht persönlich.

Warum haben Sie, lieber Kollege Böwer, als am 2. März bekannt geworden ist, dass dort etwas nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen, als der Leiter des Arbeitsstabes Sie angerufen hat, um Sie darüber zu informieren, nicht gesagt, ich weiß das schon, Frau Cordes hat mich schon angerufen? Das haben Sie nicht gemacht. Am selben Tage ruft Sie Herr Dr. Jäger an, Vorsitzender dieses PUA, um Ihnen das auch zu erzählen. Auch da wissen Sie von nichts.

(Gerhard Lein SPD: Erzählen tut man Döntjes, anderes berichtet man!)

Am nächsten Tag, am 3. März, tagt der PUA und es wird darüber gesprochen. Auch da erzählen Sie Ihren Kollegen im PUA nicht, dass Sie bereits als Erster informiert waren. Nein, im Gegenteil, wie die Unschuld vom Lande - auch dazu zitiere ich das Protokoll - heißt es dann: Da fragen Sie, lieber Herr Böwer,

"(…), ob es noch etwas gebe, was sowohl Herr Dr. Knütter …"

- das ist der Leiter des Arbeitsstabes -

"… als auch Herr Dr. Jäger im Rahmen der Recherche erfahren hätten, was bisher noch nicht Gegenstand im Ausschuss gewesen sei?"

Ja, nur die Kleinigkeit, dass Sie als Erster informiert waren, die haben Sie vergessen.

18 Tage später - übrigens zwei Tage, nachdem die "Hamburger Morgenpost" schon darüber spekulierte, dass Sie offensichtlich von Frau Cordes sehr frühzeitig informiert waren - geben Sie zu, das haben Sie schon gewusst, das Telefonat mit Frau Cordes hat stattgefunden. Solange hat es gebraucht.

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Sie haben sich sehr viel Zeit gelassen, nachdem Vorwürfe in der Öffentlichkeit bekannt wurden, Sie hätten am Parlamentarischen Abend 2006, am 20. Februar, Staatsrat Meister sehr massiv gedroht. Auch da wurde schon spekuliert, dass Sie schon sehr viel früher von der Weitergabe der Protokolle gewusst haben.

Erst Wochen später reagieren Sie. Ansonsten sind Sie immer sehr wortgewaltig - ich habe ein paar Zitate gebracht - und nicht besonders zurückhaltend mit Ihren Äußerungen. Ihre lapidare Erklärung ist, das sei wohl ein flapsiger Spruch in bierseliger Runde gewesen.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Bis heute, Herr Böwer, wäre es einfach gewesen, wenn Sie gesagt hätten, ich habe niemals zu Herrn Meister gesagt, wenn die geschlossene Unterkunft Feuerbergstraße nicht dicht gemacht werde, hätten Sie etwas in den Händen, was Dr. Meister binnen 48 Stunden das Amt kosten würde. So einfach wäre es gewesen, das zu dementieren. Das haben Sie bis heute nicht gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Es ist sehr bedauerlich, Kollege Böwer, dass gerade Sie nicht die Gelegenheit genutzt haben, daran, was Sie am Schärfsten gefordert haben, nämlich die Aufklärung all dieser Fragen, in irgendeiner Form beizutragen. Sie haben sich hier verweigert. Ich bin sicher, Sie werden einen Grund dafür gehabt haben.

(Ingo Egloff SPD: Ein Glück, dass Sie ein Bauern- opfer hatten!)

Dass sich der Senat und die Bürgerschaftskanzlei nichts vorzuwerfen gehabt haben, geht aus dem Bericht deutlich hervor. Das wussten wir aus den Berichten der Sonderermittler. Das geht selbst aus Ihrem Minderheitenvotum hervor.

Das schärfste Schwert der Exekutive, der parlamentarische Untersuchungsausschuss - pardon, der Legislative -

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da kann man schon mal durcheinander kommen!)

ist nicht vom Senat ausgehebelt worden. Senat und Bürgerschaft haben nach wenigen Tagen sehr schnell und sehr umfassend aufgeklärt und das Ergebnis geliefert, das wir jetzt in diesem 314 Seiten starken Exemplar wiederfinden.

Sie, liebe Kollegen von der Opposition, haben den Versuch gemacht, diesen PUA für Ihre Effekthascherei zu nutzen. Es ist Ihnen nicht gelungen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Dressel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Fangen wir mit dem Positiven, mit dem Einigenden an. In einem Punkt können wir uns anschließen, nämlich dem Dank an den Arbeitsstab. Der wird an dem heutigen Abend auch noch einmal ganz herzlich von unserer Seite ausgesprochen. Wenn Sie das mit dem Dank wirklich ernst gemeint hätten, dann hätten Sie mit dem Bericht des Arbeitsstabes anders umgehen müssen, denn Sie haben an einer großen Zahl von Stellen nicht dem sehr sachlichen, sehr fundierten Votum des Arbeitsstabes Folge leisten wollen, sondern Ihre eigene - an einigen Stellen muss man auch sagen manipulative - Bewertung hinzufügen wollen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie den Dank an den Arbeitsstab wirklich ernst gemeint hätten, dann hätten Sie sich den Bericht des Arbeitsstabes zu eigen gemacht. Genau das haben Sie nicht gemacht.

Sie sind - das muss man nach Ihrer Einlassung sagen - ein Meister der selektiven Wahrnehmung, wenn Sie sagen, Rechtsverstöße hätte es nur auf dieser Seite des Hauses gegeben.

(Harald Krüger CDU: Steht hier drin!)

Man sollte bei einer solchen Begutachtung gelegentlich gucken, worum es geht. Es ging logischerweise darum, dass ein PUA an dieser Stelle nur Verstöße gegen das PUA-Gesetz bewerten sollte. Sie können auch noch einmal im Gedaschko-Bericht nachlesen. Da geht es auch um andere Rechtsverstöße, beispielsweise um Verstöße gegen Beamtenrecht. Insofern stimmt es nicht, wenn Sie hier sagen, Rechtsverstöße hat es nur auf dieser Seite des Hauses gegeben und auf der anderen Seite nicht.

(Harald Krüger CDU: Die Staatsanwaltschaft hat doch das Verfahren eingestellt!)

Das ist an der Stelle ein Beweis dafür, dass Sie Ihre selektive Wahrnehmung fortsetzen. Wir haben sehr wohl mehr Rechtsverstöße festgestellt, ebenso steht es im Gedaschko-Bericht. Lesen Sie es in den Akten noch einmal nach, wenn Sie sie nicht schon zum Aktenvernichter gegeben haben. Darin steht es eins zu eins.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Unruhe im Hause - Glocke)

Ich will versuchen, die Diskussion ein wenig gelassener zu bekommen.

Ihr Versuch, aus diesem - nach unserer Meinung ist er das weiterhin - Senatsskandal eine Abgeordnetenaffäre zu machen, ist so durchsichtig wie zwecklos. Sie setzen diese Rufmordkampagne gegenüber einem Mitglied dieses Hauses, die Staatsrat Schön mit seinem Weiterleiten - man kann es auch Durchstechen eines Teils des Gedaschko-Berichts an die Presse nennen -, begonnen hat, damit fort. Das finde ich schäbig, Herr Kollege Krüger.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist zum Beispiel interessant, dass es sogar im Ausschussvotum der CDU heißt:

"Der Ausschuss konnte nicht mit Sicherheit klären, wer die in den Medien zitierten vertraulichen Unterlagen des PUA "Feuerbergstraße" weitergeleitet hat."

Sie sagen hier, der Kollege Böwer wird schuldig gesprochen. In Ihrem eigenen Ausschussvotum steht es anders. Lesen Sie doch wenigstens einmal Ihre eigenen Stellen. Sie sollten hier nicht wider besseres Wissen Sachen behaupten und sich weiterhin an dieser Rufmordkampagne beteiligen. So geht es nicht, Herr Kollege Krüger.

Zur wirklichen Aufklärung haben Sie im Ausschuss nichts beigetragen.

(Harald Krüger CDU: Es gab ja auch nichts beizu- tragen! - Dittmar Lemke CDU: Sie auch nicht!)

Ihnen ging es an der Stelle ausschließlich darum, den Senat von jeder Verantwortung reinzuwaschen. Das ist - das belegt dieser Bericht sehr deutlich - gründlich misslungen.

Die Protokollaffäre war nach unserer Ansicht mehr als nur eine Pannenserie. Sie war vor allem zu dem Zeitpunkt, als wir diesen PUA eingesetzt haben, eine Form der Notwehr des Parlaments, denn die Funktion von Untersuchungsausschüssen gerät in Gefahr, wenn Senat und Behörden vor Abschluss der Ermittlung eines Untersuchungsausschusses Einblick in nicht öffentliche und vertrauliche Unterlagen bekommen. Das war beim PUA "Feuerbergstraße" in erschreckender Weise der Fall. Deshalb ging es darum, den Kontrollmechanismus parlamentarischer Untersuchungsausschuss insgesamt vor Schaden zu bewahren. Auch darum ging es in diesem Untersuchungsausschuss, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Deswegen sagen wir auch weiterhin, dass es ein veritabler Politskandal gewesen ist.