Ich zitiere Senator Dr. Peiner aus der Sitzung des Haushaltsausschusses vom November 2006. Er hat sinngemäß gesagt: Wir müssen uns ernsthaft darüber unterhalten, dass wir in Hamburg trotz verbesserter konjunktureller Lage, trotz eines verbesserten Arbeitsmarkts immer mehr Hilfeempfänger haben. Diese Erkenntnis hat offensichtlich den restlichen Senat nicht erreicht.
Natürlich freuen wir uns über die 50.000 zusätzlichen Stellen in der Stadt. Vermutlich freut sich jeder von uns hier über seine gestiegenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Doch man kann nicht umhin festzustellen, dass wir nicht Arbeitsmarktpolitik machen, um Leuten wie uns bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu besorgen, sondern denjenigen, die echte Hilfe bedürfen. Das heißt, wir haben einen gespaltenen Arbeitsmarkt. Qualifizierte bekommen immer schneller einen Job, wenn sie arbeitslos werden. Die 146.000 Hilfebedürftigen und ihre Kinder, insgesamt 200.000, sind von der Bevölkerungszahl her so groß wie ein kompletter Bezirk in Hamburg. Es ist einfach zynisch, wenn Sie vor diesem Hintergrund schreiben, der Aufschwung erreiche alle Stadtteile in Hamburg.
Die Frage ist doch, was wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln gemacht haben. Sind die Menschen - nicht nur die, die wieder neu erwerbslos und hilfebedürftig geworden sind -, die in den Arbeitsmarkt gelangt sind, in den ersten Arbeitsmarkt integriert, haben sie eine sichere Beschäftigung gefunden? Da lohnt sich ein Blick in die Beschäftigungsstatistiken und die Große Anfrage. Dort finden wir auch den Grund, warum die Zahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die Zahl der Bedarfsgemeinschaften fast konstant geblieben sind, obwohl die Zahl der Langzeitarbeitslosen - in der Bun
desagenturstatistik sind das immer nur diejenigen, die schon einmal einen Job hatten und nicht die, die noch nie einen Job hatten oder die aus der Selbstständigkeit in die Arbeitslosigkeit geraten sind - leicht gesunken ist. Bei den Single-Bedarfsgemeinschaften sind zum Beispiel über 1.200 Erwerbstätige mehr in Minijobs als bislang, bei anderen Bedarfsgemeinschaften sind es 4.800 mehr. In diesem Zeitraum von zwei Jahren, der für Sie der relevante Zeitraum bei dem entsprechenden Beschäftigungszuwachs ist und den Sie feiern, sind auch die Ein-EuroJobs um 1.500 gestiegen und es kommen noch einmal 3.000 junge Menschen unter 25 hinzu, die noch nie Arbeit gefunden haben.
Das zeigt alles in allem, dass die echten Beschäftigungserfolge auf dem Arbeitsmarkt außerordentlich gering sind. Man kann sich nicht für diese 50.000 feiern lassen, ohne auf die prekäre Situation der anderen einzugehen. Schauen Sie sich Ihre eigenen öffentlichen Äußerungen an, Sie werden nie eine nähere Erläuterung dafür finden, was mit diesen ist.
Das heißt, Sie haben letztlich Politik für die Erfolgreichen gemacht, also für die, die es nicht wirklich brauchen; dabei hatten Sie die Federführung der ARGE. Schauen wir uns einmal an einem Beispiel an, was Sie daraus gemacht haben, was Sie in Eigenverantwortung ganz alleine hochgezogen haben, diese Ein-Euro-Jobs.
Seit dem letzten Jahr wissen wir etwas besser, was mit den Ein-Euro-Jobs passiert. Die Statistiken, die Sie uns liefern, stammen aus dem Zeitraum März bis November und dort haben die ARGEn 20 079 Aufforderungen zu Ein-Euro-Jobs an die betroffenen Hilfebedürftigen verteilt. 4.000 sind dem nicht nachgekommen, 763 konnten angesprochen werden und haben noch einmal eine neue Aufforderung erhalten. 1.800 verschwanden auf den Fluren der HAB, mit 14.178 wurde in persönlichen Gesprächen besprochen, was für sie vernünftige EinEuro-Jobs wären. 2.756 wurden von den Trägern abgelehnt, 816 - relativ wenige - haben für sich selber entschieden, einen Ein-Euro-Job abzulehnen. 9.189 haben am Ende einen Platz zugewiesen bekommen, 12,2 Prozent kamen nicht, 8.067 Personen haben einen Ein-EuroJob angetreten. Das sind 40 Prozent derjenigen, die Sie aufgefordert haben, einen Ein-Euro-Job anzunehmen und sich zu aktivieren. Jeder vierte Ihrer Träger lehnte aus irgendwelchen Gründen die Ein-Euro-Jobber ab und jeder zehnte Teilnehmer lehnte sie ab.
Und was ist mit allen anderen inzwischen passiert? Sie haben auf der Verwaltungsseite ein riesiges aufgeblasenes Potemkinsches Dorf hochgezogen, denn die Angebote mussten echt sein, die Träger konnten nicht nur etwas auf dem Papier schreiben, sondern mussten echte Maßnahmen finden, echte Kooperationspartner finden und sich bemühen, vernünftige Angebote zu machen. Da das nicht klappt, ist das ein wichtiger Grund für uns, warum wir nicht so viele Ein-Euro-Jobs wollen.
Aber das Entscheidende jenseits der Bürokratie, die Sie hochgezogen haben, ist, dass Sie fünfzig Prozent auf der Straße in einer Daueralimentation liegengelassen haben, um den Begriff von Senatorin Schnieber-Jastram aufzugreifen, und das ist der entscheidende Punkt. Die haben Sie nicht gefördert, die haben Sie nicht wieder angesprochen, die haben Sie nicht gefordert und sich
nicht für sie interessiert. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Sozialdemokratie vom linken Rand der Gesellschaft in der Öffentlichkeit massiv dafür kritisiert wird, dass sie den Arbeitslosen mehr zugemutet hätte, weil sie die Verpflichtung hatten, Arbeit auch nachzugehen, sich zu aktivieren, auch auf Ein-Euro-Jobs zu gehen, Sie aber in Wahrheit nur Scheinkulissen aufgebaut haben und sich auch ansonsten nicht gekümmert haben. Fragen Sie die Vermittler in den ARGEn, die hatten keine Zeit, keine Möglichkeit, kein System, auch nachdem Hamburg es übernommen hat, die hatten keine Ressourcen und nicht das Personal, sich wirklich um jeden Einzelnen zu kümmern.
Das ist ein Versagen Ihrer Arbeitsmarktpolitik. Es mag viele gute und manche schlechte Gründe geben, warum die eingeladenen Personen am Ende nicht gekommen sind. Man kann aber Arbeitsmarktpolitik auf einen ganz einfachen Kernpunkt bringen: Man muss sich um jeden Einzelnen kümmern.
Das ist die Erkenntnis in allen Ländern um uns herum, in denen sich erfolgreicher um Langzeitarbeitslose gekümmert wurde als bei uns.
Man muss sich auch um die Beschäftigten der ARGE kümmern. Auch die Beschäftigten der ARGE haben Sie vernachlässigt und der Gipfel ist, dass Sie jetzt die zurückkehrenden Beschäftigten aus dem Landesbetrieb Krankenhäuser nehmen und versuchen, sie in der ARGE unterzubringen, und zwar, indem sie nach einem vierzehntägigen Crashkurs dann Vermittler sein sollen. Dann wundern wir uns noch, dass das System ARGE und die Vermittlung nicht funktionieren; das kann nicht funktionieren.
Wir wollen die Kompetenz der Geschäftsführung stärken, wir wollen ihnen echte Personalhoheit geben, wir wollen die Qualifizierung der Beschäftigten stärken, wir wollen, dass eine vernünftige Kapazitätsplanung der Beschäftigten gemacht wird, dass sich die Betreuungsquoten in den einzelnen Standorten nicht teilweise um 50 bis 70 Prozent voneinander unterscheiden. Wir wollen, dass ein vernünftiges Qualitätsmanagement eingeführt wird, dass sich um die ARGE gekümmert wird. Sie haben die ARGE in irgendein Amt geführt, das Arbeitslose alimentiert, das sich aber nicht um Arbeitslose kümmert. Da Sie sich nicht gekümmert haben, werden Sie wahrscheinlich die Quittung dafür bekommen und wir Sozialdemokraten werden uns kümmern.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorweg möchte ich der SPD erst einmal mein Beileid aussprechen. Es ist schon traurig, dass Sie heute, 17 Tage vor der Wahl, ernsthaft versuchen, mit einem läppischen Antrag zu kleinteiligen Organisationsstrukturen der ARGE einen Arbeitgeberappell zu initiieren und zu guter Letzt noch mit einer Anfrage ohne erkennbare Zielrichtung die wirklich äußerst erfolgreiche
Sie versuchen, auf einem Themenfeld anzugreifen, bei dem die CDU mit Superlativen nur so werfen kann.
Wenn Ihr Versuch, Herr Egloff, nicht so tieftraurig wäre, müssten wir eigentlich schon beleidigt sein, denn Wahlkampf hat eigentlich etwas mit Kämpfen zu tun, was Herr Dees aber eben abgeliefert hat, war nicht einmal ein untauglicher Versuch.
Aber, Herr Grund, ich will mal nicht so sein und so tun, als wenn das hier ein großer Wurf war. Herr Grund, für Sie mache ich das. Also von vorne, lieber Herr Dees. Bei der ARGE liegt rein gar nichts im Argen, im Gegenteil. Der kontinuierliche Rückgang der Arbeitslosenzahlen in Hamburg ist einerseits ein Indiz unserer erfolgreichen Wirtschaftspolitik,
andererseits aber auch ein Verdienst der vielen hoch motivierten Mitarbeiter der team.arbeit.hamburg, die hervorragende Arbeit leistet. Arg daneben finde ich es, wenn Sie hier wieder und wieder versuchen, die Arbeitsmarktpolitik des CDU-Senats schlechtzureden.
(Doris Mandel SPD: Das braucht man gar nicht schlechtzureden, das ist schlecht! - Gegenruf von Frank-Thorsten Schira CDU)
Aber offensichtlich ist es in diesem Wahlkampf ein Stilelement der SPD, ohne jegliche Grundlage völlig überzogene Horrorszenarien zu zeichnen. Ich erinnere hier noch einmal an den Vergleich Ihres Spitzenkandidaten, auch wenn Sie es sicherlich nicht hören wollen, mit Suppenküchen wie in der Weimarer Republik und im Gaza-Streifen. Vor diesem Hintergrund ist auch wohl der krampfhafte Versuch zu deuten, im Bereich des Arbeitsmarkts ein Haar in der Suppe zu finden. Doch das werden Sie trotz akribischer Suche nicht entdecken. Sie von der GAL sind schon vor einigen Wochen mit Ihrer Behauptung widerlegt worden, dass in bestimmten Stadtteilen kein Aufschwung zu verzeichnen sei.
Der Arbeitsmarkt erlebt in allen Stadtteilen einen Aufschwung, auch in Allermöhe und in Altona-Altstadt, auch in Veddel und in Wilhelmsburg. Meine Damen und Herren von der Opposition, das müssen Sie endlich einmal anerkennen.
Erstens: Hamburg ist das Bundesland, welches den höchsten Zuwachs an neu geschaffenen Arbeitsplätzen zu verzeichnen hat. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze hat im Vorjahresvergleich um mehr als 22.000 zugenommen.
Drittens: Hamburg hat aktuell 13.200 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr und damit und höre und sage den stärksten Rückgang seit 17 Jahren. Das nenne ich eine Top-Leistung des CDU-Senats, die Anerkennung verdient.
Wir können aber auch beim Thema Langzeitarbeitslosigkeit auf Erfolge verweisen. Vor knapp einem Jahr stand ich hier am Rednerpult und habe angekündigt, dass wir auch in diesem schwierigen Bereich der Arbeitslosigkeit Erfolge erzielen werden, jedoch mit zeitlichen Verzögerungen, denn bei der Arbeitslosigkeit wird - bildlich gesprochen - die Warteschlange von hinten abgebaut. Das heißt, wer lange arbeitslos ist, braucht in der Regel länger, um im Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen; jetzt ist es so weit. Im Jahresvergleich dürfen wir uns über einen überdurchschnittlichen Rückgang freuen. Bei Jugendlichen haben wir einen Rückgang um 12,6 Prozent, bei den älteren Menschen über 50 Jahre um 22,2 Prozent und bei den Langzeitarbeitslosen sogar um 30,9 Prozent.
Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, dass die Ausrichtung unserer Arbeitsmarktpolitik Früchte trägt. Diese Zahlen zeigen, dass unsere Maßnahmen greifen und wir auch Menschen mit Vermittlungshemmnissen wieder in Arbeit bringen; also auch hier eine Top-Leistung des CDUSenats, die Anerkennung verdient.
Bei diesen erfreulichen Arbeitsmarktzahlen ist völlig unverständlich, nahezu lächerlich, dass Ihr Spitzenkandidat von der SPD alte Fehler neu begehen möchte und tatsächlich wieder, wie einst schon einmal, künstliche Arbeitswelten aufbauen möchte. Weltfremder und ignoranter geht es gar nicht mehr.