Um zwei Punkte geht es. – Einerseits halten Sie an der Kürzung im Bereich der Geschichtswerkstätten fest. Die CDU will auf 400 000 aufstocken. Dem stimmen wir zu.
Leider werden Sie vermutlich unserem Antrag, auf die volle Höhe zu gehen, nicht zustimmen. Das führt bei uns natürlich dazu, dass wir dem Haushalt nicht zustimmen können.
Die zweite Änderung, dass die Senatorin aus dem Feuerwehrtopf 200 000 Euro sparen muss, ist bitter, vor allen Dingen für die Senatorin. Aber das wäre nicht die Welt.
Aber wir erhalten gleichzeitig neue Meldungen über die Richtung, in die die Kulturbehörde marschieren will. Diese Meldung hat bei uns alle Alarmzeichen auf rot gestellt.
Wenn wir erfahren, dass die Kulturbehörde – naturgemäß im Sparzwang, der nicht nur vom Finanzsenator, sondern von der objektiven Situation kommt –, jetzt selbst entscheidet: Filmförderung kürzen wir auf die Hälfte, das heißt, hier vollziehen wir einen tiefen strukturellen Eingriff, dann steckt dahinter eine Linie und nicht nur einfach eine Zufallsentscheidung. Das ist eine Linie und die Senatorin erläutert auch, welches der Gesichtspunkt bei dieser Linie ist. Sie sagt, dass es ihr darum ginge, die festen Strukturen in der Hamburger Kultur zu erhalten. Da hat die Senatorin bloß nicht im Kopf, dass auch Filmproduzenten in Hamburg, Studio Hamburg und alle möglichen Produzenten, zu den festen Strukturen der Hamburger Kultur gehören.
Wir haben es nur bei der Filmförderung mit einer anderen und moderneren Form von Zuwendungen zu tun, nämlich nicht einfach mit einer institutionellen Zuwendung nach dem Motto: Wir zahlen etwas an Studio Hamburg oder wir zahlen etwas an diese oder jene Produktionsfirma, sondern wir, die städtische Gesellschaft, entscheiden in jedem einzelnen Fall, welche Produktion gefördert werden soll. Das ist das, was ich auch im Hinblick auf die Theaterproduktionen lieber sehen würde, als immer noch mehr in die institutionelle Förderung zu gehen. Diese modernere Form der Förderung wird aber nun zur Begründung herangezogen für die Kürzung. Denn die ist ja situativ und nicht strukturell. Die Senatorin sieht das irgendwie als unseriös an. Es sei besser, Museen oder Theatern feste Summen zu geben. Herr Drews, dass man die HÖB nicht projektbezogen fördern kann, das liegt einigermaßen auf der Hand. Wo wollen Sie da ein einzelnes Projekt definieren, das geht offenkundig nicht.
Wenn das aber so ist, dann muss man sich doch fragen, ob nicht die Entscheidung der Senatorin, die Hälfe bei der Filmförderung wegzunehmen, möglicherweise daran liegt, dass sie diese Firmen, die dort Filme produzieren, in Wirklichkeit gar nicht für kulturelle Institutionen hält, sondern für eine Art Wirtschaftsunternehmen. Da liegt die Senatorin durchaus auf der Linie der Kulturbehörde, die diese seit Jahren verfolgt, nicht erst unter Frau von Welck, sondern auch schon unter Frau Weiss.
Da meine Frau zugleich Geschäftsführerin der Filmförderung ist, habe ich naturgemäß dieses Ressort immer aufmerksam verfolgt. Mein Urteil ist mein eigenes. Da ist mir natürlich relativ früh aufgefallen, wo die ursprünglich zur Hälfte von der Wirtschaftsbehörde und zur Hälfte von der Kulturbehörde getragene Filmförderung beschnitten worden ist. Nicht etwa bei der Wirtschaftsbehörde, son
Ja, immerhin 10 Prozent. Es war die Kulturbehörde, die den Film nicht schützte und die Wirtschaftsbehörde hat ihn geschützt. Dann passierte allerdings dummerweise, dass Herr Uldall, nicht ganz so stark interessiert wie Herr Mirow, den Film weggab, um Frau Horáková steigende Haushaltszahlen zu bescheren, die uns dann bei jeder Gelegenheit – eben haben wir das nochmals gehört – einen substanziell steigenden Haushalt dargestellt hat. Es war im Wesentlichen eine Verlagerung der Mittel.
Diese 3,5 Millionen, die für die Filmförderung von der Wirtschaftsbehörde zur Kulturbehörde herübergereicht worden sind, reicht jetzt die Kulturbehörde weiter an den Finanzsenator. Das ist aber ein richtig tiefer struktureller Schnitt. Meiner Meinung nach steckt dahinter gar kein Bewusstsein dafür, dass der Film die wichtigste Kunstgattung der letzten hundert Jahre ist.
Das ist die einzige Kunstgattung, in der alle Künste ihr Zusammenspiel jeweils neu organisieren müssen, Schauspielkunst, Literatur, Musik, Architektur und bildende Künste. Da gibt es tatsächlich das Zusammenspiel aller Künste in jedem einzelnen Produkt. Selbst der trivialste Streifen muss das jeweils immer handwerklich vollbringen.
Gleichzeitig ist es, wenn Sie so wollen, die einzige wirkliche Massenkunst – die Kunst für die Massen, aber gleichzeitig auch eine Kunstart mit exzellenten Leistungen, die sowohl breiteste Verbreitung hat als auch reflektierteste Produktionen kennt, aber im deutschen Bildungsbürgertum so richtig immer noch nicht in die gleiche Schätzung geraten ist wie die Oper, das Theater oder das Museum. Sie steckt nicht in der gleichen materiellen oder substanziellen Schätzung.
Vor allen Dingen ist nicht begriffen worden, dass der Film im Unterschied zu anderen Kunstarten vollständig andere Produktionsbedingungen hat, nämlich industrielle Produktionsbedingungen, und dass diese industriellen Produktionsbedingungen so teuer sind, weil das Zusammenspiel so vieler organisiert werden muss. Ein guter Regisseur muss nicht nur Künstler, sondern er muss auch Organisator, Menschenführer und ein Stück Ökonom sein, um ein solches Produkt herstellen zu können. Das ist jeweils teuer. In ganz Europa gibt es kein einziges Land, in dem europäische oder jeweils nationale Filme ohne Förderung entstehen können.
Nun kann man sagen, dass in Hamburg die Leute nach wie vor ins Kino gehen können, auch wenn die Filmförderung auf Provinzniveau heruntergeschnitten wird. Das ist richtig. Aber Hamburg würde in diesen Bildern nicht mehr vorkommen. Hamburg würde in dem internationalen Mythos, der auch vom Film aus gebildet wird, zumindest viel seltener vorkommen.
Wenn Sie Ihren Gesichtspunkt der "Wachsenden Stadt" und der Metropolregion vertreten, würde das ein einschneidender Fehler sein, was ich nicht verstehen kann.
Es hat mal ein Zusammenspiel gegeben. Damals waren die CDU und wir noch in der Opposition. Das ging damals
weniger gegen die SPD als gegen Herrn Rittershaus von der STATT Partei, der zu der Zeit Wirtschaftssenator war. Herr Rittershaus wollte in die Filmförderung einschneiden. Er war noch nicht so sehr von der Wissensgesellschaft geprägt,
das heißt, durch eine neue Entwicklungsstufe innerhalb der gesellschaftlichen Wertschöpfung war er im Wesentlichen noch nicht geprägt. Da hatte es damals ein richtig gutes Zusammenspiel zwischen CDU und GAL gegeben, um diesen Einschnitt zu verhindern. Jetzt vollziehen Sie ihn. Das finde ich so unvernünftig, dass ich sage: Wenn ich diese Linie sehe und das die Politik der Kulturbehörde bleibt, bin ich völlig sicher, dass wir in den nächsten Zeiten dem Haushalt der Kulturbehörde nicht zustimmen können. Dann werden wir heftige Auseinandersetzungen haben, weil ich glaube, dass damit ein elementares kulturelles Produkt gefährdet wird. Dann ärgere ich mich auch über intellektuell stumpfsinnige Avantgarde-Veranstaltungen, für die Geld herausgeschmissen wird.
Ich bin für die Freiheit der Künste. Es gibt ja auch avantgardistischen Schwachsinn, wo in Wirklichkeit nichts passiert ist. Immer noch mal die nächste Provokation darauf zu setzen, ist ja nicht mehr wirklich interessant, nachdem das seit hundert Jahren die versuchte Steigerungsform ist. Wenn das aber durchgezogen wird und gleichzeitig etwas so wichtiges wie die Verknüpfung, die zwischen Hochkultur und Massenkultur gelungen ist und gelingt, herausgenommen wird, verstehe ich das nicht. Aber ich hoffe, dass heute Abend Fatin Akin den Deutschen Filmpreis erhält. Er ist viermal nominiert worden.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Inge Ehlers CDU: Das letzte hoffen wir alle mit Ihnen! – Uwe Grund SPD: Aber er hätte den Film nicht drehen können, wenn er das Geld nicht gehabt hätte!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass die Stadt Hamburg in einer sehr schwierigen Haushaltslage steckt, die, wie der Bürgermeister sagte, in ihrer finanzpolitischen Dramatik nicht zu überbieten ist, hat auch bei der Kulturbehörde zu empfindlichen Einschnitten geführt. Das ist eine Realität, vor der niemand die Augen verschließen kann und, denke ich, auch nicht will. Wir sind zu schmerzhaften Maßnahmen gezwungen, die hart diskutiert und – wir haben das eben gehört – scharf kommentiert werden und die bei den Betroffenen verständlicherweise Wut und Enttäuschung ausgelöst haben.
Ich habe das selbst sehr hautnah erlebt, als ich am vergangenen Mittwoch die Konsolidierungskonzepte der Kulturbehörde im Kulturclub mit Vertretern der Kulturszene, und hier insbesondere der Filmbranche, diskutiert habe. Aber selbst bei dieser Veranstaltung habe ich viele Menschen getroffen, die Verständnis für die Situation der Kulturbehörde haben und einsehen, dass wir nicht anders handeln können.
Ich stehe – ich glaube, das wissen Sie jetzt, nachdem ich schon zwölf Wochen in Hamburg bin – hundertprozentig
hinter dem Konsolidierungskurs des Senats. Ich bin aber auch – und nicht allein durch mein Amt als Senatorin – eine leidenschaftliche Kämpferin für die Kultur.
Nun zum Haushaltsjahr 2004: Der Gesamtetat der Kulturbehörde für das Jahr 2004 steigt um rund 16,4 Millionen Euro auf nunmehr 226,6 Millionen Euro. Der Anteil des Kulturhaushaltes am Gesamthaushalt beträgt damit zurzeit rund 2,3 Prozent. Obwohl der Gesamthaushalt steigt, kann die Kulturbehörde trotzdem nicht von einem Solidarbeitrag im Betriebshaushalt verschont werden und leistet zur Finanzierung des städtischen Ordnungsdienstes und der Kindertagesstätten ihren Beitrag.
Die dafür notwendigen Ansatzreduzierungen für das Haushaltsjahr 2004 konnten zum größten Teil durch den Feuerwehrtopf ausgeglichen werden. Von den Senkungen waren zunächst die Geschichtswerkstätten betroffen. Im vorliegenden Haushaltsentwurf sind für sie jetzt 133 000 Euro reserviert. Wir hoffen jedoch – das habe ich auch im Kulturausschuss klar vorgetragen –, dass es im Rahmen der Haushaltsberatungen mit Hilfe der Bürgerschaft, also mit Ihrer Hilfe, gelingen wird, den Bestand der Geschichtswerkstätten für das Jahr 2004 mit 400 000 Euro zu sichern.
Die Geschichtswerkstätten können damit ihre für Hamburg so wichtige Tätigkeit fortsetzen. Ich baue eben auf Ihrer aller Unterstützung.
Das Fundament der Hamburger Kultur besteht aus Institutionen, wie zum Beispiel den Geschichtswerkstätten, den Laienmusikverbänden, den Clubs und den Stadtteilkulturzentren, um nur einige zu nennen. Sie alle bilden den Humus der Kreativität, den wir so dringend für unsere Wachsende Stadt brauchen. Auch der heute in Berlin mit seinem Film "Gegen die Wand" gefeierte Regisseur Fatin Akin hat seine kulturellen Wurzeln in der "Motte", dem Stadtteilkulturzentrum in Ottensen. Derartige Chancen wollen wir auch in Zukunft möglichst vielen Kindern und Jugendlichen in Hamburg bieten.
Die Anhebung des Gesamthaushaltes der Kulturbehörde im Haushaltsjahr 2004 ergibt sich im Wesentlichen aus zusätzlich eingestellten Investitionsmitteln. Hierzu zählen zum einen die Investitionsmittel, die für die kulturelle Entwicklung der HafenCity – immerhin eines der maßgeblichen Projekte der Wachsenden Stadt Hamburg – bereitgestellt sind. Zum anderen gehören dazu die 4,8 Millionen Euro, die nach einem Beschluss der Bürgerschaft der Neugestaltung des Jungfernstiegs dienen. Diese Summe steht bereit, falls das private Spendenvolumen nicht ausreichen sollte, um damit die Neugestaltung auszufinanzieren.
Des Weiteren zählt auch die erfreuliche Anhebung des Kapitalstocks der Hamburger Kulturstiftung um 1 Million Euro zu den zusätzlich eingestellten Mitteln. Die Stadt Hamburg gibt damit zu jedem Euro, der von der Stiftung durch private Spenden in einer wirklich sehr beeindruckenden Sammelaktion akquiriert wurde, 1 Euro dazu.
Ich danke daher an dieser Stelle ebenso, wie es schon Herr Drews getan hat, allen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Unternehmen, die uns bei diesen Anliegen immer wieder so großzügig unterstützen.