Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen - Drs. 18/7248 - 4953 B
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen - Drs. 18/7313 - 4953 C
Änderungsantrag zu Drucksache 18/6977 "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen" - Drs. 18/7315 - 4953 C
Haushaltsplan 2007/2008 - Einzelplan 4, Mehrbedarf im Deckungskreis 43 "Kindertagesbetreuung"; Mehrbedarf im Deckungskreis 46 "Hilfen für Erziehung, Inobhutnahmen und sonstige Einzelfall-Hilfen nach dem SGB VIII", Aufwendungen von f&w fördern und wohnen AöR; Mehrbedarf bei den Entschädigungen für politische Häftlinge - Drs. 18/7277 - 4953 D
Ich rufe daher das zweite Thema auf, das in der gestrigen Sitzung wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte. Angemeldet wurde es von der GAL-Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind in Hamburg unlängst Zeugen eines für diese Stadt wirklich beschämenden Vorgangs geworden. Wir mussten erleben, dass in Hamburg erst eine Kindertagesstätte durch Nachbarklagen wegen Lärms gerichtlich vertrieben wurde und dann am neuen Standort mit einer vom Senat finanzierten 60 Meter langen Lärmschutzmauer förmlich eingemauert wird. Es ist mehr als irritierend. Das ist für mich und meine Fraktion unfassbar.
Der eigentliche Skandal ist, dass dieser Vorgang vermeidbar gewesen wäre, wenn der Senat und die CDUFraktion die Eltern und Kinder nicht im Stich gelassen hätte, sondern rechtzeitig während der Beratungen zu den Gesetzen, die wir im vergangenen Jahr vorgelegt haben, gehandelt hätte.
Lassen Sie mich kurz die Chronik dieses angekündigten und vermeidbaren Skandals rekapitulieren. Zuerst gab es das Urteil des Landgerichts Hamburg vor über zwei Jahren, das in einem Vergleich zur Vertreibung der Kita Marienkäfer vom bisherigen Standort führte mit der Begründung, in einem Wohngebiet sei eine Kindertagesstätte zu laut und man müsse diese Kindertagesstätte aus Wohngebieten heraushalten.
Die GAL hatte dann im Jahr 2006 einen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft eingebracht, der die Wiederholung eines solchen Falles verhindern sollte. Wir haben im Umweltausschuss und im Jugendausschuss Experten angehört und festgestellt, dass Hamburg tatsächlich die rechtliche Kompetenz hat, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Aber diese Bürgerschaft, diese Mehrheit in dieser Bürgerschaft konnte sich dazu nicht entschließen. Die CDU hat verhindert, dass ein solches Gesetz in Hamburg verabschiedet wird und hat stattdessen ein Gesetz, das ich als Placebo bezeichnen möchte, erlassen - ein Gesetz, dass den Kindern einige schöne Worte bietet, aber keine rechtlichen Konsequenzen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass dieses Gesetz im Ausführungsgesetz zum Achten Sozialgesetzbuch das Papier nicht wert ist, auf dem es steht, dann ist es doch gerade dieser Vorgang in den letzten Tagen, dass trotz dieses Gesetzes eine Kita in einem Wohngebiet nur gebaut werden kann, weil eine Lärmschutzmauer darum herum gebaut wird. Das ist der Skandal.
Das Ergebnis ist, dass wir in Hamburg vor dem gleichen Problem stehen wie in der Zeit vor diesem Gesetz. Das Bezirksamt kann sich nicht auf eine klare Rechtslage verlassen, sondern muss den Klagedrohungen der Nachbarn nachgeben und für den neuen Standort diese Lärmschutzmauer anordnen, die der Senat dann finanziert. Die CDU hat im Ergebnis dafür gesorgt, dass die Rechtslage so bleibt, dass die Gerichte und die Behörden im Zweifel eben doch die Interessen der Nachbarn höher bewerten als die Interessen der Kinder, die ja eigentlich nicht viel wollen. Sie wollen einfach nur einen Kindergarten in ihrer Wohnumgebung besuchen. Dieser Skandal wäre vermeidbar gewesen, wenn die CDU den Mut aufgebracht hätte, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen.
Was mich wirklich erschreckt, ist die Doppelmoral, die der Senat im Punkt Lärmschutz erkennen lässt. In Hamburg sind über 100.000 Menschen - das ist die Bilanz, die der Umweltsenator selbst vorgelegt hat - an Hauptverkehrsstraßen einem Lärm ausgesetzt, der sie medizinisch nachweislich krank macht. Der Senat lehnt es ab, über Schallschutzmaßnahmen wie eine Temporeduzierung auch nur nachzudenken. Geschweige denn bekommt irgendeiner dieser Anwohner vom Senat Schallschutzfenster finanziert. Aber wenn sich die Nachbarn einer Kindertagesstätte über den Lärm von Kindern beklagen, dann ist der Senat als Erster da und baut eine Schallschutzmauer. Hier sind die Maßstäbe in Ihrer Lärmschutzpolitik gründlich durcheinander geraten, Herr Senator.